Siedlung Breslau-Pöpelwitz
Arch. Theo Effenberger, Breslau
Büchern vom Bauen die Art, wie das Ent-
werfen zum Aneinanderleimen von recht-
eckigen Bäumen wurde, gut gekennzeich-
net. So waren unsere Bauformen Schema
und Qualle abwechselnd oder gar zugleich ;
die Bildung gesunder Typen unterblieb.
Bedürfnis nach neuen Typen
Wir suchen uns neue Bautypen.
Wir wissen, sie allein können in der ver-
wirrenden Flucht der Erscheinungen
ruhende Pole darstellen. Vor allem im
Kleinwohnungsbau ist die dringende Not-
wendigkeit der Bildung neuer Bautypen
durch die Wohnungsnot offenbar gewor-
den. Das Schema der Mietskaserne befrie-
digt nicht mehr, weder im Baumgefüge
noch im Ausdruck. Die neuen Miet-Goß-
liäuser sollen mit geringerer Repräsenta-
tion, verschiedenartiger je nach Lage zu
Straße und Sonnenseite und mit schärferer
Berücksichtigung der hauswirtschaftlichen
Betriebserfordernisse als einst gestaltet
werden. Ähnliches gilt für die Mittelhäu-
ser. Besonders das Kleinhaus aber steckte
in der Vorkriegszeit noch in den Kinder-
schuhen einer mühseligen und dabei oft
stümperhaften Sonderbehandlung von Fall
zu Fall. Diese Sonderbehandlung ist hier
völlig fehl am Platz. Denn je kleiner jeine
Wohnung ist, desto geringer ist der Spiel-
raum der Gestaltung. Einen Grundriß von
Küche und zwei Zimmern mit Zubehör,
er sei nun ein- oder zweigeschossig, er
liege allein oder gepaart an der Treppe,
kann man natürlich im Kleid tausend-
fach, im Raumgefüge aber vielleicht nur
dutzendfach verschieden gestalten. Die bis-
herige Übung, für jeden Vertreter dieses
immer wiederkehrenden Bedarfs durch
einen neuen Entwurf sozusagen wieder von
vorn anzufangen, ist unhaltbar. Sie ver-
hindert die Entwicklung vom Primitiv-Typ
zum Gipfel-Typ, weil in jeder Neubehand-
lung die alten Fehler wieder auftauchen.
Nur dadurch, daß aus hundert schon ge-
machten Versuchen durch schärfste Prü-
fung die zwei oder drei mit den geringsten
Mängeln behafteten Lösungen auserlesen
und alle acht- oder siebenundneunzig we-
niger gelungenen Versuche endgültig ver-
worfen und begraben werden, kann man
die geeignete Grundlage für wahre Wert-
arbeit gewinnen. Diese zwei oder drei am
wenigsten mangelhaften Lösungen müssen
dann freilich, je mehr man an ihrem ge-
lungenen Grundgefüge festhält, desto eifri-
ger und länger in allen ihren kleinen Ein-
zelteilen durchforscht und durchmodelliert
werden, bis sie schließlich jene erschöp-
fende Zweckmäßigkeit besitzen, wie man
sie etwa auch an einem hochgezüchteten
Flugzeug- oder Kraftwagen-Typ bewun-
dert. Nur durch dies Verweilen beim
Grundtyp einmal und dies unablässige Ver-
161
Arch. Theo Effenberger, Breslau
Büchern vom Bauen die Art, wie das Ent-
werfen zum Aneinanderleimen von recht-
eckigen Bäumen wurde, gut gekennzeich-
net. So waren unsere Bauformen Schema
und Qualle abwechselnd oder gar zugleich ;
die Bildung gesunder Typen unterblieb.
Bedürfnis nach neuen Typen
Wir suchen uns neue Bautypen.
Wir wissen, sie allein können in der ver-
wirrenden Flucht der Erscheinungen
ruhende Pole darstellen. Vor allem im
Kleinwohnungsbau ist die dringende Not-
wendigkeit der Bildung neuer Bautypen
durch die Wohnungsnot offenbar gewor-
den. Das Schema der Mietskaserne befrie-
digt nicht mehr, weder im Baumgefüge
noch im Ausdruck. Die neuen Miet-Goß-
liäuser sollen mit geringerer Repräsenta-
tion, verschiedenartiger je nach Lage zu
Straße und Sonnenseite und mit schärferer
Berücksichtigung der hauswirtschaftlichen
Betriebserfordernisse als einst gestaltet
werden. Ähnliches gilt für die Mittelhäu-
ser. Besonders das Kleinhaus aber steckte
in der Vorkriegszeit noch in den Kinder-
schuhen einer mühseligen und dabei oft
stümperhaften Sonderbehandlung von Fall
zu Fall. Diese Sonderbehandlung ist hier
völlig fehl am Platz. Denn je kleiner jeine
Wohnung ist, desto geringer ist der Spiel-
raum der Gestaltung. Einen Grundriß von
Küche und zwei Zimmern mit Zubehör,
er sei nun ein- oder zweigeschossig, er
liege allein oder gepaart an der Treppe,
kann man natürlich im Kleid tausend-
fach, im Raumgefüge aber vielleicht nur
dutzendfach verschieden gestalten. Die bis-
herige Übung, für jeden Vertreter dieses
immer wiederkehrenden Bedarfs durch
einen neuen Entwurf sozusagen wieder von
vorn anzufangen, ist unhaltbar. Sie ver-
hindert die Entwicklung vom Primitiv-Typ
zum Gipfel-Typ, weil in jeder Neubehand-
lung die alten Fehler wieder auftauchen.
Nur dadurch, daß aus hundert schon ge-
machten Versuchen durch schärfste Prü-
fung die zwei oder drei mit den geringsten
Mängeln behafteten Lösungen auserlesen
und alle acht- oder siebenundneunzig we-
niger gelungenen Versuche endgültig ver-
worfen und begraben werden, kann man
die geeignete Grundlage für wahre Wert-
arbeit gewinnen. Diese zwei oder drei am
wenigsten mangelhaften Lösungen müssen
dann freilich, je mehr man an ihrem ge-
lungenen Grundgefüge festhält, desto eifri-
ger und länger in allen ihren kleinen Ein-
zelteilen durchforscht und durchmodelliert
werden, bis sie schließlich jene erschöp-
fende Zweckmäßigkeit besitzen, wie man
sie etwa auch an einem hochgezüchteten
Flugzeug- oder Kraftwagen-Typ bewun-
dert. Nur durch dies Verweilen beim
Grundtyp einmal und dies unablässige Ver-
161