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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Behrendt, Walter Curt: Zum Formproblem der Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0246

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Formen nachahmt. Das wäre nur wieder
ein neuer Formalismus — die inzwischen
nicht ausgebliebenen Äußerungen dieses
Formalismus hat man sehr treffend als
„Maschinenromantik" gekennzeichnet! —
sondern, im Gegenteil, in einer bewußten
Abkehr von jedem Formalismus. Der neuen
Baugesinnung gilt die Form gleichfalls
nicht mehr allein als ein ästhetisches, son-
dern zugleich, und in entscheidendem Maße,
als ein konstruktives Problem. Das ist nun
nicht in naturalistischem Sinne zu ver-
stehen, oder im Sinne irgend eines Kon-
struktivismus, weder des neumodischen
Dogmas russischer Herkunft, noch der älte-
ren Lehre Violette le Ducs und der neugoti-
schen Schule, die die Form als ein Produkt
von Zweck, Material und Konstruktion an-
sah. Sondern durchaus im wörtlichen Sinne :
konstruieren, vom lateinischen construere,

in der Bedeutung von erfinden, herleiten,
bilden, formen, gestalten.
Und es ist kein Zufall, daß in der Bau-
kunst zuerst wieder bei den Gelegenheiten,
wo die Formfindung in der objektiven und
überpersönlichen Art der technischen Ge-
staltungsweise als eine konstruktives Pro-
blem aufgefaßt wurde, nämlich bei den
Aufgaben des modernen Nutzbaues, bei Fa-
brikgebäuden, Werkstätten, Speichergebäu-
den, Silos, Wassertürmen usw., wo die Bau-
aufgabe streng unter dem Zwang eines be-
stimmten, eindeutig festgelegten Leistungs-
anspruchs behandelt wurde — eines Lei-
stungsanspruchs, der zudem hart und un-
erbittlich auch in seinen wirtschaftlichen
Forderungen auftrat — neue, bisher nicht
bekannte Formen herausgebildet wurden.
Im Wesen und im Charakter dieser Bauauf-
gaben liegt die unabweisbare Forderung,

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