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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Just, Arthur: Die Schöne Zeitung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0272

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werden soll, beweist die Tatsache, daß das For-
mat der japanischen Zeitung, deren ziselierte
Typen eine ganz andere räumliche Gliederung er-
fordern wie Fraktur und Antiqua, wesentlich von
dein unsrigen verschieden ist. Der Fortfall der
horizontalen Gliederung einer japanischen Zei-
Lungsseite bedingt durch die querlaufenden Über-
schritten eine Ausdehnung in die Breite. Nur dann
wird eine räumlich gute Aufteilung der Seite
möglich sein, zumal die strenge Einhaltung einer
bestimmten Spaltenbreite bei dem durchweg not-
wendigen Handsatz nicht erforderlich ist.

Der Anzeigenteil

Einen wesentlichen Teil der Zeiluntr nehmen die

D

Anzeigen ein, die in ihrer unendlichen Vielgestal-
tigkeit das Gesamtbild entscheidend beeinflussen.
Auf die Geschmacklosigkeiten der sogenannten
Kopfreklame, die den für den Kopf reservierten
Platz auf der ersten Seite mit Inseraten bepfla-
stert, brauchen wir nicht einzugehen. Erfreu-
licherweise ist es bei der deutschen Presse im allge-
meinen nicht üblich, Inserate in den Textteil der
Zeitung einzustellen. Wenn es geschieht, werden
zum mindesten ästhetische Entgleisungen vermie-
den. Die Zeitungen des Auslandes, die meist in
viel größerem als dem bei uns üblichen Format
erseheinen, pflegen, allerdings wohl mehr aus ge-
schäftlichen als aus Schönheitsgründen, eine viel
weitergehende Mischung von Text und Reklame.
Je größer und häufiger die Inserenten ihre Anzei-
gen aufgeben, desto anspruchsvoller pflegen sie
in der Erteilung von Platzvorschri Eten zu sein.
Daß unter solchen Umständen von einer ausge-
wogenen Geslaltung einer Anzeigenseite überhaupt
nicht die Rede sein kann, wird verständlich, zumal
die Reklame vergebenden Personen nur in den sel-
tensten Fällen über die erforderlichen Kenntnisse
der Zeifungs- und Drucklechnik verfügen und sich
soi 11 i 1 von dem technischen Zustandekommen einer
Zeilungsseife kein klares Bild machen können. Daß
durch eine bindende Platzvorschrift häufig die
ganze Wirkung eines an sich vielleicht durchaus
einwandfreien und eindrucksvoll gezeichneten oder
gesetzten Inserats erschlagen wird, liegt auf der
Hand. Das Inserat, sofern es nicht die ganze
Zeitungsseite bedeckt, wird von dem Satzbild, das
es umgibt, vollkommen abhängig, und es ist von
dem Inseralenmelleur nicht zu verlangen, daß er
etwa die ganze Seite in Rücksicht auf die Platzvor-
schrift für eine bestimmte Anzeige kombiniert, zu-
mal häufig genug mehrere derartige Vorschriften
jeden Gestaltungsversuch ausschließen. Den Zei-
tungen sind diese Platzvorschriften höchst hin-
derlich. Sie suchen sich ihrer durch Berechnung
von Aufschlägen auf die Normalpreise zu er-
wehren, und Vorschriften von der Art, etwa eine
Anzeige allein auf eine rechte oder linke Text-
seile zu placieren, durch die Bedingung einzu-
schränken, daß die Anzeige dann mindestens den
Raum einer drittel oder viertel Seite einnehmen
muß. Sicher würden diese Bemühungen besseren
Erfolg zeiligen, wenn sie von dem Gesichtspunkt

ausgingen, daß nur dann eine wirksame Placie-
rung gewährleistet werden kann, wenn der Zei-
tung freie Hand gelassen wird. Sobald der Inse-
rent die zuverlässige Gewähr hat, daß der Metteur
jeweils unter Berücksichtigung der Erfordernisse
einer harmonischen Gliederung der ganzen Seite
den gerade für sein Inserat günstigsten und wirk-
samsten Platz auswählt, wenn ihm erst klar wird,
daß die Inseratenseite einer bewußten Formge-
bung unterliegt und nicht im Aneinanderflicken
einzelner völlig zusammenhangloser Satzstücke be-
steht, dann wird er auch eher geneigt sein, dio
Placierung seines Auftrages der Zeitung zu über-
lassen, statt durch besondere Platzvorschriften die
W irkung seines Inserats zu gefährden und damit
sein Geld zum Fensler hinauszuwerfen.

Die typographischen Mittel für den Inseratensalz
sind viel reichhaltiger als für den Text. Die Ver-
wendung von Einfassungen verschiedener Art,
Zierlinien, Bogenlinien, breiten und schmalen, fet-
ten und mageren, Schreib- und Druckschriften
aller Grade und Charaktere, von Kapitälchen und
Versalien, die Möglichkeit der. Mischung von
Fraktur und Antiqua, die Sperrung und Unter-
streichung lassen vielerlei Variationen zu. Hier
liegen aber, mehr noch als im Textteil, Bindun-
gen vor, die unbedingt einzuhalten sind. Die In-
seratenseite ist aus wirtschaftlichen Gründen in
viel engere Spalten — beim Berliner Format bis
zu 12 — eingeteilt, so daß sie nur noch Daumen-
breite hat. Die Grundschrift ist dementsprechend
klein, also gewöhnlich Nonpareille. Die Tendenz
der vertikalen Gliederung kommt also noch viel
betonler zum Ausdruck. Die Schriftgießereien
haben diesem Umstand dadurch Bechnung getra-
gen, daß sie zahlreiche schmallaufende Auszeich-
nungsschriften auf den Markt gebracht hallen,
deren Daseinsberechtigung oft genug nur aus ihrer
Zweckmäßigkeit zu erklären ist. Eine vollbe-
setzte Anzeigenseite macht deshalb einen viel ge-
schlosseren, ja gedrängten Eindruck als eine Text-
seile, und es kommt nun darauf an, durch ge-
schickte Verteilung von Lichtflecken und eine ho-
rizontale Teilung das nervöse, chaotische Bild der
Seite angenehm aufzulösen. Stehen zu diesem
Zweck keine geeigneten bezahlten Anzeigen zur
Verfügung, so sollte der gewandle Metteur stets
geeignete Füllinserate mit Reklamen des eigenen
Verlages zur Verfügung halten, die eine besonders
geschmackvolle Gestaltung erfordern. Das Vorbild
gut gesetzter und placierter Anzeigen kann nur
erzieherisch auf das Inserentenpublikum wirken.
Wie beim Text der Redakteur, so sollte beim In-
seratenteil der Schalterbeamle oder Akquisiteur be-
müht sein, sich und dem Kunden die typogra-
phische Wirkung der anzunehmenden Anzeige im
Bilde einer Seile zu vergegenwärtigen. Eine Be-
schränkung im Inseralentext wird sich nicht nur
aus feklamelechnischen, sondern auch aus typo-
graphischen Erfordernissen empfohlen, damit dem
Selzer und Metteur die Möglichkeit gegeben wird,
die leeren Flächen des vorgeschriebenen und be-
zahlten Baums nicht nur dem Charakter des Inse-

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