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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Mitteilungen des Deutschen Werkbundes
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0322

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bis zu den jüngsten Planungen, ferner einige sei-
ner programmatischen Manifeste, dazu in Text
und Bild Erläuterungen seiner technischen Bau-
methoden. Das Buch erscheint in Quartformat
in Halbleinen gebunden mit 9 farbigen Tafeln und
über 100 Abbildungen. Der Preis beträgt i5 Mk.
Auf diesen Preis gewährt der Verlag den Mitglie-
dern des Deutschen Werkbundes einen Rabatt von
200/0, bei direktem Bezug durch die Geschäfts-
stelle des Deutschen Werkbundes. Gleichzeitig ver-
weisen wir auf das im selben Verlag erschienene
Buch über Dr. Otto Bartning hin. Dieses Werk
erscheint ebenfalls in Quartformat. Es enthält 33
Seiten Text und 5i Tafeln auf Kunstdruckpapier,
ferner zwei Farbentafeln. Der Preis beträgt für
dieses Werk 10 Mk. Die Vorbezugsbedingungen
für die Mitglieder des Deutschen Werkbundes gel-
ten auch für dieses Werk.

*

Auszug aus der Festrede von Professor Groß
anläßlich der Festsitzung der 50 Jahrfeier der
Staatliehen Akademie für Kunstgewerbe, Dresden.
Wie stehen wir zum Handwerk?
Unsere Einstellung zum Handwerk ist schwieriger
als die zur Industrie. Die Industrie hat einen ein-
deutigen wirtschaftlichen Charakter, und die
Kunst ist auf dem Wege, die Möglichkeiten ihres
schöpferischen Einflusses auf die Industrie immer
klarer zu erkennen. Das Handwerk von heute hat
aber noch eine vieldeutige wirtschaftliche und gei-
stige Richtung. Seine geistige Einstellung wurzelt
vielfach noch in einer schönen Vergangenheit, der
heute keine Tatsachen mehr gegenüberstehen. Das
Handwerk muß sich klar werden, daß es heute
entweder zur Technik gehört oder zur Kunst.
Soweit es zur Technik gehört, kann es nicht mehr
so selbständig wie im alten Sinne sein, es unter-
liegt den industriellen und kaufmännischen Belan-
gen auch da, wo es zunächst noch frei erscheint.
Im großen und ganzen ist das technische Hand-
werk bereits in die Industrie eingebettet und kann
nur noch mit der Industrie leben. Die schulische
Erziehung dieses Handwerkszweiges gehört in die
Gewerbeschulen und in die technischen Lehran-
stalten.

Ganz andere Lebensbedingungen hat jenes Hand-
werk, das heute mit künstlerischer Schöpferkraft
sich behaupten will. Es ist erfreulich, daß das
Innungs-Handwerk hierin immer klarer sehen
lernt und innerhalb seiner Organisationen diesen
veränderten Verhältnissen Rechnung tragen wird.
Bei dem Begriff Kunsthandwerk liegt der Nach-
druck im Worte „Kunst", das Handwerk als sol-
ches gibt die stofflichen Arbeitsmethoden für den
künstlerischen Inhalt.

Ein neues Geschlecht von Kunsthandwerkern ist
im Werden begriffen, das, zu den künstlerischen
Quellen vordringend, den beseelten Formausdruck
des Jahrhunderts finden wird. Aber Eines dür-
fen wir dabei nicht vergessen: Dieses neue Ge-
schlecht braucht neben dem künstlerischen Im-
puls die technischen Erfahrungen des Handwerks

und«der modernen Hilfsmaschinen. Es wird dafür
durch seine Arbeit das Handwerk von der bisheri-
gen Konservenernährung in geschmacklichen Din-
gen erlösen und ihm Vitamine bringen, die zu
neuer Lebensfrische führen,

Das Verhältnis von Handwerk und Kunsl möchte
daher so sein, daß der künstlerische Geist das.
handwerkliche Können ehrt und sich zu eigen
macht, und das Handwerk sein Können dem künst-
lerischen Geiste brüderlich zur Verfügung stellt,
auch wenn der Bruder dann seine eigenen Wege
geht. Das kommende neue Iiandwerksgesetz, das
nur Pflichtinnungen vorsieht, möchte hier im
Sinne gesunder Entwicklungslinien Klarheit schaf-
fen. Das Handwerk als Organisation wird dabei
beweisen, daß es die Zeichen der Zeit versteht
und seine Stellung festigt, indem es organisato-
risch bewußt den Schwerpunkt auf seine tech-
nische und kaufmännische Entwicklung legt.
Kunsthandwerk ist heute ein Handwerk, das auf
ganz besonderen individuellen Talenten basiert.
Nicht zu vergleichen mit dem Kunsthandwerk des
Mittelalters, wo dem Handwerker durch den Zeit-
geist feste künstlerische Richtlinien gegeben waren.
Die heutige zeitgegebene Spaltung des Handwerks
in eine technische und in eine künstlerische Rich-
tung muß als eine Tatsache klar in Rechnung ge-
stellt werden. Das technisch-kaufmännische Hand-
werk wird wohl 99% ausmachen. Der kleine
Bruchteil des künstlerischen Handwerks sollte sich in
Künstler-Gemeinschaften organisieren. Der Kern für-
eine solche Organisation ist in der Werkstattgruppe
des Deutschen Werkbundes bereits vorhanden.
Aus dieser Entwicklung ist auch die Klage des
Handwerks wohl zu verstehen, daß durch die
künstlerische Schulung die handwerklich vorgebil-
deten Leute oft nicht mehr in die Werkstätten zu-
rückkehren wollen.

Sie werden gern in solche Werkstätten zurück-
kehren, die es ihnen ermöglichen, ihr erworbenes
technisches und künstlerisches Können zu verwer-
ten. Solche Werkstätten kann es aber in der heu-
tigen handwerklichen Praxis nur wenige geben.
Daher der natürliche Drang nach Selbständigkeit,
wenn auch oft unler wirtschaftlichen Ent-
behrungen.

Das Recht dazu haben aber nur die wirklich ideell
eingestellten künstlerischen Talente. Leider gibt
es auch solche, die glauben, schon durch den Be-
such unserer Akademie etwas Besonderes zu sein,
ohne daß die Leistungen damit im Einklang
stehen. Solche Überhebungen kommen in jedem
Berufe vor, und die Lebenspraxis weist diese Ein-
gebildeten schließlich ganz von selbst an den rich-
tigen Platz.

Durch die Zeitverhältnisse erscheint unsere Stel-
lung zum Handwerk also noch ziemlich ungeklärt;
die Klärung wird aber kommen, wenn Handwerk
und' Kunst selbstlos Hand in Hand arbeiten, und
man wird später von solchen Gegensätzen gar nicht
mehr zu reden haben, da im Schmelztiegel der Zeit
Industrie, Handwerk und Kunst zu einer höheren
Einheit verschmolzen werden.

VERANTWORTLICH FÜR DEN I N HALT: DR. LÖTZ, BERLIN W 35, SCHÖN EHER GER UFER 36 A, 1
 
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