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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Dülberg, Ewald: Handgewebe
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0427

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des Maschinenproduktes, das an die Not-
wendigkeit möglichst hohen Warenumsatzes
ebenso gebunden ist wie an die festgelegten
Möglichkeiten der oder jener Maschine.
Auf der anderen Seite kann die Qualität der
Handgewebe ganz unabhängig von der Not-
wendigkeit bestehen, den wirtschaftlichen
Erfolg durch Quantitätsleistung zu erzwin-
gen, und die verhältnismäßig einfache Ap-
paratur des Handwebstuhles gibt nur Ge-
bundenheiten, die im Wesen der Weberei
selbst liegen. Während die Maschinenwebe-
rei sich naturgemäß an möglichst weite Ver-
braucherkreise wenden, und sich dadurch in
hohem Maße von der zeitlich gebundenen,
und auch durch die Industrieprodukte nicht
eben immer zum Guten erzogenen Ge-
schmacksrichtung des Publikums abhängig
machen muß, dürfte es zu den wesentlichen
Zielen der Handweberei gehören, unbeein-
flußt von Zeitströmungen bleibende Werte
zu schaffen und sich ganz den Spezialauf-
gaben zu widmen, bei denen es nicht auf
Menge, nicht auf raschen Absatz während
der zeitlich begrenzten Herrschaft einer
Mode ankommt, dafür aber auf Gestaltung
aus schöpferischem Geist. Solche Auf-
gaben stellt die Anwendung des Gewebes als
eines färbe- und raumgebundenen Elemen-
tes im Bau in gleicher Fülle, wie seine Ent-

stehung aus Garn, Farbe und Webevorgang.
Aus diesen Gegebenheiten den schöpfe-
rischen Einfall zu lösen, das Weben immer
wieder auf seine Eigenschaft als eine der
ältesten und notwendigsten Betätigungen
menschlichen Spieltriebes („Kunst" ge-
nannt) zurückzuführen, ist der Weg, der
zur Gestaltung, zur Form führt. Daß er.nur
beschritten werden darf auf Grund engster
Vertrautheit mit Material und Gerät, daß er
Wissen voraussetzt und Können, daß die
zweckentsprechende Struktur des Gewebes
über allen anderen Maximen stehen muß,
scheint nicht so selbstverständlich zu sein,
daß dieser grundlegenden Dinge hier nicht
Erwähnung geschehen dürfte.

Die zu diesen Ausführungen abgebildeten
Arbeiten sind in der Werkstatt entstanden,
die ich vor einigen Jahren in gemeinsamer
Arbeit mit Hedwig Heckemann der staat-
lichen Kunstakademie in Kassel angliedern
konnte, und die nun mit uns an die staat-
liche Hochschule für Handwerk und Bau-
kunst in Weimar übergegangen ist Der
vielfältige Zweck des Handgewebes, vom
einfachen bis zum kostbaren Gebrauchs-
sloff, vom Fußteppich zum Gobelin und
darüber hinaus zum Kultteppich soll durch
die Abbildungen in etwa erläutert werden.

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