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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0058

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lichen Unterthanen oder ausläuvischen El'n-
wanderern bcgründec werden, erhalten von
Staatswegen erhcblichc Begünstigungen.
Diese tretcn ein, wenn die Ansiedelungen
vrtlich zusammenhangen und ihr die Ge-
mei'ndegemarkung bildendcr zusammcnhän-
gcnver Flächeninhalt mi'ndestcns lOOO Joche
zu lOOOQuadratklastern kulturfähigen Bo-
dcns beträgt und ini'iidcstens für 50 Fa-
milien selbstständi'ge Wohuungen errichtet
werdcn. Dic Ansiedler dcr neuen Geinein-
den »lüssen dcmselben Bolksstammc
nnd demselbcn Relrg'onsbekennt
nisse angehören. Jcdc Wirthschaft soll
rine blei'bendc und untrennbare Bestistung
von acht Jochcn habcn. Der Ansiedler ist
von der Gemeindesteucr aus sechs Jahre
ikfrcit, aus fünszchn Jahre von der Haus-
jins- und Hausklasscnsteucr, nnd auf ebeu
o lange von der Personen-, Erwerbs-
„iv Einkommensteuer, auch ist er 15 Zahrc
tzon allcn öffentlichen Arbeitslei'stungen bei
Straßcn- nnd Wasscrbauarbei'tcil außerhalb
dcr Gcincinde bcfreit. Ferncr werdcn ihiu
in Bezug auf Einquartieruiig Erleichte-
ruugen zu Thcil; er hat für alle auf die
Ansiedelungsvcrhältnisse bezüglichcn Ver-
-trägc und Dokumente volle Stempelsrei-
heit. Endlich sind dic Behörden angcwie-
sen, dic Ansiedler nach Kräften zu unter-
siützen u,id zu fördern. Fremde Ansicdler
köunen zugleich mit der Bestätigung des
Vertrags die Staatsbürgcrschaft crwerben.
Zhre Habe, auch Maschinen, Ackergeräthe
und Handwerkszcuge rc. gehen zollfrei ein,
und die sreie Religionsübung rst Allen
gcwährlcistet, welche einer in Oesterreich
anerkannten christlichen Konscssion ange-
hören. Für Kirche und Schule müffen die
Gemeinden eine angemcsseneVorsorge tref-
fen. Nur bei 8. 12 der Verordnung: ,,Die
aus bem Auslande cinwanderndkn Ansiedlkr
habcn für sich und ihrc im Auslande ge-
horncn Söhnc die Bcfreiung von dcr Mi-
litärpfll'cht zu genießen", wärc zu wünschen,
daß man jene Besreiung auf allc Söhnc
dcr Ansikdlcr ausgcdehnt härte.

WieN, 30. Dez. Die Erzhcrzogin
Maria Anna ist gestcru mit Tode abgc-
gangcn.

Pvaa, 29. Dez. Zn den industriellen
Krciscn hcrrscht große Bcstürzung übcr
das gestcrn Nachuii'ttag ausgcbrochcne Fal-
liffemcnt der KäMiNgarnspinnerci von L.
Forchhcimer Söhnc. Die Passiven sollen
an 400,000 si. betragcn.

Kiel, 29. Dez. Durch cinen Erlaß
hcs Ministcriuins fsix das Herzogthum
Schleswig vom 23. d. M. wurden allc
nicht durch die königl. BckaiMtinachuiig
vom 28. Januar 1852 gestattetcn Ver-
eine und Gesellschaftcn nüi Bezug auf daS
Herzogthum Schleswig aufgchoben, welche
die Bestimniung haben, Einwohner des
Hcrzogthums Schleswig mit Einwohnern
des Hcrzogthuins Holstein zu gemeinsamcr
Wirksamkeit zu vereinlgen, wl'e namentlich

der „Gartenbau-Verein der Herzogthümer
Schleswig-Holstein und Lauenburg", der
„Verein zur Verbreitung naturwissen-
schastlicher Kenntnisse" und der „Kunst-
vcrcin zu Kiel."

F r a n k r e t ch.

Marfeille, -80. Dezbr. Nach einem
Schreiben aus Rom ist der König von
Preußen seit seiner Ankimst in dkescr
Stadt sehr ermattet,

G n g l a n d.

London, 30. Dcz, Ei'ne neue Paß-
verordnung Ler franzvstschen Rcgl'ernng
hcbt allc jenc Beschränknngcn wicder auf,
dic im März dieses Jahrcs, zumeist in
Folgc des Orsim'schen Atteutats, Englän-
dcrn gcgenüber eingcsührt wordcn waren.
Von nun an brauchen cilglische Regierungs-
pässc nicht mehr als cinmal im Jahre von
eilicm ftäiizössschen Konsul oder Gesandten
visirt zn wcrden. — Gottfricd KLnkel
gibt von Aufang des neucn Jahres ein
dcutsches Wochenblatt in London
unter dein Titel „Hermann" heraus. Dem
Programm zu Folge wird es politische
und litcrarische Stoffe bchandeln.

S p a n i e n.

Mndrid» 30. Dez. Gestern gcnehmigte
der Kongreß die Erwiederuiigsavresse auf
die Rede der Königin mit 106 gegen 23
Stimmen.

Wkadrid, 1. Zan. Laut ciner telcgr.
Nachricht erklärtc das Ministerium im
Kongreß, daß es gegen die beschimpfende
Hppothesc in der Botschaftdes Präsidenten
der Verci'ni'gteil Staaten reklainiren und er-
klären werde, daß Spanien Kuba nie vcrkau-
fen wird. Ein Antrag auf Beistimmung zu
der Erklärung dcs Ministcrs wurde cin-
stimmig gebittigt.

T ü r k r i.

Belgrod, 24. Dez. Wir haben der-
malen cineu legitiinen Fürsten, den der
Scnat durch Gewaltakt abgescßt hat;
wir habcn ferner in Müosch Obrenowitsch,
eine» durch die Skupschtina als crblich
proklamirten Fürsten, gegen den der Se-
nat protestirt; wir haben außerdem in
Garaschanin einen drittcn rastlosen Thi on-
amtskandidaten, so wie endlich in Wnt-
schitsch und Mi'scha (init dcnen schcknbar
Garaschanin Hand in Hand gcht) zwci
Aspiraiiteii zur Kaimakamie, Zeder hat
sciiieii Aiihang hintcr sich und agitirt mit
deinselbcn scineil Zielcu gcmäß.

Bclgrad, 24. Dez. Ueber dic Vor-
gänge iu Serbien thcilen wir »vch fol-
gcndc Einzelnheiteii mit: DaS Truppc,,-
kommando wurde von der Skupschttiia
einem anderen als dem bisher komman-
direiidcu Ofstzier übcrkragen. Zu rincin
solchen Auftl-ag gehört abcr, daß auch die
Truppe sich von dem bisherigcn Befehls-

haber lossagt und vcm neuen gehorchi.
Allein das Militär erklärte heute früh,
daß es dem Fürsten Alcrander Karagcor-
gewitsch tren bleiben und einem etwaigen
Befchl des Fürsten, die Nepräsentanten-
Vcrsammlung zu sprengen, den nöthigen
Nachvruck verschaffen wcrde. Die Situa-
tion wurde sehr ernsthast; das in de«
Kasernen befindliche Militär stcllte sich auf,
dke KanoneN wurden geladcn und bcspannt
eiiiersckts, während andererseits Tausendc
und Tausende von bewaffneten Bürgern
und Bauern 'das Brauhaus und die da-
rin tagende Skupschtma schützend umgaben.
Lange Zeit standcn sich Volk und Militär
gegenüber, die Treue wurbc auf el'uc harte
Probe gestellt und die Strasc dcs mög-
lichen Treubruchs war nahe, denn es
trasen Nachrkchten ein, daß das dem Für-
stcn ergebene Militär von Kragujevacz
im Anzuge sei; aber cndlich wankte cine
Koinpagnie unv ergab sich dem Befehl
der Skupschtiiia, dann folgte das übrige
Militär und die Artillerkc, und so sank
abermals einc Stütze des Fürftcn Aleran-
der. Bis in die Dämmerung hinein dauerte
es, che zwkschcn Mili'tär und Volksver-
tretung Einvernehmen eingetreten war.
Jn gleicher Lage befanden sich der Scnat
und mit dem Seuat die Miiuster. Na-
mcntlich zwischcn dem Vizepräsidenten der
Skupschtina und Wutschitsch ist cs zu
hcftigen Dcbatten gekomincn und- diesem
von jencm wicderholtcr Verrath an Fürst,
Volk und Land vorgeworfen wordcn.
Uebrigens ist Allcs ohne äußere Gewalt-
samkeit abgegangen.

Belgrad, 28. Dez. Die an den ehe-
maligen Fürstcn Milosch-Obrenowitsch zu
entsendende Depucation besteht aus dem
Bischofe, eincm Senstsmitgliede, dem Ar-
chimandritcn, dcm Gerichtspräsidcnten, ei
nem höhcren Osfizicr, achtzehn Skupschtt'na-
mitglicdern und vi'ncm Abgeordnetcn, wel-
chcii dic Stadt Bclgrad zum Lohne für
ihr willfähriges Bcnehmen. zu bczckchnen
hat. Die oberste Gewalt über die be-
waffnete Macht bcfindet sich gcgenwärtig
in den Händen Stevscha's, der «ls ein
Hauptparteigänger des alten Fürstcn Mi-
losch gl'lt. Dic Erlaubn.ß zur Rückkehr
dcr politischen Verbanntcn imd Einigiirteii
ist der neueste Akt vcr Zntcrimsregl'erung.

Die Vorgänge "i E-erbien »ehmen
eincn Vcrlauf, dlch eine baldige Regcluna
der gestorten gcfttzllchcn Verhältnisse hoffen
laßt. Verschu^kue Correspondenzcn geben
El'nzelhcitcn der Vvrsälle ans Bclgrad,
sowie die Uebersetzung ekncr Proklaination
der provisorkschen Regkerung, worin drese
dic bcstehendcn Bchördcn anerkcnnt, das
Volk bittet., stch ihnen zu nnterwerfen,
die Sicherheit der Personen und des Ei-
geiithums zu rcspcktireii. Zugleich wird
va zum ersten Male dcr Pforte und des
Ustaws, und zwar in ciner Weift gedacht,
welche die Hoffnung erhält, die revolu-
 
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