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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0201

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Heidelberger Tagblatt.

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Erscheint, MoniagS ausgrnommen, ,ag.
>>ch. Prei« mllUn,erhaltung«biatI v,kr,k,.
iährl ich IW >r.

Mittwoch, I«. Februar

JnseriionSgebühren sür die gspn„ »r.
iiizeile °tcr deren Ranm werden m,,

berechnee. r.

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Der Konsun'v^^^'"
ain Sckcideweg

^ ^""'^r'cM>. Es bildkt sich mucr

s - rbciiq an das Bci-

svicl"dcr lctztcu S.tzunq zu halten, einc

Tbccicftllschaft- "bsllcich auch der hiesiqc
AoLandc- v.cscn Artikcl führt. Vom
2"bcc qibt cs sehr verschiedcnc Arlcn, jcde
Art hai .h^", Prcis, die Grosihändlcr in
Hai»bur§, Köln u. s. w. licfcrn die ver-
schi'edei.cn Arten in vcrschicdcncr Güte und
z» verschiedenen Preisen, und vjcsc Be-
di.uzungcn schwankcn fortwährcnd mit dcn
Konjunkturcn des Weltmarktcs. Allcn dic-
sen Umständcn hat der Ausschuß in Auf-
trag dcr Theegesellschaft cbensowohl Nech-
nung zu tragen, wie jcder hicsige Groß-
händler; cs fragt sich nur, wclchcr von
beiden Konkurrenten sich dazu in der gün-
stigsten Lage bcfindct. Erste Fragc: welchc
Art und wclcher Preis ist uach dcm Ge-
schmack des Publikums? Mit Hülfe dcs
Großhandels ist sie leicht zu löscn. Es
eristircn hicr vcrsch.edenc Großhändlcr,
jedcr hat die verschiedcnsten Thecsorten
auf Lager, die Familien, dcncn ihrc Mit-
tel eine größcre Bcstcllung crlaubcn, Pro-
biren da und dort, bis sie sich durch wie-
derholte Vcrsuche und Vcrglciche von der
Preiswürdigkcit einer bestimmten Sortc
übcrzeugen. Die Thecgesellschaft dagegen
scheut das Risiko dcr Lagerung, sic will
kcine Ladcnhütcr, besitzt dafür abcr auch
kcin Afsortimcnt, vcrfügt über Probcn nur
in beschränkter Mengc und Auswahl. Daher
Anzeige in den hiesigcn Lokalblättern:
Heute Abcnd große Thcegescllschaft im

Gewerbevereinslokal, um die eingegange-

ncn Proben zu kosten. Jst aber auch der
Thee nach allen Regcln dcr Kunst zube-
rritet und sind die Geschmacksorgane allcr
Theilhabcr in harinonischer Stininiung?
Und wird nicht der A-Mcyer bcmcrkcn,
daß der Thce von Keller u. ^vinp. doch
gewürzhafter schmccke, und der D-Meyer,
daß ihm dic Sortc, die er von Gebruder
Landfried bezieht, unglcich preiswiirdiger
scheine? Ein Lager ist nicht vorhandcn,
die Auswahl beschränkt, das pfundwcise
Probiren zu Hause nicht möglich, wiedcr-

holte Theegesellschaften hvchst langwcilig:

wir wünschcn dcm Vorsitzenden, daß ihm
übcr dcm Versuch, die Köpfe unter Einen
Hut zu bringcn, der Geduldsaden nicht

rcißc — es wartcn Scincr noch ganz
anderc Schwicrigkeiten.

Der crste Stcin dcs Anstoßcs sei näm-
lich glücklich übcrwundcn, allc Köpfc uutcr
Eincn Hut gcbracbt. Dcr Bestcllungsbrief
gcht ab, und währcnd die Waarc untcr-
wcgs ist — schlägt der Thce um so und
so vicl Krcuzer ab. Dcn rcgclmäßigcn
Kunden dcr hicsigen Grvßhändler wird
diescr Abschlag zu g„t komnicn; Kcl-
ler u. Comp., dcr mit Hamburgcr Häu-
sern i» ununtcrbrochcner Korrespondenz.
und im gcgcnscitigcn Austausche vvn Ge-
fälligkeitcn stcht, hat von der Konjunk-
tur rcchtzcitig Kundc bekommcn und sciue
Bcstellungcn darnach cingcrichtet,uiidübcr-
sieht er sie dießmal, so hat sein Konkurrent
Gätschenbergcr wicdcr cinmal sein sprüch-
wörtlichcs Glück gchabt. Aber die Thce-
gcsellschaft? Wi, habcn früher ausgeführt,
warum ihr Ausschuß, der nur in seinen
Mußestundcn mit Hamburg korrespondirt,
im spekulativcn Mitbewcrb mit demGroß-
händler nothwcndig den Kürzern zieht, und
brauchen kaum zu erinncrn, daß die Fol-
gen jedcs vcrfchlten Geschäfts hier jedes-
mal uud ausschlicßlich auf dcm Bcstcller
lasten.

Unter der Thcegesellschaft gibt cS dann
auch viele saurc Gcsichtcr, und cs wärc
wnndcrbar, wcnn es dabci blicbc. Dcnn
es könncn die Fälle nicht ausbleiben, wo
der bestellte Thce den Proben nicht ent-
spricht, oder ohne nachweisbare Schuld
des Absenders in beschädigtem Zustande
anlangt. Dem Großhändler, an desscn
Kundschaft dem Hamburger Hause ganz
anders gelcgcn ist, und der mit allcn
Vvrsichtsmaßrcgeln durch lange Praris
vcrtraut ifl, wird dicß schon scltcncr pas-
siren. Passirt cs ihm aber mituntcr, so
werdcn doch nicht scinc Thcckunden die
Folgcn tragcn; im Vcrhältniß zu der ge-
ringern Qualität wcrden viclmehr auch
seine Prcise hcrabgesetzt, die alten Kundcn
crhaltcn aus dem Lagcr zum alten Preis
auch ihrcn gcwohntcn Thee, die verfehlte
Bkstellung ivird unter den allgemeinen
Gefchäftsspcskii aufgerechnct und bei kcincr
Waare und für keincn Kuvden besondcrs
fühlbar. Wer dagegen zur Theegesellschaft
gchört, der mag' sich, wcnn ihm der all-
abendlichc Genuß cin paar Monate hin-
durch vcrkümmert wird, nur geduldiq an
seinen Theekessel haltcn!

Sollen wir schUeßlich den Fall aus-
malen, wo der L.'eferant, nachdem ftin
Reisender der Theegesellschaft noch in allcr

Eile unter den günst.gste,, Bcdinaimqen
eincn Wechlel abge,chwi„deit, ^

ciner HandelskrisiS Bankciott mqchi
die Proccssc und Wcitläuftigkcltki,', oie
bei alleu solchcn Gcschäftcn mit d'orein
gchen? Wir glanbcn, scho» das Bishe-
rigc wird für die Bchauptiiiig genügen,
daß ini Vcrglcich mit dem Großhandel
der unbcsoldctc Ansschuß scheinbar billiger,
thatsächlich iinverhaltnißmäßig theurer ar-
beitet. Der vrojektirte Konsiinivercin wird
nicht Wochcn bcisammcii scin, ohne daß
inan heimlich über Vcrrath murrt, und
nicht Monatc, ehe er vollständig cnttäuscht
wiedcr auseinakider stäubt.

Dieß Rcfultat ist aber ebcn so uuver-
mcidlich, ob cs nun dcr Vcrcin auf die
BcsteÜungcn von Waarcn, dic, wie z. B.
Thee, auch der Großhändlcr führt, oder
ob er cs auf Artikel absieht, die dcr Han-
dcl, wie z. B. Kartofseln, im Großen für
den Lokalkonsum nicht aufzuspeichcrii pflcgt.
Fast jede vcrmögliche Familie hat ihrcn
Kartoffelmann, sei es ein Bauer oder ein
Händlcr, der ihr den nöthigcn Winter-
vorrath ins Haus licfcrt. Jede Familie
hat darin, wie bei dem Thcc, cinen eige-
niui Geschmack und eine eigcne Weisheit,
cs bcdarf, wic bei dcm Thce, vieljähriger
Proben und Erfahrungen, ehe der Edle,
dcr zugleich schmackhafte, gefuude und
billige Waarc liefert, aufgefuiidcn ist, uud
scin Edelsinn wird wie dcr des hiestgcn
Großhändlcrs oder Hamburger Licferantcn
nur durch die Aussicht auf rcgelmäßigcn
Absatz blank erhalten. Man denke slch ->^r
dcn Ausschuß des Konsiiinvcrciiis a» >stclle
der Famil.eii, so ergeben flch alsbald ganz
dicselbcn Schwierigkciten, Vcrluste, Ent-
täuschungen, wie dort für dic Thce-, so

hicr für die Kartoffclbcstellung-

Mit cincm Wort und es nochmals
zu wiederholen: der Konsumvereiii, wie
cr in der lctztcn Sißuug atopt.rt wurde,
d. h. ein Vcrci», dcr be. ccin An- und
Wiedervcrkauf e» idro?' gleichvicl welcher
Waarc, mittcls e.nes unbesoldetcn Aus-
schusses, an dci. Kosten des Zwischcuhan-
delS zu sparcn memt, ist und blc.'bt cm
cben so kostsp>el.'ges als vergänglichcs Un-
ternchu.en. D>b das gleiche Vcrdaminungs-
urthcil auch den von uns ursprünglich
projektirten und erst in dem letzten
Berathungsstadium verballhornten Ver-
brauchsverein trifft, untersuchen wir in
den nächsten Nummern.
 
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