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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0585

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Heidelberger Tagblatt.

—-- TIIlMUneii^äg-

dt'-133.

Samftag, IL. Zuni

JnsertionSgebührt-n für die 3spaltiae
titzeile oder deren Raum werdrn mil 2,

me ^paltiae Pe- -M ^ ^

1839.

Telegramme

Mailand, 8. Zuni, Abends 10 Uhr.
(Ueber Par.'s.) Dic Oestcrrncher waren
zu Mariqnano (Melegnano. Flecken zwi-
schen Maüand und Lod.) verschanzt. Mar-
schall Baraqucy d HrU.crs wurde von dcm
Kaiscr entsendet, »m sre zu vcrtreiben.
Er nahm den Ort mrt qerrnqem Verlust.

Wien, 9. Junr. Vom Krieqsschau-
platz uichts Neues. Der Karser soll be-
schlosscn haben, das Obercommando selbst

zu libernehmcn. Heß wird Chcf des
Generalstabs. Neue Rekrutirunq wird
ausqeschrrcben, mrt der Altersklasse 1839
degrnncn. "

Vom Kriegsschauplatz.

Die Alliirtcn sind in Mailand am 8.
Morgens eingezogcn, zwci Taqe später,
als ein Berner Tclegramm diescs gcmeldct
hatte. Die moralisch-politische Bedeutunq
diescs Einzuges ist, wenn ihm eine län-
gerc Behauptung der Lombardei folgt,
nicht gering anzuschlagcn; zu Gunsten
Napoleons macht er einen franzosische
Augen blendcnden Effekt, dcr italienischcn
Revolution ist er ein Siegeszeichen des
„neucn vffcntlichen Rechtes," von dcssen
Bildung unten solgcnde Adresse des
Mailänder Gemeinderathes spricht. Ganz
anders stellt sich die Frage über die stra-
tegische Bcdcutung dcs Ereignisses. Sic

fcstznstcllcn, wäre voreilig; cs läßt sich
nur auf die hauptsächlichen Momentc in
diescr Bezichung hinweisen. Noch fehlt
es, und dieß steht in erster Rcihe, an
aüen genauen Nachrichten über dic mili-
tärischen Vorqänge vom 4. (Anfanq der
Schlacht von Magenta) bis zum 7. Zuni;
man weiß nicht cinmal ob dü österrci-
chische Armee ihre Steüung fudl.ch von
Mailand noch inne hat oder ob sic eine

rückgängige Bewcgung gcgen dre Adda
machtc nnd fortsetztc. Das Letztere darf,
wenn nicht als wahrschcinllch, icdcnfalls
als möglich bezcichnct werden; i>ic -.ester-
rcicher gewinncn beim Nückzug an den
Mincio durch Konzeutration ihrer bishcl
Viel zu schr zcrsplütertcn Kräfte taktisch/
was sie moralisch ctwa cinbüßen.
rückgängige Bcwcgung haben sic schon jetzl
bewerkstelligt, ihr Hauptquartier war an
6. in Delgiojoso, östlich von Pavia. Zr
dnn denkbarcn Fall aber, daß six nichi
einen weiteren Rückzug antreten, sondcrr
noch südlich von Mailand länger steher

bleibcn, so könnte die strategische Bcdcu-
tnng dcs Einzuges in Mailand wohl wc-
nigcr qroß sein; dic von dcn Ocstcrrci-
chern in aller Ordnung an, 4/5. gcräumte
Stadt stand ja offen, gleichwic der kurze
Weq von Magenta dahin, da die Oestcr-
rcicher nicht auf der Straße Magcnta-
Mailand, sondern südlich davon ihre
Hauptstellung hattcn. Wenn also die
Ocstcrreichcr sich nicht zurückzichen wür-
den, so ist dcr stratcgische Erfolg der
Schlacht von Maqenta noch nicht von
cntscheidcnder Tragweite. Auch wenn sie,
was viclleicht das Beste ist, mit Hinter-
lassung ciner Besatznng in Piacenza weiter
zurückqehen, so war doch ein Sicg, der
drci Tage lang von den Alliirten nicht-
verfolgt werden konnte und von fast dop-
Pelter Uebermacht erfochten war, nicht
eben brillant und sehr theuer bezahlt. Jn
Paris spricht man jctzt schon in unter-
richtcten Kreisen davon, daß dic Franzosen
am 4. Juni 6 — 7000 Mann vcrloren,
und daß die Ocsterrcicher, Anfangs in be-
deutender Mindcrzahl, mit einer ganz un-
erwartetcn Bravour gefvchten haben. Fer-
nerc Bcrichte müsscn das Nähcrc aufklären.

Untcr den Mancrn von Verona iind
Mantua, wo nicht mehr Verrath und
Aufstand in beidcn Flanken und im Rücken
lauern, wird.Gclcgenheit sein, dieScharte
wieder auszuwctzcn. Wer oder was die
lctztere vcrschuldet, mag dahin gestellt
blciben; festzustchcn schcint übrigens schon
jctzt, daß die Ocsterreicher vicl zu schwach
waren; aus den französischen Berichtcn
qeht es hervor, und auch der Gynlai'sche
Bericht bcmerkt es, daß dic Alliirken in
bcdeutcndcr Ucbermacht warcn; daß man
dann abcr vsterreickischer Seits nicht große
Nachschübe rechtzeitig machte, blcibt ein
großcr Fehlcr. Noch ist Ocstcrreichs Kraft,
niilitärisch wcniqstens, unqcbrochcn, es hat
800,000 Mann 'auf den Bcincn. Es wird
aushaltcn und sich wcder vom Fcind, noch
von dcn viel qcfährlichcrcn Vcrmittlcrn
cincn Länderverlust auferleqen lasscn, der
Frankrcichs Uebermacht entscheidcn würde.
Wenn einmal Mailand verloren und die
moralische Einbußc davon getragen ist, so
beginnen bei Verona dic qünstiqeren Chan-
cen, und auch die Zcit und die längcre
und nähere Bckanntschaft der Sardinicr
und Lombardcn mit ihrcn Befteiern wird
nützliche Wirkungen hcrvorbringen, die man
abwartcn kann.

Die ncuestcn Nachnchtcn losen die lctz-
tcn Zwcisel über die Vorgänge der jüngstcn

Tagc. Scit der Schlacht bei Maqenta
am 4. und 5. hat kci» Kampf „ichr statt-
qefundeii. Am 7. Morgens zogen der
König von Sardinicn und der Kaiftx
Napoleon in Mailand cin. Das Resul-
tat der Schlacht bei Magcnta war dem-
nach leidcr ein ungünstiqcs, obschon in
dcr Schlacht sclbst die tapfere österrei-
chischc Armce sich mit allcn Ehren bedeckte.
Jedenfalls ist der Vortheil, den die Franco-
Sardcn errnngen haben, theucr erkauft.

Wien, 7. Zuni, 6 Uhr Abends. Den
neuestcn Nachrichten vom Kricqsschauplatz
zufolge, stcht dic österrcichische Armee noch
immcr zwischen Abbiatcqraffo nnd Binasco,
die dcs Feindes in Magenta. Mailand
ist (wie gestcrn schon gemeldet) gcräumt,
die Telegraphenleitung zwischcn Mailand,
Pavia undVerona unterbrochen. (Fr. Pstz.)

Wien, 8. Zuni. Jn dcr Schlacht bei
Magenta am 4. und 5. Juni kämpften
60,000 Oesterreicher gcgen 115,000 Ver-
bündetc mit wcchselndem Besitze dcs Ortes.
Ungeheure Verlustc beiderseits. Die Fran-
zoscn wurden mit Rücklaß zahlrcicher Ge-
fanqencn vom Vordringen abgchalten. Die
Oesterrcicher haben eine fcste Flanken-
stcllling eingenommen. Dcr Verlnst der
letzreren <st 4500 Mann, jener des Feinves
über 10,000.

Wien, 8. Juni, 3^ Uhr Nachm. Die
„Oesterr. Corr." bestätigt hcute, daß die
österrcichische Besatzung auf Befchl dcs
F.-Z.-M. Grafen Gyulai Mailand am
isonntag geräumt, und daß auch dic Be-
hördcn ihre Funktionen cingcstcllt haben.
Zndcm man die Sorge für die Sichcrhcit
Mailands der Stadtobrigkcit übertrug,
wurdcn die k. k. Bchördcn nacl) Vcrona
zurückgezogen, um dcmnächst 'ßecn
wahrscheinlich in Manliia aiifzuschlagen.

Turin, 6. Juni, W'/r Uhr Abcnds.
Hkutc hat sich dcr Gcmcindcrath pgn

MaiIand im Hauptguartier ei'ngeftinden

und dem Könige i'" Gqqcnwart des Kai-
sers eine Adrcsse übcrrc'cht. Dicselbe lau-
tet wie folqt: Die Munlcipalität ist stolz
darauf, iin'Gcbrauch cmer der kostbarsten
Rechte dcr Dollmetscher der Gcfühle ihrer
Mitbürqer rmtcr schweren Umstäudcn zu
sein. Sie cr'icuert den Pakt von 1848, sie
proclami'rt Angcsichts der Nation dic große
Thatsache, daß eilf Jahre in dcn Herzen
„nd Gcmüthern den Anschluß der Lom-
bardci an Picmont gercift habcü, der pro-
i-lamirt wurde hcute Worqcn, als die
feindlichc Artillcrie und die Bataillone des
Feindcs über unsere Plätze zogen. Der
 
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