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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0181

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Heidekberger Tagblatt.

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7.- L t.

Uck.^is^ Donnerstag, I«. F-ebrnar

18SK.

tttzu^e herechnet.

-— - " . , . ux„L«„,,ua des Gesetzgeben-c»

Rede dcs K«"- Körpers an, 7. Februnr.

mx ^ Scnatorcn und

Mklnc Herrcn ^c

Dcv », l" .

^ Sie wiffen es, scit scchs
^abren'sÄn Wehlstand znnchmcn, scincn
Rc chtb-'m wachfth'.snnc ."ncrenZerwurs-
,',.7c crlöschc"' ftm An.ehcn slch hcbcn
sclcn n"d ^"ch erhcbcn ,lch zcltwcisc in
Mittc dcr Rnhc unv dcs allZcincinen
Gedcibc.ls unbestl'lmntc Bcängstitzunqen,
duinpft Aufrcgungcn, wclche sich gewiffcr
Gewnthcr grundlos bcmächtigen und das
öffcntlichc Pertrauen gefährdcn.

Jch beklagc diese pcriodischc Entmuthi-
gung, ohnc mich darübcr zu crstauncn.
Zn umgcstürztcn gcscllschaftlichcn Vcrhält-
niffcn, wic dic unsrigcn, aus Rcvolutio-
nen stammcnd, kann die Zeit allcin die
Uebcrzeugungcn bcfcstigen, die Charakftrc
erncucrn, und politischen Glaubcn schaffcn.

Die Bcunruhigungen, welche ohnc dcn
Anschciu cincr augenblicklichcn Gcfahr sich
kundgcgcben haben, bcrechtigen zu wahrcm
Erstaunen; denn sic beweiftn gleichzcitig
viel ;u großcs Mißtraucn und zu vicl
Bestürzung. Eines Theils schcint man an
der Mäßignng gezweifelt zu habcn, von
welchcr ich so vielc Bcweise gab; dann
aber zwcifcltc man an dcr wahren Macht
Frankreichs. Dic große Maffe dcs Volks
ist zun. Glück wcit davon cntfernt, sol-
HkU gU untevIlkAkn.

Helitc ist es meine Pflicht, Jhnen von
flieuem darzulegcn, was man vcraeffcn zu
habcn scheint.

Wie war fortwährend meine Politik^

Europa bcfriedigcn, Zrankrcich scincu
eiqentlichcn Rang zurückgcbcn, unscre Al-
lianz ,mt England immcr cnger schlicßcn
und das Vcrbältniß melner Frcundschaft
mit den kontincntalcu Mächtcn Europa's,
nach dcr Ucbcreinstlinmnng unscrcr An-
sichten nnd nach dcr Natur ihrcs Bench-
mens, Frankrcich gegcnübcr, beincffcm

So erklärtc ich'isi Bordcanr am Bor-
abend mcincr dritten Wicdererwählung,
daß das Kaiserrcich der Friede fti, um
zu beweiscn, daß, wcnn dcr Erbe dcs
Kaisers Napoleon dcn Thron bcstcigt, cr
nicht eine Aera von Erobcrungen wicder-
beginne, vielmehr das Spsftm des Frie-
dens einweihen wolle, der nur gestört
werdcn könnte, um große natlvnale Jn-
tereffen zu verthcidigen.

Zn Betreff der Aflianz Frankreichs und

Englands habe ich mcinc ganze Ausdauer
zu ihrcr Bcfestigung angcwandt, und ich
bin auf der andern Seite des Kanals
ciner crfrcnlichcn Gegenscitigkcit der Gc-
linnungcn bcgcgnet, sowohl von Scirc dcr
Königin von Großbritannien, als von
Scitc dcr Staatsmänncr allcr Richtungcn.
Auch habc ich zur Errcichnng dicses für
den Weltfricden so nützlichen Ziels dic
aufregenden Erlnncrungcn dcr Vcrgangcn-
hcit, verläumderische Änklagen, sogar dic
natioualcn Vorurtheile meines Landes mit
mcinen Füßrn zcrtreten. Diese Allianz hat
ihre Früchte getragcn: wir haben uns
nicht nur im Orient dauernden Ruhm ge-
mcinschaftlich crworbcn, wir habcn eben
crst cin unermcßliches Rcich dcn Fort-
schritkcn dcr Eivilisation und der christ-
lichen Rcligion crvffnet.

Seit dcm Fricdcnsschluß haben mcinc
Bczichungen zum Kaiser von Rußland den
Eharakter al'.frlchtigster Herzlichkeit ange-
nommcn, weil wir in allcn schwebcnden
Fragen übcreinstimmten.

Jn gleichcm Maße erfreuc ich mich übcr
meine Beziehungen zu Prcußcn, welche
ununtcrbrochen vom Gciste gegcnseitigcn
Wohlwollcns crfüllt warcn.

Das Wicncr Kabinct hingegcn — ich
sprcchc cS mit Bcdauern ans — befand
sich oft in grundsätzlichcn Fragcn im Wi-
derspruch mit mcincm Kabinet, und cs
bednrfte eincs großcn Gcistcs dcr Ver-
söhnung, um diese Fragen zu löscn.

So ' z. B. hat dic Neubildung der
Donaufürstcntbümcr crst nach zahlrcichcn
Schwicriqkcitcn vollcndet wcrdcn könilen,
wclche dcr vollcn Befricdigung ihrcr ge-
rcchtestcn Wünsche schr nachthcilig warcn;
und wenn nian mich ftagte, welchcs Jn-
tcressc Frankrcich in dicscn vsn der Donau
durchströmtcn cntfcrntcn Gegcndcn besitzt,
würde ich antworten, daß Frankreichs Jn-
tercssc überall zn finden sein wird, wo
eine Sachc dcr Gcrcchtigkcit und Civili-
sation zur Gcltung zu bringen ist.

Unter solchen Umständcn war es nichts
Außcrordentlichcs, daß Frankrcich sich Pie-
mont mchr nähcrte, welchcs, crgrben im
Kricg, währcnd des Friedcns unsercr Po-
litik sv treu war. Dic crfrculiche Vcr-
binbung meines vielgclicbtcn Vctters, dcs
Prinzen Napolcon, mit der Tochtcr dcs
Königs Viktor Emanuel, ist also kcinc ft
überraschende Thatsache, in welchcr ver-

stccktc Ursachcn zu suchcn sind; fle ist tz,e
natürliche Folge der Gciiicinsamkeit ver
Zntercffcn bcidcr Nindcr unv der Frcund-
schaft beider Hcrrschcr.

Dcr Zustaiid von Ztalicn und dcssen
uniiatürlichc Situaiio», wo dic Ordnung
nur durch frcmkc Truppcn aufrccht crhal-
tcn wcrdcn kann, gibt dcr Diploniatie
schon scit ciniger Zcit Anlaß zu gercchtcn
Befürchtungen. Nichtsdestowcniger aber ist
dics noch kcin gcniigendcr Grund, an Kricg
zu glauben. Mögen auch die Einen, ohne
gercchten Grund, mit allen ihrcn Wünschen
ihn hcrbeiriifen; mögen dic Nndcrcn in
ihren übertriebencn Befürchtmigcn sich darin
gefallcn, Frankreich dic Gefahrcn einer
ncucn Koalition vorzuspiegeln, — ich werde'
uncrschiitterlich auf der Bahn dcs Rechts,
dcr Gcrechtigkeit, der nationalcn Ehre be-
harrcn; incinc Regicrung wird sich weder
mit fortrcißcn, noch cinschüchtcrn lasscn,
weil mcinc Politik stets wedcr hcraus-
fordcrnd, noch ängstlich scin wirv.

Wcit cntfcrnt von uns seicn also dieft
falschen Allarmirungcn, das ungcrcchte
Mißtraucn, dicsc eigennützigc Ohnmacht.
Dcr Fricdc, ich hoffe cs, wird nichl ge-
stört werdcn.

Nehmcn S,'e nunmehr in Ruhc den gc-
wohnkcn Gaug Zhrcr Arbeitcn wicdcr auf.

Zch habc Zhnen aufrichtig die llagc un-
scrcr auswärtigcn Bcziehunqcn dargclcgt;
dicsk Darstcllung cntspricht vollkomincn
allcm Dcm, was ich mich bcmühtc ,elt
zwei Monatcn sowohl uach als

nach außcn bckannt zu gebc"! lft wird
Jhncn hoffcnklich bcwcisen, d"ß mcinc Po-
li'tik kciiie» Aligcnblick aufgehort hat, die-
selbe zu blciben: fcst, dcisöhnend.

Jch zähle stets n"'t Vcrtraucn auf Zhrc
Mitwirkuiiq und auf dic Unterstützuiig der
Nation, welchc ihr Schtckfal mir anver-
traut hat sie wciß, daß niemals ci'»
pcrsönlichcs Z'ttercffc odcr cin klcinlichcr
Ehrqeiz mciuc Handlungen leitcn wcrden.
Wcnn nian, durch den Willcn u»d die
Gesiniiungcn dcs Volkcs unterstützt, die

Stufcn dcs Throncs crsteigt, crhebt man
sich durch die schwerste dcr Lcrantwor-
tiingc» übcr die nicdrigcn Rcgionen, in
dcncn gcmcine Jnteresscn sich streiten, und
man hat als ersten Dcweggrunb, sowie
als letzten Richter: Gott, sein Gewisscn
und die Nachwelt.
 
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