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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0543

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Heidelberger Tagblatt.

d^'' ^onntag , 29. Mai

JnskttionSgebiihren siir dic ZspaNj^, Px. ^ FK

iilreile °ber beren R->m> «erben nm Llr.

Preußen und Oesterreich gegen
Frankreich

(Fortsehung.)

Der Kaiser Napolcon >ft also von kci-
^'N Fürsten, von kcincm Volkc, von kcincr
Partei gerufen, dic Fnrsten nnd dic Mehr-
zahl der Jtaliencr protestircn gcgen scinc
Einmischung, kcinc Furcht vor gewalt-
sanien Umwälzungen, kein Jntcrcsse Frank-
reichs treibt ihn zun, Kriege für Italicns
Wohlfahrt. Wo liegt denn am Ende der
Grund seincr Berechtignng. Jm Jntcresse
der Civilisation, antwortet unscr Staats-
rath. »Jtalien rcpräscntirt in dcr Gc-
schichte noch ctwas Größercs, als die
Nationalität, es rcpräscntirt dic Civili-
sation. Jn dkcscm anserwähltcn Lande
ssnd die unstcrblichen Prinzipicn und dic
ruhmwürdigcn Dcispiclc gcborcn, wclchc
Mcnschcn nnd Vvlker gebildct habcn. Ita-
licn ist mchr wie eine Schwcstcr für die
anderen Nationen, sse ist deren Muttcr."
„Es wäre ein Undank Europa's, wenn
es dies vergcssen wollte." Dcr Vcrfasscr
ist in der Geschichte der Kultur dcs Men-
schengcschlechts weniger gut bcwandert,
wie in der Drcchsclung hohlcr Ncdcns-
artcn und Sophismen. Das was er die
unstcrblichcn Principien nennt, das häben
die Nömer aus Aellas bckoinmcn, von
dem sic auch ihre Knnst und Wisscnschaft
entlehnt haben. Sie sind in allen die
Schüler der Hellenen gcblicbcn und habcn
es in kciner einzigcn zur Meistcrschaft ge-
bracht. Hicr hat der Verfasscr wahr-
scheinlich nicht täuschen wollcn, svndern
er hat uns unwillkürlich ein Zcngniß ab-
gelegt, wie wcit cr selbst es in dcr wisscn-
schaftlichcn Dildung gcbracht hat. Klügcr
hättc cr gchandclt, wcnn er vor scincm
Eintritt in die Oeffcntlichkcit sich bei an-
dcrn Leuten erkundigt hättc, was man
unter Civiiisation verstche. Dann würde
er sich „icht durch die Wortc lächerlich
siemacht habcn: „die siegreichcn Adler dcs
Kaisers Napolcvn I trugcn nach aus-
wärts nicht dic Sclaverei, sondcrn die
Civilisation."

Es soll aber so sci„, wie er saqt, Jtalicn
soll die Mnttcr allcr andcrcn Völkcr sein
und ganz Europa ist ,hl„ Dankbarkeit
schuldig. Dcnnoch ist und blcibt es für
das christliche Europa ein Widcrsinn, die
Civilisation durch Kriege zu verbrcitcn.
^in gewisser Grad der Kultur, der zn
einrin bürgcrlichcn nach Gesctzcn geord-
neten Gcmcinwesen verbuudenen Menschcn

kann nnr durch die Künstc dcs Fricdens
erworben und erhalten wcrdcn. Die Re-
ligivn durch Fcuer und Schwert ausbreitcn,
zur allcinsceligmachenden Kirche durch
Scheiterhaufcn bekchrcn, vie Kultur durch
Sclavcrei befördcrn, die Civilisation durch
Eroberungskriege begründen, die bürgcr-
lichc Eescllscbaft durch Kartätschcn, durch
Caycnne und Lambessa rctten, — das
AUes ist von glcichcm Wcrth und ist dcr
Unsiiin, dcr zur Erreichung eincs Zwelks
grade die Mittcl wählt, die von dcm Zicl
abführcn. Oder gchört das etwa zur
französischcn Civilisation, daß cin Tausend
Menschen auf die Schlachtbank gcführt
werden, um ein andcrcs tausend glücklich
zu machen, nicht wie sie wollen, sondcrn
wie dcr Schlächter will? daß cine Million
Mcnschcn arm und unglücklich gcmacht
wcrdcn, damit cknc andere Million glück-
lich sei odcr auch nicht fti? daß ein ganzcs
Volk ausgcplündcrt wcrdc, damit cs die
verlorcncn Rcichthünier für eine zwcitc
Beglückung wicdcr erwerbe? Wcnn man
solche Deductioncn seilcr Fcdern liest, so
sollte man mit Juvcnal ausrufen: ckilsi-
vile oil, «nliriim non «rrisiore. Doch
ich bcsinne mich cbcn, cs ist kein Grund
vorhandcn, stch zu ercifcrn; in der ganzen
Deduction ist ja kki'n Funkcn Wahrhaftigkeit.

Will man die ganze Arglist der fran-
zösischcn Politik noch anschaulicher machen,
so stclle man die englische dancbcn. Die
Ncgicrung dcr Königi'n von England hat
allen diploniatischen Vcrkehr mit dem Kö-
nig von Ncapcl abgcbrochcn, wcil cr dcren
dringcndc Eruiahnungen zu Vcrbesserungcn
in der Verwaltung scincs Landes unbc-
achtct licß. Mchr that die cnglischc Re-
gicrnng nicht, wcil sie zu mchr kcinc Bc-
rechtigung hatte. Sie achtet das Rccht
nnd die bcstchcndcn Vcrträge und handclt
darin chrlich nnd aufrl'chtig.

Wcnn wir hier einen Momcnt einhalten
und auf das bishcrige zurückschcn, so fin-
dcn wir, daß drci Dingc völlig gcwiß
sind. Erstlich: dcr Kaiscr will Kricg, er
glanbt die Zcit sei gekommcn, dic Er-
obcrungskricgc Napolcon l. wicdcr zu bc-
ginnen. Zwcitciis: Sardi'iiicn ist der Bun-
dcsgenosse Franki cichs, Italicn dcr Krieqs-
schauplatz und Ocstcrrcich der Feind wcl-
cher zucrst übcrwundcn werdcn muß.'Drit-
tens: die politische Ncugcstaltung Jt^icns
ist nicht das Ztel des Kricgcs, sondcrn
cine Vorspiegelimg, um die Aufmcrksam-
keit Deutschlands von dcm wahrcn Ziel
abzulenkcii.

Mit diescn Vorspicgeliingen will man
Ocstcrrcich isoliren und wir dummcn
Dcutschen sollcn denkcn: oh, wcnn cs sich
nur iim Jtalien handclt, dann laßt „dix
Völker auf einandcr schlagcn." Dicse
Absicht wird nvch klarer durch drci Ariikel
in dcm Monitcur vom 5. und 1ü. März
niid vom 10. April. Sie sind aus der
Feder dcs Kaisers sclbst oder wenigstens
unter sciner Gcnchmigung von seincm
vertrautestcn Rathgcbcr geschricben, viel-
leicht von unscrem Herrn Staatsrath.
Alle drci sind ganz dazu geeignet, auch den
lctzten Rcst von Vertrauen in die Auf-
richtigkeit dcs Moniteur und ftincr Dcr-
fasscr zu verscheuchen und der zweitc ist
belcidigend sür uns. Jm dritten Falle
rühmt der Kaiser ftine großc Mäßigung.
Einc solche Sprache darf er sich gcgen
die Engländer nicht erlauben, sie würden
über scine Maßigung mitlcidig die Achscln
zuckcn. Wir dagegen müsscn solche Be-
leidigungcn geduldig ertragen, würdcn aber
ganz audcrs antwortcn, wenn Dculsch-
land cin Ncich wäre: Ob du mäßig odcr
unmäßig gegen uns scin wiüst, gilt uns
ganz glcich. Konim hcr, wciin du was
willst, du wirst findcn, wer dir Rede stcht!

(Fortsctzung folgt.)

D e u t s ch l a n d.

Krankfurt, 27. Mgj, (x h Sch M.)

Einigc Rcgicriingcn crklärten in dcr ge-
strigcn Bundestagssitzniig für cvcniuclle
mi'litärischc Buudksiiiaßrcgcln Prcußcn
untcr gcwisscn Vorausfttzungcn dic Z»i-
tiativc überlasscn zn wollen.

Stuttgart, 26. Mai. Hcnte ruckt
hicr das Hauptquarticr dcs 8. dentfchen
Armeckorps ciii. Eö hat scinen Sitz im
alten Schlossc, wo ihm angcwcficnc Apar-
tcincnts ci'ugerälimt worden sind.

Illm, 22. Mai. Die .lniiirung un-
ftrer Fcstung ist längst, dic Verprovian-
tiiiiiig dcmnqchst bccndct; die Vcrpalli-
sadirung der Äußcnwcrkc naht ,'hrcm Ab-
schluß, 'dic dcr Hnnptumfassung wird ihr
auf dcm Fußc ftltzcn; der in dcn Vcr-
thcidiquttgsrapon fallende Theil dcs Escls-
waldcs wird cbcn rasirt, kurz, dic Fe-
stung Ulm wird dcmnächst in Vcrfassung
scyn, cincm ctwaigen Gegner crstaunlich
hcißc Stnndcn und Tagc zu bcreitcn;

Wochcn dürfte cr's wohl schwerlich
bringen. (A. Z.)

Dresden, 25. Maft In der Thron-
rede, mit welchcr hcute der Landtag er-
 
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