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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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April
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Heidelberger Tagblatt.

N: 81.

jährttch ^

JnsertionSgebühm, sür die 3spa„«,e P». " -

Mittwoch , «. April ".zeiie °d°r drrm Ra»m werben ,n.. ,,r. I 8 r"

Die kaiserlicke Truppe"tch"u
zu Puris.

Eine eiaenthüml.'che Erschcmnng un-

Tnippenschau. m-lch^ ^,,^n hielt.

Ganz"Europa sah "'it Spannung auf
? cs war za gewohnt, ,n

Anqst ^zu g-rath-n, wenn bci gcwissen
Auswartungc» das ubl.che: „S ch ö n e

M citer hcute!" dprch eine andcre

Phrasc crsctzt wurde

Was wird er sprechen zu seinen Gar-
pcn? Welche Rufe werden von diesen
„Stützcn seines Thrones" ausgchen?
Wird er nicht durch sie genöthigt wer-
den, sofort über die Alpen zu zichen?
Dies waren die Rufe, welche der Trup-
pcnschau über die Gardcn vorausgingen,
und welche derjcnigen über die Linie thcil-
weise zur Stnnde noch vorangehen.

Von alle dcm ist aber lediglich Nichts
erfolgt. Den Truppenkörp'ern war aufs
Strengste anbefohlen, bei den hcrkömm-
lichen Rufen auf dcn rlaiser nnd seine
Familie es bewenden zu lassen; so zogen
ste denn vorüber und — kein anderer
Ruf wurde gehört. Nnd doch ficl bei d.c-
ser Gelegenheit Absonderliches und höchst
Ueberraschcndes vor, was unser Staunen
rrregte.

Der bei solchen Gelegcnheitcn hcrmetisch
vomDolke abgcschloffeneKaiser öffnctcdurch
scin Machtwort beim Schluffe der Trup-
pcnschau die Schranke, dic er durch Ba-
fonnettc um sich und seinen glänzenden
Stab gcschlossen hatte. Es wurde den
Zuschauern erlaubt, heranzutrcten bis zum
Auge seines Herrschers, und „bis zum
SaumesesnesGewandesdrängte
sich srohlockend das Bolk".

Dast dicse Handlung mehr als em
Schaustück, mehr als die Emgebung des
Augcnblicks war, darau werden nur ^e-
nige zwkifeln, wclche den rechnenden und
berechncndcn Geist des Kaisers zu wur-
digen wissen.

Aber was soll sie bedeutcn?

Sie konnte einc Nachahmunng alt-

russisch^r Kaiserherrlichkeit sein, denn

von dem Onkel war fiir solche Begünstt^
gung der „Pequins" kein Beispicl vor-
handen.

Wohl aber licbte Kaiser Nikolaus eö,

bef solchen Veranlassungen das Volk her-

bk'strvmen und sich die lackirten Stikfel,
den Saum der Uniform und die Leder-

handschuhc küssen zu laffeu von dem Volke;
dcim in Rußland ist das Kaiserthum mchr
als eine Idce, es ist ein Cultus.

Aber eben dcstwegen dürfte der Kaiser
dcr FrunzoseN- nicht zu diesem Mittel grei-
fen, ja es dürfte die bloße Nachahmung
russischcr Bräuche zivischcn dem 13. und
26. Brcitegrad bedcnklicher sein, als die
Annahme des orikntalischen Diadems durch
die illyrischen Kaiscr.

Wir glauben deßhalb, daß eine andere
Idee dcm Kaiser vorgcschwebt habe, daß
er, der vom Volke Erwählte, seinen Gar-
den zeigen wollte, daß cr im Nothfalle
selbst ihrer Bajonnette cntrathen und stch
auf sein Volk stützen könne.

Ta lctzteres aber unbedingt den Fric-
dcn will, und die einzige Gefahr für
Europa — wenigstens im gegenwärtigen
Augenblickc — uns von daher zu drohen
scheint, wenn der Kaiser gcgcn seine bessere
Einsicht von denen zum Kriege gedrängt
würde, welche seine Waffcn und Adler
tragen, so scheint uns dicser Vorgang bei
dcr Triippenschau zu Paris nicht nur selt-
sam, jviidern auch bedeutsam.

Wir erblicken darin eine neue Bürg-
schafl dafür, daß der Kaiscr der Franzo-
sen den Frieden will, oder bcsscr formu-
lirt, daß er dcn gegenwärtigen
Augenblick nicht für günstig zum
Kriege erachtet und es darauf
alikommen lassen will, selbst den
Wünschen seiner Prätorianer cnt-
gegen zu treten.

Äber das Lächeln des Grafen Cavour
bkim Austritt ans den Tuilerien?

Wir- werden demselben den nächsten
Artikel widmcn.

D e u t s ch l a n d.

KarlSruhe, 4. Aprtl. Dmch allerhöchste Ordre
(Nr. 30), 6. >1. Berltn, 1. d. M., wird dem
Hauptmayn v. Be >> st »»m Jägerbatatllon dte vnter-
thänigst nachgcsuchte Erlaubntß ertheilt, das thm von
Sr.'Hohett dem Hcrzog von Nassau verlichcne
Rttterkrcuz mit Schwcrter» dc« Verdicnstordcn« Advlphs
von Naffau anncbmen nnd tragen zu dürfen.

(K. Z.)

Bom Rbein. 1. April, wird der
„Wes.-Z." berichtet: Heute trifft die Nach-
richt ein, daß im Herbsi d. I. das achte
und neunte Armeekorps und zwar unter
Hinzuziehung der Landwehr zu ausge-
dehnten Feldmanovern vereinigt werden
sollcn.

Sluttgarl, 3. April. Zu Ehren deS
Königs, welcher gestern nach fast fünf-

monatlicher Abwesenheit a»s Nirra 'nmick.
kehrtc, fand ein von dei, bürgerlichcn
Kollegicn veranstaltetcr Fackelzug stE 'an
dem sich die berittene Bürgergarde 'das

bürgcrliche Schützenkorps, dic Schützx,,-
gilde, dic Feucrwchr, der Licdcrkranz u„d
vicle emzelnc Bürger bctheiligten. Ein
imübcrschbarer Zug von mehr als 2000
Fackcln, mit Musik voran, bewegte sich
vom Rathhaus über dic Königsstraße nach
dcm Schloß, wo der König nnd dic Kö-
nigin, der Kroiiprinz imd'die Kronprin-
zesstn auf dem Balkon sich zei'gten und
durch dcn zum Köiiigc bcriifenefi Stadt-
schultheißen dcn hcrzlichsten Dank für diese
Huldigung ausdrücken'ließen. Nach tau-
fendstimmigen Hochrufen auf den König,
die Königin, sowic die iibrigen Mitglicder
der königl. Familie brachte ein Unbekann-
ter ans der Mcnge mit kräftiger Stimme
auch ein Hoch auf das ganze dcutsche
Vaterland aus, das ein nicht minder kräf-
tigcs Echo i'n der Menge fand. War der
gestrige Tag dcm Volkc im Allgemeinen
gcwidmct, sv gilt der hentige dcr Be-
grüßimg iiu eiigcrcn Kreise dcs Theatcr-
bcsuchcö, wo die ganze offlzstlle Welt in
Gala erscheinen und den König beim Em-
tritt ii, scine Lvgc stürmisch empfangen
wird. Als Fcstoper ist Albert's „Anna
von Landskron" angesctzt. «

Ulm. 1. April.' Nach dem „Schw.
Merk." haben sich z„ Lübingeil cine
zicmlichc Anzahl Studirender vorkom-
mendcii Falls zuni Eintritt als Offizicrs-
kandidaten in das Militär ciitschlossc"-

München, 31. März. Uittcr großer
Theilnahmc von Sciten des Publlkiims
hat am Schwurqcricht diescn Morgcn die
Verhandluiig gcgm dcn Studciiten Ferner
wcgen dcr Ermorduug sciner Geliebten,
Friederike Sangumctti, d>c ^ochter eines
hiksigen Bildhancrs, 'hrc" Unfang ge-
nvmmen. Ein großcr Theu des Vor-
mittaqs qinq >"" der Vorlesung von
Briefen und Gcdichtcn hm, die der Ange-
klagte, em 21jähn'gcr junger Maim von
anqenehiueui Aeußerll., an das ermordcte
Mädchen gerichtct hat. Ueber die Motive
dcr That >st man bis. jetzt noch »icht >m
Klare». D'd Vcrhandlung cndigte d'esen
Abend um 10 Uhr, und wnrdc dcr Ange-
klagte zu zwölf Jahren Festung Wcgen
Mords bei geminderter Zurechnungsfähig-

kcit verurtheilt.

München, 2. April, 6 Uhr Abends.
So ebcn fand der Schluß der Schwur-
gerichtsverhandlung gegen Ernst Zander
 
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