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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0209

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Heidelberger Tagblatt.

R 41

Srscheint, Montags

lich. PreiSmi.Un.A°-.E

Freitag, 18. Februar

Jnser.i°nsgebühren snr
.i.reile oder deren Rnnm werden mi,
berechnet.

nnt 2 kr.

18SN.

Der Konsu mvcrein

am Scbeid-tvcg

vl.

elgcncn Haushalt,

uns

Wir fiihrcn knncu f.dc Hausfrau

wir bcrnfcn ^ Prclsuntcrschicd, je
fur dcn Gries, Graupcn,

Karwffc'l»'"Ho>r. ^^ec u. s. w. in größe-
'E l!-,- i,l kleinereii nnd qanz kleincn
"uantitätcn ankanft. Ein hiesigcr Fami-
licnvater, vcr mit iienn Pcrsoncn zu Tischc
acht bcrechnct uns scincn jährlichen Mehr-
aufwand an dcn Detailprciscn jcncr noth-
wcnvigcn Lcbcnsbedürfnissc auf 1Z0 fl.;
die Bclcge licgen vor, und wir würdcn
die Zahlen hier mitthcilen, wenn sich dann
nicht cin Jcdcr, dcr anders lebt und kanft,
übcr dic „Ucbcrtrcibung der Hcrren Thco-
retiker" ereifern würde. Was bcdarf es
übrigens vercinzelter Beispiele! Für die
Wahrhcit unserer Behauptung bcrufen wir
uns auf die ganze zahlreichc Klasse dcr
kleincn Gewerbtreibenden und Tienstlei-
stcndcn, dic mit ihrcni geringfiigigcn Ein-
kouinien aus der Hand in den Mund kau-
fcn, sowie auf die vielcn verinögendcn
Hausfrauen (wenn sie uns die undelikate
Ncugierde verzciheu wollcn!), dic der-
sclben Praris aus Bcquemlichkcit huldi-
gcn. Wem abcr das Zeugniß dcr großen
Majorrtät unserer Einwohner-
schaft nicht genügen sollte, dcn weisen
nsir an die Klafle, die von jenem Mehr-
aufwand der kleinen Leute einen Theil
ihrcr fsiahrung zieht, und darum dem Kon-
sumvcrcin wegcn sciner unpatriotischcn?lb-
sichten allabendlich am Biertische dcn Proeeß
macht — an dic hicsigen Krämer.

Sind dicse Anklagcn der Krämer be-
gründct? Jhre Bcsorgniffc sind es gewiß:
Dcr Konsumvercin wird ihnen, wcnn er
ins Leben tritt, ciuen Thcil ihrer seit-
herigen Nahrungsquellen entziehen. Denn
nicht nur, daß unsere Selbstverwaltung,
wic vben gezeigt, allen Aufgaben des Dc-
tailverkaufs vvllständiq gcwachsen ist, sie
wird diese Geschäfte auch ohnc Ausnahme
biüiger versehcn, nnd demqeiuäß ihren
Theilnehmern Preist strllen womit der
selbstständige Detaillist nnmöqlich konkur-
riren kann. Punkt st,r P„^^ läßt sich
dieß nachweisen.

1. Der Aufwand für das stokal. Der
Konsumverein bildet nur einc unter den
Jnnungen, die auf die verständiqe und
einträchtige Sclbsthülfe der kleinen Lentc
und auf'die Sympathicn der vermögen-

deren Klaflen begrnndet, dem Bediirfniß
nach Bildung, Krcdit, geräumigen Ver-
kaiifslokalcn, gutcn und billigcn Rohstof-
fcn, wohlfeiler Nahrung, ansprcchcndcr
Unterhaltung u. s. w. durch die Kraft dcr
wohlgeordnctcn Vercinigung wirksamcr ab-
hclfcn, als dicß dcr Einzclne, anf sich
allein beschränkt, je zu eircichcn vcrmag.
Von dicsen Vcrcincn ist bcrcits der cine!
und andcre im Werdcn, und cs werdcn
nicht Iahre vergchcn, che zu allcn dcr
Grundstcin gclcgt ist. Für aüe diese Ver-
cinc ohne Ausnahme ist aber ein cnt-
sprcchendcs Lokal dic nothwendigk Voraus-
setznng. Und bci dcm uliausbleiblichcn
Erwerb dicscr Lokalitätcn wird dic hand-
greifliche Wahrhcit nicht übcrsehcn werdcn,
vaß die Lokalität für kincn jcdcn Verein
zugleich zweckmäßigcr und billiger zu be-
schaflen ist, wenn man sie sämmtlich nnter
Eincm Dache verciiii'gt. Jn dieser Ver-
schmelzunq ruht zum gutcn Thcil auch
die Zukunft und cin handgreiflichcr Vor-
theil dcs Konsumvcreins.

2. Die Kostcn der Lagcrung. Jnsofern
die Vcrcinsverwaltnng wcder dcr Spcku-
latiou noch einer mühevollcn Dctailauf-
sicht gcwachsen ist, muß der Verbrauchs-
verciu jede lange Lageruug, dic dicWaare
Preisschwankungen und vielleicht dem Ver-
dcrb aussctzt, die Kontrollc dcs Ab- und
Zugangs crschwcrt u. s. w. vcrmeiden. Er
crrcicht dieß, i'ndcm er sich anfänglich auf
nothwcndige Lcbcnsbkdürfnisse beschränkt,
die maffenhaft verbraucht und rasch ab-
gesetzt wcrden. Späterhin, wenn erst das
Geschäft und sein Kredit fcst begründet
und wciter ausgedehnt sind, wird der
Verein, dcm allc klcinlichcn Rivalitätcn
fern bleibcn, dicsc Aufgabe mmhmaßlich
noch ciiifachcr anf dcm Wege lösen, kaß
cr sich bci den hicsigcn Großhändlern cin
rcgclmäßiges Konto und in ihrem Waaren-
lager gleichsam ein Hülfslager eröffnet.
Der Konsumvcrein wird daher auch mit
geringeren Lagcrspcscn arbcitcn, als ir-
gend ein sclbstständiger Detailvcrkäufer.

3. Die Ankaufsprcise. Man kauft be-
kanntlich um so billiger, je größer die
Bcstellung und jc fcstcr durch regelmäßiqe
Zahlung und gesicherten Vermoqensstand
der Gcschäftskredit. In allen di'escn Be-
ziehungen ist der Konsumvcrein im Bor-
sprung. Wic die Erfahrung überall zeigt,
danert es nic lange, ehe ein solchcr Dc-
tailverkaufsvcrein durch sx,-„x handgrcif-
lichcnVortheile die Mafle der kleinen Lentc
an sich zieht. Er bleibt darum nicht miiidcr

Detailgeschäft, abcr cui Deia,lg,-schäft das
durch dic Mcnge scincr Kunbcii, dghcr
dcn Umfang scincr Bcziige, daher die
Billigkcit scincr Bezugsprcisc dcn selbst-

ständigen Dctailvcrkäufer übcrflügclt. A^-

dercrseits ist von dcm Geschäftsbctrieb dcs
Dctaillistcn, das Kreditiren, die langcn
Fristcn nnd bösen Schulden nnzertrenulich,
und ob dcr Zahlungstermin an den Groß-
händlcr noch so nahc ist, das Haushal-
tungskoitto wird hier nicht weniger aus
der täglichcn Einnahme bcstrittcn. Jn dcn
Konsumvercincn wird dagegen statutcn-
gemäß nur gegen baar verkauft oder doch
nur bis zum Betrag dcs Beitrittsgcldcs
creditirt, dcmnach (neben der wohlthäti-
gen hauswirthschaftlichcn Wirknng) das
Waarcnkapital rasch, rcgclmäßig und ohne
Verluste wieder in Geld umgcsetzt, und
der Ertrag fließt alsbald wieder an den
Liefcranten zurück, ohne daß davon Ein
Krcuzer für Hanshaltungsspcscn abginge.
Für die Verluste, die trotzdem denkbar
sind, bictct dagcgen dcn Lieferantcn ciner-
seits der aus den Eintrittsgeldern (und
gelegentlichcn Uebcrschüsscn) gcbildete Re-
servefonds, andererscits die solidarische
Haftbarkeit der Thcilnehmer eine unbe-
dingt sicher stcllende Garantie. Aus allcn
diesen Gründen wird der Konsumverein
scine Waarcn billiqer bezichen und ver-
treiben, als die große Mchrzahl nnserer
Detaillisten.

4. Der Vcrwaltungsaufwand. Für den
Vcrkauf und das Zournal hat der Kon-
sumvcrein, wie jeder Krämcr, scinen Kom-
mi's zu bcsolden; allc sonstigc Vcrwaltung
bcsorgt cr ungleich billigcr. Dic obcrste
Kontrollc liegt in der Hand ker unbeiol-
dcten Ausschußmitglieder. Das Kaffen-
geschäft und dic Buchiührung ist einem
besoldetcn Beamten übcrtrag^en, bcide Auf-
qabcn nehmen nur wciiigc stunden in der
Woche, odcr je nachdcm das Geschäft sich
ausdchnt, im Tage in Anfprnch, und laflen
sich durch Vcrbindung mit den verwandtcn

Geschäftcn j-cncr aiideren Dereinc noch
weiter vereinfachon- vkhre Besoldung läßb
sich erfahrungsgemäß mit einem Zuschlag
wenigcr Procente auf die Ankaufspreise
bestrcitcn nnd blei'bt weit unter dcm, was
der Krämer als Nahrungsgcwinn den Prei-
scn sc.'ner Artikel zuschlägt.

Im Lichte aller dieser Erwägungen er-
scheint daher die Besorgniß unsercr Klein-
händler vor der Konkurrcnz des Konsnm-
vereins vollständig begriindet. Ob sich von
ihren Anklagcn gegen unser Projekt mit
 
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