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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0551

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Heidelberaer Tagblatt.

127.

MvniagS auSgcnnmmcn, täg.

Prei« mit IlnlcrhaliungSbl-t- vtericl.
jahrlich 36 kr.

Mittwoch, 1. Zuni

Jnserii->n«gebnl,rcn fnr die Sspa,«,,
lilzeile vbrr r-erenRaun, wcrden ni,i-/,.
bereckner.

18SS

Telegraphische Depesche»

^rfurt, 30 Mai E>" Prcußischcs
A r m e c k o p s w. v °e""'achst längsder
Thürinqer Eisenba n -on HaUe b.s Ger-
stunqen aufqestcllt 'verben - man
stlaubt ,i> rasckcr Bcrwcndung am Rhein.

Born 30- Mai- Garibaldi hat gestern

kinc sstickerlagc erlittcn, tind ist aus dem
Rückzug nach de.n Kanton Tcssin bcgristen.

Prcußcn und Ocsterreich gegen
^rankrcich.

(Fvrtsetzung.)

Dic Gründc für diese natürlichen Grän-
zen haben Viclen zur Bclustigung gcdient.
Zuerst war es ein Raub Deutschlands an
Frankreich, einc widcrrechtliche Voreüt-
haltung französischen Eigenthums. Weil
es abcr zu uiigcreimt crschicn, dic auf
französische Sicge gcschlofsencn Verträgc
sür gültig, die auf deutschc Sicge ge-
schlosscnen für einen Naub zu erklären,
so licß man diesen Grund fallen. Nun
wurde cs für die Sichcrheit der Haupt-
stadt uöthig, die Gränzcii Frankrcichs gegcu
Deutschland zu erweitern, damit Paris
nichl so lcicht crobert wcrden könntc. Giu
Vertheidiger diescr Ansicht sagtc: man müsse
die Gegend nur von der Vogelpcrspcctive
anschen, dann sei es jedem vcrniinftigcn
Menschcn sogleich klar, daß der Rhein 'cin
französischcr Strom sci und dic Gränzc
Frankreichs bildcn müffc. Dicscn zu schwach
fchcinenden Gründcn folgte nun ein ganz
übcrzcugcndcr, nümlich 'die große Licbc
der Rhcinländcr zu dcn Frauzoscn. ES
ist fabclhaft, was dic Fraiizoscn hicrüber
zn erzählen wlißten. Jeder Romaiischrciber,
der durch Bclgicn über Kölu rheinauf-
wärts bis Straßburg rciste, beschrieb sciue
Rcise in irgcnd cincr Zcitung, und dic
Sehnsucht der Rhcinländer "ach Faank-
reich bildcte nicht den kle.nstcn The.l se.ner
Beobachtungen. Zeder Bürgermc.stcr, sedcr
Landgeistiichc Schulme.stcr bcstclltc

seincn Gruß an den König oder Kaiscr
von Frankreich „nd ließ ihn bittcn, dic
Nheinländer doch van dcm Zoch 'hres
Vaterlandcs zu erlösen und mit franzö-
sischen Präfecten, mit ftanzösischcr Poli-
zei, mit Caycnne und Lambcffa zu be-
glücken. cke suis ?ru88ie,> üe nai88anc-e,
ina'i8 ftanz:i,i8 6« ovour (von Gcburt bin
ich Preuße, aber von Hcrzen Franzose)
waren Redensarten, die cinem franzvsischcn
Herzen so wohl thaten und nicmals fehlen

durften. Dic Eitclkeit der Franzosen nahm
dicse Erzählungcn lcichtgläubig auf und
hielt sic so lange fest, bis sic allmälig sick,
überzcugtcn, daß eS mit dcr Licbe dcr
Rheinländc.r zu Frankrcich eilcl Wind sci.
Jn ncucstcr Zcit hat nun -Vlviwiour Lniilo
ckv Oirarckin in seiner Schrift >a ^uorro
mit cynischcr Osicnheit den Rhcin wcnigcr
alS die natürlichc Gränzc Frankreichs
zurückvcrlangt, als wegcn des großcn
Ncichthums des Rheinlandcs an Stcin-
kohlcn. Angcstcckt von dcr großen Mäßi-
gung seincs Kaisers und 'der Zukunft
völlig gcwiß fragt cr: wozu dcnn Frank-
reich sein Pulvcr in Jtalicn vcrpuffcn
solle, statt es gcgcn England und Preußcn
zu verwcndcn? Nun, 'wenn solche matc-
riclle Gründc geltcn, so haben wir noch
befferc. Wir trinkcn auch gern Champagncr,
haben aber keinen wachsen. Folglich licgt
unscre natürlichc Gränze jcnscits Rheims,
10 Meilen von Paris. Auch dcr Bur-
gundcr Wein soll gut schmccken; folglich
liegt Burgund innerhalb der natürlichen
Grünzcn DcutschlandS.

Die Wicdcrcroberung des auf der west-
licheu Seitc dcs Rhcins bclegenen Thcils
von Deutschland ist hiernach ein ächt na-
tionales Werk, dcm alle Franzosen jubelnd
beistimmen und das dcn Köni'g oder Kaiser,
dcr cs bcwi^kt, im allcrhöchsten Gradc
belicbt machcn und die Bcfcstigung des
Throncs gcwährcn wird, dcren jeder vom
Volkc gcivählte Fürst so sehr bcdarf. Ein
Kricg 'gcgcn Dcutschlano zur Eroberung
des Rheins ist cin wahrhaft naiionaler
Krieg. Auch hier, wie gewöhnlich bei
den Franzoscn muß ein ganz unschuldig
klingendes Wort cin Ding bezcichnen, Las
ohn'e allgcmcinen Kricg nichtdurchzusühren,
uicht cinmal zu beginnen ist. Du ickvi^ivii
ckas ti-iiitö8 cker 1815 ist cin ganz fricd-
liches Wcrk. Warum solltcn zwci Con-
trahcutcn, dencii ihr Vertrag nicht mchr
gcfällt, dcnselben nicht aufs Ncuc durch-
schcn und prüfeu dürfcn, um die Aendc-
ruugen zu bestimmcn, über wclche sie einig
werden? So ist es aber nicht gcmeint.
Hicr wic in Jtalicn ist eö dcr Kaiser von
Frankreich allcin, dcr rcvidirt und anderen
Rcgieruugcn dic Aendcrungen vorschreibt
die er zu scinen Gunstcn vcrlangt. Und
da dics ohne Waffcn nicht gut gchen wird,
so bedcutct >a revi8ivil ckes 1i iiitö« cko 1815
die Wiedereroberung Dcutschlands.

(Fortsetzung folgt.)

Vom Kriegsschnuptatz

Ueber dic Bcwcgungen Garibaldi's
licgcn immcr noch blos Berichte aus dem
Tcssin und aus Turin vor. Thatsache
abcr ist, daß cr glücklich in Como cinge-
drungen und daß seinc dortige Anwesen-
hcit kc» Flinkcn der Empörung nordöstlich
nach Lecco und ins Veltlin gcworfen hat.
Urban scheint mit Garibaldi vor dcffen
Einzug in Como noü, nicht zusammcnge-
stoßcn zu sein; wo General Niel, welcher
angcblich dem Gcneral Garibaldi zur Un-
tcrstützung folgen solltc, scit vier Tagen
stcht, ist ganz uubckannt. Zu vermuthen
ist, daß die Ocsterrcicher größcre Truppcn-
maffen gcgcn Garibaldi abgeschickt haben,
dcn sic vffcubar unterschätzten, weim sie
4—5000 Mann auf dcn Weg von Scsto
Calcnde-Varcse-Como stclltcn oder am 24.
gar iiur 700 M. in Como hattcn. (Nach
dcm ncucstcn Berncr Tclcgramm erschcint
Garibaldi bcreits auf dem R ückzug von
Como und gcgcn die Schwcizcr Gränze
gcdräugt.) Dic Vorposten des Prinzcn
Napolcon sollcn im " südlichcn Mvdcna
stchen. Garibaldi in der rechtcn, Prinz
vlapoleon ili dcr linken F.'ankc könncn
mit Beiiiitzuiig dcs übcrall aufgehäuftcn
l'nsiirrektionellcii Brandstoffes 'dic bis in
dic Lomcllina vorgcschobeue Frontstcllung
gcgcn das alliirte Haupthcer bald so gc-
fährdcu, daß ein Rückzug nöthig wcrdcn
könnte. Wir ncnncn das nur als Mög-
lichkcit. N,an wciß wedcr, wie grvß das
östcrrcichischc Hccr ist, noch wic cs vcr-
thcilt ist. Nur so viel ist bekannt, daß
bis jctzt scine Hauptmasse iii dcr Gcgcnd
von Pavia stcht, und mit glttcm Grunde,
da hier die Hauptstärkc der Alliirtcn ge-
gcnüber isi. I» unk um Voghcra stehen
drei franzi sische Armcccorps; wcnigstcns
haben dortnachdenDcbats dicArmcecorps-
commandautcn Baragucp d Hilliers, Can-
robcrt, Mac Mahon ihr Hauptquarticr;
in Alcssandria stcht °cr Kaiser. Die Con-
centration bei Pavia, dic zum Theil auf
Kosten der Deckuug ocr Gegend am Langen-
und Comcrscc stattfand, ,'st daher sehr er.
klärlicki. Dic neuerliche Fcstsctzung dcr
Ocsterrcichcr im obercn Trcbbiathalc bcr
Bobbi'o fand wohl ebenfalls zur Sichc-
rung geäcn ewen befürchtctcn Durchbruch
nach Piaccnza hin statt. Diese Stellungen

mcrdcn schwer zu durchbrechcn scin; ohnc

kl'ne solcke Forcirung abcr wird dcr erste
Erfolg Garibaldi's in scinen weitercn Con-
sequenzen sehr gcfährdet sein. Nach dem
 
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