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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0439

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Heidelberaer Tagblatt.

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JnsertionSgebühren fur dieZi^IITT^ ' ^

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„Unterkallunasblatt^ 7bo>^

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nnen l'kl dc» B dcr Erpedition,

Tragern der Stadt uno ^ ,

östliche Hauptstraße Ri. 2 ._

Telegraphische Depeschen

Darnistadt, 27. April. Die „Darmst.
^ta " (Regicrungsorgan) bringt in cinem
Ertrablatt cinc telegr. Depeschc ans P a-
ris, 27. April, wclche bestätigt, daß in
letzter Nacht dieOesterreicher inSar-
dinicn eingerückt sind, mit dem Zu-
satz: »Franzosische Truppen stehen
mit der sardinischen Armce vor Turin
an der Dora."

Berlin, 28. April. In der hentige»
Sitzung dcs Abgeordnetenhauses sprach
sich der Minister des Acußern über die
gegenwärtige Srtuation ans. Die Er-
eignisie seien verhängnißvoll. Die Dif-
ferenzen zwischen Ocsterreich einer- und
Sardinien und Frankrcich andererscits
hättcn eincn Grad crrcicht, daß jcden
?lugenblick der Ausbruch des Kriegs zn
erwarten stünde. England habe zwar einen
letztcn Versuch geniacht, aber die Hoff-
nung auf deffcn Gelingen sei äußerst ge-
ring. Jn diescm Stande der Unklarheit
könnten keine eingchcnden Mitthcilungen
gemacht wcrdcn. Er bringe dcßhalb nur
zur Kenntniß des Hanscs, daß die kql.
Rcgicrung inzwischcnMaßregeln zurKrieas-
bereitschaft drcier Armeccorps gctroffen nnd
ebenso am Bunde die Krikgsbereitschaft
beantragt habe. Ucbcr die cigene Sicher-
heit Habe die Regirrung auch die Deutsch-
lands im Auge, um so mchr, als die an-
dcre deutsche Großmacht am Rande des
Kriegcs stehe. Die Bundcöbereitschaft sci
dcm' Charactcr des Bundes entsprewend.
wesentlich dcfenstv. Preußen stehe somit
nach allen Seiten acrüstet. 3ui Vereinc
urit skinen deutschen Bundcsgenosscn halte
cs vor Allem dcn Grundsatz ftst, daß
DcutschlandsJnteressen auch die Jnteressen
Prcußens seien. .

Wien, 27. April. Der französische
Geschäftsträger eroffncte gestern, Frank-
reich werde es als cinc Kriegserklänmg
^vsehen, wenn Oesterrcich Piemont

einrücke.

N^ien, 28. April. Durch offiziclle

^ekanntmachung istderPriVatverkehr

auf vcr Südbahn von morgcn bis zum
l). Mai gänzlich eingcstellt.

Wien, 28. April. Die Regi'erung soll
beabsichiigen, bei der Bank cin Anlehen
von 200 Millionen zu machen.

Paris, 28. April. Wie der „Moni-
tcur" mcldet, wird ein Truppencorps unter
dem Prinzcn Napoleon demnächst "i
Tonlon versammelt.

London, 28. April, Abcnds. Bör-
lenpanique. Ncun Mäklerhäuscr fal-
lirt. Consols 90b/g.

London, 28. April. Donnerstagtimes:
Frankreich »nd Rußland schloffcn zwci
Tractate: Kraft ersterem verspricht Ruß-
land, im Kriege Oesterreichs mit Frank-
reich letzterem durch eine Flottenoperation
im Mittelmeere und in der Ostsee beizu-
stehcn, ferncr ein Observationsheer von
mindestens 50,000 Mann an Oestcrreichs
Gränze aufzustcllen. Krast des zweiten
Vcrtrags crklärt Rußland Krieg an Oester-
reich binncn 14 Tagen, nachdcm dieses
das sardinische Gebiet vcrlctzte. Der Ad-
vertiscr sagt: 10,000 Matrosen werdcn
sofort angewvrben; die Kanalflotte ist zum
Schutze Englands gegcn Rußland verstärkt
wordcn.

Turin, 27. April. Ein königlicheS
Manifest an die Truppen proklamirt die
Unabhängigkcit Ztaliens, spricht von der
gerechtenhciligenSache. Prinz Cartgnan
ist zum Gencralstatthalter in der Abwesen-
hcit des Königs ernannt. Zn Florenz
hat cinc Bewegung stattgesunden; die
dreifarbige Fahne wurde ausgepflanzt. Der
Großhcrzog hat Buonevmpagni (von li-
beralcr Farbc) ins Ministerium berufen.

Turin, 28. April. Aus Florenz, 27.,
erfährt man, Vajatico habe dcm Groß-
herzog gerathcn, abzudanken. Dcr
Großhcrzog vcrweigerte diescs und ver-
langtc dcn Schutz des diplomatischen Korps.
Volk und Truppen hätten hieräuf Viktor
Emanuel proklamirt. — Auch aus Maffa
und Carara wird der Anfstand gemeldet.
Die Ortsbchörden haben dcn sardinischcn
Schutz angernfen.

^ /X Rückblicke.

Seit unserm lctztcn Artikel hat ein Um-
schwung der Verhältmffe stattgefunden,
wie die kühnste Phantasie ihn nicht hätte
ähncn könncn. Ni'cht das Lächeln deö
Grafcn Cavour, nicht der Donnerkeil des
Zeus am Montmartre hat dcn erstcn zün-
denden Strahl geschlendert, sondern das

in den letzten Tagen besonders sriedfertiae
Oesterreich, und während wir viese
Zcilen zur Preffe geben, ,st der letzte
Augcnblick seiner kühn gestellten letztcn
Frist verstrichen und s<*tzcn viellricht
Heeressäulen über den Po und Ticino.

Dieses österreichische Ultimatum tst die
creignißschwere That der lctzten Tage, die
rasche Bcwegung dcr französischen Heeres.
Abthcilungen an dcr Süd- ustd Ost-
gränze, der Zug der englischen Kanalflotte
durch die Säulen dcs Herkules in das
Mittelmccr, wcnn er sich je bestätigen
sollte, eine Schaustcllung für Frank-
reich, sind dercn nächste unmittclbare Fol-
gen. Die Stcllüng Deutschlandö und
Rußlands, wenn vielleicht auch nnr eine
zuwartende, so doch bis an die Zähne
bewaffnete, muß sich zunächst nach dieser
Thatsache richtcn.

Jhre Tragweite ist unberechenbar. Die
englischen Staatsmänner erblicken darin
einen cndlosen Krieg, dcn Kamps auf
üeben und Tov, wclchcr die schlimmsten
Leidenschaften der Zertrümmerungs-
lust, wie dcr verblendetsten poli-
tischen nnd kirchlichen Reaktion
gleichmäßig mit ver bcstchenden Gesell-
schaft, mit den Fortschrittcn gewcrblicher,
kiinstlcrischcr und sittlicher Zustände sühren
werden.

Kein Wunder daher, daß sie, daß die
Freunde des Friedens allüberall, daß die
Feinde Ocsterreichs insbesondcre daffelbe
vcrantwortlich machen für den ersten
Schlag, den es zu fübren den Mnth odcr
den unbcwachten Auqenblick hattc.

Wird aber die öffcntliche Stimmung
Deutschlands, welchc -sich bishcr so ent-
schiedcn auf dic Seite Oestcrreichs stellte,
diese Ansicht theilen? ..

Zm ersten Ariqenblicke gew'ß nicht:
Vesser einengerechtenKricg, als

einen faulen Fricden", wird ,n
allen Schichten der Volker inner-
halb der-Mckrkcii Dcutschlands das Lo-

sunqswort scin. „

Ob es abcr so bleibcn wird, hängt von
den nächstcn Entwicklungen ab.

Die ruh'gcre Besinnung wird fragen,
welchcs denn die Beweggründe zu so ge-
waltigem Vorgehen waren?

Da wcrden dann kaum mehr, als sol-
ak„de drei Möglichkeiten z» erwägen sein.

Erstens, das österrcichische Kabinet,
oder wenn wir die Aiideutungen gcwiffer
Blätter berücksichtigen, die nächste Um-
gebung des Kaisers mit Widerstreben des
 
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