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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0465

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Heidelberger Tagblatt.

106. Samstag, 7. Mai


Telegraphifche Depeschen

Berlin, 5. Mai. Z" heutigen
Vitzung des Hauses e er
neten hiklt der Minister dcs Auswart^

geii eine Rede in wclchcr cs Heiht. Dnrch

den Ai.sbruch'des Krieges ist die verm.t-

telnde That.gkeit, welche d.e Req.erung
vereint mit England und Nußland ubte,
ru Ende Dic Rcgicrung bedauert di'escn
Ausgang. Sie halt ihre politischcn Zsel-
vunkte fcst- B.sher war ihre Aufgabe
Erhal.ung dcs Fri'edens; jetzt ist ks Wie-
derherstcllung des Friedens auf Grund-
lagen, weiche Gerechtigkeit und Daucr in
stch vcreiiil'gen müssen. 11m im't Nachdruck
di'ese Zielc zu vcrfolgen, kann Preußcn
eiiie bewafsnete Stellung nicht entbehren.
Dcßhalb wurdc die Marschbcrcitschaft aller
Armcekorps angeordnet, und hcute schlicßt
sich daran eine Kredi'tfordcrung, um die
Ausgabe Preußcns zu crfüllen, zu wachen
über die Slchcrhkl't Dcutschlands, die Wahr-
nrhmung drr nationalen Jntcrcsseii, die
Aufrcchlhaltung des europäischcn Gleich-
gcwichts.

Der Finanzml'nister beantragtc hierauf,
um dic Marinc zum Schutzc dcr Küstcn
wehrhaft zu macheu, und, falls es nöthig,
die Mobilmachung zu crinöglichen, eine
Anleihe von 40 Millioncn Thalcrn; ser-
ner die Ueberschüsse aus den Eiscnbahn-
fonds, so weit es die Verträge gestatten,
zu allgcmeinen Zwccken disponi'bel zu
machcn; cndlich, falls dic Mobilisirung
stattfindet, 25 Procent Zuschlag zur Ein-
kommensteucr, Klaffcnsteuer, Schlacht- und
Mahlstcucr auf ein Jahr. (F>-. I.)

Paris, 5. Mai. Der Kaiser hat ent-
schicdcn, daß die östcrreichischen Un-
terthanen auch sortan in Frankreich und
seinen Kolonüen wohnen konnen, so lange
ihr Bknchmcn keiiien Grund zur Klage
gibt. Die Zulassung östcrre.ch.scher Unter-
thanen auf da? französische Gcbikt ist bc-
sonderer Erlaubniß unterworfcn. Okster-
reichische Schiffe, die gegcnwärtlg in fdänz.
Häfcn liegen oder dahin noch ei'nlaufcn,
ohne Kunde vom Krieg, werden 6 Wochen
Zcit zur Abfahrt und Riickkchr in die eige-
nen odcr ,'n die neutralen Häfen haben.

Bern, 5. Mai. Den, „Bund" wirv
aus Magadino telegraphirt: Oestcrrcicher
unternchmen längs des Lanqx,,^^ Streif-
züge auf sardinisches iNebiet. hört

Flintrn- und Kanoncnschüsse. Telegraph
und Eiscnbahn, nach Novara sind zerstort.
Verbindung mit Mailand nur noch über

lugano offen. Ocstcrrcichcr stehcn conccn-
trirt an der Scsia. Tcrrain zwischen Scsia
und dort ist unter Waffer gcsetzt. Fran-
zoscn halten Alcssandria und Easale bc-
setzt- (M.J.)

Turin- Ofsizicllcs sardinischcs
Bulletin von 4 Uhr Abcnds. Gcstern
tt'or feindliche Kanonade in der Richtung
von Valcnza, ohne Erfolg. Aus Cambio
rückte dcr Fci'iid gcgcn Sale (Richtung
aut Alessandria) vor. Auf dcm li'nkcn
Poufer rückte er gegen Trino fzwischen
Scsia und dcr Dora Baltca) vor und
machte eiucn unsruchtbaren Vcrsuch, den
Po untcichalb Frasinctto zu passircn. Auf
unsercr Seite zwanzig Todte und Vcr-
wundcte. (Schw. M.)

Aleffandria, 1 i/z Uhr Nachmittags.
Von da meldct der französ. Monitcur:
Der Rcgcn fäüt feit gcstern in Strömcn.
Der Feind hat dcn Po bei Cambio über-
schrittcn. Kein Znsammenstoß hat statt-
gefunden.

Paris, 3. Mai. Proklamation des
KaiserS. Franzoscn! Jnpem Okstkrreich
seinc Truppcn auf das Gcbict des Kvnigs
von Sardini'en, unscres Vcrbündeten cin-
rücken läßt, erklärt es uns dcn Krieg. (?)
Es verlctzt so die Verträge, dic Äcrech-
tigkeit, und bedroht unscre Gränzcn. Äüe
Großmächte protcstircn gegcn dicsen An-
griss (?), da Piemont die Bcdingungen
annahm, welche dcn Frieden sichern soll-
ten, so fragt man sich, welches der Grund
diescr plötzlichen Jnvasion sein kann, weil
Oesterreich die Dinge auf das Aeußcrste
trieb, weil es bis zu dcn Alpcn hcrrschen
muß oder Jtalicn srei werdcn muß bis
an's adriatische Mccr; dcnn in diescm
Lande ,'st jeder unabhängig gebliebcne
Winkel eine Gefahr für seine Macht.
Bisher war dic Mäßigung die Richtschnur
meines Verhaltens (?); jetzt wird dic
Energic meine erste Pflicht. Frankrci'ch
waffne sich „nd sage cntschloffen zu Eu-
ropa: Jch wiü keiiie Eroberung, aber ich
will, ohnc Schwäche, mci'ne nationale und
hcrkömmll'che Politik aufrcchterhalten; ,'ch
beobachtc die Verträge (?) unter der Be-
dingung, daß man sie gegcn mich nicht
verletze; ich achte dics Gebiet und die
Rechte der neutralcn Mächte, aber ich be-
kcnne laut meinc Spmpathie für ein Volk,
dcsscn Gcschichtc sich mit der unsrigcn
vermenat und das unter fremder Hcrr-
schaft seufzt. Frankreich zeigte seineii Huß

gegcn dic Anarchie; es wollce mir eine
Gewalt vcrleihcn, stark genug, ^
Unruhestifter und die unvcrbesserlichen
Mäiiner jcner ehemaligcn Parteien, die
man ohne Unterlaß mit unseren Fcinden
verkchren sicht, ohnmächtig zu machen;
deßhalb aber vcrzichtete es nicht auf seine
civilisirende Nolle. Scine natürlichen Ver-
bündeten waren stcts Jetie, welche die
Verbesserung dcr Mcnschhcit wollen und
wenn ein Köni'g den Degen zicht, so ge-
schieht es nicht, um zu herrschen, sonderN
um zu befrcicn. (?) Der Zweck dieses
Krieges ist sohin, Jtalien stch selbst zurück-
zugebcn und nicht ihm seinen Herrscher
wcchseln zu machen und wir wcrden an
unsern Grenzcn ein befreundetcs Volk ha-
ben, welches uns scine Unabhängigkeit
verdankt. Wir gchen nicht nach Jtalieü,
um Unordnung anzufachen, noch um die
Gcwalt dcs heiligen Vatcrs zu erschüttern,
den wir wicdcr aiif seinen Thron setzten,
sondern um es jcnem fremden Drucke zu
entziehkn, der anf der ganzen Halbinsel
lastet und dazu beizntragen, dort die Ord-
nung auf die bcfricdigten gesctzlichen An-
tercffen zu gründcn. Wir gehen endlich
auf diesen klassischen Boden, durch so vielc
«icge berühmt, um die Spuren nnserer
Vätcr wicder zu finden; Gott mache, daß
sic ihrer würdig seien! Jch werde mich
bald an die Spitzc der Armce stellcn. Jch
lasse in Frankrcich die Kaisrrin und mei-
ncn Svhn. Uuterstützt durch die Erfah-
rung uud das Licht dcs Ictztcn Bruders
des Kaiscrs, wird sie sich ihrer Mission
entsprechend zeigen. Jch vertraue sie der
Tapfcrkeit dcr Armee, welchc in Frank-
reich blcibt, um auf unsere Gränzcn zu
wachcn, wie um den häuslichcn Heerd zu
schützen, sch vcrtrauc sie deni Patriotis-
mus der Nati'onal-Garde, ich vertraue sie
endlich dem ganzen Volkc an, wrlchxs sie
nn't jener Liebe und Hingebung umgeben
wird, von wclcher ich täglich sy
Veweise crhalte. (??) ^lso Muth und
Einigkeit! Unscr Land wird der Welt
nochmals zeigen, daß es nicht ausartetc.
Die Vorskhüng wird Zhre Bemühungen
segncn, denn i" den Augen Gottcs ist eine
Sache heilig, die sich auf die Gcrechtigkcit,
die Mcnschl'chknt, die Vaterlandsliebe und

die Unabhängl'gkeit stützt. (??) Dnilerien-
Palast, 3. Mai 1859. Napoleon. — Jm
^csctzgcbenden Körper vcrkündcte hcute Graf
Walcwski, daß Frankrcich an Oesterrfich,
wclches auf sein Vorgehen gcgcn Piemont
verharrte, den Kricg erklärt hab'e.
 
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