Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

DOI Kapitel:
März
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0314

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Deutschen haben die Lehre der ersten fran-
zöstschen Revolutionsfeldzüge nicht verges-
sen... Deutschland ist eins genug, um
zu fühlen', daß ein Angriff auf ein Bun-
desglicd von allcn abgewehrt werdcn
muß"

London, 17.März. Aus Cork tele-
qraphirt man, daß die Grand Iury ge-
stern die Anklage gegen 9 angcbliche Mit-
glieder geheimer Gesellschaften gutgcheißen,
also dieselben vor das Geschwornenqericht
zu stellen bcfohlen hat.

London, 21. März. Nach den heu-.
tigcn „Times" wird in London odcr
Berlin cin Kongreß stattfinden, um
die oorliegendcn Differenzen auszuglcichen
und dic Rnhe Slidenropas permaneut her-

zusteücn.

S ch w e i z.

Bern, 16. März. Der allgemeine
Volkswille in der Schweiz ist für einc
entschloffene Wahrung und Vertheidigung
der Neutralität. Einstimmig ist man,
daß die gesammte Wehrkraft des Landes
demjenigen Hecre, von welchcr Scite es
auch komme, cntgegengeworfen wcrde,
das in das Schweizergebiet einzudringen
wage. Mit dicscn crnsten Worten wird
sodann auf die Gefahren der französischen
Polktik hingewicsen.

I t a l i e n.

RvM. Die Wohlthaten dcs durchweg
geistlichen Regiments im Kirchenstaat Nom
sind kostbar. Folgcnde Thatsgchen sind
dem amtlichen Berichte des Kardinal Mi-
lcst cntlehnt. „Wir haben mehr bcsoldctc
Beamte als Soldaten. Jn dcn letzten
10 Jahren haben die Ausgabcn für die
Kirchen größere Summen verschlungen,
als alle übrigcn Staatsausgaben zusam-
men; sür die Kirche Ostia allcin ver-
schwcnvete man 7 Mill. Frcs. Im Iahre
1827 wurde eine Kommisston nicdergcsctzt,
um zu berathen , wie man dem Bcttler-
wesen steuern könne. Diese Kommission
bcsteht heute noch und hat 40 Mill. Frcs.
vergeudet, ohne das Mindeste gethan zu
habcn. Der vorsitzende Kardinal bekommt
sür seine Person einen Jahresgehalt von
600,000 Frcs." ^

Rom, 12. März. Drc franz. Armee
wird Rom nicht räumen, sondern noch ein
ganzes Jahr da bleiben. Es scheint, daß
der „Moniteur" die MklNUNg des Papstes
schlecht wiedergegeben hat. ^etzterer er-
klärte am Freitag vor dem ganzen heiligen
Kollegiuln, er habe nicht gesagt, die päpst-
liche Regierung sei stark genug, um sich
zu vertheidigen; zweitens habe er nicht
verlangt, die franz. Truppen sollten so
schnell wie möglich abziehen; er wolle
keinen Anlaß zum Kriege zwischen Oester-
reich und Frankreich geben. Neapolita-
nische oder spanische Truppen werden nicht
einrücken. Jn ruhigen Zeiten genügt die

päpstliche Armee; unv in Kriegs- und Re-
volutionszeiten sind Fvankreich und Ocster-
rcich stark genug, den Papst zu schützcn.
Der Papst hat im ganzen Kkrchenstaat
Gebeke für die Erhaltung des Fricdens
angcordnet; in demselben Sinnc hielt er
auch in der Kirche am letztcn Montag
eine rührcndc Predigt.

Turin- Die „Ärmonia", ein konser-
vatives Turincr Blatt, sagt über den
Grafen Cavour wörtlich: „Zwei Vcr-
dienstc schrcibcn die Höflinge dem Grafcn
Cavour be>ondcrs zu: cinmal sollte cr cin
glänzender Eotaatsöconom, das anderemal
der scharfsinnigstc Politiker scin. Doch
die That zekgte, daß er wedcr in den Fi-
nanzen, noch in der Politik etwas taugte.
Unscrn Staatsschatz hat cr zu Grunde
gerichtet, und als cr nicht mchr wo hinaus
wo hincin wußte, und Schuldeu und Ab-
gabcn uucrhörter Art auf uns gehäuft
hatte, da übcrgab er sein Portefeuille Hcrrn
Lanza. In der Politik brachte er uns an
den Nand des Abgrundes->"

Turitt, 16. März. Cavour hat einc
dritte Note von Lord Malmcsburp er-
halten, die noch frostigcr und fteifer ist,
als die beiden vorhcrgehenden, sie scheint
dem edlen Grafen etwas heiß zu machen,
er hat sie noch nicht bcantwortet.

Vermischte Uachrichten.

Kcrrlsrube, 17. März. Zwei Ver-
brechen des Kindsmords wurdcn gestcru
in hiesiger Stadt entdeckt. In der hiesigcn
Bierbrauerei von E. wurde eine Schachtel
mit einem todten Kindevorgeflinden, wclches
sich schon in voller Verwcsung bcfand.
Eine chemalige Kcllnerin dicscr Bier-
wirthschaft wurde der That verdächtig be-
funden und dieselbe alsbald in der M.'schcu
Bierbraucrei, wo sie gegenwärtig imDienste
stcht, verhaftet und in gerichtliche Unter-
suchung genommen. Ein gleichcs Ver-
brechen soll in einem hiesigen Hause des
vordern Zirkcls stattgefunden haben, wo-
rüber biS jetzt nur so vicl feststeht, daß
auch hier bereits gerichtlichc Uuterfuchuug
eingelcitet und ein verdächtigcs Dienst-
mädchen verhaftet worden ist.

Aus dem Rechenschaftsbericht dcr Eß-
linger Bauinwollspinnerei und Weberei
vom 15. März geht hervor, daß dieselbe
demnächst 28,000 Spindeln und 450 Web-
stühle in Thätigkest hat. Für das von
der Gesellschaft ausgegebene Prioritäts-
anlehen von 360,000 fl. war der drei-
fache Betrag angeboten. Eine Dividende
wurde nicht ertheilt, weil die Fabrik erst
seit cinem halben Jahre im Gange ist.

Freiburg. 19. März. (Brsg. Zeitg.)
Bis hkute gingen zum fünftcn allgemeinen
badischeft Gesangfest Anmeldungen von 53
badischen Bereinen ein und betrug deren
Zahl 343 1. Tenor, 348 H. Tenor, 349
1. Baß, 350 II. Baß, somit inögesammt

1390 Sänger, ungerechnet jener der beiden
hiesigen Bercine.

Würzburg. Ein trauriger Fall er-
eignetc sich yyx cinigcn Tagcn in Ho hen-
berg, wo einem kleinen Knaben von 5 Jgh-
ren benn Hcrausnehmcn kincs Zahnes
dicser in die Luftröhre gcrieth und dein
Kinde nach eiuigcu Stundcn den Tod
brachtc.

ArankfUrt, 18. März. Gcstern ist
hier der leltcnc Fall vorgekommcn, daß
cin uoch nicht langc verheiratheter Mann
seiner Frau, mit der „ uneinig lebte
und sich scheiden lassen wvllic, die Nase
abbiß. Derselbc wurdc sogleich ver-
haftet.

Die Feuerversicheriings-Gcscllschaft „Co-
louia" hat im Jahre 1858 an Prämien
30,000 Thlr. mehr als im Vorjahr, also
im Ganzcn beiläufig 1,070,000 Thlr. ein-
genommen. Diesc Summe gestattet die
Verthcilung einer Dividende von 52Thlr.,
so daß auch für 1858 mit Einschluß v»n
4 pCt. Kapitalzinscn, wie für 1857,60Thlr.
pro Actie — 30 pCt. als Rente bezahlt
werdcn.

London, 14. März. Die Zabl der
Schistbruche ,.nd kleineren Unglücksfälle
an den ciiglische,, Küsten bctrug offiziellen
Ausweisen zufolge verflosscnen Iahre
1170, gcgen 1143, iizg „nd 1141 in
dcn Jahren 1857, 1856 und 1355. Die
Zahlen sind somit mcrkwürdiger Weise
einander ziemlich gleich geblieben, unter
dcn vcrunglücktcn Fahrzeugen befanden sich
957 britischc und 209 ausländischc; und
von bciden zusammen 48 Dampfer. 'shr
^"a'verlust belicf sich auf 435,656 L.,
d,e Verficherung auf 414,317 L. Durch
-rEfioncn waren davon 59 gänzlich zu
Oruude gegaugen, und von 1895 Perso-
uen, die in Lebensgefahr gerathen waren,
wurdc» 1555 gerettet, darunter 206 vcr-
mittels Rettungsboote und 210 durch Ra-
kelen- und Mörser-Apparate. Zur Auf-
munterung von Rettungs-Anstalten wurden
4523 L. verausgabt, und der Erfolg vieser
Bereine bcthätigte sich dadurch, daß i'm
vcrflossenen Iahre wirklich mchr Men-
schenleben als in frühcren Jahren aus
drohender Gefahr gcrcttet wurden.

In Jeddo, dcr Hauptstadt von Ia-
pan, starben binnen Monatsfrist nicht
weniger als 1o0,000 Menschen an der
Cholera. Die Stadt hat über 1,300,000
Einwohner.

* Heidelberg. Jn Nr. 66 des Hei-
delberger Journals erschien ein Artikel,
gczeichnet: 6 Vom Neckar, welcher eine
Berichtjgnng verdient.

Da der pfiffige Artikelmacher zufällig
selbst ,'n der Bierbraucrei von Gundt zu-
ßegen war, als die Versammlung statt-
fand, so ist es um so auffallender, daß
 
Annotationen