Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

DOI Kapitel:
April
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0370

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
»

von anderen Khlineraden Besuche erhalten,
ihr Betragen, ihre Haltung uns Pfälzern
gegenübersrhre Ausflüge nach den Fcstungen
und r'n erszelne, aus früheren Kriegszcr'ten
bekannte Gebirgspässe, — das sind Dr'nge,
pie man doch nr'cht ganz unerwähnt lasscn
kann und soll. Wr'r wollcn nrcht ent-
scher'den, ob rhre wahre Absicht dahin gcht,
StudisN über die pfälzische Bodenbcschaffen-
heit und die Volksstiininung anzustellen, —
in letztcrer Beziehung könnten sie höchst
interessante aber unangenehme Berichte
nach Paris erstatten — oder die mili'-
tärischen Kräfte nach allen Richtungen
auszuforschen; das müssen wir aber ossen
aussprechen; rhre Erscheinung gcradc in
der jetzr'gen Zcit ist uns mehr wie auf-
fallend, sie rnahnt doppelt zur Vorsicht,
darnit wir Pfälzer, die wir jedesmal vom
gallischen Hahne, so oft er seine Krallen
in unser reiches und schönes Land setztc,
bis ins inncrste Eingeweidc zerfleischt wur-
den, diesmal vcrschont bleiben. Möge
unsere Regierung den trefflichen Volks-
geist, der in allen Schichten der Gcsell-
schaft sich so lcbhaft kundgibt und jenen
französischen Ofsizieren Wahrheiten ins
Gesicht schleudcrte, dic sie nur treu und
vollständig ihrcm Kaiser in Paris berich-
ten sollen, möge man diesen Volksgeist
doch durch ein thatkrästiges, jedem Gegncr
Achtung einflößendes Auftreten unterstützen.

Aus Preußen, 4. April. Es ist
crstaunlich, was für polizcilichc Ucbcr-
griffe in der verflossenen Unglückspert'ode
vorgekommcn sind, die nunmehr offcn zu
Tage treten. Selbst nicht an ei'nem
zchwarzen Kabinet, wie cs unter
Fürst Metternich in Oesterreich bestand,
hflt ^s gcfxhlt, in welchcm Register übcr
dic Bevölkerung geführt und dabei hinter
jedeur Namcn die Bemerkung beigefügt
wurde, wessen Geistes Kind der Trägcr
desselben war, ob roth oder schwarz-weiß,
ob und wie Lr gewählt und wie cr sich
überhaupt rn der Bewegungsperiode be-
nomrnen habe. Die Eristenz eines solchen
Kabinctes war kein Geheimniß. Eristirte
doch sogar ein gedrucktes schwarzes Buch,
eine Art Poll'zeihülfsbuch, welchem,
alphabetisch geordnet, allc Namen derje-
nigen J'ndivl'duen nicht nur von Prenßen,
sondern von ganz Deutschland, verzeich-
nct waren, welche in den Zahren 1848
und 1849 sich r'rgendwie bemerkbar ge-
macht hatten. Jedem Nainen waren kurze
biographische Skizzen angehängt, wvmög-
lich auch ein Signalemcnt, s» düß es für
Polizisten (und für diese war cs ja nur
bestimmt) ein schätzbares Handbuch sein
mochte. Wenn unter Manteuffcl-Westpha-
lens Regiment als geheime Fonds 80,000
Th«ler jährlich verbraucht wurden, s»
bräucht man sich bei so ungeheurem Aus-
wande nicht gerade zu wundern. Die
Preßbnreaur, welche große Summen auf-
zehrten, waren eine Erfindung Rhino

Quehls, des gegenwärtigen Generalkon-
suls in Kopenhagen, der neulich cbcnfalls
mit Vilickc'schcr 4'auge übergossen wurde
und dessen Postcn eknzuzichen beschlossen
worden ist.

Berlin. Dic ncue Organisatkon der
preußischen Marine ist bereits voll-
zogen. Prinz Adalbert führt dcn Ober-
bcfchl, Contreadmiral Schröder leitet die
Verwaltung.

Berlin, 4. April. England hat in
der letztcn Zeit den Gedanken an cine
Confödcration der italienisch en
Staatcn wieder augcregt. Gutem Vcr-
nehmen nach zeigt sich pas Wicner Kabi-
net nicht abgencigt, auf eine nähere Er-
örterung diescs Gedankens einzugehcn.

Wien» 3. April. Den Haupttreffer
von 200,000 fl. der vorgestrigen Ziehung
dcr Kreditloose gcwann bcr hiesige Groß-
händlcr Läme I. Der zweitc Trcffer von
40,000 fl. siel auf eincn gänzlich unbe-
mittclten Studirenden der Technkk,
dcr sich cine halbc Stunde vor der Ziehung
um dcn Betrag von 3 fl. die Zusicherung
auf dic glückliche Loosnummcr gekauft
hattc.

Triest» 31. März. Dic blühendsten
Länder und Städte lciden bereits furcht-
bar unter dem Drucke der schwebenden
Crisis. Ein aus Jtalicn zurückgekehrter
Bckannter sagte mir: „Jtalien leidet an
kincm fürchterlichcn Cerebral-Ficber, das
in Piemont am heftigsten wüthet; ohne
Aderlaß ist keinc Hcilung möglich.

F r a n k r e i ch.

Paris- Die „Debats" bringeu cinc
sehr trockcn gehaltenc Anzeige über dic
Hcerschau, wclche am Sonntag vom Kaiser
gehalten worden ist. Es waren etwa 25,000
bis 30,000 Mann. Nach dcr Hcerschau sind
viele Dekorationen der Ehrcnlegion aus-
getheilt worden. Wir erfahren aus zuvcr-
lässiger Quelle, daß bei dcr Heerschau über
die Gardc der Befehl ertheilt war, „Vive
I'ltnli^" zu rufcn — ein Befehl, der erst -
kurz vor dem Antreten der Truppen wi-
derrufcn wurdc. — Graf Gustav Cavour
hat am 28. März bei dem Papst Audi'enz
gehabt.

Paris, 4. April. Ohnc Entwaffnung
Piemonts kcin Kongrcß! Es schcint
dieß nicht blos das lctzte Wort der Wiencr
Blätter zu sein, cs ist auch die Bcdin-
gung des Wiener Kabinets und der Haupt-
gegenstand der gegenwärtigen Unterhand-
lungen; alles Uebrige ist in diesem Augen-
blick Nebensache. Frankreich hofft, wic
wir erfahren, daß es den Vorstcllungen
Englands und Preußens gelingcn werde,
daß Ocstcrreich gleichzeitig selbst entwaffnc,
aber hxute um Mkttag wußte die fran-
zastschc Rcgierung noch nkcht andcrs, als
daß das Wiener Cabiuet sich wciacre, zu
entwaffnen, und nur unter der Bedingung

ver Entwaffnung Sardinicns den Kongreß

beschicken woüe. Wenn man in Bctracht
zicht, daß auch Frankreich rüstet, und daß
in Folge dcr heraufbeschworenen Aufre-
guiig in Piemont das sardinische Cabinet
viellcicht nicht mehr Herr der Lage ist,
so läßt sich nicht läugnen, daß diese For-
deruug nicht uubcgriindet ist. — Die ganz
zuverlässigc Nachricht, daß es vorzugS-
weise Rußland si,, welchcs sich der
Vertretung Piemonts ,m Kongresse, mit
Ausschlicßung der anderen italienischen
Staaten, widersetzt hatte, ist eine aber-
malige Rechtfevtigung unscrerBehauptung,
daß man mit Unrccht au ein »gcheimes
Einverstäiidniß zwischen Frankrcich, Pie-
mont und Rußland glaube, welchcs letztcrc
fcindliche Absichten gegen Oesterreich hege.

— Wic vortrefflich die französischen
Eisenbahncn für dcn Truppentransport
eingerichtct sind, geht daraus hervor,
daß kürzlich von Rennes eine Batterie
von 226 Unteroffizieren und Soldaten,
4 Offiziercn u»d 186 Pferden binnen
weniger als 2 Stunden in 30 Wagen
nach Lyon abgchen konnten.

Paris, 4. April. Es wird sortwäh-
rend versichert, daß die Einigung der fünf
Mächte in Bezug auf die Präliminarien
des Kongresses erziclt sei nnd unver-
züglich durch deu „Monitcnr" konstatirt
wcrden müsse.

Paris. Die Anzahl der jungen Leute,
welche in oic dicsjährigen Ziehungsli'sten
eingeschrieben sind, beträgt 305,943; drese
Anzah! übcrsteigt die der vorjähriqen Llsten
um 10,000.

Paris» 5. Apri'l. Die Mitgli'eder der
Pariser Konferenz sind für nächsten
Donnerstag, den 7. d. M., um 1 Uhr,
ins Ministkrium der außcrordentlichen
Angelegenheiten zusammenberiifen. Man
glaubt, daß die Erledigung der moldau-
walachischen Doppelwahlangelcgenhcit nur
einc einzige Sitzllng in Anspruch nehmen
wird.

C n g l a n d.

lLvndon, 4. Apri'l. Dic Hoffnungcn
anf Erhaltung dcs Friedens sind
in den letztcn Tagen hier schwächcr ge-
worden, was ganz*natiirlich ist, nachdem
sämmtliche Zeitungsbcrichtc aus Paris
übereinstimmend von großen Rüstungcn
Frankrcichs sprechcn und Alles darauf hin-
deutet, daß Piemont nicht in die ihm zu-
gemuthete Entwaffnung wl'lligen wird, be-
vor Oesterreich jhm ni'cht mit gutem Bei-
spiel vorangeht.

I t a l i e n.

Turin. Dcr Turiner Korrespondent
dcr „Times", der wicder einen AuSflug
nach Mailand gcmacht hat, ist offenbar
lstzt überzeugt, daß die sonderbaren Be-
richte, dic Tag für Tag in piemonte-
stschen Blättern über Stiinmuug, Kravalle,
Desertionen u. s- w. im Mailändkschen zu
 
Annotationen