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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0594

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nach Abbiategrasso verlegt. Dadurch war
die nördliche Lombardei Preis gegeben,
Mailand inußte geräunit werden, Ürban
seinenRnckzng überCaffano suchcn. (l-bis
3. Juni). Jetzt blieben nur zwei Wege
übrig, entwcder ohne Gefecht sich an die
sesten Positionen des Mincio zurückzuziehen,
odcr die Wiedcreinnahme der nördlichcn Lom-
bardeiaufden WurfeinerSchlacht zn scßen.

Lctzteres wurde gewählt, da Kaiser Franz
inzwischen zu Verona angelangt nnd hattc
den Feldzeugmeister Hcß, einen schon lange
schmerzlich verinißtenNamenaufdenKriegö-
schaupiatz abgcsandt, wo derselbe in Be-
regnardo den 3. Juni den Plan dcs näch-
sten Tages bercdete. Am Abende dicses
Tages hatten dic Franzosen ohne bedcu-
tcnden Widerstand bei Turbigo den Ticino
übcrschrittcn nnd es erfolgte bei Robcchetto
der erstc b^utige Znsamincnstoß dcs Ge-
nerals Mac Mahon mit dcn österrcichischcn
Truppcn. Diese abcr, verstärkt durch das
so cbcn aus Dcutschland angekominene
Corps Clam-Gallas, machtcn einen so
unwiderstehlichenAngriff auf dkc Franzosen,
daß dicse über den Fluß zurückgedrängt
wurden, den Kampf nur init Mühe auf-
recht crhielten nnd erst dadurch gcgen
Abcnd den Sieg errangen, daß Mac Mahon
sich des zwischcn dem österreichischcn Hanpt-
quarticr uud dcr bisheriqen Kampfesstäktc
gelegenen Ortes Magenta bcmächtigte und
diescs behauptcte. So innßten dcnu dic
österreichischen Truppen, dic im Gefechte
gewesen, sich in weitem Bogen auf die
noch unberührten Truppen — gcgen Bi-
nasco — zurückziehen. Lctztere bcstunden
noch aus zwei Armeccorps und einer Di-
vision; mit ihnen gedachte Gpulai den 5.
den Kampf zu erncucrn. Da fand er, daß
die in der Schlacht vom vorigen Tagc
gestaiidenen Armeecorps so wcit zurück-
gczogcn waren, vaß sie nicht mehr rccht-
zcitig m die 4-chlachtlinie gebracht wcrven
konnten. -die Waffenthatcn, wclche da-
hcr am o. geschahen waren nur glan-
zcnde und crfvlgreiche Gefechte, nm einen
gesichcrten und geordnctcn Rückzug, der
am 6. nach - mcenza und Belgososo statt-
fand. Wenn 'ncht nur bci Magcnta,
sondcrn auck bel s-'ier d'Olonna — vier
Stunden von Mailand gekämpft wurde,
wie Schweizer Berichte wollcn, so war
dicses das Gcfecht der am weitesten nörd-
lich stehenden österrcichlschc)! Truppen um
Wiedervereinigung Mlt dem Hauptcorps,

dic >enii auch vollständig gclang.

Wie schr dcr Kampf a>N gcschwankt
hattc, beweist die große Änzahl franzö-
stscher Gesangenen unv die Erbeutung cincr
Kanone durch die Oesterreichcr.

Großartige Züge der Tapferkeit sind
sctzt schon in Menge bekannt und werdcn
später noch mehr ans Licht treten, wären
auch ohnedies durch die großen Verluste
der an Zahl offenbar übcrlegenen Fran-
zosen bcurkundet.

Der Erfolg aber war die am 6. er-
folgte Einladung zur Besttznahme Mai-
laiids und der am 8. erfolgte Einzug
Napoleons und Victor Einanuels.

Ein Kampf bei M arig n an o, wo vor
333 Jahren Franz l. mit seknen Franzosen
den crsten Sieg über die Schweizer er-
rang, hat zwischcn dem Corps Barraguai-
HillierS und Benedek statt gefnnden. Er
ist für den wcitern Verlanf von wcnigcr
Bedeutung, da auch dic an der Adda zu
crwartendcn. Gefechte nur vorbereitende
zum großen Kampfe am Mincio scin werden.

Und wic sah cs denn währcnd hier die
blutigen Würfcl des Kricgcs gerollt wnr-
den mit dcm Gewebc dcr Diplomatie, mit
der Stimmung Europa's aus?

Dicscs sei dcr Gegenstand eines fol-
gcndcn Artikels.

Vom Kriegsschauplatz.

.Der österreichische Bcricht übcr dic
Schlacht von Magenta ist vor dcm
französischen erschiencn. Er klärt vollends
allc Zweifcl auf. Schlicht und einfach
ist cr auch ehrlich genug, eincn großen
Hauptfchler, dcr in der Führung gcmacht
wnrde, cinzugeftehen. Wcnn nicht ohne
Nöths^ung dnrch dcn Fcind und wiver
Willen und Wiffcn dcs Oberfeldhcrrn
(wahrscheinlich abcr Mangcls nothwen-
digster Aiiordnungen vou seiner Seite) in
dcr Nacht vom 4/5. Juni einc rückgän-
gigc Bcweguiig Seitens eiuiger am 4. im
Gcfecht gewescner Truppeukörper stattge-
funden hätte, so hätte am 5. Morgens
dcr Kampf mit zwei neuen Armcekorps
und aller Aussicht auf Erfolg wieder auf-
gcnommen wcrden können. Dies weist
auf Fehler in dcr Führung, die um so
beklagenswerther sind, als die über alles
Lob erhabene Bravour der österreichischen
Truppen sclbst aus dcn feindlichcn Bc-
richten hcrvorlcuchtet. Das Regiment
Hesscn, das am 4. schon 25 Ofsizicre ver-
loren, stürmtc am 5. nochmals mit Er-
folg die Position Ponte Magenta zur
Sicherung des Rückzugs und nöthigte dic
Alliirtcn, die über dicse Ueberraschnng
noch keine Sylbe knndgcgebcn haben, „aus-
zuruhen und sich zu organisiren." Aus
dcn klaren und sich gegenscitiq selbst ver-
bürgendcn Angaben ves Gynlai'schcn Be-
richtes geht hervor, daß im Ganzen nur
45—50,000 Mann und nnr allmälig in's
Gcfecht kamen; die Kräfte wurden also
nicht nur nicht ganz entwickelt, sondern
auch verzettelt. Hiemit ist auch die An-
gabe der Pariser Blätter lügengestraft,
daß allein dcr Garde währcnd ihrcs zwei-
siündigen verlustreichen Kampfes 40,000
Mann gcgcnüber gcwesen seien; dcnn wäh-
rend cwxA achtstündigen Streites gegen
vler Armeekorps kommcn österrcichlscher
Seits lewxr nur 50,000 Mann allmälig
in den Kamps. Freilich hat die kaiserl.

Gar>.e fürchterlich gelitten, vom Garde--
Znavcnregilncnl sst ein ganzcs Drittcl ge-
^/cben. Dic Jndep. belge schrcibt dar-
übcr nach ih>-en guten und sehr behut-
samen ^nnffer Qnellcn: „Die Verluste
waren ichrccklich^ six hghen dic Eliten-
truppen sictrogen. Auch der Verlust an
Todten und Bcrwundeten soll 6000 weit
überstcigen; einigc (vieüeicht übertriebene)
Schätzungen gebcn ^OO Todte, 9000
Verwnndetc »nd 1000 Vcrrnißtc, 13,000
zusammcn an. O'gnzvsischc Oberoffi-
ziere sinv kampfunjahiq; guch General
Edgar Ney ist verwiindet. Das Gardc-
Zuavenregimcnt hat 700 Mann verloren,
nnd ohne die glückliche und unvorherge-
sehcne Bcwcgung Mac Mahous smit

40.000 Mann) wäre die franzvsisg^ ^r-
mee überwältigt und die Wiencr Depcschx,
wclche die Zurückwerfnng über den Tic,cho
meldet, wäre cine Wahrheit gcworden."
Die Zahl dcr französtschen Gefangenen
gibt Gyulai nic^t an, es waren „vicle,"
aber da cr „noch keinc Detailangaben"
hatte, koniitc er sic nicht summiren und
unterließ cinc prahlerische Schätzung, im
Gegcnsatz zu L. Napoleon, der die angeb-
lichen 7000 zucrst aiifmarschiren ließ. —
Sehr großc Verstärkungen sind auf dem
Wege von Frankreich uach Jtalien. Der
Kaiscr wilt nach einem von der Jndep.
erwähnten Gerücht bald nach Frankreich
ziirückkehrcn imd Pelissier das Oberkom-
mando überqebcn.

Der Monitcur bringt das kaiserliche
„Bulletin" über dcn Ticinoübergang und
dic Schlacht von Magcnta. Dcr Wort-
laut wird , nachgetragen werden. Für
hcute sei bemerkt, daß der Bericht, wie
zn crwarten, in äußcrst glänzendcn Farben
abgefaßt ist. Zwischen den Zcilen sind
aber auch fürchterlichc Vcrluste zu lesen.
Bon Mac Mahons Korps fielen außer
Gcneral Espinasse und seinem Adjutanten
dic Obersten Drouhot und Chabriöre.
Der Division Vinoy wnrdcn 11 Ofsiziere
getödtet, 50 verwundet- Anch Gcneral
Martlmprey wurdc gctrofsen. Dem Gc-
neral Canrobert wurde scin Generatstabs-
oberst, sowie cin Regimcntsoberst getödtet.

Der Bericht bleibt bci 4 Kanoncn, 2
Fahncn und 7000 Gefangenen, die den
Franzoscn in dic Hände flelen. Das 2.
österreichische Iügcrregiment, Obcrst Hau-
scr, soll ganz abgeschnitken und dem Ge-
neral Mac Mahon in die Hände gefallcn

Die ,/Ostd. Post" berichtct übcr die
Schlacht von Magenta: Wie bekannt,
standcn dem französischcn Hcere, das in
sciner Gesainmtstärke über die Buffalora-
Brücke hereinbrach, blos zwci Brigaden
des Clam'schen Corps cntgegen. Eine
ösierreichische Brigade zählt gewöhnlich
6000 Mann; nchmen wir jedoch den vollen
Kriegsstand von 8000 Mann an, so haben

16.000 Mann durch mehrere Stundcn den
 
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