Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

DOI chapter:
Juni
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0646

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ten Zinse von 4'4 pCt.; aber badische
4!4 pCt. Papiere sind jetzt nur über Pari
zu crwcrben, ein hierauf vcrwendetes Ka-
pital wirft daher,qleichfalls wenfqer als
4'/, pCt. an Zinsen ab. Hiezu kommt,
daß 4 pCt. Papier, falls man sie früher
oder später wicderum vcräußern wollte,
skhr wahrschcinlich eincn Gewinn am Kurs-
wcrth, und, falls man sie beibehält, sicher
einen solchen durch die planmäßige Ein-
lösung im Nennwcrth in Slussicht stellen.
Mehrfach ist bei früheren Anlehen qetadelt
worden, daß die Hilfe von Bankhäusern
als Hauptunternchmern in Anspruch ge-
nommcn ward. Möqen dies damals die
Verhältnisse gcboten haben, so ist setzt ein
andcrcr Weq cingcschlaqen. Jcdermann,
dcr klciuc wic der große Kapitalbesitzcr,
kann uumittelbar odcr durch die ihm nächst
gelcgenc oder einc andere Staatövcrrech-
nung mit der Eisenbahnschuldcntilgunqs-
kassc in Verbindunq trctcn, Jcdermann
von ihr untcr den gleichcn Umständen die
gleichc» Bedingungen erwartcn. Nicmand
ist jedoch qchindcrt, sich, salls er es vor-
zieht, andcrer Vermittelunq, z. B. der durch
ein Bankhaus, zu bcdicnen. Es ist in
ncuerer und ncuestcr Zeit öftcrs qcklaqt
worden, daß — da unsere 3'4 und4'4 pCt.
Staatspapierc fast durchaus in festcn Hän-
den sind — inländischcn Stiftunqcn und
Pflegeschaften, auch andcrcn Kapitalbe-
sitzern, welchc vcrfügbare Kapitalicn qcradc
in badischcn Staatspapieren aiilcqen wollcn
oder müsscn, dics qqr schr erschwcrt sei.
Nun, dicsk Klage dürfte jetzt verstuinmen:
zu sicherer Anlaqe gegen mäßigen Zins ist
Gelcgcnheit gebotcn. Dicse Gelcgenheit
wird freilich Den nicht ansprechen, der sich
allein durch die Aussicht auf hohe Zinsen
leiten läßt; aber wie bedenklich es sci,
dicsc Aussicht allein zu beachtcn, zeigen
neuerc und ncuestc Vorgänqe.

Mc»in, 23. Juni. Aus dem
enqlijchen Blaubuch schan hat ma» er-
schen, wie entschicdcn England, weniqstens
bczugllch Doskana's, den Standpunktdcr
Nerträge von l8l5 festqchalten hat. Nun
koninit eme Lyatsache zu unsercr Kcnnt-
niß, wclche auch auf die Stellunq Ruß-
lands in der namllchen Fraqe cin klarcs
Licht wirft. Dcr sardinische Gesandte soll
nämlich zu Petersburg an dcn Fürsten
Gortschakoff eine Anfraqc gcrichtet haben,
ob nicht Rußland geneigt sei, die faktische
Annerion Toskana'S üN 1>einont anzu-
erkcnncn. Dic Antwort soll abcr für
Fragkstcller sehr unlieb cntschicden dahin
gclautet habcn: daß Rußlanv nur einc„
Souverain des unabhängigen ^^"tes
kenne, und dieser sei der von Nußland
wie von allen Mächten anerkannte Groß-
herzoq Leopold, der nach wie vor dcn
jüngsten Ereignissen allein Herr des ran-
deS sei. Bekanntlich nimmt auch Preußen
den nämlichen Standpunkt in dieser Frage
etn.

Dresden, 25. Juni. Die sächsische
Rcgierung hat auf die Notc Gortscha-
koff's cine Aniwort gcgeben, worin sic
die unbefugte Einmischung Rußlands in
Deutschlands Angelegenhcitcn kräftig zu-
rückwcist; Deutschland werde so qut wic
Rußland nur seine.Jntcressen zu Rathe
zichcn.

Von der Elbe, 24. Juni. Das 4.
und 5. Armeekorps sSachsen u. Posen)
habcn Befchl zum Ausmarsche nach dem
Rhcin. Das bishcr ,'n Posen bestandcne
Divl'sionskomniando wird nach M a i n z

verleqt.

Berlin, 26. Iuni. Der Staatsan-
zeigcr enthält hcute einc Bckanntmachung
des Kriegsministeriums, die Errichtunq
der Gcneralkrieqskassc betr., und nahezu
sicbcn Spalten füllt das amtlichc Blatt
mit Persoiialvcräiiderungen in dem Heere.

Berlin, 27. Juni. Dcr Fürst zu
Hoheiizollcrn-Sigmarinqen wird nunmchr
das Kommaiido dcs ihm vcrliehenen 7. Ar-
mcckorps übcrnchmen und hat bercits,
und zwar zunüchst vorläufig, das Präsi-
diuin dcs Staatsniinistcriums niedcrqelegt.
Hr. v. Aucrswald wird dcn Vorsitz im
Miiilstcri'um übcrnehmcn. Dcr Fürst ist
zum Militär - Gouverneur der Provinz
Wcstphalen ernannt. — Es wird in der
nächstcn Zeit die Mobilmachung der
b i s h c r n o ch n i ch t m o b i l i s i r t e n d r e i
Armeekorps, und zwar zuvordcrst dcs
crstcu i'n Preußcu crfolqeu.

Wien, 19. Juni. Die Sehnsucht
nach Reformeii im Jnnern.spricht
sich hicr bci allcr Opferwilligkeit für die
Dpnastie und das Vatcrland so unver-
kennbar aus, daß die Reqierung Bedacht
nehmen sollte, dersclben billiqe Rechnunq
zu tragen. Wir glauben darum, daß das
Gesctz, welches bcstimnit ist, dke Rechts-
vcrhältnisse der Protestantcn eiidgültig zu
regeln, als der Maßstab Dessrn zu be-
trachtcn seiii dürfte, was die Negicrung
thun will, um den Fordcrungen dcr Zcit
Genüge zu leistcn. — Dcm in Hamburq
erscheincnden Blatte „Der Freischütz", daun
den Zcitunqcn „La Patrie", „Le Paps",
„Le Mcssagcr dc Paris", „Le Courrier
de Paris", „Lc Constitutionnel" und „Ga-
lignani's Messenger" wurbc dcr Post-
dcbit im ganzcn Umfange der östcrrei-
chischen Staaten entzoqen.

Wien, 49. Iuuk. Die „Ostd. Post"
widmet der „Köln. Zeitung", welche durch
die beiven Schlagworte: „Was kümmern
uns die italienischen Besitzuugen Ocster-
reichs?" Deutschland darf ein nach Un-
abhängiqkctt rinqcndcs Volk nicht unter-
drücken helfen", die Gesammtheit der deut-
schen Kräfte und des deutschcn Einfluffcs
durch Zwiespalt zu lähmen suchc, cine aus-
suhrliche Entqegnunq uud zcigt: wie es
koiiuncn würve, wenu man den 4iapo-
leonisihc,, P,anen ,,, Jtalien frcies Spiel
ließe und unter welch ungleich günstigeren

Verhältnissen dann Napoleon den Kampf
utv Rhrin aufnehme» würde.

. Wien, 24. Juni. In Dprol wird'
eine Rcscrve-Armec von 60,000 Mann
aufqcstcllt.

Wien 28. Juni. FZM. Gyul«i
kämpftc bei Cavriana an der Spitze sei-
nes Reglments.

28ieN, 28. J„ni. Seit drei Tagen
wcrden aus dcr Südbahn hauptsächlich
Gcschützc besordert d„ ^ Artillcrie
in Italien um 100 Kanonen zu vermehren
entschloffen ist.

F r a n k r e » ch.

Pnris. Das ofsizicle Tr,uu,phgcschxxi
über dcn Sicg bei Cavriaua, der uach
den neuern offizicllcn Dclegra>u>ncn auf
weit gerinqere Di'mcnsioiien zurücktritt und
liicht cinnial von eincr uiimittclbaren Ver-
folgung der Oefterrcicher beglkitct war,
möchtc «incm deutschen Leser die Adern
sprengen. Der Coiistiutionncl schließt sei-
ncn Leitartikel: „Der Gott der Schlachten
ist auch der Gott dcr Gcrechtiqkeit und
des Rechtes. Gestcrn hat die Sache der
Civilisatioii zuglcich mit dcrjcnigen Ita-
licns gesicgt. Deutschland, glauben wir,
wird sich nicht ausschließen von dcin
cinmüthigen Gefühle der Welt. Es wird
sich nnseren Freundcn und unscrcn Hoff-
nunqcn bciacscllen (!!), deiin seine auf-
gcklärteu Bölkcr, scinc wahrhaft natio-
iialen Regicriinqcn wcrden »uhr >md mehr
erkciincn, daß die österr. Intcressen dcn dcuc-
schcn diametral eiitgeqeiigesetzt sind!!"

Wenn Deutschland jctzt nicht sich auf-
rafft, da für dic Fürsten und däs dcutsche
Volk die Eristenzfraqe uahe qcuuq gcrückt
ist, so ist das traurige Loos besiegelt, daS
dcr französische Hofpublizist mit schönen
Worten vcrkleidrt, das aber darin besteht:
moralische und bald politische Selbstvcr-
nichtuuq der „aufqcklärteu Völker" und
Vasallen-Uiitcrthäiiigkeit ihrer „wahrhaft
iiationale» Negierungcn".— Dic fran-
zösische Negicrung schickt die österreichi-
scheu Gefanqencii nach Alqerien,
dcsscn für Deutsche verderblichcs Klima
auS dcn Aiisicdluilgsversuchcn sattsambe-
kannt ist. Die Dcntschcn athmen bereitS
die Luft von Lambcssa!

Paris, 22. Juni. Die erste Wirkung
der prcußischen Mobilisirung ist dxx heiße
Eifer, womit vcrsichl'ct wlrd: Louis Bo-
naparte habe »ic daran gedacht, seine
Firma mit brs Herrn Koffuth zu
associircn. roins Bvuaparte ist wieder
cinmal qgnz unschuidiq. Eine andcre
Wirknng ist, daß nach Jtalien kcine Ber-
stärkunqen mehr aus Paris und den nokd-
östlichen Departcments abgchen können.
Aus diesen Gegendcn wurden seit einigen
Wochei, so vicle Truppcn zur Nachsendung
nach Italien herausgezoqcn, daß nach ciner
glaiibwürdigen Versicherunq die Armee
d'Allemagne des MarschallS Pellissier kaum
 
Annotationen