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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0407

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N-i 1V3. Sonntag, 3. Mat

' Auf die „Heidelber.qer
Zeliung" kann man sich

_ noch für die Monate

Mai und Iuni mit 36 Kreuzern abonniren bei
allcn Postanstalten, den Boken und Trägern,
sowi'e der Erpeditlo» (Achlffgaffe Nr. 4).

* Politische Umschau.

Die Wi'ener „Geueralcorrespondcnz" deofen-
tirt dic Nachricht von eincr Ziisainmcnkunft
dep Kai'ser von Frankrelch «nd Oesterreich.

Wie die „A. Z." berichtet, wird nach der
Conferenz der drei Schutzmächte Gras Ruffell
eine europäische Conferenz, bestehend aus den
Bertreter» der acht Mächte, welche die Wiener
Berträge unkerschrieben, sowie der Türkei n.
Ztaliens bcrufen, behufs der Negclung der
Abtretung der Jonischen Jnseln. Er wird
darin unter Anderm dic Demolirung der Be-
festigniigen von Korfu vorschlagen.

Nach der „France" werden die Wahlen in
ganz Frankreich am 31. Mai'stattfinden. Ruß>
land wird eine Denkschrifl über die polnische
Angelegenheit, die Poleu werden eine Gegen-
schrift zur Widerlegung veröffentlichen.

Die russtsche Antwort bezüglich Polens ist
heute dem Grascu Rechberg mitgethcilt worben.

Nichts dürfte den fetzigen Stand dcs polni-
schen Aufstandes beffer und wahrheilsgetreuer
charakterisiren, als die diesfalls von Rußland
ergriffene Maßregel des aUgemeinen Land-
sturms. Jn sieben Gubernien sell Rußland
. dcn allgemeinen Landstunn aufgebvten haben.
— So wird Rußland, einc Militärmacht ersten
Ranges, durch den schon so vicle und viele
Malc in russischen BulletinS nicdergedrückten
polnischen Aufstand gczwungen, zu solchen
äußersten Hülfsmittcln zu grcifen, zu dcnen
es sonst nur Angesichts mächligcr Armeen seinc
Zuflucht nahm.

Jm eiiglischcn Parlament ha! soeben über
die Beschlagnahme britischer Schiffc durch
amerikanische Kreuzer, über die Erbrechung
des königlichen Poststegels und den auffallenden
Bricf des Ver. Staaten-Gesaiidten in London
eine zicmlich lebhafte Verhandlung stattge-
funden. Zndeffen hat die englische Negierung,
Earl Ruffell vvr Allem, große Mäßigung be-
wiescn. Er hat mit Recht darauf aufmerk-
sam gemacht, daß es ein hastiges Verfahren
sei, bei der ersten Nachricht über ein vorgc-
fallcnes Unrecht sofort von dcr „böswilligen
Abstcht" ciner sremden Regierung zu sprechcn.
Man möge abwarten, welchen Erfolg dic Re-
clamationen EnglandS haben wcrden. DMegen

meinte Hcrr Roebuck die Gelegenheit bcnutzen
zu müffen, um in sciner bekannten Mani'er
daS ganze amerikanische Volk als den Aus-
wurf der Ecdc zu beschimpfen. Die Amcri-
kaner seicn „cine freche Sippe von Empor-
kömmlingen", nichtswürdig in jeder Beziehung,
und „unwerth, die Gemeinschaft civilistrter
Nationen zu theilen oder von diesen mit ir-
gcndwelchem Anstand behandelt zu werden!"
Diescr AuSbruch bestialischer Gesinnung wurde
dcnn doch von fast allen Seiten des Hauses
mit „Oh, oh!" begrüßt, nachdcm Rocbuck in
seinen vorherigen, weniger wüthend gcfaßten
Acußerungcn gegen Amerika von den Bänken
der conservati'ven Partei mit Beifallsrufen
ermuthigt wordcn war. Es ist zu hoffen, daß
der Einfluß verständiger Manner auf beidcn
Seiten des Oceans ein so furchtbares Unglück,
wie es ein Krieg zwischen England u. Amecika
wäre, wird abzulcnken wiffen.

D e « tsch la n V

Karlsruhe, 1. Mai. Durch Allerhöchste Ordre vom
29. v. M. erhält Lteutenant Albert Weiß vom 4. Znf.-
Regiment Prtnz Wilhelm den unterthänigst nachgesuchten
Abschied auS dem großh. ArmeecorpS.

Karlsruhe, 28. April. 80. öffentliche
Sitzung der tl. Kammer. (Schluß.) Folgende
Paragraphen wurden nach dem Cvmmisstons-
antrage ohne Discussion angenommen. 8. 103.
An Geld bis zu 25. fl. vder utit Gefängniß
bis zu 8 Tagen wird gestraft: 1) wer ohne
polizeiliche Erlaubniß innerhalb der Ortschaf«
ten oder auf belebten Straßen und Wegen
vder in deren unmittelbaren Nähe schicßt oder
Feuerwcrkskörper legt odcr abbrennt, 2) wcr
ohne solche Erlaubniß und mit Nichtbeachtung
dcr besonders angeordneten oder svnst erfor«
derlichen Vorsichtsmaßregeln Selbstschüfse, Fuß-
hackc» und ähnliche Vorrichtungen legt. 8. 104.
Einer Geldstrafe bis zu 50 fl. umeiliegt, wer
ohnc polizeiliche Bewilligung eine Schießstätte
errichtet, oder den bei der Bcwilligung von
der Polizeibehörde ertheilten Anordnnngen zu-
widcrhandelt. 8. 105. Wer den Verorbnun-
gen, oder den auf den Grund derselben er-
gangenen besondcrcn polizcilichen Vorschriften
übcr Verfertigung, Besttz, Aufbewahrung, Ver-
kauf und Transport von Schießpulvcr, Schieß-
baumwolle und ähnlichen erplovirenden Stoffen
und Fabrikaten zuwiderhandelt, wird an Geld
bis zu 100 fl. oder mit GefäNgniß bis zu 4
Wochen bestraft. Auf Conflscation der be-
zeichuclen Gegenständc ist zu erkennen, wenn
Zemand dieselben unbefugt verfertigt, besttzt
over feildietet. 8. 106. Wcr vhnc Beobachtung


der crforderlichen Vorsichtsmaßregeln mit Ge-
fahr für Personen oder fremdes Eigenthum
Sprengungen durch erplodirende Stoffe vor-
ni'mmt, wird an Geld bl's zu 50 fl. bestraft.
§. 107. An Geld bis zu 25 fl. wird bestraft:
1) wer gegen dic ihm besonderS eröffncte An>
orduung der Polizeibehörde verabsäumt, in
seincm Eigenthuui befindliche Abhänge, Ab-
gründe oder andere gefährliche Stcllen an Or-
ten, welche häuflg von Menschcn betreten wer-
den, mit fcsten Geländen oder andern zu-
reichendcn Sichcrungsmitteln zu umgeben, 2)
wer ohne vorgängige Anzeige bei der Polizei.
behördc an Straßen ober gcmeinzugängigen
Orkcn Brüche oder Gruben anlegt, betreibt,
verläßt oder wiedcreröffnet, welchc durch ihre
Tiefe für Vorübergehende Gefahr vcrursachen
können, oder wer hiebei den zur Verhütung
von Unglücksfällen erlaffenen Bcrordnungcn
oder besonderen Vorschriften der Polizeibehörve
zuwiderhandclt, 3) wer Brunnen, Cisternen,
Kellerzugänge, Kalk-, Abtritt-Gruben, Zauchen-
behältcr oder anbere gefährlichc Verkiefuiigen
an gkiiikinzugänglicheii Orten in Häusern, Hof-
räumen oder Hausgärten nicht gehörig bedeckt,
einsriedigt oder verwahrt hält, 4) wer Fall-
thüren an gemeinzngänglichen Orten ohne die
gehörigen Vorsichtsmaßregcln offen stehen läßt,
5) wer sonstigen zur Verhütung von Unglücks-
fäücn von bcn Bezirks - oder Ortspolizeibe-
hörden etlaffenen Vorschrifte» zuwikerhandelt.
8. 108. Mit Gesängniß bis zu 14 Tagen ober
an Geld bis zu 50 fl. wird bestraft, wer vor-
sätzlich und unbesugt 1) die zur Verhütung
von Unglücksfällen angebrachtcn Schutzmittel,
Spcrrungs- u. Warnnngszeichen entfernt oder
für ihren Zweck uubrauchbar macht, 2) die
zur öffcntlichen Beleuchtung bestimmten Later-
nen von ihren Stellen entfernt odcr auslüscht,
3) die znr Hilfc bei öffentlichen Nothfäüen bc<
stimmtk» Geräthschafte» oder Einrichtungen
entfernt, für ihrcn Zweck unbrauchbar macht
oder deren Gebrauch verhindcrt. Wer die
unter Ziffer 1 bis 3 bczeichneten Gegenstände
aus Fahrlässigkeit beschädigt oder für ihren
Zweck unbrauchbar macht, und nicht sogleich
für angcmeffene Wiederherstellung Sorge trägt,
wird an Geld bis zu 10 fl. gestraft. Titcl IV.
Ucbertretungen in Bezug aus die
Feuerpolizei. 8. 109. An Geld bis zu
50 fl. oder mit Gefängniß bis zu 14 Tagen
wird gestraft: wer den zur Verhütung von
Feucrsgefahren für Gebäudc, über die Behanv-
lung von Feuer und Licht, über Aufbewahrung
feuergcfährlicher Gegenstande und übcr Vor-
nahme seuergefährlichcr Handlungcn vder Ver-

Zonrnalifiischer Galgeuhnmor. !

Eine Berliner Cteschichte.

Unter einen Theil der befohlcncn Minifter ist
ein panischer Schrecken gekommen, in Folge eincs
Trcigniffes, welches hvffcntlich auch nach andcrer j
Richtnng sehr wohlthätige Nachwirkungen üben j
dürfte. Dic ganze Angelegenheit ist übrigenS ein
Geheimniß, und foll auch ein solchesbleiben. Wcnn
ich von demsclben erzähle, so geschiehr eS also nur
unter dem Siegcl dcr Vcrschwicgenhcit und in der !
Hoffnung ftrengster Discretion. Ein jungcr Mann !
nämlich, aus der Provinz, war seines Zeichens cin ^
Schriftsteller, und da er in Preußcn lebte und für
eine preußische Zeitung schrieb, so «ar es natür-
lich, daß er auch seinen Preßproccß hatte. Empfind-
lich, sanguinisch und behaftet mit eigcnthümlichen
gesellschaftlichen Gcwohnhciten, beschlvß cr, für
diescn Prcßproceß sich eine dcsondcre Genugthuung
zu verschaffen. Der Gegenstand der Anklagc war
irgend cin Witz, durch dcn die besorgte Staatsan-
«altschaft Herrn v. Bismarck für bcleidigt erach- j
tete. Gut, dachte unser junger Schriftsteller, Herr !

L

v. Bismarck soll nlcht denken, daß ich einer von
denen bin, dic, seiner Erklärung zufolge, ihren
Beruf vcrfehlt habcn, wie so manches Genie. Auf
nach Bcrlin also, nach der WilhelmSstraße, zu Sr.
ErcMenz dem Herrn Ministcr-Präsidenten. Wird
cmpfangen. »

„Ercellenz", sagte der junge Mann, „ich bin
meines ZeichcnS Schriftsteller, lebe in Preußen,
gcsund und marschfertig bin ich, und habc einen
Preßproc>ß." — Pause. Herr v. Bismarck schwcigt.
— „Jch gcnieße, wie so manche Anderc, die Ehre,
zu Zhren entschicdcnen Gegncrn zu gehören", fährt
dcr jungc Mann sort. „Nach dcr Vcrfaffung hat
Zedermann in Preußcn die Frciheit seincr Gedan-
kcn und Mcinnngen, und fogar die vicl wichtigere
(nach Artikel 27), durch Wort, Schrift, Druck und
bildliche Darstellung fie zu Lußern. Kraft dirsts
Sußere ich hier, daß ich Sie für das Unglück des
Landes —"

„Mein Herr", unterbrach ihn der erste StaatS-
minister PrcußenS, „ich bin durchauS nichtgewillt,
mir unangcnehmc Dinge von Zhncn sagen zu laffen.
Was ist der Zweck Ahres Besuches?"

„Nun, Etcellenz, da haben Sie einen frappan-

ten Beweis, wte es mit der vcrsaffungsmäßigen
Frciheit in Preußcn bestcllt tst. Aber ich komme
zur Sache. Zch bin angeklagt, Sie belcidigt zu
habcn; ich bin nicht schmcrzlich davon berührt; tm
Gcgentheil, ich will Sie bcleidigt haben. Als Ea-
valier und tuU-üresseä gentleman werdcn Sik
wlffcft, waS Sie zu thnn haben, wenn Sic Aemaud
belcidigt, und hoffentlich nach einer so direct ge-
stellten HerauSforderung sich nicht die bcqueme Sa-
tisfaction durch bie Gcrichte gefallen laffen."

Der Minister sicht den jungen Mann einige
Augcnblickc an, als zwciflc er, mit etnem vernüns-
tigcn Wcsen zu thun zn haben. Dann lacht cr
und wirft sich in seinen Seffcl.

„Das heißt, Sle wollen mich fordern!" — S°
ist cs, Herr v. Bismarck. — Der Minister lächelt.

„Aber, mei» Herr, da HLtte ich »icl zn thun,
«enn ich jcdem Schriftsteller, 'der mich delcidigt,
mit der Pistole sollte Rkchenschaft abverlangen."

— Ach j->, Erccllcnz, Sie HLtten vlelleicht schon
hundert Duelle g-habt. — „Wirkltch, sv viel schon?"

— Mlndestens. — „Vorausgesetzt, daß allc dicse

Hcrren Schriftstcller Jhnen glichcn." — Dann leb-
ten Sie nicht mehr. (Schluß folgt.)
 
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