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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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Utidtümger Ititung.

N 12L


Mittwoch, 27. Mai

IvsertiouSgebühren für die 3spaltigeZPettt-

zeile wkrdeu mit -3 k. berechnek. W

* Politische Umscha«.

Das baperischk Ministerium hat den Schü-
lern der polptechnischen Schule und der Bau-
und Jngenieurschule die Betheiligung aü Turn«
vereinen untersagt.

Der König von Preüßen hat sich wiedcr
geweigert, dic Adreffe-Deputation zu empfan-
gcn. Das Präsidium des Abgeordnetenhauses
hat nun die beschloffene Adreffe verstegelt kem
Staatsininistcriiim zur Beförderung an daS
Staatsoberhaupt übersendet.

Die Berliner feudale Correspondenz schreibt:
„Nach verschiedenen Rachrichten schcinen sich
die politischen Verhältniffe mit Frankreich sehr
zu trüben."

Die Wirren in Preußen sind durch das
Erkrankcn des Königs, welches bedeutender zu
sein scheint als man angab, gleichsam in ein
neues Stadium gebracht workcn. Jn einer
Weise, die sedenfallS einiges Erstaunen er-
regen muß, wird öffentlich davon geredct, der
Prinz Karl, Bruder dcs KönigS, bekannt als
eifriger Anhänger der Kreuzzeitungspartei —
und zwar in seiner LebenSweise ebensowohl
wie den Grundsätzen nach — dürfte zum
„Statthalter" erhoben werden. Wir wiffcn
nicht, schreibt die R. F. Z., durch wen dieses
seltsame Gerücht entstanden ist, können uns
aber der Bermuthung nicht entschlagen, es sei
nur ersonnen, um dic alte und stets wieder
aufgewärmte Mähre von einem „liberalcn".
Kronprinzen, woran nachgerade Niemand mehr
recht glauben will, »euerdings in Cours zu
bringen, und die ganze Phraseologie, welche
nach dem Erkranken des vorigen Königs ent-
wickelt ward, wiederholen zu können.

Dic Kreuzzcitnng bringt cinen frechen Ar-
tikel, in welchem sic dic Adreffe eine »Drohung
mit der Revolutivn" nennt und das preußische
Königthum von Gottes Gnaden zu einer
„frischen That" auffordert.

Nach dcr Wiener „Preffe" ist die preußische
Regicruug (aber nicht von Wien aus) in ver-
traulicher Weise verständigt worden, daß weder
Oesterrcich noch die süddeutsche ZoüvereinS-
gruppe einc sofortige vollständige Verschmel-
zung der beiden Zollgebiete, sondern zunächst
nur die größtmögliche Erweiterung deS Fcb-
ruarvertrages vom Jahrc 1853 im Auge habe,
daß adcr für die darauf abziclendc Verhand-
luug allerdingS unbedingt die Priorität bean-
sprucht werden müffe, bevor übcr den prcußisch-
französischen Handelsvcrtrag zu cntscheiden sei.

Der Criminalsenat des Obertribunals in
Berlin hat in Sachen der Sammlungcu für

den Nationalfond in beiden vorliegendcn Fäl-
len auf Schuldig erkannt und diejenigen, welche
zu den Sammlungen aufgefordert hatten, ver-
urtheilt.

Deutschland
Karlsruhe, 22. Mai. 33. öffentl. Sitzung
der 1. Kammer. Vorsitzender: Se. Durch-
laucht der Fürst Löwenstein. Regierungscom-
missäre: Staatsminister Stabel und Ministe-
rialrath von Sepfried. Der durchlauchtigste
Präsident bringt Mittheilungen der 2. Kammer
zur Kenntniß des hohcn Hauses. — Geh. Rath
v. Mohl und Geh. Rath Fromherz zeigen
druckfe'rtige Berichte an. Die Tagesordnung
sührt znr Berathung deS Berichts deS Stadt-
directors Grafen v. Hennin über den Ge-
setzesentwurf, die Berwallung der RechtSpolizei
betr. Allgemeinberathung. Slaatsminister S t a-
bel: Der vorliegende Geseßesentwurf berühre
vurchauS nichl bas ganze Bolk, sonbern nur
einen kleincn Theil dcffelben und dennoch habe
er in- und außerhalb der Preffe eine größere
Agitation hervorgerufen, als anderc tief ein-
greifcnde Gesetze. Die großh. Regierung habe
sich der vorliegenben Sache mit Wohlwollen
unterzoge», und wenn sie den von ben Be-
treffenden geäußerten Wünschcn nicht allseitig
entsprochen habe, so sei dies nicht aus eng-
herzigcn Rückstchten, sondern auS Rücksichten
für daS Gesammtwvhl deS Staates hervorge-
gangen. Bei der Besprechung dieses Gegen-
standes habe man stch auf die Gesetze anderer
Länber berufcn, s» z. B. auch auf das baye-
rische. Er woüe nicht untersuchen, ob dies
klug oder unklug gewesen sei. Klug könne
eS nur insofern sein, als man aus diesem Ge-
setze das Beste herauSgesucht und dasjenige
übergangen habe, was cs BelästigendeS cnt-
halte. Unklug sei die Berufung auf daS bape«
rische Gesetz aber insofern, als daffelbc gänz-
lich Fiasco gemacht habe und die königlich
baperische Regierung genöthigt sei, Abände-
rungen an demselben eintreten zu laffen. Mit
den Hauptgrunbsätzen des Entwurfs habe sich
die Commissivn cinverstandcn erklärt; bei ein-
zelnen Abweichungcn wervc in d§r Sonderbe-
rathung daS Geeignetc bemcrkt werden. —
Regierungsrath Jollp entgegnet, daß das
vorliegende Gesetz allerdings ein fvlches sei,
das die Gesämmtheit berühre und glaubt, baß
die irrige Besprechung desselben daher gekom-
men, wcil man die Stellung und das Ein-
kommen der Notare in erste Linie gestellt habe,
während doch die erste Frage die sei: wie muß
daS Notariat beschaffen sein? Hierüber ver-

^ Das Heidelberger Schloß.

Wild brauset in den Fenfterhöhlen sein traurig
Klagelied der Sturm,

Verödet stehn dle Prunkgemächer, geborstcn licgt
im Staub dcr Thurm.

Still ist es in dcn hohcn Hallen, «o sonst der
Bechcr fröhlich klang,

3hr Leichenlied die Eulen krachzcn, wo früher
tönte lautcr Sang,

A«d sin den trauten Erkerfcnstcrn, wo bei deS
Mondcs Silberschcin

Zu feiner minniglichen Dame manch stolzer Rirter
streg hincin,

Wo süße Freuden ihn belohnten nach flegreich
überftand'nem Strauß,

Wohnt einsam jetzt in hunklcr Höhle die lichter-
scheue Klcdermaus.

Dre Mauern stehen ernst und düst-r, fic dcnken
wohl der früh'ren Zeit.

Sir scheinen wehmuthvoll zu traurrn ob dcr vcr-
gang'nen Herrlichkeit.

Hier, wo dic Zeit mtt gier'gem Zahne der Men-
schen stolzes Werk bekriegt.

Nicht eher ruht, nicht eher rastet, bis es in Staub
und Trümmcr» licgt,

Lrbarmt fich scincr voller Mildc die schönc, lieb-
lichc Natur,

Auch in dcS Fclscns kleinster Spalte bemerkst du
ihrc holde Spur.

Dic Epheuranke schlinget traulich fich um das
bröckelnde Gcstein,

Sie hüllct mit dem Schmuck der Jugend die alterS-
grauen Mauern ein.

Und wo deS FranzmannS frcchc Hande rauh fie
bis tief inS Mark verlctzt,

Vcrbergen duft'ge Blümlcin zärtlich die nie ver-
narbten Wunden jetzt.

Vom Htmmel freundlich nieder ILchelnd grüßt ste
der Sonne goldner Strahl,

Und herrlich liegt zu ihren Küßen das weite, schöne
Neckarthal.

Da zichet fttlle Freudc nteder in thre stille Grei-
sendrust,

Jnmitten all' dcm frohen Lcben empfindet fie der
Jugend Lust.

Stolz schaucn sie und kühn hernicder in'S weite
segenSreiche Land,

breiket sich Redner in auSführlicher Weise, be-
merkt, daß der dermalige durchschnittliche Bil-
dungSgrad der Notare nicht dazu angethan
sei, das Notariat vollständig frei zu gebcn,
und erklärt sich schließlich mit den Hauptgrund-
sätzen des RcgierungseniwnrfS mit Rücksicht
auf die von der Commision vorgeschlagenen
Acndernngen einverstanden. Damit wnrde die
Allgemeinbesprechung geschloffen und zur Son-
derberathung übergegangen» Auf den unter-
stützken Antrag des HofratheS Bluntschli
beschließt vas hohe HauS dic Aenderung des
Titels deS Entwurfs dahin: „Gesetz über bie
Ausübung der freiwilligen GerichtSbarkeit und
des NotariatS." Die Sache wird jedoch an
dic Commisston zur Redaction zurückgewiesen.

(Schluß folgt.)

Mannheim, 25. Mai. Unsere Stadt ist
zum Empfang der Besncher der 14. deutschen
Lehrerversammlung fcstlich mit Fahnen in den
deutschcn und badischen Farben gcschmückt;
gestern sind schon einige Lehrer eingetrvffcn,
die Mehrzahl wird heute kommen und von der
dazu gcbildeten Commission an den Bahnhöfen
rc. freundlichst begrüßt werde». Morgen früh
6 Uhr wird vom Rathhausthurme herab durch
die 36 Mann starke Jnfanteriemusik ein musi-
kalischer Morgengruß den Lchrern auS allen
Gaucn DeutschlanbS als äußeres Bewillkouzm-
nungszeichen dcr Bewohner MannheimS darK-
bracht werden, die Kosten dazu wurdeu durch
cine Sammlung unter Schulsreunden gedcckt.

(M. I.)

Frankfurt, 23. Mai. Die „Europe"
theilt mit: Seit vicr Tagen hat die von Na-
poleon eisrig unterstützte Jdee einer europäi-
schen Conferenz wegen der Polcnfrage
Terrain gewonnen. Die Bürgschaften für
den Erfolg eincr solchen zwar anerkennend,
besorgcn aber doch einige Mächte, eingedenk
des CongreffeS von 1856, daß die Vertreter
der Mächte, wenn sie einmal versammelt seien,
dic Wirksamkeit der Conferenz über die Ent-
scheidung dcr Polenfrage noch weiter hinaus-
dehnen würden; sie scheuen sich selbst vor dem
Worte „Conferenz". Die Mittel zur Erlan-
gung der Vortheile einer Conferenz, ohne vaß
die Besorgniffe verwirklicht würdeu, sollen
aufgesucht werden; vorläufig aber soll eine
gemeinschaftliche Schlußredaktion der Rücker-
widerung auf die russische Antwort bezüglich
der peremptorischen Forderung der drei Mächte
in London verabredet werden.

Berlin. Das officiösc Blatt schreibt:
Dem Ministerpräsidentcn Hr». v. Bismarck
ist gestern ein Schreiben zugcgangen, welcheS

Wo nun die duft'ge Flur des Neckars fest schlingt
sein Iteblich' filbern Band,

Wo schäumcnd seinc deutschen Fluthen der Rhein
rollt durch's Gefilde hin,
llnd hettre, fröhl'che Mcnschen wohnen mit deut-
schem Herz und dcutschem Sinn.
Wohl mögt so stolz und kühn ihr blickcn, denn
«ahrlich dazu habt ihr Rccht,

Zhr sahet kommen und vergehen so manchrS edele

So manchen Fürstcn saht ihr herrschen, der jetzt
schon ruht im GrabeSstaub,
Verschwunden ist jetzt ihre Große, sie «urden lLngst
deS Moders Raub,

Nur ihr habt kühnlich noch getrotzet mit starkem
Sinn dem Sturm dcr Zcit,

Wohl seid ihr arau, bedeckt Mit Wunden, htn-
schwand die fruh're Herrlichkcit,

Doch «ird an euch vorübergehcn noch manch' Ge-
schlecht, und mancher Sturm
Wird euch mit wilder Wuth umbrausen, eh' nieder-
sturzt der letzte Thurm.

Mögst du noch langc, langc stehen, du schöner
Zeiten trcuer Sproß,

Hoch dir aus ttefstem HerzenSgrunde, du alteS
Heidelberger Schloß!

A_S B ... m.
 
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