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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Juli
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IL7.


Mittlvoch. 8. Zuli

Iüi'ertroasgebSörea für dre Zspaltige Petit-
zeile werdea.init 3 kr. berechnu.


Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" fur das mit 1
Juli 1883 beginnende 3. Quartal
werden fortwäyrend angenvmmen.

Die Expedition

* Politische Nurschau.

Die „Berliner Revue" setzt die Hetzereien
gegen die Preffe fort. Das schlimmstc aUer
preußischen Blälter ist nach ihrer Meinung
die ,/Bolkszeituug." So lange diese eristirt,
rvirb es uns schwer werden, an den Ernst des
l. Juni zu glauben." Ss folgen Bemerkun-
gen über daS „Kukuksei" aus den „Eldinger
Anzeigen", Ausfäüe gegen hiestge Zeitungen,
der Wunsch, daß auch Hr. Pros. Virchow ver-
warnt werven möge u. s. w.

Zn Kölu wird am 18. Juli etn Bauket zu
Ehren der rheinisch-westphälischen Abgeordneten
im Gnrzenich und am solgenden Tage eine
Festsahrt nach dem Siebengebirge Stalt stn-
deu. DaS Festcomitee ist aus Mitgliedern aller
sreistnnigen Parteien gebildet. Es soll das
Fest Gelegenheit bieten, einerseits den Bolks-
vertretern rie verdiente Anerkennung u. Ehre
zu zollen, andercrseits in der jetzigen trauri-
gen Lage, wo dic Stimme der öffentlichen
Meinung stch durch die Preffe nichl mehr kund
geben kann, wenigstens den münblichen Aus-
lausch der Jdeen zu vermittein, uns an be-
währte, versaffungsireue Männer sester anzu-
schließeii und gegenseitig die Ausdauer und
Eiiiinüthigkeit zu deleben, welche der zum
Schutze der Vcrsaffung mit aücn gesetzlichen
Mitteln zu sührende Kamps vvn einem Zeden
ersordert.

Der Berliner Magistrat hat fich gcgen eine
Bethciligung ber dem inlernationalen statisti-
schen Congreß aiiSgesprochen, und wird der
Stadtverordneten-Berjammluiig cine Vorlage
in diesem Sinne macheu. Der Ober-Bürger-
meister Sepdel hat bereits seinen Austritt aus
der Vorbereitungöcvinmissiou erklärt.

Der Berliner „Volközkg." wirb aus Kassel
mitgetheilt, daß der Kursürst alleu Ernstes an
die Errhciluiig einer Amuestic denke.

Die Preßordonnanz hat in Preußcn eiae
Menge publiciftischer Kräste brach gclegt; so
ist u, a. der Affcffor Dr. Fischel, welchcr u. a.
der „Magdedurger Zeitung" schr geistvolle
Correspoiidenjen schrieb, von Berlin nach Hei-
delberg gegangen, um sich bort alsjnriftischer
Docent zu habiliriren. Auf dic längst ver-
Liente Anstelluiig als Richler konure ber ent-

Zum badijchrn Schützenfcft.

(Fortsetzung.)

M annheim, 2. Juli. Wir haben gestern mit-
getheilt, daß ciner der Redner beim gcstrigen Wit-
tagSbankett in der Fcsthalle, Herr Preetvrius aus
Alzey, durch eincn ohnmaGtähnlichen Unfall, der
ihn auf dcr Tribünc bctraf, an der Fortsetzung
seines VortragS verhindcrt worden sci. Diescr
llnsall «ar indeß ohne irgcnd nachthcilige Folgen,
und als am Abcnd, nach Beendigung dcs Schießcns,
dic Festhallc wieder dickt gesüllt war oon Gqstcn,
bctrat Herr Preetorius von Neuem dic Redner-
tribüne. Nicht mit dcn Waffen in dcr Hand —
so sprach er — die übrigenS jedcr beutsche Schütze
in Zeiten dcr Gefahr für deS VaterlandeS Rcttung
zu crheben bercit sein wcrde, noch mit icibenschaft-
lichcn RLnkcn, wie sic die Rückschrittspartci an-
Ivende, svndern durch die Waffen dcS GeisteS, durch
besonneneS Vorü>ärtsschreiten werdc cs gclingen,
deS VaterlandeS Macht und Freiheit zu griindcn.
In rinzclnen Staaten, wic in Baden und Loburg,
«ehe schon unter volkSthümlichcn Fürste» eine srei-
heitliche Luft, Richt immer sei e« sv geweftn, auch

schieden sreistnnigc Mann gegenwärtig rn Preu-
ßen nicht hoffen.

Jn Paris spricht man schon ganz ernstlich
von eiiier Erpevition nach Madagascar.

Der Antrag, das Lonvoner Jndustrie-Aüs-
stellungSgebäudc für den Staat anzükaufen,
wurbe im Unterhaus mit 287 gegen 121
Stimmen verworfen. Das Ergebniß der Ab-
stimmung wurdc mit wildem Zubel begrüßt;
man erlcbte, wie ein Zournal bemerkt, baS
seltenc Ereigniß einer Revolte im Unterhaus.

„Paps" berichtet aus Athen, daß bei den
wegen Verhaflung cines Lieutenaiits ausge-
drochenen Unruhen 50 Mann getödtet und
verwundet wurden. Die Rebellen griffen die
Bank an, welche dann von englischen, fran-
zösischen und russtschen Marinesoldaten besetzt
wurde.

P e u t s ch l a n d

Karlsruhe, 4. Juli. (38.- öffentl. Sitzung
der 1. Kammer.) Vorsitz: Geiicralliculenant
Hvffmann. Am RcqierungStische: Staalsrath
Dr. Lamcp unb Ministerialraih Burger. Das
Secretarlat zcigt den Einlaus elner Petition
auS PiuUeudors an, Eisenbahnbau von Auleii-
dorf nach Meßkirch beir. Es legen Berichte
zum Drucke vor: Geh. Rath Moht über die
Slrafproceßordnung, Frhr. v. Göler über die
Coloiiir Hvhenwettcrsbach, Hosrath Schniidr
über den 8. 37 der Versassung, Ministerial-
raih Jollp über die Anwaltsordnung. Die
Tagesordnung fiihrt zur Beralhung des Bc-
richis bes Geh. Raths Bluntschli über die
Orgaaisalion ver inncrn Verwaimng. Biunt-
schli stcllt ben Antrag, eine allgemeine Dis-
cusstoii nichi zu halten. Frhr. v. Stvtzin-
gen und Geh. Rath v. Mohl sprechen wegen
ber Wichtigkeit des Gesetzes dagegen und
Blunlschli, dcr keine Unrerstützuiig sand, zieht
seiiicii Antrag zurück. Frhr. v. Stotzingen
danki der großh. Regierung sür die Borlage,
glaubt abcr, daß ste nicht zu dcm erwünschtcn
Ziele slihrcn werdc, und spricht stch gegen das
Gesetz aus, nicht deßhalb, weil cs ihm nicht
liberal geniig, sonbern weil es ihm als zu
wenig liberal erscheiuc, und weil er ferner
zunächst cine ncue Grineindeorbnung alsGrund-
lage gewünscht hättc, aus der dieses neue Ge-
jetz aufrubaucn gewesen wäre. Redner be-
rührr sodann die einzclnen Punkle dcs Ent-
wursS, gegcn welche er große Bedcnken hegt.
Dahin gehören dic Arl und Weise der Zusam-
meiisetzung bes Kreisverbandes, durch welche
ihm Lir vcrschiedeiien Zntereffen nicht gehörig

vcrtreten crscheinen, auch der BureaukratiS-
mus nicht verdrängt werde. So hätte der
Herr Rcdner lieber gewünscht, daß zwei Drit-
theile des BezirkS- (Ämts-) Rathes von den
Zntereffenteii unmitkelbar gewählk, das anderc
Drittel von der Regi'crung ernannt werde. —
Geheimeraih v. Mohl hegt äuch eiiiige Zwei-
fel gegen den Entwurf, glaubt, daß aber der
Versuch zn machen sei, und eS werde sich dann
bei der praktischen Anwendung deS Gesetzes
zeigen, was sich bewähre, ond was nicht, und
daher einer Aenderung bedürse. Die Einfüh.
rung der Verwaltunqsjustij schlägt der Herr
Nedner hoch an, und hätte er gewünscht, die
Grundlage über die Art des VcrfahrenS deS
VerwaltiingsgerichishofeS jeßt schon in dem
Entwnrs zü erblicken. — StaakSrath Dr. La-
mep entgegnet dcm einzelnen Vorbringcn, an-
erkcnnt gerne, daß alles Neue verschiedenen
Anstchten unterliegt, hofft aber, daß durch daS
Gesetz segenSreiche Folgen eintreten werden.
— Ministerialrath Dr. Jollp spricht ffch
gegen die Verwaltnngsrechispffege auS, denn
Verwaiten und Rrchtsprechen seien zwei un-
vereinbarliche Dinge, während Hofrath Dr.
Schuiitt i'n der Einsetzung eines Verwal-
iungsgerichtshoses gerade eine sehr wichtige
Einrichtung erblickt. Geh. Ralh Dr. Blunt-
schli spricht sich nochmals im Ganzen über
den Entwurf aus, und wünscht, daß dcr Vcr-
such, der doch vorerst durch das Gesetz gemacht
werde, sich bewähre. Nach einer persönlichen
Bemcrkung des Frhrn. v. Kageneck wird die
Allgemeinberathung geschlvffen und zur Son-
derberalhunq des Entwurfs übergegangen.

(Schluß folgt.) «

Karlsruhe, 6. Julr'. Die 1. Kammer
hat heiite das Gesetz über die Organisation
dcr innern Berwaltung zu Ende berathen. Da
eine Reihe von Artikein an die Commisflon
zurückgewiescn wurden, fand eine Abstimmnng
über das ganze Gesetz nicht statt. Die Abän-
verungen dcr 2. Kammer bei dem Pollzeistraf-
gesetzbuch, wi'e solches aus der 1. hervorge-
gangen, wurden, weil sonst das ganze Gesetz
sallen würde, angenommen, nur bei §. 23
wurde von Geh. Ralh Blüntschli ei'n Vermitt-
lungsvorschtag gemacht, wornach der Polizei-
richter nur die Giltigkeit der Polizeivcrord-
nungen zu prüfen habep soll, nicht ihre Noth-
wenvigkcit und Zweckmäßigkeit. Auch dem
Wunsche der 2. Kammer bezüglich einer Re-
viston der Pvlizciverordnungkn trat die Kam-
mer bei. Die Abänderungen der 2. Kamimr
an der neuen Prozeßordnung, also auch dic
Beibehaltung der Liqiii'derkeniitniffe, wurve

in Badcn nicht. Vor 14 Jahren habe dort bie
Rcvvlulion gcwüthct und vicle Söhne deS Landes
seicn hcimathflilchtig gcwordcu. Actzt abcr untcr
cincm frclgcstnnten Fürstcn seicn alle zurückgerufen,
welche damals in dre Vcrbannung gchcn mußten.
Sle hätten für eln großcs Gut gckämpst, das auch
wir anstrkben müßten: für die dcutschc Reichs-
ocrfasfung. Dieser Rcichsverfaffung und ihren
Vorkämpfcrn gelte scin Hoch!

Nachdcm hicrauf das von Beil nach Schillcrs:
„Wohlauf, Kameradcn, aus's Pferd, auf's Pferd!"
gedichtcte Schützenlied von der Vcrfammlüng ge-
sungcn worden war, brackte Herr Scholl dcn
Manen Schillers ci» Hock dar, indem er darauf
hlnwics, wie auch wir in jcnc Worte, in jcncs
Gelübde cinstimmten, welchrs einst die Schweizer
auf dcm Rütli thaten, in das Gclübdc: „Wir
wollcn ftin ein etnig Volk von Brüdcru; in kciner
Noth nns trcmicn und Gcfahr; wir wollen frci
sei», wic dic Väter waren."

Herr Webcr auS Neustadt a. d. H. berührt die
Berfaffuugswirrcii i» Preußen und gehi dann auf
die Polen über, welche trotz dcs Wortes von
Kosziusko: .Mijo poiqnil,«". i» drm gegkliwäk-

tigen Kampfe uns ein Vorbtld todeSmuthitzkr Ba-
terlandsliebe gäben. Jhnen, wie allen nach Frei-
heit rtngendkn Völkern, gelte sein Hoch!

Auch während dcs hcutigcn Tages wurde stark
geschoffen; obgleich ein Theil der auswärtigcn
Schützcn, wie die von Waldshut, Leiizkirch, Vöh-
renbach, Eckcrbcrg und Frankfurt, kctztcrc nament-
lich mit vielen Prcisbechern bclohnt, bcreits in die
Hetmath zurückgckehrt find. Jndcffen kommcn täg-
lich noch ncuc Schlitzcn an, um den Abgaiig der
Scheidendm zu crfttzen. So find schon heute mchrere
Pfälzer cingctroffen und andcre wcrdcn nachfolgeü;
auch von Erlangcn und Bruchsal und bcsondcrs
von Frankfurt wird noch clne Anzähl Schützen cr-
wartrt.

Das MlttagSmahl in der Fcsthallc vereinigte,
wic daS gestrtge, etwa 300 Gäste. Als Redner
traten auf: Herr Geheimerath Dr. Miktcrmaier
aus Hetdelbcrg und Herr Schlatter auS Mühl-
burg.

(Fortsctzung in Nr. 79 der Heidelb. Familienbl.)
 
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