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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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September
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M 22«


Samstag, 28. September

Insertionsgebübrea für trie Zspaltige Petit-
;eile werden mit 3 kr. berechnei.

L8«3.

Oesterreichifche Denkfchrift über dke
Mund.sreform.

III.

Ohne Preußens bundesfreundllche Mitwir-
kung gibt es für die Aufgabe der Reorgant-
sation des Bundes keliicn dkfinitlven Abschluß.
Die xreußlschen Bundeslando nmfaffen ein
Drtlihell der deutschen Bevölkerung, fie er-
strecken sich von den östlichcn zu den westllchen
Grenzen Deutschlandö, die Bundesverträgc
geben Preußen ein Recht »es Wtverspruchs
ge'gen fjede kiefer greifendö Rrnerung. Preußens
Wille kann daher die Reform der Gesammt-
verfassung Deutschlands factisch und rcchtlich
hlnderii. Urn für die reine Negation in Deutsch-
land däs Feld zü 'behäupten, bedärf 'es nich!
einmal der Größe und eiiiflußreichen SteUung
ber preußischen Monarchie, selbst minder mäch-
tige 'Stäalkn verlllvgen dürch ihre bloße Enr-
haltung die sehnlichsten Wünsche, die lauter-
sten Bestrebungen ihrer Buiidesgeiioffen zu
vereiteln. Prenßeus Beto hak jedenfalls diese
vcrneinellde Kraft. Wird es eillgclegl, so kann
sich der Bund in seiner GtfaMintheit nicht aus
seinem gcgenwärtigen tiefen Verfallc erheben.
Aber dic-Dinge sind in Deutschland so weit
gediehen, daß cin absoluter Stillstand der Re-
sormbewegung nicht mehr möglich ist, und bie
Regierungen, welche dies erkenncn, werden
sich zuletzt gezwungen sehcn, die Hand an ein
Werk ber Noth zu legen, indcin sie sich zur
partiellen Ausführung tcr bcabsichiigteii Bun>
desreform im Bereiche der eigenen Staaten
entschließen, und zu diesem Zwecke unter Wah-
rung deS Bundeöverhältniffes ihrem freicn
Bünbnißrechte die möglichst ausgebehnte An-
wkilbung zu geben.

Kgnn Preußen einer Eventualität entgege»-
zusehen wünschen, die eine so gänzliche Ent-
sreindung von seinen deutschcn Bundesgenoffen
iii flch schließen würde? ES ist.wahr, die An-
schauungen Preußens.üder Bernf nuv Bcstilli-
niung des ^deütschen Bunbes haben sich än den
letzten Zahren nur zu sehr von dcnjcnigen,
wclche oben vargelegt wurden, nnterschieden.
Wir blicken in eine Zeit zurück, in welcher
nich! Kräftigung ünd Belebung des Bundes-
plinrips,'sondern deffen Zurückführung aus
die Bedeutung eines bloßen — an sich unvoll-
lommenen — Allianzverhältniffes ais der lei-
lende Gedanke der deutschcn Politik Prcußens
hingestellt wnrbe. Aüein die Ereigiiiffe flnd
seildem soitgeschrilten, uno vikllkicht enthält
,hr Gäng siir Preuße» mchr als Einen ernsten
Beweggrund, stch entschieden vou Richtungen

Zur Grünvling cincr höheren Tnchterjchnle
in Heidelberg.

(Fortsetzung.) , Nj-K

Das Werk der menschlichen Erziehung ülld Bil-
dung kan.n >war sür den Mcnschcn mchr nicht thun,
als scini Fahigkeitcn entwickeln; es kann keine tieue
Fähigkeit hinzugcthan, der Mensch durch irgend
cinkn Pioceß sortschrciiender Entwicklung in ctwaS
anderes, als nias cr ist, also nicht etwa in ein
Wesen höherer Ordnung verwandclt wcrdcn; wohl
abcr kann es und soll cS — und dics ist die anderc
Seite stiner Bestimmung — die Kenntniffe des
Menschen erwcitern und vermchren.

Jn wclcher Weist ist nun aber dicscs Bildungs-,
werk zu beginnen und zu ersüllen, wi? dem erkann-
ten Bcdürsniffc abzuheifen? ^

Zwci W-ge sind vorgeschiagen, der eine, Len «ir
beircten «vllen, führtzur H-rftellung einer selbst-
ständigen, sürsich bestehenden Töchterschule,
der anbere zeigt auf cine Erweiterung der
Volksschule hin,

abzuweiiden, welche zu keinem glücklichen Zi'elc
geführt haben. Die Zuknnst Deutschlands ist
in ein gefShrliches Dunkel gehüllt, durch Er-
innermigen an die Bergangenheit hat der Kat-
fer Sich daher nicht abhalten laffen wollen,
Seine Ansichten über di'e Mittel, den Blick rn
bicsc Ziiknnft auszuhellen, vertrauensvoll sei-
nem erhabenen Verbündeten von Preußen mit-
zutheilen, Er zählt auf die Weisheit und die
Gcsiniiiingsgröße des Königs, dem unmöglich
cntgehen kann, wie ganz anders geachtek und
gefichcrt Deutschland scinen Platz unter den
Völkern einüehmkN, in wie höhem Grade sein
Einfluß und sei'ne Machtstellung sich steigern
würdeii, wenn die VersaffNng des Bnndes in
ernrutrr ünd den Anförderüngen der Zeit ent-
sprcchciider Gestalt aus eincr gemeinsamen
Bcralhimg und einem einmüthlgen Beschluffe
aller deutschen Fürsten hervorginge. Welche
Ersahrungen auch dik Folgezeit uns vvrbe-
halten möge, dem Käiser wird es stets zur
Beruhigung gereichen, gegeiiüber dem Könige
ausgesprochen zu haben, daß es heutc noch
von Preußens Entschließungen abhänge, ben
deutschen Bnnd wieder auf bie Höhe seiner
für dic Naiion und ihre Fürsten wie sür
Europa's Friedkn so unendtich wichtigcn Be-
stimmungen zu hcben.

* Politische ttmscha«.

Zacob Venedcp erläßt die Erklärung, daß
er eine Wahl zum preußischen Abgeordneten-
hanse annehmen werde. ES scheint also, daß
er setbst sie für möglich hält.

Rach Briesen aus der Schweiz liegt Maz-
zini iii Liigano lchwer erkrankt darniedcr, u.
es soll keine Hoffnung vorhanden sein, ihn am
Leben zu erhalten.

Aiif ver Pariser Börse hatte der Moniteur
das Schickfal dts heütigen Tages und viet-
leicht nvch mancher nachsolgeiiber bestiiiilnt.
Zn der That crscheint die unerwartele Ver-
öffeiitlichung des Manifestcs der polnischen
Nativnalregierung an derselben Stelle, an öer
am «oiinlag die russische Depesche, genau mit
denseibcn großen Lettern gebruckt, erschienen
war, als ein bedeuiendes Ereigniß. Die Einen
sehen bereils tn diesem feierlichen Einlausen
des Manifeftes der allfständischcn Polen in
dic Spalten des officieUen Blattes cine An-
erkennung Polens als kriegsührender Partei,
Andere eine so offenkundig feinbsclige Repres-
salie für die diplvmatische Herausforderung
des Fiirsten Görtjchakoff, daß sie sosort den
Bruch der internationalen Beziehungen nach

sich ziehcn müffe. Die Börse hät natürlich
das Ereigniß mit eincr krästigen Baiffe auf-
genommen. Der russischc Botschafter soll so-
fort eine Unterredung mit Droupn de Lhups
verlangt haben. Man behauptet, Louis Na-
poleon selbst habe durch bcsonderen Befchl aus
Biarrsß sene Vcröffcntlichung angeordnet. Alle
Blätter besprechen das Ereigni'ß in sehr- ern-
stem Ton.

Deutschlarrd

Karlsruhe, 24. Sept. Die Karls. Zig.
kommt in thren Arkikeln übcr Vie öster. Re-
formacte heute auf das Bundesdirectorium,
uber welcheS ihr Urthei'I »nicht nur verneinend,
sondern geradezu veriirthei'Iend" auSfällt. Vo»
selbst leuchte ein, däß die Reduction dcr 17
Stlinmeii des Bundestages auf 6 i'm Direc-
toriuin völlig werthlos sci. Dic Schlußziehung
werde, da die 6 Siimmen ebenso wic frühcr
die 17 nach Jnstruction dcr hel'mischcn Landes-
regi'erungeii abgegeben werden sollen, ni'cht
rascher als biöher möglich sein, und die Er-
wartnng, der Jnhalt der Beschlüffe werde ci'n
anberer, den nationalen Wünschen mehr ent-
sprechender werden,'laffc sich schwerlich be-
gründen. Denn die in Wegfall kommenden 11
Stimmen mittlerer und kleiner Staaten haben ,
an dem Thun und dem Nichtthun, welches
unser Volk dem Bundestvg zum Vorwurf
machte, erfahrungsgemäß die geringstc Schuld
gehabt. Man müffe dem Directvrium aber
nicht blos eine höhere Leistungsfähigkeit ab-
sprechen, es sei zü fürchten, daß es von den
schlimmsten Folgen begleitet sein würde. Mit
der früheren Stellung der Kiirfürstcn habe bic
dcr künftigen Direktorialhöse eine verhängniß-
volle Akhnlichkcit, und wie jene würde sie
Zntriguen aller Art di'e Thür öffnen. „Wird
das heutige Directori'alun'tgli'ed nicht leicht sich
scheukii, iin Jntereffe des Gänzeil Lemjenigen-,
Einzelnen wehe zu thun, von dem es weiß,
daß er morgen sein Nachfolger wird u. Gleichcs
mit Gleichcm vergelten könnte? Hundcrtfächc
Einflüffc der vkrschiedensten Art werden i'n
klcincn Sachcn nicht rninder wie in großen
das Bewußtscin der Dircctorialmitglicder be-
wußt oder unbewußt von der einfachen und
geraden Verlretung des Gemeindeintereffes ab-
ziibringeii und dcn wrderstrcitenden Sondcr-
intereffen dienflbar zu machen suchen. Eine
verkehrtere Bündesversaffling wird aber kaum
zu denken sein, als eine sotche, welche einzel-
ncii BuiidesgliederN äiif Kostei» der andern
künstlich und vorübergehend cinen besondern

„Sünde," sagt uns jcner Gcgner, „ist verzcihlich,
äbkr darin »erharren, ist von Uebci. Beffern wir
unS also, und nichts ist gewiffer und dringcnder,
als daß wir uns beffcrn müffen. Verbeffcrn wir
dic Volksschuic, erweiiern wir sie. Auf diesem
Wcge crreichen wir daffeibe Ziel leichter, schneller,
sichcrer und mit gcringeren Kostcn."

Hicran ist nur so viel richtig, daß eine bloße
Erweiterung dcr Volksschule wcniger Klaffcn, statt
9 etwa nur 5 oder 6 veriangt, sonach wenigcr
Lehrmittel braucht. Dagegen wird man aber auch
sagen dürfen: Je mchr Klaffcn, dcsto mchr Ein-
nahme, oder mit andern Worten: Je größer der
Ümfang und die AuSdehnung der Schute, um so
mchr Beiiragende. Die einmaligen Anschaffungen
bteibcn sich gleich; die nökhige Bermehrung der !
Lehrkräfte ist eine verhältnißmäßige. Nehmcn wir
mehr ein, so könncn wir auch mehr ausgcben.
Jn kcinem Fall, so hoffen wir, könNen äußere
Rückfichtcn in einer so wichtigen Sache maßgebend
scin. Zunächst und so zu sagen allein entfchei-
dei hier dic Zweckmäßigkeit. JnjencmFalle
«erdcn wir wohl eine crweiterte VolkSschule, abcr
immer noch kcine höhere Töchtcrschule, d. h. keine

solche Schule haben, in «elchcr der weiblichen Ju-
gend ein «ahrhäft bildender, wisftnschaftlicher Ün-
terricht geboicn wird, ein Unierricht, welcher dem
der höheren Bürgerschule entspricht.

Aber gerade daS Lyceum nnd die höhere Bür-
gerschule crhalten ihre Zöglinge aus der VolkS-
schule oder dcn Privatlchranstaltett, rückstchtlich
welch' ictzterer stch mit Recht auf die hiefigen, von
scminarinisch tzehildetcn Lchrern trefstich geleiteten
Anstalien berufcn «ird: also könnten, sagi man,
die Eicmeniarklassen in den vorhandenen Schulcn
dcr neue» Schule wcnig'stenS als Vorschule
dienen. Allein nach rcisticher Erwägung Mnffcn
wir auch hier dcr Meinung des Mannheimer Prv-
gramms beitrcten, daß beidc Lehranstalten, Lveeum
und höhcrc Bürgcrfchulc, noch beffer gedeihen wnr-
den, wcnn sie ihre eigene, oder beidc eine gemcin-
same Vorschuic bcfäßcn. Und i,i der That auch
dic wohlorganisirtcn Gymnasien (Lyceen) nnd Real-
schulen (höhcrc Bürgerschulcn) PreußenS nnb Nord-
dcutschlands, wie auch bas Lyccum in Karlsruhe,
befitzen eigcne Vorschulen. WaS abcr für jene
höheren Anstaltcn genü-gi, müßte wvhl auch für
unscre höhere Töchtcrschule hinreichen,
 
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