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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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August
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N» 188. D-nnerstag, 13. August


18«3.

Auf die »Hkidelberger
^W» .Zeitung" kann man sich
»K^ - noch für die Monate

August und Septembrr mit 36 Kreuzern aboit-
niren bei allen Postanstalten, den Boten und
Trägern, sowie dcr Erpedition (Schiffgaffe
Nr. 4).

Die -eutsche Verfaffungs - Frage

schien seit geraumer Zeit von den Regierungen
zum bleibenden 8tstn8 Mo verurtheilt zu sein.
Wir hörten wohl einmal von einer Denkschrift
des sächstschen MinistcrS v. Beust, odcr einer
Note des badischen Ministers v. Roggenbach,
oder gar von dem Plane einer Delegirtenver-
sammlung, sedoch nur, um zü erfahren, daß
man diese Projects wieder habe fallen laffen.
Jnzwischen gingcn die Ereigniffe, sowohl die
der deulschen Einigung günstigen, als uiigün-
stlgeu ihren Gang, und im deutschen Volke
arbeitete die öffentliche Meinung inzwischen
weiter. Jn ncuerer Zeit geschah nun die erste
Anregung dieser hochwichtigen Frage aus der
Mitte dcr deutschen Fürsten von Seiten deS
Herzogs von Koburg, und zwar bei dem Wie-
ner Hosc, da von dem Berliner Cabinete, bei
den jetzigen preußischen Zuständen, eine be-
friedigende Znitialive nicht zu erwarten ist.
Wie man sagt, ist in Bezug auf die deutschen
Buudesverhältnisse folgcnbes, in selnen Haupt-
punkten nähcr bestimmteS Programm zu Stanve
gekommen: 1) Als Centralbehörde ein^Di-
rcctorium, bestehend aus 5 ober 7 Mitgliedern,
unter denen Preußen und Oesterreich für aüc
Zeiten fest stehen soüen; 2) ein Parlament,
jcvoch angeblich mit etwas beschränkten Be-
fugniffen; 3) Oesterreich soll mit allen Staa-
ten, bie auf seinem gegenwärtigen Reichstäge
vertreten sind, also auch mit Galizien (nicht
aber mit Ungarn), in den Bund eintretcn.
Gemeinsame Vertretung auöwärts und geniein-
same Militärverhälkniffe sollen eingeführt wcr-
den, ebenso deutsche Farben und deutsche Flagge
zur See; auch soll bie österreichische Flotte
esn Theil der deutschen weroeii. — Die österr.
Regicrung hat damals, wie die betreffende
Wiltheilung verlautete, bereilwillig den Plan
der Delegirtenversammlung fallen laffen, aber
Parlamentswahlen durch die Kammern der
eiilzelnen Länder für wünschenswerth erklärt
unb directe Votkswahlen nur für den Fall der
Nothwendigkeit, der man sich jedoch sügen
werde, in Aussicht gesteüt. Trotz aller Lang-
samkcit in ihrer äußern Bewegung kommt dic
Lerfaffungssrage svmit toch von der Stelle.

Wie die Regierungen früher gewiffe landstän-
dische Rechte der Einzelnstaaten aüerkannten,
so erkennen sie jetzt einen Znbegriff von ge-
setzgebendem Rechte sür das deutsche Parla-
ment an. Ucber den sehr angefeindeten De-
lcgirten-Plan stnd wir glücklicherweise hinaus.
Die vollziehende Centralgewalt wird zwar
keine einheitliche sein, doch soll sie diejenigen
Attribute erhalten, deren sie zu einem künfti-
gen Handeln bedarf. Es würde sich dann
nur noch um die Zusammensetzung des an der
Spitze stehenden Collegiums von Fürsten han-
deln. Daß hier noch große Schwierigkeiten
cntstehen können, ist nicht zu verkennen.

Aber die Schwierigkeiten und Zögerungen
werden doch bei weiiem nicht so groß sein,
als die, welche eine in anderem, besonders in
cinheitlichem Si'nne versuchte Lösung finden
wird. Eine angestrebte cinheitliche Leitung
der deutschen Gesammtverhältnisse wird untkr
den jetzigen Umständen ohne eine vorausge-
gangcne gewaltsame Umwälzung oder blutigen
Bürgerkrieg nicht denkbar sein. Und dann
fragt es sich erst, ob nach solchen vorausge-
gangenen schreckhaften Ereigniffen die Ent-
jwciung nicht größer werben würde, als zu-
vor. Mie die gegebene Lage der beutschen
Verhältniffe einmäl ist, verdient nur die in
den letzten Tagen ergangene, von so großem
Aufsehen. begleitetc Einladung des Kaisers von
Oesterreich an bie übrigcn deutschen Fürsten
zum Beginnen des Resormwerkes, veffen die
beutschen Verhältniffe so sehr bedürstig sind,
allc Anerkennuiig. Die bem Franksurter Für-
stentage gcmachl werbenden Vorschläge werben
sich, dcm Bernehmeii nach, auf bie oben auf-
gestellten Grundzüge einer deutschen Verfaffung
stützen. DaS im Werke begriffene Unterneh«
men ist von der deutschen und auslänbischen
Preffc, von ersterer je nach dem verschiedcnen
Parteistandpunkte, in der verschiedenartigsten
Weise, und zwar von der kleinbeutschen und
preüßlschen Preffe eben nicht am glimpflichsten
beuriheilt worden. Wir gedenken hieraus, so-
wie auf diesen höchwichtigen Gegenstand über-
haupt, näher zurückzukommen.

* Politische Umschau.

Der König von Preußen hat seinen Sohu
nach Gastein kvmmen laffen. Hieran wird die
Vermuthung geknüpst, der König sei andcrcn
SinneS gcworden und werde, wenn er nach
der formellen Ablehnung seiner Theilnahme,
auch nichl selbst zum Fürftentag kommen könne,
doch seinen Sohn senden. Bekanntlich hat auch

der König von Württemberg seknen Sohn de-
putirt; freilich ist das hohe Alter deffelbeu ekn
sehr genügender EntschuldigungSgrund.

DaS Memorial diplomatique berichtet, Na-
poleon IH. nebst Gemahlin hätten bereitS dem
Erzhcrzog Marimilian zu seiner Erwählung
als Kaiser von Merico Glück gewünscht, und
die Francc fügt bei, man verstchere ihr, der
Erzherzog habc auch seinen geziemenden Dank
nach Paris zurück vermeldet. Dies könnte
wohl möglich sein; schneller als dieTodten in
Bürger's Lenore reiten, fliegen heut die Tcle-
gramme. Allein in dicsen Beglückwünschungen
und Danksagungen vermögen wir etwas ErnsteS
nicht zu entdecken. Die ganze merikanische
Angelegenheit ist ein blutiges Possenspiel, das
einen ganz andercn Ausgang haben wird, alS
der Theaterdirektor noch weiß. Als die Fran-
zosen nach Merico gingen, hieß es aller Orten,
die Bonapartischen Truppen sollen daS Land
erobcrn, um dem habsburgischen Fürsten eine
Kaiserkrone auszusetzen. Ganz Europa lachte
ungläubig, obschon verlautete, der Erzherzog
habe sich einen Profeffor aus PariS verschrie-
ben, um nach Ollenborf's Methove Spanisch
zu lernen. Als die Franzosen mit Engländern
und Spaniern auf merikanischem Boden ge-
landet, verkündete der Ueberläufer u. Landes-
verräther General Almonle öffentlich die Kan-
didatur des Erzherzogs; aber die Franzosen
lcugneten sie ihren Vcrbündeten ab. Dennoch
sahen diese bald ein, daß man sie hintergangen
ünd zogen von dannen. Jetzt ist nichts mehr
abzuleugnen. Man sieht, daß Napoleon lll.
hier wie bei allen Gelegenheiten, wie schon
vor dem Staatsstreiche, versahren ist; man
steht, daß jene ansänglichen Gerüchte nur
Fühler waren, die er der beschloffenen That
voranstreckle, bevor stc in's Leben eintreten
konnte. Auch der ganze Zusammenhang seiner
amerikanischen Politik wird mit einem Malc
klar. Zn Meriko wird stch kein Herrscher
längere Zeit ohne auswärtige Hülfe halten
könncn; der Erzherzog kann eine solche Ab-
hängigkeit von Fraiikreich nicht annehmen; also
wird Merico ein unmittelbarer Vasallenstaat
Frankreichs werden. Nebenbei kann auch eine
metallreiche Provinz, wie Sono, für Frankreich
abfallen. Damit aber dieser Staat eine Bürg-
schast der Zukunft habe, eine Bürgschaft, die
ihm Frankreich auf die Dauer nicht gegen dcü
Andrang der nordamerikanischen Union ge-
währen könnte, muß die Gelegenheit benußt
werden, de» Riß, der burch die Union geht,
zu einem unheilbaren zu machen. Schon glau-
ben die Pariscr Regierungsblätter so weit zu

Der Spion Napoleons.
(Fortsetzung.)

Der Plan deS Hcrrn v. M. war bald entwor-
len; etnen schönen Mann kcnncn, dcr der Llebe
ergebcn und noch dazu im Besitz eincs beträcht-
lichen LapitalS ist — ein reizcudeS junges Wcib,
»oU Bildung und Grazic, bei ihm cinführcn: was
ist leichter?! Wahrlich, M. hatte Ursache, sich zu
gratuliren; ihm schien das Spicl schon gcwonncn.

Er begann sich also unrer den Nymphen dcr
cytherischen Cohortc umzusehen, und scinc Wahl
fiel auf Mademoiselle D—s, die ihm dte Schönste
»on Allen zu sein schicn. Und wirklich, dicse junge
Dame war ein Meisterwerk der Natur. Eine könig-
liche Bilste von der blendendcn Wciße des Alaba-
stcrS, hier und dort durchwoben vom entzückendsten
Rosenschmelze, ein Haar, dem flüssigen Golde »er-
gleichbar, cin Auge, das tief und fcurig, lodcrnde
Blitzc in dic Brust deS Beschaucnden werfen, und
sein Hcrz zu nie gckannter Gluth entfachen mußte,
cin Wuchs, nm den sclbst VcnuS sie beneidet, die

znrteste Hand, der niedlichsie Fuß; alles Dies, dop-
pclt schön durch Grazie der Bcwegung, durch An-
muth der Sprache und hohe Bildung: wie sollte
da wohl ein Mann «iderstehen?! Noch machte sie
ihr scharfer Geist ganz besonders geeignet für die
ihr zugcdachtc Mission und so erhielt sie dcnn schon
ein Paar Tage nach der Unterredung des M. von
diesem dic nöthigcn Jnstructioncn.

Laffen wir «in paar Worte über dte früheren
Schicksale dicscr Dame vorangehen.

Frl. D—s war die Tochter bemittelter und ge-
achteter Eltern, die sie tndeffen frjih verlor. Sic
hätte von dem Eapital, wclches ihr nach dem Tode
derselben zur Verfügung stand, ganz angcnehm
leben können, bei ihren ungezügelten Leideuschaften
indeß, denen fich noch eine übertricbcnc Putzsucht
und die schreckliche des Spicls zugefcllte, hätte das
Zchnfache ihrcs Vermögens für ihre Bedürfniffe
nicht ausgereicht. Rachdem sie ihr Erbthcil bis
auf den letzten SouS verschwcndet, sah ste sich ge-
nöthigt, durch ihre seltene Schönheit das zu er-
langen, was ihr als unentbchrliches Requtsit etnes
vornehmei! LebcnS galt, und sic wurde dte Mai-
treffe eincs jungen Mannes, cines Deutschen, der

fie mit wahnsinnigcr Gluth liebte und thr fast sein
ganzcs Verinögen zum Opfcr brachte. Sie würde
thn jcdensallS ruinirt haben, wäre cr nicht glück-
licherweise noch früh genug aus seinem Taumel cr-
wacht, Nachdcm er mit Entsetzen von seincr gclich-
tcten Kaffe Einsicht genommcn, verließ cr plötzlich
die sinnbcthörende Sirene und etltc mit den Trüm-
mern seiner Habe über den Rhein, seiner Heimath
zu. Zndeffen hatte er thr hei seinem Abschicde
durch das Haus Recamtcr noch 15,üüi) Frcs. aus-
zahlen laffcn.

I.e roi evt mort — viro lo rvi! Zh» nruer Ge-
licbtcr, ein zwciter CrösuS, bot thr zum dritten
Male die Mittcl zu einem vcrschwcndcrische» Leben.
Darf man dcr Gcmahlin dieses Mannes glauben,
so jhat sie ihm in Zeit von fünfzehn Mvnaten
300,000 Frcs. gekostet; eS tst möglich, daß bte
Eifcrsucht dics übertxiebcn, allein auch unserm
Lrösus wurde die Sachc auf die Dancr zu kost-
sptelig, und da er, als galanter Mann, scine Gc-
liebte ntcht dem Mangel Preis gebcn wollte, so
war cr es, der sie an die Spitze der Hctären stellte,
dic der gehcimen Polizei willige, wenn auch thcure
Werkzeuge waren.
 
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