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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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August
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Undtlbtrgtr Ititung.

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Samstag, 22. August

Insertionsgebühren fär die Zspaltige Petit-
zeile wervea mit 3 kr. berechnet.

L8«3.

* Politische Umschau.

Die feudalc Berliner „Revue" knüpft an
dte Einladung zum Fürstenconqreß folgende
freche Betrachtung: „Dte meisten deutschen
Fürsten haben den Kampf gegen dte Verfäl-
schung, welche ihnen durch das Tagesgsschwäy
octropirt wordcn ist, aufgegeben, und ste find
nunmehr zufrieden, wenn man ihnen nur ge-
stattet, mit den Kammern und Volksführern
ein Compagniegeschäft zu trciden. Einzelne
Fürsten überbieten die Berfertiger von Ä,t-
artikeln in der Hervorbringung hochkltngender
Briefe und Aufsäye; Andere getzen darnach,
eben so schöne Reden zu halten wie dte
Schmetchler eineS zusammengerafften Haufens
auf Schützen- und Turnsesten. Dies ist nicht
das Gebiet, wo deutsche Fürsten als Mitbe-
werber erscheinen sollen. Der rvmische Kai-
scr, der den Histrionen und Harfenspiclern
Concurrenz machte, war ein Zerrbild, dem der
jammernde Zweifel an der eigenen Würde u.
am eiqenen Lebenszweckc im Nacken saß."

Die Jdee des deutschen FürstencongreffeS
findet entschiedene Aufnahme in der nichtdeut«
schen Bevölkerung des österr. Kaiserstaates.
Den entschiedensten Widerspruch erfuhr sie
Seitens dcr Czechen, welchen überhaupt jedes
Erstarken Deutschlands ein Dorn im Auge
tst, da sie wohl wiffen, daß dieses nimmer-
mehr seine Ansprüche auf Böhmen aufgeben
wird. Die italienische Bevölkerung verhält
fich dem Fürstcncongrcffe gegenüber ziemlich
gleichgültig, dagegen wird er von den Magya-
ren mit großer Befriedigung aufgenvmmen.
Der Grund liegt darin, daß man diesen Fort-
schritt in Deutschland mit dem Festhalten der
Centralisation inOesterreich unvereinbarglaubt.

Wie die „N. Fr. Ztg." vcrnimmt, sind bei
dem Drucke der Rede des Kaisers von Oester-
reich mehrere sehr cnergische Stellen wegge-
lassen worden, namentlich esne, deren Jnhalt
ungesähr der sein soll, daß der Kaiser erklärt
habe, Ocsterreich habe es lange mit einem nun
veralteten Spstem versucht, ünd wenn das-
selbe sogar in den mächu'gsten Händen zer-
brochen sei, so sei nicht zu erwarten, daß es
>'n andern Händen aufrecht erhalten werden
könne.

Nach der „Frankf. Hdlsztg." beabfichtigen
Baden, Weimar u»d Cvburg auf directe Wah-
len für das Volkshaus anzutragen.

Der Frankiurter Fürstencongreß macht dem
Ministerium Bismarck täglich mehr Berdruß.
ES stnd niir selbstsüchiige Plane, die Habs-
burg im Schilde führt, „wogegen dic Hohen-
zollern es um Deutschlands willen zurückwie-
sen, ßch au die Spiße der Reformbewegung
zu stellen", heißt es in dem Organe Bis-
marck's. Nun kann zwar eine größere Abge-
schmacktheit nicht ausgedacht werden, als eine
derartige Vertheidigiiiig deS VerhaltenS Preu-
ßenS in der Reformsache. Allein für die gren-
zenlose Rathlofigkeit, die hier Platz gegriffen,
gibt es keine beffere Umschreibung, und das
^inzigc, worauf man hier noch speculirt, sind
dte Fehler, welche im Lager der Gegner ge-
macht werden. DaS heutige Preußen weist
um Deutschkands willen die Reformbewegung
zurück. Dahin hat Hr. v. Bismarck denselben
König zu drängen gewußt, der vor wenigen
Jahren die „moralischen Eroberungcn Preu-
ßcns in Deutschland" auf seine Fahne schrieb.
Welch klaffender Gegensatz. Man wendet fich
hier unwillig'voi, einer Politik ab, vic ihren
höchsten Triumpf im puren Nihilismus findet.
Noch demüthigender ist fur Preußen dies heu-
tigc Eingeständniß, als ManteuffclS unver-
geßlicher Ausruf: „Der Starke weicht muthig
zurnck." Der Fürstencongreß, mag er nun
kin Ergebniß hab.n, wclch.s er wiu, er offen-

bart jedenfalls PreußenS furchtbare Ohnmacht
unter diesem Regime, in einer Weis», die hier
Jeden erröthen macht, der auf sein Vaterland
nur daS Geringste gibt.

Lin bei Reinhold Baist in Frankfurt ge-
druckteS Placat stellt zum 18. August 1863
die Frage „Franz Joseph, Dcutscher Kaiscr?"
und antwortet: Ja, wenn er mit rückhalts«
loser Hingebung ganz nur Dcutscher Kaiser
sein will! Za, wenn cr, vertrauensvoll an die
Spitze der Nation tretend, zugleich anerkennt
ihr unveräußerliches Verfassungsrecht vom
Jahre 1849. Za endlich, wenn er Friede u.
Versvhnung schafft auch mit den andern Stäm-
men seines Rciches, auf däß ste freudig zu
uns stehen gegen jcden Feind aus Ost und
Weft. Sprich Dein Za, Franz Joseph, und
begeistert weiht dieS ganze große Volk Dir
Gut und Blut, Dir, dem glorreichen Wieder-
hersteller Deutschlands!

Nach einer Mitthcilung der „Ostdeutschen
Post" auS Gastein soll, wie cs heißt, Herrn

v. BiSmarckS Meinung durch die Ankunft des
Kronprinzen eine entscheidendc Unterstüßung
erhalten haben. Letzterer soll, sowohl seitens
seiner eigenen Vertrauensmänner, dic Ansicht
geltend gemacht haben: der Fütstcutag sei auf
eine Unterordnung Preußcns abgesehen, und
man müffe dieser „Provocati'on" mit Entschie-
denheik entgcgentreten. Hr. v. Bismarck fühlte.
sich durch diesen kaum gehofften Succurs na-
türlicherweise erstarkt, und setzte seinc Anficht
von der Nichtbeschickung durch. (Man ver-
gleiche damit den gestrigen Artikel der Neuen
Frkf. Ztg.)

Dcr Correspondenz Stern zufolge ist von
dem Könige der Befehl eingegangen, bei sämmt-
lichen Znsanteric - Truppentheilen per Feld«
armee-Corps und bei der Feldartillerie die
Recruten schon am 15. October c. statt am
5. Zanuar 1864 einzustellen.

Der „Constitutionnel" stellt heute scine Be-
trachtungen über den Fürstencongreß in Frank«
furt an. Dcr Art und Weise, wie die Sache
jctzt vom österreichischen Kaiser in die Hand
genommen worden, zollt das Blatt seinen Bei-
sall, da der Beweis vorliege, daß bevollmäch-
ttgte Ministcr in ihren Berathungen zu keinem
Resultat kommen würden. Wxnn die deutschen
Herrscher fich persönlich' gegenübcr ständen,,
so könnten ste leichter und schneller sich einigcn
über dic Opfer, welche Jeder von ihncn zu
bringen häite., um das alte Bundesgebäuve
für dic neueren Gencrationen bewohnbar zu
machen. Dic Abwesenheit König Wilhclm'S
aus dem Congreß von Frankfurt sei aUerdings
ein beklagenswerthcs Factum. Da der Köiiig
von Preußen der Repräsentant von 18 Mill.
Deutschen sci und somit ein Drittel der Ge-
sammtbevölkerung des deutschen Landes vcr-
trete, so sei natürlich ohne Preußens Mit-
wirkung die BundeSresorm eine Sachc. der
Uiimöglrchkeit. Dtese Macht habe thre Haupt-
stärke in Deutschland, und würde nicht frei.
willig auf sie vcczichten wolle»; sic könne
mithin unmöglich ihren Beitritt einer Reform
vcrsagen, welche die übrigen Fürsten und der
größere Theil der Nation gebilligt HStten.
Wie nun aber auch immer der Erfolg des
CongreffeS von Frankfurt ausfallen möge, der
Herrscher, welcher deffen Jnitiaeive crgriffen,
habe sich um das Vaterland verdient gemacht.

„Francc" sagt über die Bundesreform-Vor-
schläge, die wichtigste Aenderung sei die, daß
statt der bisher erforderlichen Einstimmigkeit
die Mehrheit gelten solle; der österreichische
Vorschlag suche die Rechte der Fürsten und
der Völker in Einklang zn'bringen und durch
eine Reform einer Revolution vvrzubeugen;

w. iin er zuui Ziel führe, so sei zum ersten

Mal das verwickektste politische Problem auf
friedlichem Wege gelöst worden.

Der Pcterspfennig hat dem Papst biS jetzt,
ohne die Geschenke, baar 32,257,800 Fr. ein-
getragen.

Deutschland

Karlsruhe, 20. Aug. DaS heuttge Reghl. Nr. 35
briugt 1) das Gesetz Lber die VervollAäudtgung der Schte-
neuwege, Zwetgbahn von GerlachShetm öurch das Tauber-
thal nach Werthetm auf Staatskosten uud Liute Offenburg
btS Hausach alsbald auf StaatSkosten, 2) etne lande-herr-
liche Verorvnung, welche dte Neuwahlen für dte 15 auS-
tretenden Abgeordneten, Hägeltn für den Wahlbeztrk Fret-
burg, StaatSrath Lamey für Lörrach, Hetdeoreich fur Müll-
heim, Federer für Staufen, Dahmen für Trtberg, Hor»-
berg, Wolfach und HaSlach, Wagner für Lahr, Tckhard
für Offcnburg, Kamm für Baden. GernSbach und Etein«
bach, Lenz für Pforzhetm, Dr. Herth für PhtlippSburg und
Schwctztngen, Artarta und Moll für Mannhetm, Allmang
sür daS Amt Hetdelberg, Fröhltch für NeckarbischofShetm,
v. Runkel für Werthetm anordnet und die WahlcomWisfion
ernennt.

Bade«, -19. Aug. Soeben, NachmittagS
4 Uhr, ist der König von Sachsen von Frank«
furt dahier eingetroffen. Bald darauf begab
stch Se. Maj. zu der Königin Auguste von
Preußen, bei welcher er der Tafel beiwohntc.
Der König von Preuße» wird im Laufe dcS
heutigen AbendS von Wilbbad hicr «rwartct.

^ Heidelberg, 2t. August. Dcr König
von Sach>en tst aus Baden-Baden zurückge«
kehrt; dagcgen König Wilhelm von Preußen
dasclbst zurückgeblieben. Derselbe svll auch
den Besuch des sächsijchen KönigS nicht, vdcr
doch crst spät erwicdert haben.

Frankfurt, 18. August. Dte bereitS im
Auszuge mirgetheilte Aniwort deS KöatgS
von Bapern auf dic Ansprache des KaiserS
von Oesterreich lautet vollständig:

Der Etnladung Eurer katserlicheu Majestät folgend, ßnd
wir hterher gekommen, Alle, wie tch utcht zwctfie, hefeelt
von demselben bundeStreuen und vaterländtscheu Gefühle,
auS welchem dte Einladung sctbst hervorgegangen tst, und
durchdrungen von dem hetßen Wunsche, dem Verlaugen
nach zettgemäßer Ausbilvung der BundeSverfaffung etne
gerechte und für alle Thetle heilsame Befrtedtgung z» ge-
währen.

Dieser Uebereinsttmmung tm Ztele und Streben un« be-
wußt, haben wtr unS versammelt, ohne tm Etnzelnea die
Lorschläge zu keunen, welche Ew. katserl. Majestät unserer
gemetnschafUlchcn Äerathung zu übergebcn bcadfichtigten.

Wtr habcn eS gethau t„ dem Vertrauen, daß der Geif?
gegensetttger Rechtcachlung und gemetnschaftttcher Htogebung
an die großen Gesammttntereffen, tn welchem unsere Väter
den deutschen Vund im Stnne und nach den Verhältniffen
threr Zett geschloffen haden, auch jene Vorschläge durch-
drtngen und tragen werde. Wir lebea deS VertrauenS,
daß dteselb.n demgemäß etne geetgnete Grondtage bildea
werdeu, um darauf tm Getste uud nach deu Bedürfntffeu
unserer Zett etnen Bau zu grüuben, wrlcher der deutschea
Natton, die au getsttger unb smltcher Tüchttgkett, an Ltl-
dung und Tbätigkett, wte an marertellen Kräften ketner
änderen Nation nachsteht, dte gebüdrende Macht nach Außen
in concenlrtrrrrer' Faffung unb dte threr GeWchte und
threm Wesen entsprecheude reiche Gttederung unb LebeaS-
thättgkcit tm Znnern gewährt und eryält.

Jn btesem Getste werde tch bie Vorschläge Ew. Kaiferl.
Majestät tn dte gewtffenhafteste Erwägung nehmeu uud
mtch darüber ausfprechcn, und tch glaube, htermtt der glei-
chen Gesinnung aller hter vereinigten BundeSgenoffen ÄsS-
druck grltchen zu haben. Ew. Katserl. Majestät habcn e-
selbst auSgesprochev, daß dte Vorschläge der Vervollksmm-
nung fähtg sind, und so lebhast tch auch dea Wuusch ihetle,
daß dte Grundzüge deS ReformplaneS ohoe «ettauSsehevde
Berathungcn etne rasche und etnmütytge Btlltgung finden
mögen, und daß dek Natton so nach alter deutscher Sitte
dte Bahn der Entwicklung dnrch thre Fürsten selvst geöfftret
werde, so wentg möchte ich es boch au-schlteßeu, daß schou
auS dtesem unserem ersten Zusammentrttt etnzelne Mpdt-
ficationen jener Gruudzüge hervorgeheu könnttH, Wmal
etwa solche, welche die rasche Etntgung fördern und zur
srgenSretchen That deS fretea HntschluffeS zu gestatten ver-

Aus ttefster Secle thetle ich das Bedauern Ew. Kats.
Majestät und gewiß thetlen eS mit unS alle unsere theurreu
Bunbesgenossen, daß es unS noch versagt bletbt, des KönigS
von Preußen Majestät tn ^rnserer Mttte zu begrüßen.
Halten wir dte Hoffnung fest, daß bet unserem nächsten
Znsammcnttttt dteseS mächtige Glted dte große Kette deut-
scher Macht und Herrttchkeit abschlteßen weide, und ver-
geffkn wtr ntcht, daß wtr diese Hoffnung tn dem Gradc
der Ersüllung näher führen können, tn deu» «nsere jetztgen
 
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