Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Dezember
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2801#0619

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
N: 3«s

Erschklnt, MontagS auSgenommen. täglich.
PreiS vierteljährlich S5 kr.

Mittlvoch, 3V December

j * Politische ttnischau.

Zn WkeSbaden ,'st cine Versammlung dcs
dortigen SchützenvereinS, welche über die
schleSwl'gcholsteinische Frage stattfinden sollte,
polizeilich verboten worden.

Der dänische Gesandtc beim BundeStag,
Hr. v. Dirckinck.Holmfeld, ist am 28. d. von
Franksnrt abgereist.

Die Wiener Preffe schreibt: „DaS neueste
Anftreten Bayerns und Sachsens, die Haltung
Badens, der thüringischcn Staaten und Hessen-
Darwstadks berechtigt zu dcr Erwartung, daß
der Bnndesausschuß, welcher in der Erbfolge-
frage Anträge zu stellen hat, dieSmal nscht >n
der Minderheit bleiben werde, und ohne thak-
sächlich den Bund aufzulhsen, Deutschland un-
heilbar zu zcrreißen, werde» die Cabinette
von Wien und Berlin fich über einen dl'c Erb-
solgefrage in den Herzogthümern im antidä-
»ischen Sinne erledigenden BundeSbeschluß
»immer hlnwegsetzen kvnnen. Diesmal stehl
die Ueberzeugung aller politisch Gebilbeten in
Deulschland nicht iin Lager der Großstaaten.
Diese besitzen allerdings die Macht, das ihnen
widerstrebende Deutschländ zu unterwersen,
aber freiwlllig werden jene deutschen Cabinette
sich kaum mehr fügen, welche in der Erbfolge-
frage für Len Prinzen von Augustenburg Partci
gkiiommen haben und in diesem Sinne am
Bunde ihrc Stimme abzugebe» entschloffen
flnd."

Dic Nachricht von der Abberufung deS Ge-
nerals Gondrecourt hat sich noch nicht be-
stäligt, sie ist auch nach der Wiener Mitthci.
Inng nicht glaubhaft. Ueberhaupt wird gegcn-
wärtig so viel Jrriges berichtet, daß man
nicht vorsichtig genug >'n der Ausnahme der
Nachrichten sein kann, wenn man nicht jeden
Tag zu Dementirunge» genöthigh sein will.

. Die „Ncue Würzb. Ztg." spricht sich in
eineiii längeren Artikel für die Constituirung
des Sechsunddreißiger-Ausschuffes des Abge-
ordnetentages und gegen die austretenden
Herren Lerchenfeld und Genvffen aus.

- Bemerkenswcrlh möchte sein, daß seit eini-
gen Tagen mehr noch als die schlcswig-hol-
sieinische Frage Jtalien die Ausmerksamkeit der
politischen Kreise auf sich zieht. Nach der
„Kln. Z." sind alle Anzeichen vorhanden, daß
es sich in Jtalien mächlig gegen Ocsterreich
rührt, daß es am Mincio im nächsten Früh«
jahr zur Entscheidung koinmcn werde unb daß
dic Friedensverficherungcn Napoleons zusam-
mengehalten mit seinen fortwährenden Nüstun-
gen wenig Glaubcn mehr verdienen. Die

«Kln. Ztg." ist fest der Ansicht, daß im näch-
stcn Frühjahre der Kampf um Venetien ent-
brennen werde , auch in Ungarn würden jetzt
schon durch Koffuth Proclamationen auf oies
Zl'el losgesienelk. Die Behauptüng dec „Kln.
Ztg." möchten wir vorerst nvch bezweifeln.

Der „Moniteur" zeigt an, daß ber Kaiscr
am 1. Januar um 1 Uhr baS diplomatische
Corps, die großen StaatSkörper rc. empfangen
werde.

Der „Moniteur" meldet, daß der türkische
Gesandte dem Kaiser des Sultans Antwort
suf dic Congreßcinladung zugestellt hat. —
Aus Turin erfährt man, daß Garibalbi gestern
seine Demission als Deputirter gegeben hat.

Die Kopenhagener Ministerkrisc wird in den
nächsten Tagen zur Enlscheidung komme» müs-
sen, benn das Gesetz znr Suspenston der Ver»
faffung vom 18. Novbr. d. Z. muß vor bem
1. Januar zu Stande kommen, sonst tritk die
neue Verfaffung in Kraft. Dcr dänische Reichs-
rath ist auf dcn 28. d. M. berufen. Uebri«
gens ist noch immer nichk bekannt, ob die No-
vemberverfaffung bloß in Bezüg auf Schleswig
oder auch in Bezug auf DSnemark suspendirt
werden soü. Die Eiderdäncn werden den
Ministerwechscl unb das Preisgcben der Ver-
fassung als einen Verrath am Vaterlande be-
trachten, falls der König ihnen nicht vollgül-
tige Beweise beibringen kann, daß er im Grunde
keinc Aenderung der Politik und lediglich eine
Komödic beabsichtige, durch welche daS deutsche
Volk getäuscht werden solle.

Daß ei'n neues dänischcs Ministerium ohne
Staalsstrkich die Majorität weder in dem
jetzigen Reichsrath, noch in den auf Grund
der Novembcr - Verfaffung neuzuwählenden
beiden Kammern bekommen würde, ist ziemlich
ficher. Ob aber eine Vergewaltigung der con-
fiitutivnellcn Rechtszustände in Kopenhagen
gelingen wcrdc, ist sehr fraglich und wohl
möglich, daß der Könsg bei derselbey seinen
Thron einbüßen möchte. Vo» dcr Geschick-
lichkeit des Königs in der Beseitigung des
Widerstandes, den ihm die Eiderdänen und
die sreisinnigen Parteien entgegenstellen wcr-
den, wird es abhängen, ob er wirklich im
Stande sein wirdg die beabstchtigteu Conces-
sionen an Oesterrcich und Preuße» zu machen.

Zn Paris ging das Gerücht, König Gevr-
gios sei vertrieben worden. Diesc Nachricht
war zum Mindesten verfrüht; dic Sachen
stehe» aber so in Griechenland, daß eine Be-
sctzung Athens durch englische oder französische
Truppen unvermeidlich erscheint.

Die „Jtalie" versichert, das ungarische

Eulenspirgel und Erecution. *)
Sonnet.

Der Bund, der deutsche Bund, er läßt marschiren!
O laßt auch mich die Kunde froh begrüßen,

Laßt mich vertrau'n nach Narrenaii den süßen
Versprcchungen und oit,gebrochnen Schwüren!

Vcrgeffen ist's, daß man vor jcnen Thüren
Des Volkks Bittcn sretS nur abgcwiesen
llnd wie skin Hoffen ward getäuscht von dicscn —
Doch still! ich höre schon die Trommcl rühren!

*) Tyü Eulenspiegel, der weltberühmte Komiker und
Volksuarr, der uiedersächsische derbe Huinorist und Spaß-
macher, durchzog UIII dic Milte dkS vierzehnlen Jahr-
hnnderts sast ganz Dculschland und ergötzte daS Vvlk
mit seinen Possen und Schwänkeii. Nach lustigem
LebenSlaus starb er zu Möllen im Lande Laucnbnrg,
und über jeinem Grabe klirren jctzt die Wassen der
Erecutivnslruppen des dcutjchen Bundes. VieUeichl sind
diese Soldatcn sichcr vvr jedem Schuß; denn wer bei
dem deutschen BundeSmilitär steht, der ist so gut ans-
gehoben, als in einer LebenSversicherungsgesellschaft.

Laßt mich vertraun der ernsten Schicksalsstundc!
Wohlan! jctzt gibt'S für MLnner waS zu schaffen,
Reicht mir die Flinte her unb dcn Tornister>!

Wallt doch baS Blut dem kältesten Philister,
Wcnn cr dcgeistert sieht das Volk in Waffen
Und Deutschland angeführt vom deutschcn Bunde!

T. E. Spiegcl.

Ichwurgerichte.

Mamihcim, 19. Dcc. Anklage gegen Franz
Anton Kühlwein, 26 Jahre alt, ledig, katho>
lisch, Schreinergrselle von Wachbach in Württem-
berg, dermalen in Tauberbischofsheim i» Arbeit,
wcgen Tödtung, Äm 1. November d. A. hollc der
Angcklagte, dcr Tags übcr schon viel Wein zu sich>
genommen, Abends 7 V- Khr seinc Geliebic ab,
und trank gemeinschaftlich mit ihr wieder einige
Flaschcn Wetn, worauf sic einen Spaziergang
machten und endliit im Schloßgarten stchcn blic-
ben. Kurz nach 1l llhr wurden sie dort von Pctcr
Slolzenberger und Franz Konrad von Taubcr-
bischofShcim barsch angercdet, «as sic so spät noch
da zu thnn HLtten rc, Es kam darüber zu einem

gnsertionSgebübreii sär^die Isvaltige Petit-

Manifest rühre unmtttelbqr von L. Kossuth
her, das Natlonalcomite für Ungarn habe
dieselbe Organisati'on wie daS für Poleir.
Der Anschlag des Mani'sestes in allen Städten
UngarnS und Siebcnbürgcn habe ungeheureu
Eindruck gemacht.

Der bisherige Vorstand deS deutschen Re«
formvereins, Hr. Ministeriälrath Dr. Wei'S,
hat seinen AuStritt auS dem Verein erklärt.

Jn-der letzten Kammersitzung in Bucharest
wurde der Vorschlag wegen Säcularisirniig
der Klostergüter mit großer Majorität ange-
nommen. Zur Feier vieses Beschluffes durch-
zogen Mllitärmuflkbanden die Stabt; viele
Bojareu beleuchieten ihre Häuser.

Zur Schleswig-Holstetn'schen
Sache.

Di'e Bundescommiffäre haben folgende Be-
kanntmachung erlaffen:

„Auf Grlind des Beschlaffes der hohen dcutschen Bnndes-
versammlung vom 7. Dec. 1863 sind wtr, dte ulsterzeich-
neten Bundescommijsäre, angewtesen, die Verwaltung der
Herzogthümer Holstein unb Lauenburg tm Äuftrage deS
deutschen ÄundeS, unbeschadct der nur zeitwetse suSpendirten
landeSherrlichen Rechte, zu übernehmen und so iange fort-
zuführen, biö durch etnen anderweiten BundeSbeschluß dte
Beendiguug deS angeordnelen VerfahrenS besttmmt scin
wird. — Zndem wir dteS betm Ueberschretteu der Grenze
mit den BundeStruppen zur allgcmctnen Kcnutnlß brtngen,
und hiermkt die gesammte Verwattung der Hcrzogthümer
in Ansehung aller RessortS übernehmen, erwarten wtr von
allen Behörden, jedem Angcftellten, sowte sämmtltchen
Lanbesangehörtgen unverbrüchlichen Grhorsam für uasere
Anordnungen, und rechneu aus wtlltge Unterstützung uuserer,
auf Wahrung der LandeSrechte gertchteten Ausgade.

^ZnSbesondere aber wenden wtr unS noch an cuch, dte
Bewohner der Herzogthümer! Handelt eS fich jetzt auch
nur darum, eure Verfaffung nach Maßgabe der gefaßten
BundeSbeschlüffe zu schützen und den Wtberstand gegen dte
letztcren zu brechen, sowie deutschcS Wesen, deutsche Sttte
und Ehre tn eurer Mitte gegen Beeinträchtigungen zu schkr-
men, so tst doch auch dte Frage, welche euch jetzt vorzugS-
wetse bcschasttgr unb bewrgt, tn dem Beschluffe ber BundeS-
versammlung nicht übergangen, sondern gewahrt!

^Berbanut also daS Mißtrauen! Kommt unS vtelmehr
mtl demselben Vertrauen entgegen, welcheS wtr alS Deutsche
euch, bcn deutschen LandSleuten, betm Etntrttt tn euer Land
entgegenbringen! Unterstützt unS ta der Anwendung ge-
etgneter Mittel auch in bewegten Zetten und unter provt-
sorischen Zuständen Ruhe, Ocdnung, Recht und Gesctzlich«
keit sest zu wahren, unzeitige und unberufrne Gtnmtschun-
gen aber von Eueren Grenzeu fern zu halten! Ze wtlltgtt
ihr unseren Anorbnungen Folge letstet, je mehr thr unserea,
auf euer Wohl gertchteten Bestrebungen unterstützend ent-
gegen kommen werdet, desto mehr werden wtr in der Lage
sein, die Behörden tn ihrer verfaffungSmäßtgcn Wtrksam-
keit zu erhalten und desto wentger werden wtr Ursache habeo,
in dte «Selbstoerwaltung euerer tnneren LanbeS' und Ge»
meindeangelegenhetten etnzugretsen. Dabet fügeu wir dte
Versicherung hinzu, daß wtr für möglichll gertnge Belästt-
gung ber Einwohner Sorge tragen werdcn, unb daß ent-
sprechende Vergvtung allcr Letstungen für dte Truppen
staltfinden wtrd.

Wortwechsel ünd endlich zu Thätlichkeiten, bei wel-
chen der schmächtige Angeklagte seinen kräftigen
Gegnern gegenüber den Kürzern zog und zu Boden
kam. Nachdem Kühlwein sich wiedcr erhoben hatte,
ergriff er dte Flucht, ftürzte jedoch, wie er angibt,
einmal und wurde so von seinen beiden Verfolgern
nochmals eingeholt. Nun machte tzr von seinem
Messer Gebrauch, sügte dem Peter Stolzenberger
damit mehrere Verletznngen zu und versetzte auch
dem Franz Konrad zweiStiche, deren einer Ln die
Gegeno des rechten Oberarmgclenkes die Arillar-
Arterie durchschnitt und nach wenigen Stundcn
durch Verblutung den Tod herbeisührte. Der An-
geklagte hat nach dem Wahrspruche der Geschwo-
renen die That in rechtmäßiger Nöthwehr verübt
und wurde deshalb freigesprochen. (B. B.)

Mannheim, 21. Dec. Anklage gegen Friedrich
Kühner von Roigheim (Württemberg) wegen
Mords. Der Angeklagte ist 33 Iahre alt, evan-
gelisch und erfreute sich bisher des beften Leumun-
deö, und es bczeugt iusbesondere sein Pfarramt
(Korb) dcssen religiösen Sinn, sowie daß er in
glücklicher Ehe lcbte und seine Kinder rärtlich liebtr.
 
Annotationen