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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Juli
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N'! 168. Dienstag, 2t. Zuli

* Politische ttmschau.

Dje „Norddeutsche Allgemeine Zeitunq" wlll
>n der Erklärung eruiachtigt setn, daß der
von der „Sübdeutschen Zeitinig" mitgethcilte
angebtiche Circular-Erlaß des Hrn. v. Enlen-
burg vom 28. Juni nicht eristirt, sonbern
gänzlich crfunden ist.

Am 17. Juli hat in München die Schluß-
sitzung dcr Gencralzollcvnserenz stattgefunven.
Die Bevollmächtigten reisen schon morgen ab.

Die Wahlen im Königreiche Hannover sind
ein vollständiger Triumph der liberalcn Partei
gewesen. Dcr Hauptsieg ist der deutschen
Fortschrittspartei zugefallen, und ihre beiben
Hauptvertreter Bennigsen und Miquel hat das
Lgnd mit Doppelwahlen gcehrt.

„France" sagt: Die ablehnende Antwort
Rußlands in Betreff des von ihm verlangten
WaffrnstiÜstandes ist ganz bestimmt. Diese
Haupifragc wird daher der Gegenstand leb-
hafter Unterhandlungcn zwischen Petersburg
und den Hösen werden. Gestern ist die Ant-
wort nach Vichp gegangen; sie wird nächstens
im „Moniteur" erscheinen.

Der „Moniteur" veröffentlicht neben einem
Bericht Forep's über die Uebergabe von Merico
eine wegen der Verhaftung der fünf Paffagiere
eines französischen Schiffs zu Genua nach
Turin geschickte Note, in welcher Genugthuung
sür die „bebäuerliche Thatsache" verlangt und
die Hoffnung ausgesprochen wird, die italie-
nische Regierung werve stch beeilen, der freund-
schaftlichen Mäßigung Frankrcichs burch Er-
füllung seiner Forderung entgcgenzukommen.

Auch in Paris ist die rnssische Antwort an-
gekommkn. Sie lautet. ziemlich übereinstim-
mend mit der bereits mitgekheilten Depesche
an die österr. Regierung. Fürst Gortschakoff
stimmt quch dem Konfcrenzprojekt mit der Be-
merkung bei, daß es wünschenswerth wäre,
wenn die Verhandlungen der Konfercnz sich
nicht lediglich auf die polnische Frage beschränk-
ten. Jn Betreff der Waffenstillstankssorderung
dagegen bestehe kein „vollständiges Einverständ-
niß" zwischen dem PeterSburger Kabinet und
den drei Mächten; indeffen mcint die „France",
Rußland werde ihr cinen spstematischen Wider-
stand nicht entgegensktzen. Die Note schlägt
endlich statt eines Waffenstillstanbes, eine Am-
nestic sür aüc Aufständischen vor, welche die
Waffen niederlegen.

Jn Meriko wird zunächst einc provisorische
Regierung eingesetzt werden. Dieses Provi-
sorium könnte sehr lange dauern. Wie es
heißt, wird der General Almonte Mitglied

jener Regierung sein, die vor allen Dingen
die definitivc Abtretung der Provinz Sonora
an Frankreich zu unterzcichnen haben wirb.

Nach der „France" hat auch die spanische
Regierung den bezüglich der polnischen Ange-
lcgenheit aufgestellten sechs Punkten beiqestimmt
und die Thetlnahme an den Conserenzen zu-
gcsagt.

Deutschland

Karlsruhe, 17. Juli. (112. öffcntliche
Sitzung der 11. Kammer.) Vorsitz: Hilbebrandt.
Am Ministertische: Die Staatsräthe Dr. La-
mep und Dr. Vogelmann, Ministerialpräsidcnt
Frhr. v. Roggenbach, Ministerialraty v. Frep-
dorff, später auch Ministerialrath Walli. Das
Serretariat zeigt den Einlauf der Petition
des Notars Sütterlin, deffen Versetzung betr.,
an. Herth erhält 4tägigen Urlaub. Der
Abg. Walli erstattel kurzen Bericht über ben
8. 23, Absaß 2, des Polizeistrasgeseßbuchcs,
welchen die t. Kammer also faßte; „Dic Po-
lizeigerichtc künncn zwar dic gesetzliche Giltig-
keit, nicht aber die Nothwendigkeit obcr Zwcck-
mäßigkeit polizeilicher Vcrorbnungen oder Vor-
jchristen eiiier Prüfung unterzichen." Dic
Commission stellt den Antrag, dieser Faffung
dic Zustiminung zu ertheilen, dabei aber den
Wunsch zu Protocoll zu erklären, großh. Re-
gierung möge in einem künftigcn Geseße den
Recurs an einen höchsten Gerichtshof ermög-
lichen, salls Slreitigkeit über vie Versaffungs-
mäßigkeit einer Verordnung obwalrct. Pre-
stinari will seinen früheren Antrag nicht
wiederholen, principiell sek er zwar von gro«
ßer Wichtigkeit, abcr praktisch freilich weniger
crheblich, er wolle also das Polizeistrafgesetz-
buch dadurch nicht in seinem Zustandkkommen
gefährden. Dagcgen glaubt er auf vie sor-
mclle und matcrielle Bedenken ausmerksam
machen zu müffen, welche dem Commissions-
antrage und deffen kurzer Begründung ent-
gkgenstehcn. Uebrigens deruhigc ihn theilweise
der beantragte Wunsch zu Protocoll. Staats-
rath Dr. Lamep: Nach jetztger Sachlage sei
es allerdings am zweckmäßtgsten, die Faffung
der I. Kammer anzunehmen, er glaube übri-
gens, daß die I. Kammer der zweiten eine
starke Zumuthung nicht machen wvllte und daß
ste der Ansichl war, beide Anstchten seien nicht
so weit von etnander entfernt. Die Frage
habe jetzt auch die ursprüngliche Wichtigkeit
nicht mehr und die kleinen Aenberungen in
der Faffung seien als Verbefferung anznsehen.
Was dcn bcantragteu Wunsch belreffc, so werde

JnsertionSgebübrea für die 3spaltige Petit- -M
;eile werdea mit 3 kr. berechaer. I

die großherzogl. Regi'erung daran denken, dem
Wunsche zu entsprechen, welchcn er für passend
halte, er glaube aber, daß nicht unier allen
Umständen dcr RecurS an den obersten Gc-
richtshos gehen dürse, daß vielmehr in man-
chen Fällen die Verwaltungsbehörde (,. B.
Ministerium des Zniier») competent sein werde.
Ku sel ist mit Prestinari vollständig einver.
standen, wünscht aber, baß seiner Zeit ein all-
gcmeines Verfaffungsgesetz vorgclegt wcrde,
wornach jedem Richtcr ein derartiges Prü-
fungsrecht zugcstanben werde. Prasidenta
Achnlicher Wunsch ist bereilS von bem Hause
zu Proiocoll crklärt. Nachbem noch Lericht-
erstatter eine kurze Bemerkung gemachk, wird
der Commissionsantrag angenommcn und bei
Namensaufruf das ganze Gesetz endgiltig ein-
sttmmi'g geiiehmigt. Ebenso tntt die Kammer
dem beantragten Wunsche bet. Die Tages«
ordnung führt zur Berathung von Petiiions-
commissionsberichten. Es erstalten Berichte:
Sieb über eine Petition des Zosef Hain zu
Aglasterhausen, Entschädigung beir. Der An-
trag auf Ucbergang zur Tagcsordnung wird
angenommen. Kusel über die Bitte der Ge-
meindevertreter bcs Amlsbezirks Kork »m
Aulhebiing des Brückengcldes bci der Kehler
Rheinbrückc. Die Commislion hält diese Auf-
hebuug jctzt noch nicht zetrgemäß und räthlich
und bcantragt Tagesorbnuiig, welche ohne Be-
sprechung angenommen wird. (Schluß f.)

Karlsruhe, 16. Zuli. Die landständische
Session gehl rasch ihrem Eude enlgegen. Die
zweite Kammer hält diese Woche Sitzung auf
Sitzung, um noch eintge rückständige Geschäftc
zu erledigcn. Nur ein größerer unv wichtiger
Gcsctzesentwlirf, die Vcrwaltung dcr RechtS-
polizei betreffend, ist noch tm Ruckstand. Zwar
sind die Coinmtssionsberichte über dieses um-
sassende Gesetz erstattet; aber die ursprüng-
ltche Vorlage der Regierung. hat einc so we-
sentliche Umgestaltung erfahren, daß die Re-
gierung Willens ist, VaS Gesetz zurückzuziehen,
um dem bevorstehendcn nächsten Landtag eineii
ueuen Entwurs vvrznlegen. Das Bankgeseß
wird ohnchin bci dem ziemlich allgemeinen
Wiverwillen gegen dasselbe nicht zum Abschluß
kommcn können.

^ Heihelberg, 18. Iuli. Bei der am
26. Zuli in Offenvurg Stait findenben polili-
schen Versammlung stnd fvlgende Gegenstände
vorerst aus die Tagesordnung gesetzt: 1) Die
politische Lage des babischen LandeS im Aüge-
meinen, worüber Herr Hosraih Häuffer spre-
chen wird; 2) die Aüsgaben bes bevorstehen-
den Landtags von 1863/64, Sprecher Abge-

Cidgcnösfisches Schützcnfest.

La Chaur-de-Fonds, 14. Juli. Unsere
deutschen Sckützen schicßcn im Ganzcn sehr gut,
aber da sic sich nur Einer Büchse bcdienen, wäh-
rend die Schweizcr 3, 4, ja 6 benutzcn, so bedür-
fcn sic zu öielcr Zeit, um ihrc Cartons hcrauszu-
schicßen; verhältnißrnäßig werden sic daher nicht so
viel Bechcr davon tragen als die Schweizer.

Vom gestrigcn Bankett hebcn wir dic Rcde dcs
HauptmannS Kurtz aus Bcrn hcrvor: „Jch bringe
dem deutschen Schützcnbundc den Gruß deS
schwcizerischen Schützenvercins. — Der schwei-
zeriscke Schützenverein hat bercits ein Alter von
40 Zahren crreicht und ist jung giblicbcn, jünger
muß ich sagcn, als er entstand. Auch cr haitc in
frühen Zeiten gcgen dcn llnmuth dcr Gcgner zu
kämpfen, dcnn sie wollten nicht an den Verstand
und dic Gcduld, sondern nur an dic Krast des
Volkcs in dcn Waffen glauben. U»d doch habm
die erstcren obgcsiegt; nie tst vom Schützenvcrein
eine Erhcbung ausgcgangkn. Aber dock ist dcr
Schützenvcrein die «esentliche Ursache der Erhcbung
von 1848. Die tausend und abcrtausend feurigen
Reden, dic tausend und abcrtauscnd eidgenössischcn
Händkdrücke habcn dcn Partikularismus gebrochen
und der Einheit Bahn gemackt. Der, deutsche
Schützenbund, welcher erst noch die Augendzcit ver-

lebt, hat cs noch schlimmer, als der schwcizerischc
cS je gehadt hat. Dic deutsche» Negicrnngcn glau-
bcn nicht an dcn Verstand dcs Volkes, sondcrn
nur an deffen Krast und die Geduld, welchc sie
wieder beruhigt. Freunde, wir wünschen, daß ihr
sicgt; vergcßt nicht, daß dic Krast, dcr Verstano
und die Gcduld zum Ziele sühren. Freilich ist
noch nie etwas Großcs ohne blutigc Kiltc durch-
geführt wordcn, auch bct unS nicht. Wir wünschcn
von Herzen, daß eS Ahncn möglich set, das Un-
vermeidlichc zu vcrmciden. Nehmen Sie nnscre
Wünsche für Deutschlands Wohl mir nach Hausc.
Abcr wir haben auch cgoislische Wünsche. Wir
wünschen, daß dic Frcundfchaft zwischen der Schweiz
und dcn Deutschen blcibc. Sic ist im Jahrc 1867
von dcn Brcmern in Bern begründct worden. Si«
hadcn uns Ahrc MeercSflagge gcbracht, damit sic
neben unsern Bannrrn deö Landcs wchc und zeigc,
daß dle Meere wie die Berge der Freiheit bcsltmmt
scien. Wir habcn dic Frcundschast seithcr mtt
Brcmen gepflegt; abcr erft im vorigcn Aahr behntc
sich dieseldc aus ganz Deutschland auS. Einc Lawine
von Schwcizcrn, cinc sriedlichc und gcmüthllche
! Lawine wälzte sich von de» Bergcn an ocn Main.
Wic warcn wir cmpfangen in Frankfurt! Wie
sahen wir die ganze Pracht dcs deutschen VolkcS
und cincr dcutschen Stadtl-Wir prophczeiten, daß
die tausend Schwcizcr Propaganda machcn wcrdcn
i in der Schwciz für Dcutschland. llnb cS ist ge-
l schchen. Liebe deutsche Freunde! Auch die Lievc,

dte schönste Rose hat ihre Dvrnen. Wie seiner
Zeit die Bremcr unS gegenübcr, haben die Schwci-
zer Sie diesmal aus Liebe zu erdrücken gesucht,
allcin die Freundschaft verlctzt nic auf die Dauer.
Zch sche, dte Strapazcn Jhrer Rcise sind übcr-
slanden und Sie sind muntcr und kräftig, im fried-
lichcn Schützcnkampfe mit uns zu kämpstn und wir
wünschen von Herzen, daß das Glück Zhrc Ge-
schicklichkeit unterstütze. Liebe Frennde! Nchmcn
Sie die Worte eines Freundcs, dcffcn Herz groß
gcwordcn ist in der Frcude solchcr Volksfeste, alS
Abschled. Ter deutsche Schützenbund gedcihe, er-
starke, trage Früchte zum Heile Deutschlands!
Hoch!" (Stürmischcs Bravo) Hsrr Buff aus
Bremcn, Präsident dcs Ccntralcomite's des deut-
schcn Schützcnbundcs für 1vi>4, dankt und schließt
mit einem Hoch auf etn fröhlichcS Wiedcrsehcn in
Bremen! jBeifall.) Znm Scklusse bringt ein
Studcnt, Hr. Hediggcr auö Schwyz, den Polen
ein Hoch.

Gestcrn Abend zogen dic dentschen und schwcizer
Liedcrkränze singcnd in oorpvre durch dke Stadt
zur Fksthalle, wo sie pnter großrin Bcifall bis spät
am Abend die Znhörcr durch deutsche Licder crfreu-
tcn. Das Lied vom dcutschcn Vaterland errcgtc
cincn wahrhasten Sturm von Applaus.
 
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