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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Dezember
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' Auf die «Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für de» Monat
Derember mit 18 Kreuzern abvnniren bei allen
Postaustalten, den Boten und Trägern, sowie
der Erpedition (Schiffgaffc Nr.

* Politische Nmschan.

Der Nationalverein dementirt i» seinen Or-
ganen die Slngabe, daß er die 109,000 fl.
Zlvttengelder dem Herzog Friedrich zur Dis»
posttion gestellt habe; es sei darüber noch
nichts bejchloffen.

Die von vem Wiesbadener Comite für
S.»H. erwählte Deputation überreichte am
Montag dem Herzog von Nastau ihre Adreffe,
in welcher um Geltendmachung des guten
Nechts und Anerkennung bes Herzogs Friedrich
gebeten war. Der Herzog entgegnete: „Die
Erbbercchtigung des sogenannten Prinzen von
Ailgiisienbiirg sei durchaus noch nicht so klar
nnb eS werde dermale» iu Franksurt hierüber
verhandelt; er seinerseits werbe stch demnächst,
wie natürlich, dahin stellen, wo das Rccht sei.
Ucbrigens kenne er seine Regcntenpflichten und
sei kein Freund von aus Volksvcrsainuiluiigen
hervorgcgangkneil Abceffen. — Dies möge die
Depiiialion Densenigen melden, in deren Aus«
trag ste gekommen sei."

Daß bie schleswig - holsteinischc Frage in
Frankreich uicht überall in dem Sinne aufge-
>aßk wird, wie es nach dem Ton der meisten
Pariser Journale scheinen könnte, beweist fol-
genbe Aeußerung des in 1'pon erscheincnden
„Progrss": „Wir hoffen, daß man stch nichk
i» «incn Slreil mischen wird, wo das gute
Necht offcnbar auf Scite Deutschlands ist,
möge man ihn nnn vom Standpnnkt der altcn
Politik, d. h. des Erbsolgerechts, oder der
neueren politischen Grnndsätze, d. h. des
souveränen Rechts der Völkcr, stch nach Be-
lieben einen Köuig zu wählcn, bctrachtc». Nach
dem Erbsolgerecht gcbührt die Krone der Her-
zogthümer vffenbar dcm Herzog von Augusten-
burg. Die Bewohner derselbe» sind deutsch.
Sie haben aus freiem Antrieb vic Fürstcn
Länemarks gewählk, um ste zu rcgiercn, aber
unter gewiffen Bedingungen, die nicht erfüllt
werden und nienials ersüllt worden sind: Dic
Schleswig-Holsteiner könne» jetzt wieder in
den Vvllgenuß ihrer souveräncn Rechte ge-
langen, um die Krone bem Fürsten ihrer Wahl
zuzuerkennen, und ste scheinen einstimmig den
Herzog von Augustenburg bezeichnen zu wollcn.
Wir haben wohl nach Mrrico gchen können,

um dort einen Oesterreicher auf den Thron zu
setzen; aber es wäre traurig, wenn man einen
Frieden, dcffen wir so sehr bedürfen, stören
woüte, um der englischen Politik zu dicncn
und für den Vater der Prinzessin von Wales
Krieg zu führen, während weder unsere poli-
tischen noch commerciellen Jntercffen uns dazu
antreiben. Wer Dcutschiand angreifen wvllte,
daS sich einmuthig sür eine gerechte Sache er-
hebt, würde sich nicht mehr einigen Dpnastien
gegenüber bestnden, wie die Republik und das

Nach dem Schloß! Wir woüeu ihm zeigen,
daß es gesährlich ist, dem Willen eines Volks
sich zu widersetzcn! Nieder mit den Schleswig-
Hvlsteincrn! Krieg, Krieg biS ans Meffer mit
Deutschland." Wie eine rasende Rotte strömte
das Volk vom Holm und aus den Straßcn
nach dem Schloffe und verlangtc mit thieri-
schepi Gebrülle dte Unkerzeichnung des Reichs-
tagsbeschluffes — oder Abdankung. Mit einem
Hasse, der mich schaudern machte, wurde den
Dcutschen Tod und Verderbcn geschworen,

deren Politik zu thun hatten und beibe lcicht
beflegten, sondern dem deutschen Volke gegen-
über, das voll patriotischer Begeistcrung ist.
Wir haben in Spanien unv während unserer
Unglücksfälle von 1813 gesehen, wie unmäch-
tig alle Streirkräfte einer großen Nation gegen
den Patriotismus eineS ganzen Voikes stnd!

Die Nachricht, daß England seine Canal-
flolte nach Kopenhagen senben wvlle, wird
widersprochen.

Zn Konsiantinopel gebt das Gerücht, Abdel
Kader sei in Mekka gestorben.

Zur Schleswig-Holstetn'schen
Sache.

Znr Wahrnehmung des schleswig-holsteini-
sche» Rechts ist nach der „D. A. Z." in
Hamburg soebcn die erste Nummer eines neuen
Blattes erschicnen: „Die Neffel", mit dem
Motlo: „Up ewig ungedeelt: 1460." Scine
nächstc Tendenz ist: „Losreißung der Herzog-
thümer von Dänemark." Wir entnehmen dcm
Blatte einige Miitheiiungen. Zunächst heißt
es i» einem Bericht auS Kopeuhagen vom
19. November:

Die deutschcn Truppen, die vor dem Schloffe
aufgestcllt waren, wurden mit Straßcnkoth
geworfen, Jnsrirgenten und deutsche Dicbe ge-
nannt, und mit Hcrzkiopsen erwartcte ich den
Augenblick, wo die schändlich mißhandeilen
und beschimpslen Soldaten von ihren Waffen
Gebrauch machen würden. Sic vcrhieltcn stch
indeffen umsterhaft unb sahen mit Verachtung
auf den dänischen Pöbel herab. Das Er-
scheinen des Königö, scine Versichcrung, daß
er dänisch gestnnt sei und um den Verstor-
benen trauerc, wirkten auf die Dänen, wie
eiii Tropsen auf einen heißen Stein, und als
sich die Kunde verbreitete, der König habe stch
Bedenkzcit ausgebeten, ehe er bie Jncorpora-
tion Schleswigs unterzeichnete, ging das Wort
von Mund zu Munde: „Wir sind verrathen;
der Köiiig ist ein Verräther und Deutscher.

und wer es gewagt yatte, ein veutjches Wvrr
fallen zu laffen, wärc dcs sichern Todes ge-
wesen. Die unglücklichen Schlcswig-Holsteincr,
die auch diesmal dazu verdammt waren,
Wache zu halten, wurden auf das cmpörendstc
mißhandelt, und ich sah gemcine Fischweiber
dcn Straßenkoth aufhcben und ihnen in das
Gestcht schleudern.

Konstanz, 27. Nov. Zn der hcute dahicr
abgehaltencn sehr zahlreichen Versammlung für
Schleswig-Holstein wurde beschloffen, an dcn
Herrn Präfldenten des großh. Ministeriums
der auswärtigen Angclegenheiten Freiherrn v.
Roggenbach eine Adreffe abgehen zu laffen.
Die Adreffe, welche sosort mil Hunderten von
Unterschristen versehen wurde, lautet:
„Hochzuvcrehrendcr Hr. Ministerial-Prästdent!

Schleswig - Holstein, durch Fricvrich VII.
Tod, nach klarem, altverbrieftem Rechte von
den dänischen Banden besrcit, aber mit Ge-
walt darin zurückgehalten, setzt unbeirrt durch
traurige Erfahrungen mit deutscher Treuc sein
Vertrauen auf bie dcutschen Brüder. Und das
deutsche Volk reicht einig bis ins letztc Glied
dem Bruderstamme die Bruderhand. Aufs
tiefste ergriffcn von dem Bewußtsein, daß
deutsche Ehre, deuisches Necht, deutsche Natio-
nalität und Unabhängigkeit in Fragc stehen,
erwartct das Volk von den deutschen Re-
gierungcn, daß stc Angesichts der hercinge-
brochenen Gesahr sich erheben werden, um
fremdc Gewalt zurückzuweisen, um mit den
Anmaßnngen dcs Auslands die Schmach, die
Entsittlichvng und den Zerfall von Deutsch-
land fern zu haltcn. -

Unser cdler Fürst und scine patpiotische Re-
gicrung habcn unter den Erstcn in der Wen-
dung dcr Gcschicke Schleswig - Holstcins die
hochwichtige deutsche Sache erkannt und mit
stets bewährter Hingebung an das Vaterland
und das Wohl der Nation für ihren Theil
die Schritte eingeleitet, die allein zum Ziele
führcn können.

Für dieses deutsche Vorgehen sprechen wir
unserer Rcgierung den frcudigsten Dank mit

Dir Wirthin von Fischbach.

Humoristische Erzählung von Ch. v. Gravenreuth.

IFortsetzung.)

Etne xrächtige Jultsonne vergoldetc dte Gipfel
dcr Berge und senkte in das That, dem der Jnn
Leben und Abwechselung gibt, ctnen glühenten
Strahl, dcr die Ketche der Btumen öffnete und
dte Gewürze der Bäumc nnd Kräuter vertrocknete
und aufsaugte. Das Dörfchen Fischbach lag freund-
lich und still in dem Thale zwischcn chimmclhohen
Bergen, und Eiuigc von dcn wenigen Bewohnern,
welche nicht untcr des Tages Mühen und Lasten
auswärts bcschäftigt waren, versammelten fich vor
einigen höchst eleganten Equipagen, welche cben
am WirthShausc Halt gemacht hatten.

Einc Stundc vorher war ein Curicr an ebcu
dem Wirthshause angekommcu und hatte dem Wirthe
dic Meldung gebracht, daß Skinc Majestät der
Köntg alsbald, durch Kjschbach kommend, nach
Kloster-Audorf reise, dast aber Seine Majestät,
angelockt durch dcn Ruf ganz vortreffltcher Fischc-
berettung, dcffen die Wirthin zu Fischbach «eit und

breit gcnieße, entschloffcn sei, einen kurzen Halt zu
inache», und die Wirthin fich daher vorbcreiten
möge, um Scincr Majcstat eine Probc ihrer Koch-
kunst vorzulegen.

Der König bei uns? rtcf der chrliche, btS tn
das Mark erschrockenc Wirth. Mein Gott, Weib,
was sagst Du dazu?

Die Wirthin hatte mit stoischem Gleichmuthe ^
bie Nachricht cmpfangen, dte ihr dcr Curter in der
Küche verkündct hatte. Sie stand cben am Butter- ^
saffe und regicrte den Stößer, um dic Mctamor-
phosc der Milch in Butter, die schon im Werden
begriffen war, zu vottonden. Ohne sich auch nur
im Mindestcii stören zu laffcn, fuhr sie In ihrem
Geschäfte sort.

Nun? ricf ihr Mann, btst Du dcnn taub? Hörst
Du dcnn nicht, Lisel, was für vorncbme Gäste
wir bekommen, daß du Fischc zurtchten sollst und —

Hab' keine Zett, crwiderte dic Frau, tüchttg
fortbutlcrnd; eh' nicht meinc Buttcr sertig ist,
kann ich nichts Andcres thun.

Aber du mein himmlischer Vater! Weib, Du
wirst doch eine AuSnahme machen, «enn der Kö- '
nig kommt?

Warum denn? Macht mir der Köntg dte Butter
fertig? — Warum hat er nicht früher geschickt, eh'
daS Gesinde in'S Heu ging — jetzt kann er warten!

Barmherziger Gott! ricf der Mann händerin-
gend, Du bist im Stande, mit dem Königc eben
so grob zu sein, wic mit allcn andcrcn Christen-
kindern.

Ja warum denn nicht! Zst denn Ler Köntg
etwas Befferes?

Frcilich; eben weil er der König und etn Ge-
salbter deS Herrn und unser Landcspater ist, für
den wir in der Kirche bcten.

Jst dumm genug; wcnn er bct dcm liebci! Gott
ohnedem um so viel höhcr angcschrieben stkht, als
unsereins, so braucht cr unser Beten nickt. Abcr
sei Du ganz ohne Sorge, ich werd' schon mtt dem
König fcrtig werden; denn ich weiß auch, wa« man
seinem Landesherrn schuldig tst; aber das Hof-
gcsindc, was da mitkominen wird, die Faullenzer
und Schranzen, dte unsrrm Herrgott den Tag ab-
stehlen, dte sind mir in den Tod zuwtder und die
sollen mcine gute Meinung über sie crfahren.

Lisel! tch bitte Dich um Alles, mäßige Dich nup
heute!
 
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