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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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September
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M 22L


Donnerstag, 2Ä Leptember


18«3.

Lesterreichische Denkschrift über -ie

Bundesreform.

Dem König vo» Preußen in Gastein
ü b e r r e i ch t.

i.

Je unstchcrer stch die Lage Europas gestaltet
hat, desto unabweislicher lritt an die deutschen
Fürsten bie Aufgabe heran, Angestchts der in-
neren und änßeren Gesahre», welche Deutsch-
land bedrohcn, sich rechtzeitig einer Haltbaren
Steüung zu versichern.

Eine solche Stellung kann unter den Ver-
hältniffcn, die ssch in den letzten Iähren äus-
gebildet haben, augenscheinlich nicht uiehr ein-
fach auf die bestehende Bundesverfassung ge-
grünoet werdeu. Seil lange stnd die Bunbes-
verträge von 1815 unv 1820 in ihren Fun-
dauienten crschüllert. Eine Neihe zusainmen-
wirkenber Thatsachen har das Gebüude dieser
Verträge allmälig iinmer tieser untergraben.

Der ganze Gang der innere» Entwicklung
Dcutschlands währcnd beS letzten Jahrzehnts
hat aus bie Jnstitution deö Bundeö in ihrer
bisherigen Gestalt so ungüustig als möglich
eingewirkt.

Thetts hat ble Unsruchtbarkeit aller Be-
mühungen, durch den Bund die geineiiisameri
deutschen Jntereffen zn sörbcrn, den Bünd in
der aügemeinen Meinung entwerthet, theils
haben bie Bedengungen, unter welchen die
Bundesverträge geschloffen wurden, durch die
politischen Ereigniffe der Ncuzeit solgenreiche
Veränderungen erfahren. Zn Oesterreich wie
i» Preußen sind neue «LtaatSeinrichtungen ge-
schaffen worden, Einrichtungen, welchc aus
das Vcrhältniß bcider Monarchien zum Bunde
einen mächtigen Einfluß auöüben müffen, bis
setzt aber noch jeder Vermittlung und jedes
regelmäßigen Zusammenhanges mit dem Orga-
niöuius bes Bunbeö entbehren. Auch aUe
anderen beutschen Negierungen yaben-wieber-
holt unb scierlich bas Bedürsniß einer gründ-
iichen Neugestaltung der BundeSversaffung an-
erkannt. So hat sich denn in Deutschlanb
unaushaltsam ein sortschreitender Proceß der
Abwendung von dem bestehcnden Bunde voll-
zogen, ein neuer Bund aber ift bis heute nicht
geschlvssen und baö Facit ber neuesten veut-
schen Geschichte ist svmit zur Stunde nichts
als ein Zustand vollstandiger Zeiklüslung unb
allgemeiner Zerfahrenheit. Man denkt in der
That nicht zu nachtheilig von diesem Zustande,
wenn man sich eingesteht, daß bie dculschen
Rcgierungen im Grunoc schon setzt nicht mehr

in euiem festen gegcnseitigen Vertragsverhält»
niffc zusammenstehen, sondern nur noch bis
auf Weiteres im Vorgesühle naher Kata-
strophen nebeneniander fortleben.

Die deutsche Revolution aber, im Stillen
geschürt, wartet auf ihre Stunde.

Diese Wahrheiten, beklagenswerth wie ste
sind, würden doppelt gefährilch sein, wenn
man dic Augen vor ihnen verschließen oder
sich ihnen wic einem unabänderlichen Ver-
hängniß »hne einen entschloffenen Versuch der
Abhülfe unterwerfcn wollte.

Weise Regierungen werden allerdings nicht
frerwillig einen Äugenbllck der Gefahr und
Krisis wählcn, um an den Resien cincr zwar
wankend gewordenen, aber noch nicht durch
neüc ünd vollkommenere Schöpfungen ersetzten
Rechtsordnung zu rütteln. Aber fast wie
Jronie müßte es klingen, wollte man diesen
an sich richtigen Satz auf den ststun guo der
deutschen Bundesverhältniffe anwenben. Die-
ser ststus guo ist schlechthin chaotisch. Der
Boden der Bunbesvcrträge schwankt unter
ben Füßen dessen, der sich auf ihn stellt, der
Bau ber vertragSmäßigen Orbnung der Dinge
ln Deutschland zeigt überall Niffe und Spal-
ten und der bloße Wunsch, eaß die morschen
Wände den nächsteu Sturm noch aushalten
mögen, kaun i'hneu die dazu nöthige Festi'gkeit
Nlmmermehr zurückgeben.

Weder Oestcrreich, noch Preußcn , noch chie
übrigen deutschcn Staaten können sich mit
irgend cinem Grade von Vertrauen auf de»
Bund in seinem jetzigen Zustande stützen. Ze
deutlicher ste dies erkennen, desto wenlger dür-
fen stc an der vollen Bcrechtigung des Ver-
langens nach einer Reform, burch welche bas
Bunbesprincip mit neuer Lebcnskraft erfüllt
würde, zweifcln.

Prüse man nur mit Unbefangenheit die
Stimmen, welche in unseren Tagen dicsen Ruf
erhebcn! Sie ertönen heute nicht mehr aus
dem Lager ver destructiven Partcien, dvrt wird
im Gcgentheil jede Hoffnung auf eine geseß-
liche Resorm der deutschen Bundeöverfaffnng
verschmäht und verspottet, denn der Radica-
lismus weiß, daß seinc Ernte auf dem durch
keine heilsamere Saat befruchtetcn Felde reift.
Die beutschen Regierungen selbst sind es heute,
welchc ihr Heil in der Neorganisation deö
Bundes erblicken. Jn den Kammern stnd es
die gcmäßigten Partcicn, welche zu diesem
Ziele mit Ungeduld hindrängen, mit Ungeduld,
weil ste fühien, daß, je länger die Reform
hinausgeschoben wird, um sv weitergehcnde
Forderungen sich hervorwagen und im Volks-

Zohann Wilhelm Schirmer.

jNekrolog.)

Joh. Wilhelm Schirmer wurde am 5. Sept. 1807
in Zülich geboren und kam, keincswcgs zum Künstler
bestimmt, aks Bnchbindergesellc nach Düffeldors, wo
er indeffen bald Gelegcnheit fand, seinem Triebe
zur Kunst zu fvlgen. 1825, noch ehcSchädow die
Leitung derselbcn übcrnommen hattc, war Schir-
mcr ein Schüler dcr Düffeldorscr Akadcmie; Scha-
dow, welcher sein bedcutenbcs Talent bcmcrkte,
nahm thn in sein Atelier aus; jedoch vcrlicß Schir-
mer sehr bald die Richtung auf die Historienma-
lerei, «clche er zuerst eingeschlagen hatte, und
«andte fich, wohl auch durch Lesstng'S Bcispiei
angeregt, noch ausschließltchcr wie dieser der Land-
schaftsmalerei zu, wortn er »on Anfang an den
glücklichsten Erfolg hatte. Schon 1828 fand ein
grbßeres Bild von thm, rin „deutschcr llrwald",
in Berlin eine Anerkcnnung, wclche d-S juugen
Künstlers Ruf begründete. Zwet Jahre später
wurde er an der Düffeldorfer Kunflschulc als Hilfs-
lehrer angestellt, und 1839 ward er zum Profeffor

ernannt. Die Klaffe für LanbschaftSmalerei in dcr
Düffcidorfer Akadcmir hat bis zum Jahre 1854
unter SchirmerS Lcitung in erfreulichster Weise
gcblüht, und bcinahe alle die atisgezeichncteiiMeistcr
der Landschastsmalerei, welche den unbestreitbarstcn
Ruhm der Düffcldorfer Schule machen, sind Schir-
mers Schüler gewesen. Schirmer war ein außer-
ordcntlich strebsamer, unermüdlich flcifiiger Künstlcr,
der uicht nur eine sehr große Zahl von Bildern
Hervorgebracht hat, sondern auch unauSgesctzt iu
setnen Wcrkcn nach einer höheren, cdlcren Kunst-
stufc strebte. Ohnc eigentlichen Lehrcr hat er sich
an dcr Ratur herangebildet, mit der gröfiten Sorg-
salt das Ganze und das Einzelne derselben studi-
rcnd; später dann erhob cr sich zur frcieren, selbst-
ständigen Composition. Nach einem Aufenthalte
in Atalien in den.Aahren 1839 und 1840 tritt
das Strebcn nach idealcr Darstellung in Schirmers
Werken immer mehr hervor, bts er cndlich in seincn
biblischen Landschaftcn geradczu alS bewußter Sty-
list in grofiartiger Weise frei compontrend austrttt.
Von Schirmers Werken nur dic bcdeutendften alle
aufzuzühlen, würdc zu wcit führen. Deutschcr Wald
und sckweizer Alpenland sind meisiens Zie

geiste Unterstüßung findem werden. ES ist der
Lrieb der Selbsterhaltiuig, welchcr den Regie-
rungen und dcn Kauimern diese Richtung zeigt,
— Oesterrcich und Preußcn aber sollten »icht
blos um ihrer dentschen Verbündeten willen
einem so gerechten Verlangen entgegenkommen,
sondern auch im eigenen Jntereffe sich daran
erinnern, daß sie es sich selbst und der Welt
schuldig sind, die größten Anstrengunge» und
Opfcr nicht zu scheuen, uM den Bund, der
das Centrum Europa's bildet, in lebensfähi-
gem Zustandc zu erhalten.

Was Oestcrreich bctriffl, sv ist es.sich über
diesen Punkt vollkomine» klar geworden. Die
kaiserliche Regierung ist mit festem Willen,
wenn auch mit jener äußersten Borstcht, die
khren Griindsäßen und Traditionen entspricht,
an die Frage der Ausbildung der Bundesver-
fassung und besonders an bie schwierigc Auf-
gabe, dix gesktzgebende Gewalt des Bundes zu
organistren, Herangetreien. Sie hat den folgen-
reichen Schritt, die Vertrktunaen der Einzel-
staaten zur Thettnahme an ben Bundesange-
legenheiten zu berufen, znnächst nur in der
Form einer vorübergehenden Maßregel, eines
erst durch die Erfahrung zn bewährenden Ver-
snchs i'n Vsrschlag gebrachk. Erst die Ab-
lehnnng ihres Antrages auf einc Delcgirtcn-
versammlung sci doo hak sie genöthigt, ,um
so entschiedener shre Mitwirkung zu einer or-
ganischen Reform in Anssicht zu stellen.

Seitdcm ist Oesterreichs Wort sür ein crn-
stes Streben nach diesem Ziele verpfändet,
und der Kaiser fühlt Sich gedrängt, dicses
Versprechen cinzulösen. Der Kaiser hat dem
cigenen Reiche zeitgemäße Jnstitutiouen ver-
lieheii. Er «rkennt voükooimen an, daß auch
die deutsche Nation in ihrer Gesammthei't mit
Rccht eine Ncugestaltung ihrer politischen Vcr-
sassuiig erwartet, und Er hält es als Fürst
des Bundes für Psticht, Seinen Mitfürsten
offen darzittegen, was Er in dieser Beziehung
für möglich hält und für Seinen Thcil zu ge-
währen bereit ist.

(Fortsetzuag folgt,)

* Poiitische Umschau.

Die in WieSbadcn erscheinende „Mittelrh.
Ztg." bringt solgende auffällige Mittheilung:
Von der hiesigen Polizeidirection wurde heute
den Redactionen der „N. Wiesbadener Ztg.",
des „Rh. Kuriers" und der „Mittelrh. Ztg."
die Eiöffniing herzogl. Regierung gemacht, daß
die persönlicheii Angriffe, welche sich die zwei
ersteren Blätter und „niitunier auch die „Mit-

stände in seinen frühcren Wcrkcn, später hat ihm
lange Zett Jtalten die Motive gegcben, bis er
cndlich fich ganz tdealistischen Darstellungen zu-
wandte. Der Chklus der „biblischen Landschasten"
ist daS bedeutendste Werk des MeisterS. Auch tn
dcr Radirung hat Schirmcr schr Schöncs gclcistet.
ErstaunlkH ist die Mcnge pon Naturstudien, welche
Schirmcr gczcichnet und gemalt hat; er hatkc von
AUem und für AllcS Studicn gemacht, scine^Map-
pen enthieltcn eine ganze Welt, und bereitwillig
ließ ep Andere an ihrcr Benutzung Theil nchmen.
1854 vcrließ Schtrmcr dic Düffcldorfer Akademie
und ging nach KarlSruhe, wohin ihn dcr Groß-
herzog von Badcn bcrufeu hattc, um die dortlge
Kunstschulc zu organisiren und ihre Lcttung zu
übernehmcn; als Dircktor dicser Anstalt tst er gc-
storben. Die deutschc Kunst hat an ihm einen
ihrer tüchtigsten Metster verloren.

(N. d. Köln. Ztg.)

Kosten des Leipziger TurnfepeS.

Dic GcsammtauSgaben fkr dai Lcipziger Turn-
fcst betrugen K9,l00 Thaler, wovon 3000 Thalcr
 
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