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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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M 2LL.


Samstag, 17. Oetober


L8«3.

Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeilung" nebft Beilage „Heidelber-
ger FamilieubLätter" für das mit 1.
October 1863 begonneue L. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition.

* Politische Umschau.

Der,,Nat.-Ztg." schreibt man aus Karls«
ruhe: Dcm Vernehmen nach ist Seitens des
Ministertums des Jnnern an die betreffenden
Mitteibehörden ein Erlaß ergangen, zufolge
deffe» in Preßangelegenheiten von den nach
dem bestehenden Geseße noch zulässigen War-
nungen ein Gebrauch nicht gemacht werden
soü, Unseres Wiffens ist ein svlcher Gebrauch
auch zuvor nie gemacht worben. Dem näch-
sten Landtage ist übrigens ein neues Preßge-
setz zur Vorlage zugesagt.

Zu der Reihe vvn deutschen Slaaten, welche
die Gewerbefreiheit eingeführt haben, wird mit
bem 1. Januar 1864 »un auch die freie Stadt
Frankfurt gehören.

Nach dem „Hannover'schen Courier" hat das
Ministeriuin an die Landdrosteien ein Aus-
schreiben erlaffen, in welchcm den k. Dienern,
wahrscheinlich in Bezug aus die Feier des 18.
October, verboten wird, ihre Häuser und Woh-
nungen, im Fall sie solches beabsichtigten, mit
anderen Flaggen zu schmücken, als mit den
hannover'schen und oldenburgischen.' Älso im-
mer noch die Furchl vor schwarz-roth-gold!

Das österr. Herrenhaus hat bie Bestim-
mung, welche biöher die Zsraeliten von dm
notariellen Functionen ausgeschloffen, für auf-
gehoben erklärt.

Mach einem in Wien eingetroffenen Tele-
gramm aus Prag ist gesteru Abends iu der
Hohenmauth Feuer ausgebrochen, vaö in we-
nigen Stunden über hundcrtHäuser einäscherte;
der untere Stadttheil ist ganz abgebrannt, der
Ringplatz blieb verschont. Es brannte bis
zum Morgen.

Dcn Präfecien ist die Weisung ertheilt wor-
den, die Zournale nicht daö Thema eines von
Frankreich allein sür Pole» zu sührenden Krie-
gks besprechen zu laffen.

Die „Eurvpe" vkröstcnilicht den Wortlaut
vcr Circulardepcsche des Grafen Rechberg vom
26. v. M.' an die österreichischcu Gesandten
bei den deutschen Hösen. Gra; Rechberg be-
vauert, daß die preußische Antwori seine Vor-
ahnung bestäiige: Preußen werbe burch uner-
»süllbare Vorbedingniigeii die Eniwicklung dcr
Bundesverfaffung hemmen wvllen. Die drei

preußischen Vorbedingungen seie» nicht blos
mit dem Förderalprincip unvereinbar, sie stell-
ten auch positiven Vorschlägen allgemeine Prä-
tensionen in unbestimmter, lückenhafter Form
gegenüber, wvbei nur die Nichtwiederholung
des Vorwurfs befriedigend sei, jene seien gegen
die Würdc und Machlstellung Preußens ge-
richtet. Die erforderliche gründliche Wider-
legung geschehe am gecignetsten durch idcn-
tische Noten ber interessirten Regierungen,
welche die Hoffnung ausdrücken würden, Preu-
ßen werde, von unannehmbaren Forderungen
abstehend, in Verhantzjungen auf Grund der
Frankfurter Äorschläge wiüigen, und welche
erklärten, diese Vorschlägc dürflen unmöglich
ohne praktisches Resultat bkeiben.

„France" glaubt, der Wechsel in dcn Ge«
sandtschaften wcrde keine Aenderung in der
französischen Politsk gegen Englanb, Nom u.
Jtalien bewirken.

D e « t sch la n d

^Heidelberg, 13. Oct. Die von den Bür-
germeistern der bebeutenberen Städte Babens
S. K. Hoheit dem Großherzoge überreichte
Dankadreffe lautct:

Durchlauchtigster Großherzog!

Gnädigster Fürst uud Herr!

Bereitwillig haben Ew. Königl. Hoheit an
der auf dem-Fürstentage zu Frankfurt staltge-
fundenen Berathung der deutschen Bundeö-
reform theilgenommen, von dem Gedankenge-
leitet, daß, wenn der Wiederausbau eines in
Ehre, Recht und Freiheit gefesteten Deutsch-
lands gelingen svll, vvr Allem in allen Kreisen
der Keim dazu gelegd und mehr unb mehr
entwickelt werden muß durch Kräftigung deut-
scher Gesinnung unb hingebender Opferbe-
reüheit.

Ew. Königl. Hoheit haben in svlchcr Ge-
sinnung und Qpferfreudigkeit nicht nur als
Vorbild der Fürstenversammlung in Frankfurt
geglänzt, sondern auch als Vertreter des deut-
schen Vvlkes inmitten der Fürsten in edler
Mannhaftigkeit die alsbaldige Mitwirkung eines
deutschen ParlamentS zur beabstchtigten Bun-
desresorm, und die dauernde Errichtung einer
wahrhaften Volkövertretung als uncrläßlsche
Grundbediiiguiigen jedrr Umgcstaltung der
staatsrechtlichen Zustände in Deutschland Vvr-
geschlagen und fcstgehalten.

Diese hochherzige That, die nach dem Ge-
setzc rnenschlicher Entwickelung alö treibendes
Saatkorn eine stchere Frucht birgt, wird von
dem großen deutschen Vaterlande gefeiert, und

es ehrt deshalb jedes deutsche Hcrz Ew. K.
Hoheit als den Hort deutscher Freiheit uud
Einheit.

Das badische Volk abcr, welches Ew. K.
Hoheit schon bisher als seincn fürstlichen Füh-
rer zu der Freiheit, welche sich selbst beherrscht,
verehrte, nennt nunmehr mit Stolz seinen Für-
stcn auch als den Vorkämpfer für eine wahr-
haft vvlköthümliche Neugestaltnng Deutsch-
landS.

Hat so die echte fürstliche Grvße und staats-
männische Weisheit Ew. Königl. Hoheit in
muthiger, aufopfernder Arbeit uns vorange-
leuchtet, so fühlen wir uns um so mehr ange-
spornt, dcn innigsten Dank dafür und unsere
vaterländische Gesinnung durch treue Rachfolge
dieses crhabenen Vorbildes, zunächst aber durch
lebendigeS Ergreifen der uns von Ew. Königl.
Hoheit mittelst der neuen Organisation über-
gebenen Selbstregicrung gewisscnhaft zu be-
thätigen.

Ew. Königl. Hoheit bittcn wir, den reineii
Ausdruck dieser unserer Gesinnung gnädigst
entgegen zu nehmen.

Leipzig, 11. Oct. Dem Profrffor Roß-
mäßler war gestern Abend 6 Uhr, wo seine.
Haftzeit ablies, von seinen Freunden, unter
denen namentlich auch viele Leipziger Arbeitcr
und Meßfremtze aus allen Theilen Deutsch-
lands zu nennen stnd, eine solennc Einholung
zugedacht. Aber schon um 1 Uhr sah man
ihn auf allen Straßen herumgehen, und Rach-
mittags um 4 Uhr las man in der eben aus-
gegebenen „Mitteld. V.-Z." die Nachricht, daß
Prof. Roßmäßler „auf höhere Anordnung"
bereitS in der Mittagsstunde seiner Haft ent-
laffen worden sei. DieS konnte aber nicht
hindern, daß ihm an seiner Wohnung von einer
großen Anzahl von Arbeitern kurz nach 9 Uhr
ein Hoch ausgebracht wurde. Abends waren
die weiten Hallen der „guten Qnelle", der
von Roßmäßler gewöhnlich besuchten Restau-
ration, wahrhaft übersüllt von Freunden des-
selben. Ein berelt gehaltcneS Mustkcorps em-
pfing ihn bei seinem Eintritt mit einem Tusch
und ein donnerndes Hoch begrüßte ihn, als
er seinen drei Wochen lang leer gewescnen
Platz einnahin. Von den vielen Trinksprüchen
heben wir nur einen vvn Roßmäßler „auf die
deutsche, von der Herrschaft dcr Kirche befreüe
Volksschule" hervvr. Bekanntlich war eine
Aeußerung Roßmäßlers über das Verhältniß
der Volksschule zur orthoooren Kirche (in der
Flugschrift „Ein Wort an die deutschen Ar°
beiter") der Grnnd seincr Verurtheilung ge-
wesen. (D.A.Z.)

Dic Luftfahrt Nadar's.

' Man hat «eitcrc Einzelbciten übcr dic Luftfahrt
Nadar's und scincr zwölf Gefährten. Fast allc, bc-
sondcrs der Fürst von SaHN-Wittgenftein, sind voll
Begeistcrung über diese wunoerbare Fahrt. Als der
Ballon in die Höhe ging, zeigtcn sich übcrall Ge-
birgc von Wolken in den Phantasttschstcn Gestalten
nnd den verschicdcnsten Farbcn. Um 8'/^ Uhr, in
einer Höhe von 1500 Metrcs, sand man die Sonne
«ieder, wclche ein helleS Licht anf alle Wolken «arf,
die sich von nun an untcr dem Lnftballon befandcn.
Die Wirkung dcs Lichtes auf de» von unten er-
leuchteten Ballon hattc ctwas so WagischeS, daß
eintgc Augcndltckc lang alle Retsende in voller Er-
tase warcn. Als man die am höchsten gelegencn
Wolken pafsirte, erhielt der Ballon einen Stoß, er
beugte sich etwas auf die Seite hin, abcr Niemand
bekam — so behaupten nämlich die Reisendcn —
Furcht. Man ricf Godard zu: „Hinauf, hinauf;
^ wir wollen so hoch steigen wte JakobS Leiter." Allc
waren indcffen bis auf tzte Haut ourchnäßt, ohue
daß es nur'im Geringstcn geregnet hatte. Die Wol-
ken waren aber so dicht geweftn, daß es heinahe

eincr Fahrt im Waffcr glich. AlS das Seil dcr
Klappe zerriß, war man ungesähr 2000 Metres hoch.

DaS Nicderfallcn wurde mit großer Geschwindig-
keit bewerkstelligt, und die Reisenden stiegen auf
cinem srisch gepstügten Ackcrfelde aus der Gondel.
Es war cin schrccklicheiz Augenblick, als dte Gondel
die Erde berührte. Als der erste Anker ftinen Haken
verlor, wurde das hölzerne Haus, worin sich dic
Reisenden bcfanden, umgeworfen und während
zwanzig Minuten am Boden hergeschleift.

Man kann sich denken, in welcher Lagc sich die
Reistnden währcnd dicftr tollen Fahrt bcfanden.
Sie hatten keinen andern Haltpunkt, als die Seilc
LeS BallonS, an dic sie sich mit Energie anklam-
mcrten. Aedermann that aber ftinc Schuldigkcit.
Es gab keinen Furchtsamen, die Verlctzungen stnd
übrigens so unbedcutcnd, daß cs nicht dcr Mühe
werth ist, davon zu sprechen. Die Fürstin d- la
Tour d'Auvergne bewics besonderen Pluth und
großc Kaltblütigkeit. Als Nadar sich ihr mit ciner
sichtbarcn Fürsorge annehmcn «olltc, sagtc ffe:
„Gehen Sie dahin, wohtn Sic Ahre Pflicht als
Capitän ruft; Jeder auf scinen Posten, ich bleibe
anf dem meinigen." Obgleich die Gondei mehrere

Male überschlug, so.zerbrach doch ntchtS von dem,
was sie cnthielt. Man hatte 37 Flaschen Wein init-
genommen, die man unverlctzt vorsand und welche,
alS man endlich fcsten Fuß gcfaßt hatte, fröhlich
ausgetrnnkenwurden. ZweiGewehre vonLefaucheur,
zwei geladene Pistolen und eine Schachtel mit eincm
Kuchen und 13 Gläftrn EiS, dte Sirau Nadar
zum Geschenke gemacht hatte, wnrden ebenfalls im
besten Zustande aufgcfunden. AlS dcr Ballon end-
lich befestigCworden «ar, blies man dte Bauern
zusammen, die sich in großer Anzahl einsanden.
Sie führten den Ballon und die 13 Reiftnden zu
Wagcn nach dem nächstcn Dorfe (Barcy), wo der
größte Theil die Racht über blieb. Nadar, der Fnrst
von Sayn-Wittgcnstein und drei Andere reisten
sofort nach Paris zurück. Die Gebrüder Godard
gaben in der Leitung dcs Ballons eine großc Ge-
schickiichkett knnd. Stc waren es, welche, als dte
Klappc zcrriß, die Erde wiedergewinnen «ollten.
Sie übertrieben die Gcsahr. Nadar war anderer
Anstcht, aber er mußte den Vorstellungen der beiden
Luftschtffcr nachgeben, die außerdcm glaubten, daß
der Wind nach dem Meere hinwehte, was fie cincm
sicheren ilntergange enigegengcführt haben würde.
 
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