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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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August
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Dienstag, 2S. Augnst

ZnsertivnSgebnhre» fär die Sspalüge Petit-
zeile werden mit 3 kr. herechnet.

* Polttische Umschau.

Das „Drcsd. Journ." meldet telegraphisch
unterm 22. aus Franksurt, daß die Fürsten-
conserenz mehrere Ariikel der Reformacte be-
reitS angenommcn, daß nunmehr täglich Sitzun-
gen stattfinden und ein befriedigcnder Abschluß
erwartet wird. — Der „Rhein. Ztg." wird
telegraphirt, daß die Mittclstaaten, welche dcm
Reformprojecte gegenüber bisher eine reservirte
Stcllung eingenvinmen, seit vorgestern daS
. Project uiit allem Nachdruck unterstützten. Der
„Staatsanzeiger für Würtemberg" läßt fich
unter dem 2t. vvn Frankfurt melden, daß
durchaus Resultate erzielt werden sollten; man
woüe nicht blvs schäßbares Material sür die
von Prcußen beabflchtiglen Dresdner Confe-
renzen schaffen.

Nach der „Neuen Stettiner Zeitung" lautet
dic telegraphische Aniwort deS GroßherzogS
von Mecklenburg-Strelitz aus die Einladung
des Kaisers von Oesterreich zum Fürsten-Con-
greffe: „Sr. Kaiserl. Königl. Apostvl. Maj.
in Wien. Kaiscrlicher Majestät hohem Rufe
solgend, werde mich befehlsmäßig in Frankfurt
ehrfurchtsvoll meldend einfindeb. Großherzog."

Jn einem zur Bundesreform nberschriebenen
größcren Artikel sagt die „N. Fr. Ztg." am
Schlnffe: Unsere Zeit will fich zum Zdeale
der Natiou hinanringen, und hohe polrtische
Ziele laffen fich selten erfliege», fie wollen
meist auf Uebergangsstufen erklommen sein.
Eine UebergangSstufe hinauf, und nicht ab-
wärtS, muß uns die „Rcfvrmacte" aufbauen,
wenn Deutschland sie nicht zurückweisen und
nicht bei der Bcrufung auf das starre Recht
von 1849 stehen bleiben soll. Das Dircc-
torium kann flch dic Nation auf dic nächsten
Jahrzehnte gefallen laffcn; dc» Bundesrath
kann ste dulben, das Fürstenhaus kann ste
schwerlich ablehnen, sv iang es Fürften gibt.
Ueber die Grenzen der Berechtigung eines
Hauses von BundeSabgeordneten ist eine Vcr-
ständigung auf ber dargebotenen Grnndlage
möglich; allein sie ist nicht möglich über die
Delegirtenversaminlung. Diese wäre einc Ueber-
gangsstufe hinab und nicht hinauf. Ein Haus
von Abgcvrdneren der Nation, die nicht die
Nalio» erwählt, eine Volksvertretung die kaum
das Volk, hingegcn im weitgemeffenen Umfang
die Bkv.orrcchteten vertritt, ist der Nation nichts
werth. Aber sie wird auch nic zur Wirklich-
keit werden, den» dic zweiten Kammern, oder
doch die meisten derselben, würde» sich an einer
solchen Versündigung gegen das Volk uicht
berheiligen.

„France" meldct, der Minister habe die
Präsidenten der Generalräthe erfuchk, keine
politr'schen Rcden zn halten.

Die Wahlen für die Generalräthe sind «'n
vielen Departemenien füd die Oppositiöu aus-
gefallen.

Englische Blätter erwähnen anhaltender Ge-
rüchte von der bevorstehenden Abdankung des
Königs von Preußen und bemerken, je früher
dies geschehe, desto beffer sei es für ihn und
Preußen.

Nach englischen Berichten waren am Na-
poleonsta'ge Placatc in Paris angeschlagen,
des Znhalts, daß der Preis des Brodes und
der Miethen erst bei dem Tode des Kaisers
zurückgehen werde; im 14. Arrondiffement
wurden Verhaftungen vorgenvmmen.

D e u t sch l a n v

Frankfurt, 21. Aug. Fortwährend finden
Cvnferenzen der Minister statt, r'n welchen
Einzelnheiten deS Reformprojects discutirt
wcrben. Roggeubach soll erklärt haben, Badcn
müffe die Reformacte seinen Kauiiiiern zur
Raiificalion vorlegen. Andere Minister schlos-
se» flch au. Er empfahl directe Wahlen. Man
glaubt, daß ein alternativer WahlmoduS an-
genommen werden wirv. Die Bestimniung
wcgcn des Fünfer-Mrectorrüms wärd angc-
fochten, ein Dreier-Directorium debattirt. Ein
Manifest ber Fürsten an die deutsche Natiou
wird vorbereitet.

Frankfurt, 22. Augüst. Heutc fand um
11 ühk eiiw L-itzüng des FürsteiicongreffeS
statt. Ueber deren Verlauf ist nvch nichts be«
kannt. Wic üian gestern Abend vernommen,
war beabsichtigt, bas Project in seineu aügc-
meinkii Zirgen heutc zur AbstimMung zu brin-
gen. Jm Zusammenhange damit erfahren
wir, daß die Mittelstaaten, welche Anfangs
dem Entwürfe am wenigflen gencigt waren,
ihren Wiverstand nunmehr aufgegcben haben.
(Siehe Umschau.)

Dss Antwortschreiben deS Königs von Preu-
ßen ist in sehr versöhnlichem Tone abgefaßt.
Der König crklärt darin, er werde allen Be-
schlüfsen des Fürstentages', wenn ste für ihn
irgend ännehiiibar scicn, beitreten.

Ueber das Diner, welches dcr Kaiser im
Taris'schen Palaste dem diplvmatischen Corps
gegeben, wirb Folgendes berichtet: Die ent-
faltcte Pracht wird als wahrhaft kaiserlich
geschildert, mehr ernst und gediegen, als mo-
dekn-elegant. Die anwesenden Gäste, bestehend
aus ren BuiidestagSgesanbten, deii Gesandten

ver auSwärtigen Mächte, welche bei dem Bunde
accreditirt sind, dem Turn- und TariS'schen
Gcneräl-Post-Dircctor und einigeü der BündeS-
MilitSr-Commissiön angehörigcn Generalea —
iür Ganzen ungefähr 40 an der Zahl —
wurden dem Kaiser theils v'öx, thcilS nach
der Tafel vorgestellt. Der Kaiscr wußte jedem
esnige herzliche Worte zu sagen, wobei sein
Gcdächtniß bewundcrt wurde, indem er im
Gespräche orit vielen dcr Bundestägsgcsandten
eine gcüaue Kenntniß ihrer speciellen Thätig-
keir in dec deutschen Frage durchblicken Ii'eß.
Bei der Tafel saß zur Rechren des Kaisers
der königl. preuß. BlindcStagsgesandte, Geh.
Rath v. Spdow, neben diesem der baperische,
Frhr. v. d. Pfordten; links neben dem Kaiscr
hatte Sir Aler. Malet der englische Gesandte,
dann der französischc, hierauf der belgische
Platz genomrüen. Das Äiner daüerte 1^/,
Stunden.

Frankfurt, 22. Aug. Nach det „N, F.
Ztg." wurde einem umlaiiienoeii Gerüchte zu-
folge i» der heutigcn Sixung des Fürstencon-
grcffes über das Reförmproject abgcstimmt.
Gegcn die unbedingte Annahme erklärten sich
7 Stlüiüien, nämlich Badeü, Cobutg, Han-
nover, Sachsen, Weimar und Wüttemberg.
Die siebente Regierung, welche Nichl zugestimmt
hat, ist uns bis jetzt nicht geüaniit wprden.
Anderen Nachrichtcn züfolge, die wir jedöch
ebenfalls nicht verbürgen können, wären üur
einzelne Paragraphen beratyen und angcnom-
men worden, und soll dabci nur vvn Baden
energische Oppofition gemacht wörden sein.

Die nächste Sitzung des FürstentageS findet
Montag statt.

Nach dem „Frkf. I." hätten das Reform-
projecr Hannöver, Sachsen und Würtemberg
iü pnre, Weimar, Coburg, Baden dagcgen
bcbiiigungsweise abgelehnt. Die übrigen Für-
sten habcn zugestimmt.

München, 22. August, Abends. Zn der
aüf heüte anberaumten Sitzuüg deS Abgcötd.
netenhauses hielt der Präsident vesselbcn,
»Graf Hegnenberg, eine Ansprache übcr die dem
Frankfurter Fürsteacongreß vorliegende Rc-
formacte, iu welcher er u. A. sagt: „Laffen
Sie unS eiii Zeugniß gcben, daß di'ebaper.
Völksvertretung i'n dem vorgelegten Reförm-
entwurf deN Ausgangspunkt cintr befferen Zu-
kunft Deutschlands, daß sie im Congreß der
Fürsten den ersten Schritt erkennt aus dem
Wort zur langcrsehntcn That, und freuvig die
Gelegenyeit erfaffen, durch einmüthige Küiid-
gabe unseper Gestnnung uns dem Einheitsbe-
strebcn anzuschließcn unb es zü fördetn, daS

Ws em Beitrag zu Pariser Sittenbildern könnte'
dgs solgende dicnen: Ouvrard, der rciche Pariscr
SPckulant, blieb fcincm ebca so rcichen Eollegcn
Seguin füns Millionen Francs bei ciner Abrech-
nung. schüldig, und weil er nicht bezahltc, sollte er
lns Gcfängniß wandern. Lange entzog er fich ick
der finnrcichsten Weise der Vertzaftung. Er trug
stew LVM» FrancS bei fich. Als er endlkch ver-
hastrt wurdc, bot er Lem Dicner Les Handels-
gerichts jene Summe für seine Kreiheit; der Mann
nahm fie aber nicht an. „Hcrr Scguin gibt mir
6VMi> Francs für Ihre Verhaftung," sagre er. —
Ouvrard kam in das Schuldgefängniß, in dcm ihm
für KMÜ'Francs jährlich einc ziemlich große Woh-
nung überlaffen wnrde, die er sofort brillani möbli-
reü ließ. D!e Befüchr drä» gten sich in solcher Menge
zu ihiii, daß er ofi ganz crschöpst war und den
Nachkommenden burch dcn Schließcr sagen ließ:
„Herr Ouvrard ist ausgegangen." Dic Dincrs, die
^ er in dem Gefängniffe hiclt, wurden bald tn der
ganzen Stadt und namentlich untcr allen Gut-
schmeckern berühmt, so daß selbst stin Gläubiger,
Scguin, einst bat, ihn dock» auch einmal einzula-
den. Dies geschah sosort. Seguin, dem es vor-

züglich fchmeckte, sagte nach Tischc zu Ouvrard:
„Sehcn Sic, ich bin ein gutmüihiger Mensch.
SoU ich Sic 5 Jahre im Gcfängniffc schmachten
laffcn?" (Schuldhaft durfte nicht länger däuern.)
„Gcben Sie mir 3 Millionen und schlafen Sic
heute bri mir." — „Hcrr Scguin," antworteie der
Schuldncr, „ich bin 5b Zahre alt, Sie zählen
einigc Jahrc mehr. Wenn sich Ihnen cine Spc-
kuiaiion darbötc, in der Sie sichek 5 Millivnen
gewinnen könnten, «ürden Sie dicstlbe abwcistn,
weil Sie nach Kalkuita reisen müßten?" — „Gewiß
nicht." — „Und doch mLHten Sie fich dem Meere
anverirauen, Ihre Famiiie und Ihrc Freundc ver-
laffcn, gutcm Effen und gutcn Weinen entsagcn,
bekämen vielleicht sogar daS gelbe Fiebcr." —
„Aber 5 Millionen!" — „Nun fehen Sie," eni-
gegncte Ouvrard triumphirend, „ohne daö feste
Land, ohnc Krennde und Familie zu vcrlaffen,
stibsi ohne Sie zu miffen, ohne alle Gefahr, bei
gutcr Küche und gutem Kellcr verdiene ich hicr die
5 Millionen." — „Sie können Rcchi habcn," sagtc
Seguin «rnst und nachdenklich und ging mit vvller
Bcwuudtrung von scinem Gläubiger, der richtig
fcine 5 Jahre absaß.

Zur Geschichte heißer Sommer dürfte folgende
Nötiz nicht ohne Jntereffe sein. Jm Zahrc 638
vcrtrocknetcn alle Qücllen; 879 sankcn die Ärbeiter
bei Worms auf dcn Feldern vor Hitzc todt h!n;
991 warcn Getreide und Früchte verbrännt; 1000
versiegtcn in Ftankrcich alle Flüsst und Quellen,
daß Vle Fische verwesten und eine wahre Pest ver-
ursächten; 1022 starb Mensch nnd Thicr in Folge
dcr ungeheurcir Hitze; 1132 sxaltete fich die Erde,
FlAffc und Quellen vcrsicgtcn nnd dcr Rhekn war
lm Elsaß trocken gclcgt; 1276 und 77 gab eS in
Fölgc der Hitze gar kcin Fuitcr; 13Ü3 und 4 war
die Loirr, dcr Rhein rc. auSgetrocknek; 1393 und
1474 war die Donau in Ungarn sast wäfferloS;
1718 wurden «cgcn der Hiße allc Theaicr in PariS
gcschlöffen, vurch 5 Monatc sstl keinTropfcii Rcgen,
das Thcrmomeier zeigte in Pärks 36", dst Wie'sm
waren fast verbrannt, dke Obstbäume blnhlen meh-
rerc Malc; 1802 war in Paris die grkßt, Hitze,
die man sttt Erfindung des Thermometers dort
bcobachtct hatte; 1846 endlich hakst man dort 36"
tm Schaiten.
 
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