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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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September
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* Polttische Umschau.

Nach cinem Erlaffe des preuß. Ministers
ves Jnnern vom 4. d. werden dre llrwahlen.
zur Neuwahl des prenß. Abgeordnetenhauses
in der Zeit vom 10. bis 20. October statt-
findeii.

Die „Noidd. Allgem. Ztg." schreibt: „AUe
Zollvereliis-Mitglieder haben die Theilnahme
an ber Berliner Confcrenz zugesagt. Es schetnt,
man wolle vvrher in München über die Hal-
tung in Berlin sich verständigen; bies könne
auf die Entschließuiigen Preußens bezüglich
des franzöfischen HandclSvertrags nicht ein-
wirken.

Dem Verleger des „Kladderadatsch", Hrn.
Buchhäiidler Hofmänn in Berlin, rst gestern
eiye (die erste) Verwarnung zugegangen.

Die „Kln. Ztg." schreibt aüs Wienr Mit
Aiifuierksamkeit versolgt man hier an entschei-
dender Stelle die Kundgebungen der öffentlichen
Meinung, wie fie in den verschiedenen Theilen
Deutschiands in Betreff der Reformacte an
den Tag trelen, und es ist sicherlich ein Be-
weis, daß man hier so MancheS gelernt und
einiges Verständniß für die Forderungen der
Zeit hat, baß man sich durch die Beräucherung,
welche das in Franksurt vereinbarte Werk hin
nnd wicder erfährk, nicht läuschen läßt. Man
weiß hier, daß die Reformacte auf vie Billi«
gung der Nativn nicht zu zählen hat, und
man wird, davvn ''dari man überzeugt sein,
die weitere Politik darnach einrichten. Maii
wird daher auch nicht überrascht sein dürsen,
wenn in vielleicht nicht zu serner Zeit Oester-
reich mit einem neuen Versuche hervortritt,
wobei die Forderungen der Nation in eingehen-
derer Wejse berücksichtigt werden dürsten, alS
dies bei dcr Reformacte der Fall gewesen.
Keinenfaüs wirb man es bei dieser letzteren
bewenden laffen.

Die Wiener „Generalcorresp." wiberlegt
die Nachricht des „Memorial diplom.", Rech-
berg habe in Kopenhagen Consercnzen im
Namen Oesterrelchs uiid Preußens vorge-
schlagen.

Ein Corresp. des „Frankf. Z." aus Wien
glaubt die Hauptpuiikie der Antwort zu kennen,
welche Preußen.airf baS Buiidksresormproject
den deutschen Regieruiigen ertheilcn wird: 1)
Eine Volksvertrelung am Bunde, die nach der
Größe ber Bevölkernng, welche bie Staatcn
im Bunde haben, adgemeffen ist. 2) Dieser
Volkövertretung müsse eme solche Macht ein-
geräumt sein, baß dadurch ctwaige Sonderbe-
strebungen paralpsirl würden. 3) Die pro.

Die Eljasjer.

Zch war rasch durch Elsaß hindurchgckommen,
schrctbt A. Mcißner der Wiener „Preffe" in seinen
„Sommerbriefen aus PariS", abcr doch nicht rasch
genug, um ntcht die wunbersamsten und für mein
deuisch-patriotisches Gesühl niederschtagcndstcn Er-
fahrungcn zu machcn. Auf dcr Eisenbahu und
«ährend cineS kurzen AufenthatteS in Straßburg
licß ich cs mir angelcgen sein, mich zu erkundigen,
wo denn eigenttich hier das dcutsche Element noch
Schutz ünd Pflege habe. Zch ersuhr, daß es eigent-
Uch nur noch auf dem Landc eristire, in den Stlidten
deS Elsaß aber mit jcdem Zahre mehr Boden ver-
liere. Nur drc Trivialschulen sind deutsch, die
Gymiiasicn und die Universität längst nicht möhr.
Dic französische ist durchwcgS GcrichtSsprache; dem
bloS Deulsch sprechendcn Elsaffer wird vor Gericht
ein Dvlmctsch gegebcn. Ebenso vcrhandeln die
Handelskammern französisch.. Zch ftagtc, ob es
neben dem ftanzöfischen auch in der uralten deut-
schen ReichSftaLt noch ein deutsches Theatcr gebe,

jecti'rte Bündcsverfaffung müffe dieser Volks-
vertretung zur Erklärung rc. vorgelegt werden.

4) Berlangt Preußen ein Veto in allen den«
jenigen politischen Fragen, welche seine selbst-
ständige Stellung alS Großmacht berühren.

5) Vollkommene Parität mit Oesterreich.

Der „D. A. Z." wird von Wien, 14. d.,

geschriebeil, daß der Ausgleich mit Ungarn
sehr ernstlich in Angriff genommen wird und
man fest entschloffen ist, dem Provisorium ein
Ende zu inachen. Der Rücktritt des Grafen
Forgach, den man als Vorbedingung des Aus-
gleichs betrachtet, soll in sehr naher AuSficht
stehen.

Nach dem „Siecle" ist einem Comite, wel-
ches sich in VersailleS bilden wollte, um im
Seine- und Oise-Departeuieiit Unterschriften
zu Gunsten Polens zu sammeln, von der Be-
hörde untersagt worben, fich zst versammeln.
Ein ähnlicher Vorsaü habe noch nie stattge-
funden, sagt Las „Siccle", denn bis auf den
heutigen Tag habe noch niemals ein Präfect
daran gedacht, ben zahllosen Zeugniffen der
Spmpathie, welche man von eineui Ende
Frankreichs bis zum andern den Polen gegeben
habe, Hinderniffe in den Weg zu legen.

D e u 1 s eh l a n d

— Mannheim, 17. Sept. Zunächst im
Schw. Merkur und sodann auch in der Bad.
Lbsztg. wurdc schon mehrmals die Ansicht aus-
gesprvchen, daß vie in unsercr Stadt von der
Offenburger Versammlung aufgestellten Ver-
trauenSmänner nicht im Stande seia würden,
die schon früher bkAanden.en Kämpfe zwischen
den politischen Parteien beizulegen. Vvn Mann«
heim aus wurde diesc Behauptung theils be-
stätigt, theils auch widcrsprochen. Wir gc-
hörcn unsererseits zu denjenigen, wckche die
eine wie die andere Behauptung für verfrüht
halten, da cs von allerlei noch außer dcr Be-
rechnung licgenden Zufälligkeitcn abhängt, ob
der eine oder der andere der beiden Fälle ein-
treten wird. Nur so viel ist gewiß, daß die
hiesigen Vertrauensmänner von verschiedencr
politischer Färbung sind, und daß namentlich
in Bezug aus einen derselben die allgcmeine
Ansichl besteht, daß für eine gemeinschaftliche
Sache von ihm wenig zu hoffen sei. Wenn
diese verschiedenartige Zusammensetzung einer-
scits von einer Versöhnlichkcit unb Annähe-
rung der Parteien an einander Zeugniß gibt
und insosern zu befferen Hoffnungen berechtigt,
so kann man stch doch auch anberseits der
Besorgniß nicht erwchren, daß die beabsichtigle

und erfuhr, daß allcrdings gelegcntlich cine Wan-
dertruppe auS Basel oder Schaffhausen eintreffe
und Loiicession zu Voistellungen erhalte, die aber
in cinem kleinen Hausc bei spärlichcm Besuche statt-
finden. Dabei sah ich als Repräsentanten dcutscher
Publicistik nur dcn „Niederrheinischen Courier",
ein scltsam hermaphroditisches Prvdukt der Preffe
insofcrn, als es in derselbcn Nummcr dieselben
Artikel zwcimal, cinmal französisch und einmal in
deutscher Uebersetzung bringt. Regierungs-Erlaffe,
die ich hie und da angcschlagcu fah, nahmcn gar
kcine Rücksicht auf die dcutsche Bewohnerschaft, sie
warcn bloS stanzösisch abgefaßt. Nachdem ich in
den CafoS und im Wirthshause lediglich franzö-
sische Conversation, von argen deutschen Brocken
durchmischt, gehört, in dcn Schaufenstern dcr Buch-
läden saft ausschließlich franzöfische Bucher, an den
Straßenecken durchwegs nur ftanzösische Straßen-
namen und franzöfische Anschlagzcttel gesehen, und
auf dcutschc Anfragen sranzöfische Antworten er-
halte», stieß ich endlich in einem kleinen Cafe,
unfern vom Münster, auf einen Mann, der sich
als eincn Bürger von Staßburg zu erkcnnen gab,
und doch etwas reiner Deutsch sprach, als eS mir

Eim'gung dadurch erschwert und voraus der
Keim zur Zwieträcht gelegt werde. Hoffen
wir das Beste, glcich weil entfernt von san-
guinischen Erwartungen wie von schwarz-
sehenden Befürchtungen. Ohne Kämpfe wird
die Landtagswahl nicht vorübergehen; aber so
schroff wie früher werden, wenn nicht alle
Zeichen trügen, die Partcien sich jetzl nicht
gegenüber treten. Die Adreffe an Hr». Ar-
taria wurde von Männern aller Parteien
unterzeichnet, und bei der Adreffe an den Groß-
herzog wird dies noch in ausgedehnterem Maße
der Fall sein. Nur zweierlei Leute darf man
dabei nicht suchen: die ganz Gleichgültigen
und —'die Ultramontanen.

Frankfurt, 16. Septbr. Die „Europe"
veröffenllicht den Wortlaut der Depesche des
Grafen Rechberg an den Grafen Thun, öster-
reichischen Gesandten zu St. Petersburg, vom
12. v. Mts. Graf Rechberg sucht darin dic
Argumentation der Gortschakossischen Note vom
17. Zuli d. Z. zu widerlegen, und schlicßt
mit besonderer Betonuug des Ernstes der Lage
und der Verantwortlichkeit Rußlands: Oester-
reich, Frankreich und Englanb haben bie Dring-
lichkeit der Beendigung eines beklagenswerthen
und für Europa gefährlichen Zustandcs ange-
dcutet; stc haben zugleich die Mittel bezeich-
net, um an dieseS Ziel zu gelangen und ihre
Mitwirkung angeboten, um cs um so stcherer
zu erreichen. Wenn Rußland nicht thut, was
von ihm abhängt, um dic gemäßigten unv ver-
söhnlichen Absichten dieser drci Mächte zu un-
terstützen, wenn cs nicht den Weg betritt,
welcher ihm durch freundschaftliche Rathschläge
bezeichnet worden, so setzt eS flch ernsten Fol-
gen aus, welche die Veriängerung der polni>
schen Unruhen nach sich ziehen könnte.

Frankfurt, 16. Sept. Die Mittheilung,
daß auf bem Frankfurter Fürstentag von Oester-
reich ein geheimes Abkommenimil seinen näch-
sten Freunben zum Zweck gemeinschaftlicher
Operationen auf dem Boden der Reformacte
getrvffen sei, ist mchrfach angezweifelk wor-
den. Dicselbc wird jetzt von Wicu aus
nicht blos mit großer Sicherheit wiederholt,
sondern anch dahin erweitert, daß augenblick-
lich mit verschiedenen Cabineten über den
Zutrltt zu Lem getroffenen Abkommen unter-
handelt werde. Man erwartet, daß die Ant-
wort des Königs Wilhelm auf die Einladung
zum Beitritt zur Reformacte en.'schiedcn ag>
gressiv ausfallen werde, hofft, daß dadurch die
Verbündeten des Fürstentages in eine günsti-
gere Lag« gebracht werden würden, da sie jetzt
unleugbar in der ebenso unbequemen, als ge-

bisher vorgekommen «ar. Bei dieseni glaubte ich
, endlich etwas Patriotismus voranssetzen zn können,

! und ließ meinem lange verhaltenen Aerger fteien
! Lauf.

! „Dies Elsaß", meinte ich, „ist doch das gefin-
j nungsloscste Land, das mir je vorgekommen, und
«enn eS-einen Gegensatz zu SchleSwig-Holstein
etnmal geben muß, so tst er hier. Zst es möglich,
daß man sich von scincm Vaterland und seiner
Sprache so gänzlich cntfrcmde?"

„Wtr gchörcn aber ja", crwiderte der Essaffer
in seinem scltsamen Dialcct, dcn ich nicht wiedcr-
zugeben versuche, „schon seit bald zweihundert Jah-
ren zu Frankrcich, und dic Rcgiernng hat sich dcs
Elsaß immcr ganz bcsonders angenommen. Zu
Deutschland kommcn wir doch nie mehr — warum
sollten wir nicht Franzosen sein?"

„Sehen Sie", fuhr ich fort, „ich lcbe in einem
Lande, tn welchem ebenfalls wie hier zwei Natio-
nalitäten bcisammen sitzcn und sich um den Vor-
rang streiten. Meine Vaterstadt, Prag, hat auch
einc gctheiltc Bevölkcrung. Glauben Sie aber, daß
die Böhmen ihre Nationalität so leichten Kaufes
fahren laffcn? Zum allgemeinen Feldgschrei ift rs
 
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