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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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September
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Utidtlbtrger Ititmlg.

M 22S


F-reittlg, 23 Leptember


L8«3.

Qesterreichrsche Denkschrift über die
Dundesreform.

H.

Oksterreichs Reorganisationsvorschläge kön-
nen nur aus dem mtt voUer Kiarheit und
Entschiedenheit festgehaltenen Föberattvprincip
beruyen.

Mauches hat sich in Europa seit 181S ver-
ändert, aber hente wie damals bietet die burch
die Austösung des deutschen Reiches zur Noth-
weudigkett gewordene, burch bic europäischen
Bcrtrage sanctiomrte Bestiirimniig, baß die
deulscheu Slaatcn uuabhäiigig unv durch ein
Födcralivband »ercinigt sein werden, bie ein-
zig mögtiche Grundtage sür bie poiilische Vcr»
saffulig Dcutschlaiids bar.

Mau kann dieser Wahrheit uicht direct oder
indirect entgegen handelii, ohne den feslen Bo-
ben der Wrrklichkeit zu verticren. Man kann
mcht von idealen Forderungcu vder von Doc-
triiien, bie einem spicisischeii Lutereffe künstlich
angepaßt sind, den Maßstab sür bas Resorm-
werk eiitnehmen, ohne bie Gegenwart einer
uligewissen unb vvn ben augenscheinlichsten Ge>
sahren umringten Zukunst zu opsern. Eine
ocrn, Buiibespriiicip eiitgegengesetzie Richlung
kann uian i» DeutschlanbS gcmeinsauieli An-
gelcgeuhciten nicht einschtagen, ohne bci jebem
Schritte aus WarnungSzeichen zu stvßen unb
am Ende bes Wegs an einem Äbgrunde än-
zukommcn.

. Monarchische Staaten, zwer Äroßmächte
unter ihueii, bilden de» deiitscheil Staatenver-
ein. Einrichlungcii, wie eme einheilliche Spitze
vber ein aus directcn Volkswahlen hervor-
gehenves Parlament, passcn uiHr sür biesen
Berein, sie widerstrebeu seiner Natur und wer
sie verlangt, wiü nur dcn Namen uach dem
Buub, ober baS, waö man dcn Bunbesstaal
genannt yat; in Wayrheit wiü er daö all-
mählige Erlöschrn der ffebenskrasl ber Einzel-
staalen, er wiU eiiien Znslanb deö Uebergangs
zu «iner kunsligen Uliisicatiou, er wiü bie
Spaltung DeutschMiidö, ohne welche dieser
Uebergaiig sich nicht voUziehen kaun. Solche
Einrichtuiigen wirb Oesierreich »icht vorschla-
gcn. Woht aber halt. cö ben Augenblick sür
gekoinmen, wv bie Sorge sür baS Wohl
Deutschlands gebieterisch verlangt, daß bic
Grundlagen, aus welchen ber Bmid ursprüng-
Iich errichtkt wurde, verstärkt und daö Födera-
nvprincip gegcnüber der schon dem Begriffe
nach durch dasselbe beschiänkten Souverauelat
ber Einzelstaatcii mit erhöhier Krqst u. Wirk-
samkeir ausgestattet weroe.

Der deutsche Bund ist als ein Bund der
Fürsten geschloffen, er ist aber auch ausdrück-
lich als bas an die Stelle des vormaligen
Reiches getretene Rationalband der Deutschen
anerkannt unb er wird sich künstig, um den
Bebürsniffen unserer Epoche zu entsprechen,
mit Nothwendigkeik schon durch den Cyarakter
seiner Versaffungssormen der Welt als ein
Bund ber beutschen Staaten alS solcher, der
Fürsten wie der Völker, barsteUen müffen. Dcr
Kaiser crblickt daher in der Krästigung der
Erecutivgewalt des Bundes und in der Be-
rusuiig der constitutionellen Körperschaslen der
Einzelstaaten zur Theilnahme an der BundeS-
gesctzgcbuiig zwei in gleichem Grabe unab-
weisbare und stch zugleich gegenseilig bedin-
gende Aufgaben.

Diescr Ueberzeuguug hat die Regierung des
KaiserS schou burch bic Note an den Grasen
von Berustvrff vom 2. Februar 1862, bann
wieder durch bie oben erwähnle Erklärung i»
der Buubeötagsstßung vom 22. Jauuar PeS
gegeiiwärtigrn Zahres Ausbruck verliehen.
Die Grundliiiien für ihren Resormplan stnb
somit bereitö gezeichnet. Sie wirb die Er-
richtimg eiucS Bundes - Directoriums unv dic
periodische Einberufung einer Versammlung
von Abgeorbneten bcr Vertretungökörper der
Einzclstaaten in Vvrschlag bringen.

Nicht verkennend, daß es starker Gegenge-
wichte bebars, um gegenüder dieser letzleren
Einrichtung bas monarchische Princip unb die
berechiigte Selbstständigkeit der Einzelstaaten
gege» mögliche Uebergriffe stcherzusteUen, neigt
ste stch zuglcich zu dcm Gedanken, daß bie
deste Garantic dieser Art und eiu werthvolles
Mittel zur Wahrung ber fürstlichen Rechte
und der hohen SteUung der deutschen Dpna-
sticn in periobischen pcrsöiilichen Veieinigungen
ber'Souveräne Deutschlaiids gesunden werben
könntc. Aus dcn Vorschlag ber Errichtung
eiues Bundesgerichtes enblich wird ste unter
angemkffenk» Movificaiioiien gleichsaUs zurück-
kommcn.

Dies stnd in ben wesentlichsten Umriffen die
Absichien deö Kaiserö in Bezug auf bie Grund-
lagen einer heilsamcn Lösung bieser ernsten
Frage. Was aber bie Mittel und Wege be-
trifft, um eine Verständigung der deutschen
Negierungeii über bie Frage ber Bunbesvcr-
sassung herbeizusühren, so begründet mehr als
Eine Ersahrung bie Besorgniß, daß es weder
schrisllichen Unterhandlungen der Cabinete,
noch auch Conserenzen der Minister gegeben
sein wurde, die zahlreichen Schwierigkeilen
dieses Unlernchmens zu bemeistern. Die Frage.

der Reform berührk so vielsache Jntereffen,
ste eröffnet das Feld der Discusston für so
mannichsaltige unvereinbare Wünsche u. Mei-
nungen, daß die Sumine der hemmendcn und
störenden Momente, der ängstlichen Zweifel,
der unlösbaren Widersprüche leicht in das
Unendliche anwachsen und jede Hoffnung aus
Ersolg überwuchern würde, wenn man von
blößen Unterhänblern, die kein eigenes freies
Versügungsrecht zur Bcrathung mitbrächten,
den Sieq, über alle jenc Hinderniffe und
kas Gelingen der Einigung erwqrten wollte.
Die deutschcn Fürsten aber in eigener Per-
son, die Träger der Rechte, um die es stch
handelt, die höchsten Jntereffenten an Deutsch-
lands Sicherheit und Wohlfahrt, von deutscher
Gestnnung sämmtlich beseelt, werden stch durch
nniiiiktelbaien Gedankenaustausch leichter und
beffer a!s durch Mittelspersoneii über die große
Ausgabe verstehcn.

Zm Geistc des Kaisers ist daher der Ent-
schlnß gercist, die Fiirstcn Deutschlanbs und
die Magistratc der sreien Slädtc zum Zweckc
eines Einverstänvniffes über die Revrganisa-
tion des deutschen Bundes zu einer Zusam-
menkunst cinzuladen und der Kaiser cröffnet
diese Abstchr vor allen Anderen bem mächtig-
sten Seiner deutschen Bunbes-Genoffen, dem
Könige von Preußen.

* Politische Umschau.

Die Aussührung der angedrohten Bundes-
Ereculivn in Holstein ist bei dem schleppenden
Geschäsisgang bes Bundcstagcs jedenfalls nicht
vor dem Frühjahr zu erwarten. Bis dahin
hai Englanb so viel Zeit, eine Vermittelung
burchzusetzen, daß die von den großdeulschcn
Organeii genähite Besorgniß vor einem deutsch-
däuischen Kriegc glücklichcrweise schou dcshalb
schlccht begründet ist. Uebrigcns könnte dic
Biiudes-Ercculion nur bei eincr Uebcrcinstim.
mung zwischen Oesterreich und Preußen wirk-
Iich zur Aussührung kommen, für welche heute
leider noch immcr die Ausstcht fehlt.

Die moralische Ohrfeige, welche der Bvua-
partismuS nun von Rußland ruhig hinnehmen
muß, schmeizi ihn doch sehr; der „Moniteur"
veuioiisrrirt, bie officiösen und die prinzlichen
Blätler demonstriren, nur einzelne nvch etwas
selbstständige Blätter laffen durchblicken, daß
sie es gar nicht übel finden, daß Rußland,
wic ber Papst und Prästbent Lincoln, den
donapartistischen Vorwitz zurechtgewicscn unb
vo» seinem Rath nichis wissen wolle. Krieg
weibe Oesterreich aus vielen Gründcn nicht

x Zur Gründung einer höhere» Töchtcrschule
in Heidelberg.

Dcr Zwölfrrausschuß hat m seiner gcstrigen
Sitznng beschloffcn, den von vr. Thoma aus-
gcarbciteten Bericht zu veröffeullichen und hierauf
eiuc Lifte zur Einzeichnuug in Umlauf zu setzen.
Diesc Dcnkschrist lauict, wic svlgt:

Schvn scik längercr Zeii ist b-i den Bürgern
Heidclbcrg's der Wunsch, eine höhere Töchtcr-
schule hier zu besitzcn, mehr und mehr rege ge-
worden, und nachdem diestr Wunsch sich in den
letzteii Jahrcn zu eincm immcr bringcndcren Ver-
iangen gcfteigcrt hatte, tratcn mehrcre Schulfreunde
auS der Zahi der Bürger und Eiiiwohncr der Stadt
Heidelberg zusammen, dem erkannten Bcdürfniffc
abzichelsen.

Vor Aslem wurde cin fürsorgiichcr Ausschuß mit
dem Recht, sich seibst zu crgänzen, erwähit, um die
zur Gründung der neuen Schnle nöthigcn Vor-
arbeiten zu beginmu. Der so verstärktc Ansschuß
lcgte sich »or Allrm aus Sammlnng des stofflich

Nothwcndigen, inbem er bei den Vorständen der
bestehenden höheren Töchierschuien m den größeren
Städten Kundschast erhob. Hicraus crstaitetc der-
stlbe Bericht an die allgemeine Versaminlung, und
diest brachie die Fragc der soforiigcn Gründnng
der höheren Töchterschnle dahier zur Abstimmung
und bejahie diestibe mit allen Stimmen gegen zwci.
Jn Vollziehung diests BeschluffeS wurde sodann zur
Wahl deS wirklichen Zwölferausschusses gc-
schrittcn, wklchcr nun zunächst Vorschlägc über bie
Herftellung der neuen Schulc zu machen hat.

Ein dringcndeS, ja ein mahnungsvollcs Bednrf-
niß erschien uns die Gründung ciner Töchtcrschulc
in der Siadt Heidclberg, in Hinblick auf den fast
bcispicltvs raschen Ausschwung allcr ihrcr Verhält-
Nlffc, dcm dic vorhandenen Schulanstalten, öffcnt-
liche wie private, so wie ste bestehen, bci allen ihren
Vorzügen nicht mchr zu genügen vermögen, ftlbst
abgesehen von der Wucht dcs täglich wachftndcn
LehrstoffcS, «elchen zu bcwältigen ihrc Kräfte und
Mittcl in die Längc nichi zureichcn. Erwägen wir
dabei die Anforderungen, welche eine freiere Ent-
wicklung und AiiSdchnung der nationälcn Kräftc
in Gcwerbc, Jndutzri«, Hantcl, Lindbau, in Knnst

und Wiffcnschaft, in täglich mehr steigendem Maßc
an das Leben machi, so wird man zugeben müffen,
daß eine höhere Ansbildung unserer Töchter nicht
allein wünschenswerth nnd nützlich , sonbern noth-
«eiidig und geboten ist.

Unsere größeren Nachbarstädte: Mannheim,
KarlSruhe, Pforzheim, Durlach, Epprngen, Lahr,
«ie anch dic eniserntcren Schwesterstädke: Nlm,
Kannstabt, Wicsbaden, Ercftld, Offenbach, Elbing,
Zerbst und vielc andere sind uns mrt schönem Bei-
spiel voransgegangen. Sollte Heidelberg, dcr Hoch-
sitz der Wiffcnschast imd Gclchrsamkeit, die Förderer
in allen geistigen und sittiichen Znteressen des Volks,
in ber Pflcge des höhercn llnterrichts fflr dic werb-
liche Jugend länger zurückstchcn?

„Es ist uns cinc unerläßiiche Pslicht", sagt das
Programm der Mannheimer Töchterschule, „nebcn
der männlichen Jugeiib auch der wetblichcn etncn,
dem BildungSstande und ' den Verhältuiffen der
Familie angcmeffenen, Herz und Geift crhcbcndcn
Unterricht zu gewähren."

„Wenn «ir auf die Blüthe unserer bürgcrlichen
Lchranstalten für unsere Knaben hinblickcn", sprach
ciner nnftrcr Gegner, „wrnn wir den großen Rutzen.
 
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