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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2801#0145

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M; 187.

Erscheint, MontagS auSgenommen, taglich.
PreiS vierteljahrlich 54 kr.

Mittwoch, 12. August

ZnsertionSgebühren für dte Sspalttge Petit-
jeile werden mit 3 kr. berechnet.

18«3.


» Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für die Monate
August und Ieptember mit 36 Kreuzern abon-
niren bei allen Postanstalten, den Bote« und
Trägern, sowie der Erpedition (Schiffgaffe
Nr. 4).

* Polittfche Umschau.

Von Paris, den 8. d., wird gemeldet: Der
„Moniteur" veröffentlicht die neue Note des
Fürsten Gortschakoff an den russischen Bot-
schafter in Paris. Die Blätter urtheilen dar-
über: Rußland sci zwar in der Form rnilder,
habe sich aber im Grund zu keinem Zugeständ-
niß verstanden.

Die in einigcn Zeitungen enthalkene Pro-
clama.'Än der polnischen geheimen Naiional-
regittung, in welcher dieselbe die Grenzen von
1772 svrdert, svll ungenau sein, ja cs wird
sogar angegeben, die russische Polizei habe das
Aklenstüek 'sür ihre Zwecke gefälscht.

Ein Correspondent der „Ostsee-Ztg." macht
solgende unverbürgte Mittheilung: DaS lei-
tende Cömite (die sogenannte Nationalregie-
rung) hat seinen Sitz jetzt in Paris und be-
steht aus den Herren; Fürst Wladimir Czar-
toryski, Ordenga, Guttry, Wolniewicz, Graf
Johann Dzialinski. Die Proviiizial-Comitc's
in Warschau, Wilna, Posen, Krakau, sind
diesem obersten Comite untergeordnet und em-
pfangen von ihm direkte Befehle, die'dnrch
erpresse Boten übermittelt werden. Der Chef
der Nationalregierung ist Fürst Wiadimir Czar-
loryski. Seine Partci ist von Paris aus be-
reits angewiesen, dahin zu agiliren, daß der
Fürst in dem Augenblick, wo Frankreich an
Nußland dcn Krieg erklärt, zum König von
Polen proclamirt wird.

Wie man in unterrichteten Kreisen hört, hat
das Pariser Comite die Provinzial-Comite's
angewiesen, für den Fall, daß Frankreich an
Rußland den Kricg erklärt, was noch in dic-
sem Herbst zu erwarten sei, eine Armee von
75,000 Mann bereit zu halten. Für Waffen
werde im entscheidenden Augenblick gesorgt
werden. Die Aufzeichnung der kriegssähigen
MaMschaften ist in de» einzelnen ehemals pol>
nische» Landestheilen schon im Monat Juni
erfolgt.

D>e französischen und englischen Blätter be-
schästigen sich mit der, russischen Note und
deuten sic meistens im Sinne des Unsriedens,
Nußiand gibt nicht nach, ist ihre stets wieder-
holtc Klage. Von aüen bleibt nur „La Preffe"

ihrer friedlichen Richtung stets getreu; sie be-
weist, was man längst weiß, daß bei den An-
sprüchen der Polen eine jede europäische Zn-
tervention ganz zweckloS scin würde. Emil
Girardin hält es sür einen großen Fehler,
daß Frankreich mit Oesterreich in ein Bünd-
niß getreten, bkvor die italienische Frage zu
entscheidender Erledigung gekommen; er glaubt,
dieser Bund könne nur einen Augenblick dauern,
aber ein Augenblick sei schon zu viel. Ein
dauerndes Bündniß.könne zwischen ihnen nur
bestehen, wenn Oesterreich aus Galizien und
Venedig verzichtc. Da das aber nicht geschehe,
so könnten Rechbcrgs Depeschen an Gortscha-
koff nicht den geringsten moralischen Werth
haben, denn Oesterrcich halte fest an dcrjelben
Sünde, die es Rußland vorwerfe.

La France sagt heute von der jüngsten
russischen Depesche vom 30, Juli, sie zeuge
von den loyälen Absichten Rußlands, und ihr
ganzer Ton sei eine. Genugihunng für sdie
Würde Frankreichs; aber sie gcbe kcine poli-
tische Genugthuung. Zndessen liege es in der
Nalur der Sache, daß sie dies nicht shat, da
Rußland, ehe es Pie bevorstehende Äntwort
der drei Mächte erhalten, nicht weiter gehen
konnte; es könne nicht mehr nachgcben, bevor
man es von ihm versangt habe. Dic Depesche
vvm 30. Jnli löse die Fragc nicht, erleichtere
abcr die Lösung. Die ganze Verhandlung,
die nun rein vou allen Nebenstreitigkeiten
bleibe, habe keinen anderen Gegenstand als
das Princip, daß Eucopa ein Rccht der Ueber-
wachung über die Jnteressen der europäischen
Ordnung habe. Für die Mächte sei Polen ein
europaisches Jntereffe, für Rußland eine rus-
sische Angelegenheit. Daraus aber, daß Ruß-
land einen Congreß der drei Ostmächte vor-
schlage, laffe. sich erkennen, daß Rußland doch
eigentlich Polen nicht als einc auöschließlich
russische Ängelegenheit betrachte.

So weil kann man mit der France cin-
verstanden sein. Sie sagt aber weiter: „Wenn
man uns <L>avoycn und Nizz a strcitig machte,
würden wir darein willigen, die Frage Jta-
lien, mit welchem wir unterhandelt haben, und
dann Europa vorzulegen? Nein, denn Nizza
und Savoyen sind so ganz französische Fragen,
daß Niemand sich darum zum kümmern hat.
Nizza und Savöpen haben sich mit der fran-
zösischcn Nationalität verschmolzen. AnderS
ist es mit Polen."

Deutschland

Karlsruhe, 10. August. Wie wir ver-

nehmen, wird stch Seine Königl. Hvheit der
Großherzog gegen Ende der Woche nach
Franksurt begeben, um daselbst an einem, aus
Einladimg Seiner Majestät des KäiserS von
Oesterreich staltfindenden, am 16. d. M. be-
gi'nneiiden Congreffe der deutschen BundeS-
fürsten Theil zu nehmcn.

Stuttgart, 10. Aug. Se. Königl. Hoh.
der Kronprlnz kammt morgen von Genf hieher
und reist nächsten Freitag nach Frankfurt.
(Andere Blätter haben bereits gemeldet, der
Kronprinz werde statt Sr. Maj. des Königs
an dem Fürstentage Theil nehmen.) Nächsten
Donncrstäg kommt Se. Maj. dcr Kaiser von
Oesterreich hieher zum Besuch.

Frankfurt, 7. August. Wie man höxt,
nimmt die österreich. Circulardepesche, welche
die Einladungen zu dem bevorstehenden Für-
stencongreß enihält, auf die Erklärung Bczug,
welche der österreichische Gesandte in der Bnn-
destags-Sitzung am -22. Januar abgegeben
hat, nachdem die bekannten Anträge in Be-
treff deS DelegirtenprojectS abgclehnt worden
waren. Jn dieser Erklärung wahrte' sich die
k. k. Regierung das Recht der Vereinbarung
mit den dazu geneigten Regierungen außer-
halb des Bundestags zur organischen Ein-
führung „einer aus den Völkövertretungen der
Einzelstaaten hervorgehenden Gesammlvertre-
tung" rc. — Der Präsidialgesandke hat bereits
Anweisung erhalten, daS BundespalaiS, in
welchem auch die Cvnferenzen stattfinden, für
den kaiserl. Gast herzurichten. Auch für Hrn.
v. Rechberg soll bereits Wohnung bestellt wor-
Len sein. Der Kaiser wird schon am 15.
Aügust erwartet. Am 16. und 17. sollen die
Beralhungen stattfinden.

Frankfurt, 8. Aug. Dic meisten Fürsten
werden bereits am 15. d. M. in Frankfurt
eintreffcn.'' Am 16. und 17. August finden
Berathungen stati; den 18., seinen Geburts-
tag, will der Kaiser nicht in Frankfurt zu-
bringen. Die Berathungen müßten also, wenn
sie am 18. noch nichk zu Ende gediehen wären,
ohne den Kaiser fortgesetzt werden. Der Prä-
sidialgesanbte, bei welchem der Kaiser Ab-
steigquartier nimmt, hat beteitS Befehl er-
halten, . das Bundeöxalais, in welchem die
Berathungen stattfinben, herzurichten. Auch
für den Grafen Rechberg ist bereitS LogiS
bestellt.

Frankfurt, 9. August. Der am 16. d.
hier cintreffende Kaiser von Oesterreich wird
im Thurn und Tarisschen Palais auf der
großen Eschenheimergaffe wvhnen, woselbst
hiezu schon alle Vorbereitungen getroffen wer-

Der Spion Napoleons.

(Fortfttzuug.)

„Mchi Herr," redetc er dcn Holläiidcr an, „sprcchen
Sie obne Rückhalt, ich bin nicht gekommen, Sie
ihrer Freiheit zu bcraubcn. Hat dic Noth Sic
vielleicht zum Schreiben dcs Aufsatzcs gezwungen,
denn ich weiß ganz gcwiß, daß Si- einen sol-
chen vcrsgßt — brauchen Sie Geld? Hier ist eine
wohlgefüilte Börsc, fic stcht zu Jhrer DiSpofition.
Oder stnd Sic unzufricden, vicllcicht zurückgesctzt?
Verlangen Sie einc Anstcllung? Wan ist bcrcit,
Jhncn Gcrcchtigkeit «iderfahrcn zu laffcn; Sic
wiffen, mein Herr, cin Rcgcnt kann nicht überall
setn. Noch cinmal, sprechcn Sie, eö soll Jhncn
AlleS gewährt wcrden, nur gcbcn Sie die fataie
Schrift."

Der Holländer schwankte einen Augenblick, doch
ohne alle Garantie in Betreff der Ehrlichkeit dcr
Vcrsprcchungcn faßte er fich bald wicder.

„'Jch bin untröstlich," cntgegnete er endlich,
„Jhrcm Wunfche nicht willfahren zu können, so
pcrlockend »uch Jhre Anerbietungen sein mögcn,

> und zwar aus oem einfachen Grunde, als ich nichts
^ von dem Aufsatz weiß, den tch »erfaßt haben soll.

, Man hat Sic trrc gcführt und ich «iederhole Jhncn, '
! ich habe nie Etwas gegen die franzofische Regie-
^ rung geschrieben."

Als Herr von M. sah, daß L. unerschütterlich
blicb, brach er die Nnterhaltung ab. Der Hollän-
der wurde vcrhaftet, nach Frankretch geschleppt und
in ein dortigcö Staatsgefängniß geworfen. Man
hat nte wieder EtwaS von dem llnglücklichen ge-
' hört. —

Wo «ar denn aber nun der unhcilvoüc Aufsatz?
Wie war eS möglich, daß dcrsclbe den gcwandten
Dienern der franzöfischen Gewalt entgehcn konnte?

! Hiermit ging es folgendermaßen zu:

Knrz vor fekner Verhaftung hatte L. unvorsich-
tiger Wcise cinem seiner Bekannten, von dcffen

> Freu, dschaft er überzeugt zu sein glaubte, den Ent-
wurf dcrSchriftzurBegutachtung vorgelegt. Dieser,
ein vollendeter Schurke, hatte nichts Eiligcres zu
thun, alS an geeigneter Stelle fcinen Frcund zu
verrathcn. Glücklicher Weise erfuhr L. diesen schänd-
lichen Strcich noch zu rechtrr Zeit, um seine Arbeit
zu rctten.

Einem seiner Jugendfreunde, der in Prag wohnte,
fich jedoch Gcschästc halder zusälliger Weisc gcrade
in Lcipzig aufhielt, schenktc cr sein Vertraucn, und
diescm übergab er auch das Manuscript. Schon
Tags darauf rcistc der Letztere ab und nahm das-
sclbe mit fich fort. Dieser llmstand vercitelte das
Gelingen der Aufgabe deö Herrn v. M.

Der Leser würdc nun falsch rathen, «enn er
annchmcn «olltc, die französische Rcgierung habe
jetzt die Sache auf sich beruhen laffen. Am Gegen-
theil. Der Usurpator an der Scine wollte das
Manuscript um jedcn Preis haben und als er jctzt
bcinahe die Unmöglichkeit einsah, deffelben habhaft
zu werden, wuchs seine Hartnäckigkeit. „Thun Sie,
was Sie wollen," sagtc cr zu Herrn v. M., „aber
schaffen Sic mir dcn Aufsatz!" —

Man mußte also auf nene Maßregeln bedacht
sein. Zucrst begab sich M. zu dem trculofen Frennb,
dcr den Hollänvcr unglücklich gemacht hattc. Iener
hatte für seincn Verrath nur 500 Frcs. crhalten
und cs stand zu erwarten, daß er seine Anstren-
gungen mit denen der Polizei »erctnigcn werde,
wenn man thm cine ungleich größere Summe in
Ausficht stellen «ürde. Bei der dann folgenden
 
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