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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Juli
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Spnntag, LS. Zuli



kenncn, ist unwahr; Spanien wird die Schritte
FrankreichS und EnglandS abwartcn.

* Politische Umschau.

Minkster Eulenburg hat an dic RegierungS-
prästdenten einen Erlaß (den wir ausführlich
bringen werden) mitgetheilt, welcher Scham»
röthe in das Gestcht jedcs Deutschen trciben
muß. ES wird dcn Regierungsprästdcnten
aufgegeben, die Blätter zu unteidrücken, welche
eine rnssenfeindliche Haltung haben, denn es
seien die preußischen und die russtschen Jn-
tereffcn identjsch! Ferner wird den Präsidenten
»Beschlagnahme von Briefschaften" zur Er-
mittelung von Zeitungscorrespondenten em-
pfohlen. Es fehlt blos noch, daß den Präsi-
denten durch Circular aufgegeben wird, die
Druckerjungcn der oppositionellcn Blätter aus»
zufragen, und daß den Zeitungsverlegern per
Verwarnung besvhlen wird, den General Mu-
rawiew zu löben und Sibiricn alS Eldorado
zu preisen.

Die Kreuzzeitung ist über die Zusammen-
setzung des BureauS des statistischcn Congreffes
höchlkch erbost. Sie spöttelt: Herr Virchow
werde auf dem Congreß den Satz zu begrün-
den suchen, daß die Mehrzahl der Tvdesfälle
in Prcußen jetzt auS Schmerz über die traurige
Lage dcs LandeS erfolge, und Hr. Lelte werde
die Theorie vertreten, daß ohne die Ablösung
deS MinisterinmS BiSmarck die Ernährung
des Viehstandes täglich mit größeren Schwie-
rigkeiten verknüpft sein dürfte. Zum Glück
werde die Preßordonnanz vor einer allzu deut-
lichen Enthüllung der fortschrittlichen Statiftik
bewahren.

Der »Allg. Z." wird aus Wken von ver-
lSßlsther Quellc mi'tgelhei'It, daß die Vorschläge
znr deutschen BundeSresorm in diesem Augen-
blick der Sanction des Kaiscrs unterliegen.

Dieser Tage ist an der Hochschule zu Prag
dcr Profeffor der Zoologie, Dr. Stein, zum
Decan des philosophischen Professorencolle.
giums gewählt worden: dcr erstc Protestant,
der ein Ehrenamt an der Pragcr Universität
bekleidet.

Die russtsche Antwortnote ist in Wien an-
gekvmmen; ste nimmt die Vorschläge der Mächte
an, geht jedvch aus die Errichtung ciner pol-
nischen Nationalarmee nicht cin, zeigt die
Schwierigkeiten eines Waffenstillstandcs Ange.
stchts. der Aufregung im Heere und Volk Ruß-
lands, nnd behauptet, es sei. nicht ersordcrlich,
daß alle Mächtc einig seien, dainit eiue^ Con-
fercnz zusammcntrete.

Dic Mitthcilung einiger Zeitungcn, Spanien
wolle die amerikanische Conföderation aner-

Deutschland

Karlsruhe, 16. Juli. (11t. öffentliche
Sitzung der 2. Kammer.) Vorsitz: Hiwebrandt.
Am RcgierungStische: Staatsminister Dr. Sta-
bel und Mknisterialrath Ammann. Tagesord-
nung: Bericht und Berathung über die Ab-
Snvcrungen der 1. Kammer an dem Entwurfe
der Strafproceßordnung. Prestinari hat
bereits in voriger Sitzung angezeigt, daß die
Commission beantrage, sämmtlicheii Abände-
rungcn die Zustimmung zu ertheilen. DaS
Präsidium verliest die betreffenden einzelncn
Artikel; sie werdcn alle angenommen. Bei
§. 307 (Staatsanwalt bei Amtsgerichten)
stellt v. Stockhorn den Antrag, den Be-
schluß der 2. Kammer wieder herzustellen. Die
Staatsanwälte seien hicr nicht zweckmäßig,
zu kostspielig und zu verschleppend, auch kein
Bedürfniß. Ein solcher StaatSänwalt müßte
auS den Niederbediensteten genommen werden,
er wäre ein wahrer Strohmann. Kusel
hätte geglaubt, die 2. Kammer werdc dcn An-
trag der 1. Kammer freudig begrüßen und
froh sein, daß sie ihren ftühercii Fehler wie-
der gut zu machen Gelegenheit finde. Presti-
nari vcrtheidigt den Antrag der 1. Kamuier
und widerlegt die Behauplungen des Abg.
v. Stockhorn. Es würden sich namentlich
Stcüvertreter der Staatsanwaltschaft finden;
cr neunc nur die Gcndarmen, welche oft Mel-
dungen machten, die allgemein befriedigen kön-
nen. Er würde bcdauern, wenn der Com-
missionsantrag nicht genehmigt würde. von
Stockhorn würde bcdauern, wenn die Gen-
darmen durch die Stellvertretung der.Staats-
anwaltschaft ihrem eigentlichen Beruse ent-
fremdet würden. Prestinari: DaS werdc
nicht der Fall sein. Eckhard, Achenbach
und Moll erklären ffich entschicden für den
CoiriirnsstonSanlrag. v. Stockhorn: Der
Gendarm werdc in der Regel zugleich Zcuge
sein und das sei.gefährlich bei aller Achtung,
die er der Gendarmerie zolle, und bei Amts-
gerichten finde ja der Recurs statt. Herth
unterstützt den Antrag v. Stockhorn's, viele
Juristen seien gleicher Anstcht und die Budget«
frage sei auch zu bedenken. Ministcr Stabel:
Die Frage sci nicht so wichtig, daS Anklage-
verfahren werde im Wesenllichen doch durch-
geführt; die Rcgierung könne, wo nöthig, den
Staatsanwalt besteücn, oder einen Vertreter
ernenncn. Nothwendig halte er dies jedoch

nicht und die Einrichtung werde kostspielig u.
oft etwas widerlich für den Zuschauer. Kirs-
ner glaubt, man sollte die Erfahrung ent-
scheidcn lafseii und bei dcm alten Beschluffe
bleiben, wenn auch die Kosten nicht so hvch
stcigen würde», als man glaube. Allein aus
Rückstcht für die hvhe 1. Kammer werde er
für den Cvmmissionsantrag stimmen. Nachdem
noch Berichterstatter Prcstinari für diesen
gcsprochen, wird der Antrag v. Stockhorn's
mit allen gcgen 7 Stimmen verworfen und
der Commisflonsantrag angeuommen. Weitere
Gegenanträge wurden nicht gestellt und nur
die 88. 323 und 364 hatten noch Veranlaffung
zu juristischen Besprechungen gegeben. Bei
Namensaufrus erhielt das Gesetz einstimmige
Annahme. Achenbach zeigt den drucksertigen
Bericht über Häußer's Motion, dic Minister-
verantwortlichkeit betreffend, an. Schluß der
Sitzung.

Karlsruhe, 16. Julk. Am Schluffc dieses
Landtages werdcn folgende Abgeordnete durch
Erlöschung ihres Mandats aus der zweiten
Kammer auStreten: Hägelin, Oberamtsrichter
in Freiburg (Stadt Freiburg); Dr. Lamey,
Staatsrath (Bezirksamt Lörrach); Heiden-
reich, Bürgermeister (Bezirksamt Müllhcim);
Federer, Gerbermeister in Ehrenstetten (Aml
Stanfen und Orte deS ehemaligen AmteS Hei-
tersheim); Wagner, Stadtpfr. (Stadt Lahr);
Eckhard, Rechtsanwalt (Stadt Offenburg);
Lenz, Kausmann (Stadt Psorzheim); Dahmen,
Privatier in KarlSruhe (Aemter Wolsach,
Haslach, Triberg und Hornberg); Kamm,
Bürgermeister in Beuern (Aemter Baden aus-
schließlich Stadt, Gernsbach u»d Orte deS
aufgelösten Amts Steinbach); Artaria, Kunft-
händler, und Moll, Kaufmann (Stadt Mann-
heim); v. Runkel, Zollverwalter in Mann-
htim (Stadt Wertheim); Dr. Herth in Hei-
delberg (Aemter Philippsburg und Schwetzin-
gen); AUmang,,Pfarrer in Heddcsheim (Ober-
amt Heidclberg ausschließlich der Stadt);
Fröhlich, Geh. Regierungsrath in Karlsruhe
(Amt Ncckarbischofsheim und ein Theil des
Amtes Mosbach).

Karlsruhe, 17. Zuli. Als Beiräthe sind
erwählt: die Hauptlehrer Hug in Maiinheiui,
Lang in Steinbach, Leitz in Brötzingen, Kiefer
in Freiburg, Fuchs in Mühlburg, Maier in
Pfnllendorf, Heizmann in Heivelberg, Spengler
i'n Mannheim, Riegej in Altbreisach, Joos in
Reustadt, Riegel in Ladenburg, Wcckcsser in
Kirchardt. Ernannt wurden: die Seminar-
directoren Stern, Bobeninüller und Schuler;
die Profefforen Dr. Schröder und Bau-

Eidgenösfisches Schützenfest.

Ueber die Schützenfahrt der Dcutschcn von
Bascl bis Chaur de Fonds tst noch Einiges
Iiachzutragcn. Jn Olten hielt dcr preuß. Abg.
Vi-rchow eine Rcde, «orin er ausführte, wclche
Bedcutung das schwcizcrische Kadettenwesen für die
Ruhe und den Frieden, so wic für die Kräftiguug
des gesaminten Vaterlandcs habe, und wie Deutsch-
land nur in diesem Zeichen siegcn werde über die
Knechtschaft undZersplitterung und überallesVolks-
elend. „Weß das Herz voll, dcß geht der Mund
über", sagc ein Sprüchwort. Jhm, dem Redner,
sei iS heute nscht so gegangen. Scin Hcrz sei voll
zum Zerspringen, aber dcr Mund findc die Worte
nrcht, die Fülle des HerzcnS auszusprcchcn. Er
schäme sich nicht zu sagen, daß cr geweint habe,
hellc Thränen gcweint beini Anblicke des Kampfes
der jungen Ktieger und ihrer Haltung (die Ka-
datten führten vor den Fremden ein gelungencs
Manöver auS). Und er habe sich „mgeschaut nach
seinen Kameraden, unv keinen einzigen habc cr
geschen, dcr nicbt mit ihm geweint hätte. Da habe
cr sich sagen müffen: nicht bloß jcder Zoll an die-
sen jungen Kricgern ein Mann, ein Repnblikaner,
sondcrn jeder Zoll ctne Schwciz, jeder Einzclne
«ie ein Kalkfcls im Juragcbirge, das noch langc
nickit erobert sci, wenn auch ein einzclner Fels gc-
sprengt «ürde. Das sci wohl der größte Gcwinn,
den dle deutschen Schützen init nach Hause nehmen:
„dic Erkenntniß der Bedcutung e ner militärischen

Jligcnderziehnng im Geiste dcr Eidgcnoffenschaft."
Mit eincm douncrndcn Hoch auf diesc schloß die
Rcdc von Virchow. Jn Herzogen buchsee be-
grüßtc der Landoberrichter Imobcrstcg die Dcut-
schcn, dem Rcdakteur Jungcrmann antwortetc.
Jn Nruenburg sollcn dic Empfangsdekorationcn
völlig zanberhaft gcwcscn scin. Dort bewillkomm-
netc Ilr. Gnillaume die Gäste in dcutscher Sprachc.
Jhm aniwortcte vr. Müllcr, der Präsibent des
vorjährigcn Frankfurter SchicßcnS, mit ciner Hul-
dignng auf dic Schwciz und Ncucnburg. Er ver-
barg es nicht, daß die beutschen Schützen wcgen
der traurigcn öffcntlichen Verhältniffe ihrer Hci-
math mit cinem gebrücktcn Gefühl das schöne Land
der Freiheit und Einigkcit bctreten habcn. Er
machte dcn Dcutschen den Vorwurf, daß sie immer
noch zu vicl Unterthänigkcitssinn hegen. Als er
die noch unerfülltcn dcutschen Hoffnungen bcrührte,
crtönte von allen Scitkn dcr Ruf: oolu vienära!
Nach ihm sprach vr. Grün («ie auch in Olten),
und zwar franzöfisch. Er knüpfte an die Züricher
Hirsebreifahrt nach Straßburg an und sagte, daß
si- mit cinem solchen Topf nach dcr Schwciz kom-
men, um ihn mit dem heiligen Feucr der Fr.iheitS-
lirbe füllcn zu laffen. Danu bat er dic Neuen-
burger, sie möchten die Deutschcn in ihrcm täg-
lichcn Gebct: „crlöse uns von dem Uebel", untcr-
stützen. Sic haben ja vor nicht sehr langer Zcit
auch so gcbetet und das Uebel, das die Neuenbur-
gcr d.imals gedrückt und von dem fie in nencstcr

Zcit befreit wordcn, sei das nämliche gewcsen, das
jetzt auf den Deutschen laste. (N. Schw. Bl.)

Uebcr denFcstplatz inLachaurdefondS llest
man in Schweizer Bl.: Die Festhüttc, die für
4300 Pcrsoncn bcrechnet und hübsch bcmalt wurbe,
gleicht innen cinem Gebüsch, so fehr wurben die
Wälder zu ihrer Tapezirung ausgebeutet. Ein guter
Gebanke «ar es, daß man das SchützcnhanS der
„Lrmos reuuies", den Mittelpunkt deS Schießstan-
dcs, als Alpenhüitc behandclte und daS Dach mit
mächtigen Felsstücken dccktc. Der Gabcntcmpcl trägt
die Jnschrift: „der Tribut bcr Schwcizer zwcier
Weltcn, gcsendct ihrer gemeinsamen Mutter." Unter
den Gaben werden am mcisten bewundert das Sil-
bergeschirr der Schweizer in Paris, die Gold- und
Silbcrharren der Schwelzcr in Shanghat, die Sil-
berbarrcn der Schweizer in Kalifornien, die vracht-
vollcn Becher von Frankfurt und das Service der
Loge von ChaurdefonbS. Dcr Schützenplatz ist von
cincm ungeheurcn Markt umgebcn: Panorama's,
Diorama'S, Polyorama's, Herkuleffe, Lottcrien,
mikroSkopische Schießen, Gaierien, Magnetiseurs,
Wahrsager, Menagerien, Photographien; kurz,
aller Augen- und Ohrenschwmoel, den ein Mensch
für vier SouS vcrlaugen kaun. — Eine Jnschrift
in Bascl beimEmpfaiia dcrdeutschenGästclautete:
Seid willkommcn Staniingenoffen,

Seid einig und dann seid ihr stark.

Für's Vaterland recht drav gcschoffen:

Dann zittcrt dkr Feind Bis tns Marck.
 
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