Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
August
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2801#0141

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Dienstag, II August

IasertionSgebübren für dke Sspaltige Pttit-
;eile werden mit 3 kr. berechnet.

L8S3.

» Auf die „Heidelberger
Zeitung» kann man stch
noch für die Moüate
August und Zeptembrr mit 36 Kreuzern abon-
niren bet allen PostanstalteN, den Boten mid
Trägern, sowie der Erpedition (Schiffgaffc
Nr. 4).

* Politische Umschau.

Die Nachricht, vaß der König von Preußen
nicht auf dem Frankfurter Fürstentag erschei-
nen wird, bestätigt stch. Wie wir aus guter
Quelle vernehmen, ist die ablehnende Antwort
von einer motivircnde» Circulardepesche an
die deutschen Regierungen begleitet. Weiter
vernehmcn wir noch, daß von der Zollfrage
iu dcm kaijerlichen Haiidschreiben, welches die
Einladung zum Fürstentage enthält, keine Rede
ist nnd daS Vorkommen der Frage aus letzke-
rem dem Zufall unterworscn dleiben dürfte.
Rach dem Jnhalt des kaiserlichen Handschrei-
bens handelk es sich nur um eine politische
Reform der Bundesverfaffung.

„La France" gibt eine Erklärung, weshalb
die Mächte beschloffen haben, nicht eine ge-
meinschaftliche Noie zu erlaffen. Eine gemein-
schaftlich unterzeichnete Note der drei Mächte
wäre einc Art Ultimatum gcwesen, alsv der
Borläufer cines Bruches; eS wäre damit die
Angelegenheit aus dem Kreisc der Unterhand-
lungen herausgelreten uud gewiffermaßen das
erste Wvrt deö Krieges ausgesprochen worden.

Zn Paris war nach den letztcn Mittheilun-
gen allgemein das Gerücht verbreitet, Ruß-
land beschreitc jetzt einen friedlicheren Weg.
Auch wir vermögen bic jüngste Depesche des
Fürsten Gortschakvff, welchc uns das „Peters-
burger Zournal" vom 6. b. gebrachk hat, nur
in einem versvhnlichen Sinne zu deuten.

Es läßl sich nur als ein enigegenkominen-
des unb nachgiebigcs Versahren erkennen, daß
der Fürst die bcvorstchenden Nvten nicht ab-
gcwartet hat, um seine Erläuterungen über
ven Sinn seiner Dcpeschen vom t3. Zuli L»
geben. Jndem er dies that, hat er ohne Zwei-
sel im Auge gehabt, daß nach biesem neuesten
Schriit der russischen Diplomatie die drei
Mächte nicht umhin können, nun auch burch
ihre Noten eine milderc und mchr vertrauens-
volle Stimmung als bisher hindurch klingen
zu laffen.

So lange die polnische Angelegenheit über«
haupl eine Frage der Politik bleibt, so lange
sie nicht von dem Standpunkte der nationalen
Berechligung der Poleu behanbelt wird, so

langc cs sich dabei nur um Zwccke der Re-
gierungen uftb nicht um dic Rechte der Völker
haubelt, sö lange wird Rußland bei dieser
Angelkgenheit im Vortheile bleihen , so lauge
werden die unbesiegbaren Waffen der gesunden
Vernunft für Rußlands Diplomatie streiten.
Sb langc ist abcr auch kcin vcrnünftiger Grund
für die Regierungen vorhapden, eine andere
zu bekriegen, der sie nichts vorwerfen können,
als ungefähr das Nämliche, deffen ste sich un-
bedcnklich bei jeder Vortheil bietenden Gelegen-
heit schuldig machen.

Deutschland

Karlsruhe, 8. Aug. OrdenSvrvlethuug. Se. Kgl.
Hohett der Gro ßherz og haben Stch unter dem 9. Zult
d. Z. gnädtgst bewogen gefunden, dem außerordentltchen
Gesandten und bevollmächttgten Mtntster am königlich nte-
derläudtschen Hofe, Geh.-Rath Dr. v. Mohl, den Stern
zu dem berettS tnnehabenden Commandeurkreuz deS OrdenS
vom Zährtnger Löwen zu verlethen.

Durch Allerhöchste Ordre vom 5. d. wird Major Frttsch vom
ArmeecorpS, Platzmajor und GarnisonSverwaltungSofficter
bet der Commandantschaft Mannheim, auf setn unterthä-
ntgsteS Ansuchen von dtesen Functtonen entbijnden.

Dienftnachrichten. Se. Kgl. Hoh. der Großherzog
haben Stch unter dem 25. Jult d. I. gnädtgst bewogen
gefunden: den uach höchster Entschlteßung vom 26. Zuni
d. Z. für. die Beztrksforstet Pfullendors bestimmten Be-
ztrksförster Vogt, z. Z. in Kippenhctm, auf dte inzwischen
tn Erledtgung gekommene BeztrkSforstet Ballenberg zu ver-
setzeu, und dte BeztrkSforstet Pfullendorf dem Forstpraktt-
kanten Emtl Schütt von Rastatt, derzett Verweser dteser
BeztrkSforstet, unter Eruennang deffelben zum landesherr-
ltchcn BeztckSförster, zu übertragen; den ordentltchen Pro-
feffor der Theologte an der Untverfität Fretburg, Geh.-Rath
Dr. v. Htrscher, wegen vorgerückten Alters, setnem unter-
thäntgstLy Astsuchen gemäß und unter Anerkeunung setner
langjährtgen, trcuen und ersprtcßltchen Dleyste, tn den
Ruhestanb zu versetzen.

Karlsruhe, 5. August. Das bereits er-
wähnte provisorische Gesetz, die besondern Er'n-
richtungen sür die evangel. DLöcesen Mann-
heim und Heidelberg betreffend, lautet:

Nach § 106 der evangeltschen Ktrchenverfassung sind für
dte Diöcesen Mannhetm und Hetdelberg, welche nach § 59
ebendaselbst gemeinschaftltch etne Dtöcesansynode und einen
Dtöcesanausschuß. btlden, besondere Etnrtchtungen vorbe-
halten. Zum Vollzug dteser Besttmmung verordnen Wlr
auf den tm Eiuverständntß mtt dem GeneralsynodalauS-
schuß grstellten Antrag UnsereS cvangel. OberktrchenrathS
nach Ansicht deS § 114 der Ktrchenverfassung provtsortsch
wte folgt:

§ 1. Die belden Kirchengemetnden Mannheim und Hei-
delberg bilden einen ktrchltchen Verband, welcher unter der
Leitung etneS gemeinschaftltchen DecanS steht.

§ 2. Die gcmeinschaftltche Dtöcesansynode wählt den
Decan nach § 52 und den Dtöcesanausschuß uach § 55
der Ktrchenverfassung, den Letzteru jedoch tn der Art, daß
je etn geistltches und etn weltltcheS Mttglted jeder der bet-
den Ktrchengemetnden angehört.

§ 3. Dem Decan kommen alle diejentgen Befugnisse
und Obliegenhetten zu, welche nach der Kirchenverfassung

tm Allgemeinen dem Decanat zustehen, foweit ntcht tn
nachstehenden Besttmmungen etne Aenderung fchgesetzt ist.

§ 4. Dte Anordnnng der tnterimtsttschen GcschäftSbe-
sorgung Ln vorübergehenden Fällen (8 1Ü6, Ziffer 4 der
Ktrchenversaffung) wird der Gesammthetd der Pfarrer einer
jeden der betden KLrchengemeinden übertragen. Dieselben
treten zu dtesem Zweck und tn allen Angelegenhetten deS
PfarramtS (8 92 der Ktrchenverfaffung) zu collegtaler Be-
rathung und Beschlußfaffung zusammen.

8 5. Dte Erthetlung von Nachficht 1n den durch § k06,

. Ziff. 5 der Kirchenverfaffung dem Decanat zugewtesenen
Fällen und die Entschetdung über Zurückweisung bereits
aufgenommener Confirmanden von der Confirmation und
über Aufnahme von Solchen, dte zur evangeltschen Ktrchc
übertreten wollen (8 106', Ztff. 5 und § 37, Ztff. 4),
wtrd den-Ktrchengemelnderäthen etnex jedea. dcr betden
Ktrchengemeinden übertragen. Von thrön Enkscheldungen
über dte Aufnahme von Converttten haben dtefelben jewetls
dem Decan Anzekge zu machen.

8 6. Den betden Kirchengemetnden Mannheim und
Hetdelberg verblcibt für thre ausschließlich örtltchen Angc-
legenhetten das Recht des unmtttelbaren VerkehrS rnit der
Oberktrchenbehörde. Bei solchen örtltchen Angelegenheiten -
dagegen, drren Erledigung der Diöcesansynode vder ihrem
AuSschuß vorbehalten ist, sowie bet Personalangelegenhetten
der Geistlichen wtrd der Verkehr mit dem Oberktrchenrath
durch das Decanat vermtttelt. ,

8 7. Bet den collegialen Berathungen führt der dienst-
älteste Pfarrer oder bei dcssen Verhtnderung der nächstälteste
derselben den Vorfitz. Der Vorsitzende vermittelt den Vcr-
kehr zwischen dem Oberktrchenrathe und hen Getstltchen und
Kirchengemetnderäthen. Zedem Pfarrer ist gestattct, ein
Separatvotum beizulegen, welches jedoch den andern Pfarrern
bekannt gegeben werden muß.

8 8. Mtt dem Tage.der Bekanntmachung dieseS Ge-
setzeS hören dte Stadtdecanate Mannhetm und Heidel«
berg auf.

Gegeben KärlSruhe, den- 22. Zuli 1663.

Friedrich.

Nüßltn.

Auf Seiner Königl. Hoheit höchsten Befehl:

Goldschmtdt.

Karlsruhe» 8. Aiip. Die Theilnahme
des Großherzogs an drm Franks'urter Fürsten-
tag söll außer Frage stehen.

Lahr, 6. Aug. Unsere Eisenbahnangelegen-
heit isi nun wieder eiiien bedeutenden Schritt
wciter gerückt. Vom Gemcinderath aus tpurde
die Bildung einer Aciiengesellschaft vyrgeschla-
gen, da dadurch alle Beaufstchtigungen und
Hemmungen, welchen die Stadt unterworsen
ist, fallen. Der vorläufige Kostenüberschlag
beläuft sich aus 120,000 bis 130,000 si., und
da die Siadt sich selbst namhaft bethciligen
soll, wurden nur 100,000 fl. zur Actienzeich-
nung ausgelegt, dle jetzt nach kaum 6 Tagcn
gedeckt stnv.

Frankfurt, 6. August. Außer der Vor-
lage der Aittwort des dänischen Ministers v.
Hall vom 24. v. Mts. auf die Anzeige des
Biindesbeschluffcs vom 9. Juli ln Kopenhagen
durch Oesterreich und Preußen ist in der heu-
tigen Bundestagssitzung nichts politisch Er-
heblicheS vorgekommen. Oesterrcich und Ba-

Der Stzion Napoleons.

Wohl unter wenig Rcgenten fand cin so gut
organisirtes, ja in seiiier Art surchtbares Spionir-
sqslem Platz, als.unter dem crsten Napoleon. Dic-
jeuigcn, welchen es vergönnt gewesen, in dic Ein-
richtung dieser gehcimen Polizei cinen Blick zu thun,
konirten nicht anders glauben, ais: cs sei der Plan
zu bcrselben in der Höllc selbst angeiegt. Machia-
pelli's Abhandlung „vom Fürstcn" — dies Wcrk
durchdachteri Ncrbrechens — muß erblaffcn neben
den Anftaltcn des kars. napoleonischen SpionwescnS.
DieskL Ungcheuer, den Augeu des großen Hauscns
uufichtbar, schrecklich allen Denen, die durch cinc
unbedachte Acußcruug, durch eine uribesonnene That
den Argwohn des GewalthaberS auf flch gczogen
und »on Lemselben dann auf Schritt und Trilt
verfolgt, dtcses Ungeheuer, es hatte, dem Polyp
gletch, Tausende »on Armen, mit denen eS, rastlos
dhätig Tag und Nacht, scine Beute ergrtff, Tau-
sende von Ohren, die freundschastlichen Mitthei-
lungen, die vertraulichstcn Ergicßungen, die ge-

heimstcn WLnsche und Begierden, dte Seufzer der
llnterdrückten zu bclauschen. Bald Angeber, bald
Richtcr, bald Hcnkcr, war dicS treulose Chamäleon
ein Gemisch von Personcn aus allcn, den tiefsten
«te den höchstcn- Claffen der Gesellschast. Jeder,
der stch Verschlagenheit, Heimtückc, Gcwiffcnlofiig-
keit und entsprecheadc Gewandheit zu etgen gemacht,
konnte in diesem Jnstitut ctner Anstellung gewiß
sein nnd cs bald, wcnn cr dte nöthtgcn Eigenschaf-
ten im rrforderlichcn Maße besaß, zu ctwas Großem,
Gcld und Ehren brtngen.

Alle Stufen des AltcrS waren in der geheimen
Poltzei vertrcten, denn «ic »ielsettig war auch dte
Thätigkett dersclben! Hicr war zur Erlangung der
gewünschten Aufschlüffe das ergraute, chrwürdige
Haar des Greises, dort das fcurige, einnehmende
Tempcrament des Iünglings, hier wieder die rosige
Füllc einer jugendltchen Mädchcngestalt, dort der
gemcffene Ernst des Denkers nöthig, um Vcrtrauen,
um Zuncigung, kurz um alles DaS zu vcrwcnden,
was eben Leu Intriguen dcrselben förderlich sein
konnte. I» sogar Ktnder dienten dicsen Agcntcn
als Werkzeuge, natürllch solche, die fich durch ftüh- !
zeitigen Verstand, dnrch natürliche Anlagen nnd !

einnchmendes Äeußerc auszcichnetcn. Diese schwachen
Geschöpfe wurden in der Kunst untcrrichtct, fich
unter diejenigcn Leute zu schleichen, deren Gestn-
nungcn dte Regirrung zu erfahren wünschte. Nic-
mand nahm fich vor diesen kleinen Vcrräthern in
Acht und nur zu bald wußte der Schurke, welcher
sie abgeschickt, mchr, als er zu wiffcn nöthig hatte,
um sein Opfer dem Verderben zu weihe». Der
schrecklichste dcr Schrecken dleses satanischen Jnsti-
tuts war jedoch die „cytherische Eohorte", und fle
eben btldet auch dcn Vorwurf di-ser Erzählung.

Die „cytherische Cohorte" bestand aus einer Ge-
scllschaft von Pcrsonen b-idcrseitigen Geschlechts.
Alles, was Jugcnd, Sch-nheit, Anmuth und Ta-
lente Verführerisches bei betden Geschlechtcm zu
kietcn im Stande warcn, sah man in Lerselbcn
vcreinigt. Herrlich g'cbaute Jünglinge, retzendc
MLdchen, welche Letztere flch größtentheils durch
eigne Schulv, durch Verschwenduug zu Gmndc
gerichtet, deren L-idenschaften aber ntcht erloschcn
und die auS dicsem Grunde nur rin Ztel batten:
stch wieder in den Besitz dcs »erschcrzten Mammons
zu sttzen, gaben stch ohne Scham den schändlichen
Machinatioiikn eines Despoten, der selbst unur
 
Annotationen