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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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August
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M 1SL


D-nnerstag, 2« August


1863.

* Politische ttmschau.

Das Organ der preußischen Liberalen, die
»Berl. Allg. Z.", sagt am Lchluffe eines Ar-
tikels: „Eiae königliche Botschaft, welchc den
Landtag schleunigst wieder einberust, und ihm
den Standpunkt der Krone in der deutschen
Frage vorlegt, welche ihm zugleich eine deut-
liche Znterpretation der Versaffungsbestimmun«
gen, das Recht der Budgelbewilligung und die
Schranken der Octropirungen betreffend, zur
Sanction unterbreitet, und die Verfügungen
zurücknimint, welche auf Grund eincr ange-
fochleneii Jnterpretativn erlaffen sind: — eine
solchc königliche Botschaft würde der Krone
Preußen eine Stellung geben, daß zehn Fürften-
tage tein Bedeuken erregen würdcn. Zft deun
das Ansehen deS Königs von Bapern gemin-
dert, seitdem er stch mil dem Landtag verstän-
digt hat? Allerdings würtzen zur Gegenzeich-
nung ei'ner solchen Botschast neue Ramen ge.
hören; indeß die würden ja wohl zu finden
sein."

Die „Südd. Ztg." äußert: WaS nun die
Fürstenconfe'renz aus dem karserlichen Vor-
schlage machen wird, läßt sich abwarten. Der
Glaube an mchr vder weniger.unveränderte
Aniiahme des Wesentlichen — und aus diese
soll es auch Oesterreich aüein ankommen —
herrscht im Publtkum offenbar vor. Hoffent-
lich ist dabei das Selbstgefühl gewiffer Sou-
vcräne nicht zu gering angeschlagen. Zn jcdem
Fall scheint Oesterreich entschloffen, die nicht
unglücklich begonnene Sache mit aüer An-
streugung zu etiiem möglichst raschen und be-
friedigenvcn Ende zu sühren. Sobald der
Fürstencongreß sich über die Hauptfragen vcr-
ständigt haben wird, svüen anscheinend hier
die Miiilsterialconferknzen beginnen, die das
Befchloffene wirklich ausführbar zu mache»
haben. Den hiestgen Diplomaten ist öster-
reichischerseits, wie man «rfährt, schon früher
auöeinandergeseßt worden, daß man endlich
den tn Deutschland aufgehäuftcn Zündstoff
durch wohlbemeffene Conctssiouen an das Na-
tionalgesühl aus der Welt schaffen mü»e.

D e ü t s ch i a »» d

O Aus dem Qberlande, 15. August.
Die Gegner der Schulrefvrm haben plötzlich
ibr Slillschweigen, welches sie seit dein Er-
scheine» rer 44 Thejen Gr. Oberschulralhs in
dteser Sache beobachtct, gebrochen. Namcnl-
lich ist es die Partei des „Lad. Beodachters"
und deS „ev. Kirchen- und Volksblatteo", die

in ihrem altbekannten Treiben, daS lediglich
auf die Erringung der ausschließlichen Herr-
schaft ,'n Kirche und Staat abzielt, keine Mittel
schcut, um ihren Zweck zu erreichcn. Die
maßvollen Vorschläge des Gr. Oberschulraths
in dcr Schulreform, das rückstchtsvolle Ent-
gegenkommen der Staatsbehörde gegen die Kir-
chcnbehörde wl'rd von dieser Parlei mit Uebxr-
muth und Verkennung aller Nechte eines con-
stitutionellen Staates von der Hand gewiesen,
resp. man antwortet darauf mit einer Kriegs-
erklärung; diese .Partei geht in ihrer Wuth
so weit, daß sie ihren hochwürdigsten Ober-
hirten aufzufordern gedenkt, iil einem Hirten-
brief zn erklärenr „die Religion sei in Ge-
fahr." Freischulen, ja Freischulen wollen
diese Herren und da niöchten sie das Vvlk
hineinlocken, resp. die liebe Jugend, um sic
nach ihrem Spsteme und zu ihren hierarchi-
schen Zwecken zu erziehen. Um dcnselben zu
erreichen, sollen Bezirks- und Landcsversamm-
lungen abgehalten werden, in denen gemein-
same Schritte 'gcgen die Schulresorm ö« be«
rathen seien. Der Anfang wurde bereits ge-
macht in cinem Bezirke und eine Anzahl kath.
Gei'stlichcr erklärten, daß sic nicht in cinen
Ortsschulrath treten würdcn, in dem man den
Geistlichen nicht als Vorstand gcseßlich ein-
setze und i'n dem der Vorstand gewählt werde.
Eine Denkschrift gegen die Erörterung des
Dir. Knies zu den 44 Thesen ist bereitS in
Arbcit genvmmen! AngesichtS di'eser Erschci-
nungen ist es heilige Pflicht auch der katho«
lischen Bürger, daß sie, wie die prot.
Bürger in Durlach, zusammentreten und sich
vffen und freimüthl'g über dic Schulre-
forin aussprechen und dem stets maßloseren
Auflreten eincs klc.inen Häufleins mit Ent«
schiedenheit entgegen trelen. Es ist zn be-
dauern, wenn in jetziger. Zeit Bürger noch
in Sachen der Jugenderziehuiig kalt u. gleich-
giltig sich zeigen!

F»:ankfurt, 18. August. Soeben ,'st der
Kvnig von Sachscn mit der Colleclivein-
ladung der Fürst'en an den König von Preuße»
mittelst Sonderzug nach Baoen abgereist.

Frankfurt, 18. Aug. Zur Ergänzung
des gestcrn mitgetheilte» Bundcs - Neforment-
wurfS entnehmen wir einer eingchciiden Mit-
theilnng der „Frkf. Postztg." noch fvlgende
Einzelheiten:

Den Vorfltz im Directorium uud im Bnndes-
rathe behält Oesterreich; übriaens sinb mit
dkmselben keine andern Befiignissc verbuiiden,
a>S die zur soxmeüen Lei'kung dcr Geschafle.

Jm Directvrium werden alle Eiitscheibungen

ohne AuKnahme mit einfacher Stimmcnmehr-
heit eutschiederi; im Bundesralhe ist einfache
Majorität die Negel; die Fälle, wo eine Ma-
jorität von 2/g oder mehr Slimmen ersorder-
lich ist, werden ausdrücklich festgesetzt.

Jm Bundesrathc werden die Directorialhöfc-
t'n der Regel durch die Direciorialbevollmäch-
tigten vertretcn; sic kLnnen aber für den er-
steren auch besvndere Geschäftsmänner bevoll-
mächligen.

Das Dircctorium übt die vollziehende Ge-
walt ganz felbpständig aus, indem dasselbe
für diese Function durch den Bundesrath nicht
beschränkt ist; in den Angelegcnheiten der
Bundesgesktzgebulig aber hat cS die Gesammt-
heit der Regierungen nur asij den Grund von
Beschlstffen des Bundesraths, b'eziehungsweise
her Fürstenversammlung zu vertreten.

Die auswärtigen Verhältniffe anlangend,
so steht dem Directorium bie völkerrechtliche
Vcrtretung des B»ndes in seiner Eigcnschaft
als GesammtMacht zu, und daffelbe wird dem-
nach zum Zweck der Unterhandlung über Ge-
genstände der Bundesthätigkeit diplomatische
Agenten jeden Ranges bei auswärtigen Staa-
ten je nach Bedürfniß beglaubigen.

Zum Abschluß internationaler Verträge i'st
die Ratisication der Fürstenversammlung, be-
ziehungsweise dcs Bundesrathes erforderlich,
und sofern dicselbcn den Bkreich der Bundes-
gesetzgebung berühreN, bedürfen fle außerdcm
noch der Zustimmung der BundeSabgeordneten-
Versammlung.

Die nach der Bundes-Kriegsverfaffung dem
Bunde zustehcnden Befugniffe gehen auf das
Direckorium über, welches insbesondere die
Kriegsbereitschaft und Mobilmachung des Bun-
desheeres oder einzelner Theilc tesselbcn zu
beschließen, für die Bundesfestungen zu sorgen,
deu Bundesfeldherra zu ernennen, die Bildung
des Hauptquartiers und der Heeresabtheilun.
gen zu veranlassen, sowie eine eigene Bundes-
kriegskasse zu errichten hat. '

Däs Bunbesheer trägt im Bundesdi'enste
die Abzeichcn des Bundes, so daß das schwarz-
roth-goldenc Banner über Deutschlands ver-
eiiiten Schaaren wehen wird.

Zu einer Knegserkläruüg deS Bundes ist
ein ziisti'mmender BundeSrathsbeschluß erfor-
Lerlich.

Die Fri'edensunterhandlungen wcrdcn vom
Directorium durch dessen Bevollmächtigte gr-
führt. Zur Annahme und Bestätigung dcs
FriedensvertragS muß dagegen ebenfalls ein
Bundesrathsbeschluß veranlaßt werden.

Die B u nde S a b g e or d n e t e n'bezicheii

Das Erdbebm in Manilla.

(Schluß.)

Nur die Jngcnieurschule und ein an Las Köüigs-
thor anstoßcnbeS GebLudc haben unsercs WiffcnS
nicht gelitten. Dic Augustincrkirche ist die einzige,
in der GotteSbienst gehalten «crdcn kann.

Rux äußerst Wcnigc Privatw-Hniingeit sind be-
wohnbar gcbliebcn. Die meisten müssen reparirt,
vicle cingeriffcn- werdcn.

Zn der Vorstadt ist die Zahl eingestürzter Häu-
ser und umgckommencr Mcnschen noch größer. Jn
Rinondo ift der berühmte Thurm und ein Thcil
Ler Kirche cingefallen. Einc Anzahl DLcher sind
zertrümmert, und auf dcm Markt de la Divisoria
wurdcn ungefLhr 40 Mcnschcn getödfet. Zm Gan-
zen wurdcn in Rinondo 145 Lcichcn und 39 Ver-
wundete aufgegrabcn. Jn Santa Cruz zLhltc man
gestern Morgen 25 Todte und 22 Verwundete;
Kirchc und Gefangniß habcn stark gelittcn; vicle
HLuscr find ganz erschüttcrt. Auch in Quiapo sind
die GcbLudc stark beschädigt, dic Kirchcn sind nn-
brauchbar gcworden; dort zahlte man bis jetzt
S3 Todte und 2 Verwundctc. Zn Fondo steht

kcin cinzigcS Haus mehr; man hat 23 Todte ge-
fundcn. San Migucl hat am «cnigsten gelitten;
bort zqhlt man nur 10 Verwuudcie.

Die Kcsammtzahl dcr Todtcn in dcr Stadt be-
tragt 235, der Verwundeten 85; doch lLßt sich
bcidcs noch nicht mit Kenauigkeit bestimmcn.

Zn Mortel Portin habcn sich vicle AnglücksfLlle
ercignct, weil sich dic Truppen dork befanden, als
daS Dorf cinstürzte. Noch gestcrn zog man Lcichen
daselbst hervvr.

Dcr Vcrlust an Hab und Gut läßt sich natürlich
noch »icht bercchncn; man darf ihn vorlLufig auf
alles Besitzthums veranschlagcn.

Auch aus der Umgegend gchcn tranrigc Nqch-
richten cin. So hat man in Cavita, Pesigo,
Gambobo, Navotas und an andern Orten die
Erdstößc nicht wenigcr stark cmpfundcn.

Manilla gcwLhrt in dicsem Augenblick dcu trau-
rigsten Anblick. Das Auge erblickt übcrall Trüm-
mer — vielleicht das Grab llnglücklicher — oder
Maucrn, die den Einsturz drohen. Allcr Verkehr
steht still. Trauer und Furcht vor neuem llnglück
malcn sich auf allcn Gesichtcrn. Trotz des Eifcrs dcr
Behörden fchlt cs an Hiilfs- nnd Rettungsmittcln.

Monate lang wird man noch mit dem WegrLumen
'bvn Trümmern zu thun haben. Dies allein wiid
Tausendc von HLnden beschLstigen, und eS fehlt
an Arbeitern. Traurig ist hicrbei der Gcdanke,
daß die noch nicht aufgcgrabenen Lciche» gcfähr-
liche Krankheiten hervorrufcn könncn.

Man erwartet nLchstcns in Frankreich daS Ein-
trcffen etncr kriegsgefangcnen merikanischcn Heroine.
Es ist cine 23jährige Zndiancrin, dtc schon seit
7 Jahren lm Hcere dicnt und sich durch lhre-per-
fönliche Tapfcrkcit bis zum Range eines Oberst-
lieukenants im Zacatccasregimeut aufgcfchwnngen
bat, Sie war ursprünglich uüt ihrem Gemahl in's
Feld gezogen, blicb abcr, uachdem dieser im Kampse
gefallcn, im Dienstc. Sie soll mcisterhaft mit dem
SLbel umzugehen wiffcn und sich dürch ihrc llner-
schrockenheitKn allcn Gcfcchtcn ausgezcichnet habcn.
Bei de» unglücklichen Angrtff der Franzosen auf
Guadalupa am 5. Mai 1862 wurde.fie zum Major
befördcrt, that sich auch bci dcr spätcren Bclageruug
von Puebla sehr hervor und gericth bei dem Fallc
diescr Stadt in französischc- Gefangenschaft. Sie
wurde nach Vera-Cruz gebracht und soll von da
am Bord dcS TransportdainpscrS Rhone nach Brest
wcrden. Von französischer Seite wird

ihr der MajorSrang belaffcn und auch die ent-
fprechcnde Verpflegung und Pension gcwahrt. Sic
soll von angenehmcm, abcr allcrdings ctwas ftark
ausgcprägtem militärischen Aeußern sein.
 
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