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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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August
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Sonntag, 3«. Augnst

sr; 2«s

*Politische Umschau.

Das kurhesstsche Mi'nisterium soll stch ebe«.
falls für Einfuhrung ver Gewerbefreiheit ent.
schieden und cine Commisston zur Ausarbei-
tung einer Gewerbeordnung niedergesetzt haben.

Die „Nation" glaubt verstchern zu können,
daß die in deutschen Blättern erwähntc Nach.
richt von einer vorläusigen Protestation Frank.
reichs gegen die Reformacte Oesterreichs zum
Mindesten verfrüht sei.

Dic „Wochenschrift des Nationalvercins"
sagt: „Der österrcichische Entwurf einer Re-
formacte deS deutschen BundeS hat, abgesehcn
von denjenigen Mängeln seiner Einzelbestim-
mungen, welche der Abhilfe fähig sind, den
dvppelten. Hauptfehler, daß er erstens nicht
zur Voüziehung kommen wird, und daß er
zweitens, seine wirkliche Vollziehung ange-
nommen, wohl dic Form, aber nicht vas We-
sen unserer öffentlichen Zustände verändern
würde. Gleichwohl ist mit diesein Entwurfe
eiS ncues Triebrad in die deutsche Bewegung
gebracht, welches die Kraft dersclben zu einer
unwidcrstehlichen machen wird. Diejes Ver-
dienst bleibt dem Kaiser von Oesterreich, gleich-
viel welche Beweggründe ihn zur Einberufung
des Fürstencongreffes bestimmt haben u. welche
unmittelbaren Ergebniffe auS den Berathungen
deSsclben hervorgehen mögen."

Dic Wiener „Sonntagsztg." theilt ein von
Jnsurgenten aufgefangenes Schreiben des Statt-
halterS Großfürsten Constantin mit, worin
derselbe sich zuerst gcgen die Herrschaft Mu-
rgwieffs ausspricht, und sodann eine Betheili-
gung ber polnischen Nation durch eine No«
tabelnversammlung befürwortet.

Wie sehr das Vorgehen Oesterreichs in
Sachen dcr Bundesreform d'ie Parteistcllung
in Deutschland verschoben hat, ergibt fich nicht
nur daraus, daß die Bismarck'schc Preffe in
Preußen mit der liberalen dort fetzt Hand in
Hand gehen muß, sondern auch daraus, daß
die „Heffen-Zeitung", das Organ in Kurheffen,
welches früher jeder Zeit an der „Krcuzztg."
sich erwärmte, uun gegen die letztere für bie
österreichische Bundesreform in die schranken
tritt. Ucbcrhaupt Alles, was währrnd der
Reaction nach Lem Jahre 1848 in etnem Eho-
rus einherzog, das steht heute gegeneinander.

D e u t s «h l a n d

> Vom Rhein» 27. Aug. Malitiöse
Zungen behauplen, dem diplomatischen Ver-
treter bes zweiten Kaiserreichs in Merico sei

es mehr darum zu thnn gewesen, Schwindel-
geschäfte mit Zecker'schen Bons zu machen,
und flch dadurch der Protection deS Grafen
Mornp würdi'g zu erweisen, und der mili-
tärische Bertreter des zweiten Kaiserreichs
war während dieses Frühjahrs in dem Tro-
pengebiete Montezuma's nahe daran, mit sei-
ner langsamen melhodischen Kriegführung die
mili'tärischen FSHigkeiten der Staatsstreich-Ge«
nerale, zu denen bekanntlich General Forep
zählt, zu compromittiren. Jm Allgemeinen
gilt in Deutschland dic Ansicht, daß vie Ar-
mee deS zweitcn Kaiserreichs vorzugsweise
kaiserlich sein müffc, weil in Deutschland
die unbedlngtesten Anhänger der Krone sich
stets in dcr Armee finden. Nichts aber kann
irri'ger sein. Die Stellung dcr französischen
Armee zu Frankreich ist eine durchaus anbere.
Jn Folge der cwig denkwürdigcn Feldzüge der
Revolution ift ber militärische Ruhm Frank-
reichs so innig verbunden und verkcttet mit
der Nation, daß die Armee viel mehr sich mit
der Nation als solcher verknüpft fühlt, als
irgend ein andkrer Zweig des Staatsdicnstes.
Ein Franzose, welcher nie der Regierung im
Civildienst dienen würde, steht keinen Augen-
blick an, in die ^lrmec zu trcten, denn diese
Armee dienl Frankreich. Der Legitimist
wie ber starrste Republikaner finden es dnrch-
aus mit ihrcn Grundsätzen vcrcinbar, in der
Armee zu dienen. Nun hat allcrdings die
französische Armee nie eine Revolution in
Frankceich gemacht, aber ste hat sie stets ge-
buldet, und nur wenn die Armee die Bewegung
duldetc, isi daraus eine Revolutipn geworden.
Dic französische Armee kann imperialistisch
sein, aber es folgt keineswcgs aus ihrer inne-
rcn Natur, daß sie es ist, und wenn sie es
heute war, so ist cs keineswegs gewiß, daß
sic es auch morgen scin wird. Das National-
gefühl ist nirgendS mächtiger, lebendiger, be<
weglichcr als eben in der Armee; sie steht
mehr als irgend ein andercr Theil des fran-
zöflschen Volks unter dem Eindruck der öffent-
lichen Meinung; selbst der älteste französische
Berufssoldat ist zuvörderst Franzose und vann
erst Soldak. Dem Grundton der politischen
Ansichl nach ist bie Maffc der französischen
Armec republikanisch, bie Führer find consti-
tutionell mit ausgesprochener Neigung zu den
Orleans in den höheren Graden. Es sind
untcr den hoheren Führern und Bcfehlshabern,
so weit man darum weiß, keine Geiste« von ganz
ungewöhnlichem Maße, keinc Genies, aber
entschieden viele Generale, die unendlich be-
gabter sind, als General Forep. Die mili-

tärischen Mißerfolge der sog. StaatsstreichS-
Generale und geistesschwache Berichte, wie
die des Heldcn vön Pucbla, haben deshalb
eine Bedeutung, welche man keineswegs über-
sehcn darf. Für Männer, wie MacMahon,
ist Frankreich alles, das Kaiserthum sehr wc-
nig, und sie wiffen so genau, was die Tui-
lerien und die Stützen des Staatsstreichs werth
sind, es fehlt ihnen so wenig an Entschloffen-
heit, daß es keineswegs unmöglich wäre, von
ihnen aus plößkich cinen Einfiuß in den Ent-
schlüffcn dcs Kaiserrcichs geübt zu sehen, den
man nicht erwartete, weil er eben cin regel-
mäßiger sein würde. Jenen Generalen ist es
sehr gleichgültig, ob sich das zweite Kaiscr-
reich compromittirt, sie werden aber nie dul-
den, daß stch Frankrcich compromiktirt. Die
neuesten Vorgänge dasclbst und die famosen
Bcrichtc aus Merico sollen gewisse militärische
Führer sehr stutzig gemacht und sie cinander
näher gebracht habcn. Es ist dieS allerdings
nur noch cin bloßes Gerücht, abcr ein in man-
cher Hinsicht beachtcnSwerthes Gerücht, das
in den angedeuteten Zustänben unb Verhält-
niffen seine natürliche Begründung findet.
Zwischen Pelissier und Louis Napoleon be-
stand bekanntlich nie ein besonderes herzlichcs
Einvernehmen. Die Prätorianer der römischen
Kaiserzeit haben mancheü Jmperator gestützt,
gar manchen aber auch gestürzt!

Darmstadt, 28. August. Die Mitglieder
des Zuristcntagcs haben gestern nach dem ersten
Act das Theater hier verlassen, weil ihr Bureau
nicht empfaiigcn worden.

Frankfurt, 27. August. Die Allg. Ztg.
spricht wiederyolt von ver auf Badcns Au-
trag beschlossenen Geheiinhaltung der fürstlichen
Verhaiidlungen. Wir sind in ben Stand ge-
setzt, auf das Allerbestimmteste versichern zu
könneii, daß Baden cinen solchen Anrrag nicht
gestellk hat.

Frankfurt, 27. Aug. Das Einladungs-
schreiben des Kaisers von Oesterreich an dic
dcutschen Fürsten zum Congreß in Frankfurt
lautet wörtlich:

.Beseett son d-m Wunsche, zur Wohlfahrt D-utschland»
betzulrageii, und Mich d-r Ueberzcuguug nicht verschlicßend,
daß die Verfaffuog deS deutschen Bunder tn lhrcm gegcn-
wärltgen Zustande ntcht mehr in genügendem Maßc dcm
Zwccke entsprtcht, ctn festeS Band der Etnigung für dtc
Fürstcn und Völkcr DcutschlandS zu bllden, erachtc Zch e«
al« BundcSsürst sür Mcinc Psttchl, Mctne gaaze Sorgsalt
von Ncucm dcr fich immcr drtngcnder gestaltcnden Aufgabe
ekncr zcitgemäßen Rcorganisation LeS dcutschen BundeS zu-
zuwcnden. Zn dcr Hoffuung, hierin den Gcfiunungcn u d
Bcstrebuugen Meincr BundcSgenoffcn zu bcgegurn, t-be
Jch Mtch cntschloffen, denselbcn dt- Eröffnung gcmctnsamcr
Bcrathungcn über dic Frage vorzuschlagcn, «ic dte BundeS-

Der Tod auf Burg Lahueck.

tFortsctzung.)

ES crgab fich sehr bald, daß in Edinburgh ein
Mann diescS Namens gelebt, 18b9 aber daselbst
gestorben «ar. Seine Wittwc, Mistreß Dubb,
bestiitigte auf angestellte Erkundigungcn abcr so-
gtcich, oaß fie in den angegebenen Jahren mit
ihrem Gatten und ihren drei Ktndern cinen Th-il
von Dcutschtand bereist und in der Nähc der Lahn-
mündung in den Rhein thre älteste Tvchter auf
bisher unerklärliche Weise vcrloren habe.

Dieser Dame ward nun sofort Nachrtcht von dem
eigcnthümlichen Kundc gegeben, den man auf
Thurm Lahneck gemacht, und dcr Beschreibung der
Gegmstäude nach erkanntc sie solche als im Bcfitz
der Vcrschollenen gewescn an. Um fich dcs Näheren
selbft zu überzeugen, kam dte arme Mutter in Be-
gleitung ihres Lltesten Sohnes kurze Zcit darauf
tn eigener Person nach Eoblenz, um sich Uhr,
Kette, Ringe, Schnaüen und alles Sonsttge zeigen
zn laffcn. Unter hcißen Thränen bestätigte fie,
baß das Alles ihre« Kinde gehört habe.

Wik «e.r diefiö nnn aber auf dm Thnrm Lahn-

eck gckommm? Das war jctzt bie andere wtchtige
Frage.

Das Publikum war natürlich mit allerhand
Schaucrgeschichtcn zur Hand. Man «olltc jetzt
auf einmal cntdeckt habcn, daß scit einer Rcthc
von Jährm Fremde in Liescr Gcgmd verschwunden
und dieseS Verschwinden mit dem THurm Lahneck
in Zusammmhang stünde. Dort, erzählte man,
habc cine ganze Bande von Mtffethätcrn ihr Wescn
gctrieben, wclche die Opfer ihrcr schcußlichen Ver-
brechen hier bald in der Erdc verscharrt, bald an
Seilen obcn auf daS Plateau des Thurmes gc-
wunden und so den Bltckcn der strafendcn Nach-
forschung spurlos entzogen hätten. Man solle nur
sorgfam graben und wühlm, da würdc man noch
»iel andere Gräucl ans Tageslicht fördern.

Das Gericht ließ fich durch folche Märchen nicht
befangm machen, Sett Menschmgedmken war
nichts Befremdmdcs in dtcser Gegend vorgekom-
mcn. Bon etner Beraubung der Mtß Jdilia konute
überdteS keine Redc sein. Geld hatte fie »icht bei
fich geführt, nach der Aussage dcr Muttcr, und von
Kostbarkeiten auch nichts weiter, als Uhr nnd Ringe, ^
die man ja vorgrfundm. Sxuren einer Gewalt-

ttzat kießrn sich außcrdem nicht an dem Gerippr
entdecken. Hirnschale wie Wtrbelfäule waren i»
ganz nvrmalem Zustande.

Sie mußte also auf einc ganz anderc, jedcn-
falls eine freiwilligc Weife auf den Thurm gekoiü -
mcn sein. Abcr wte?

Hicr knüpfte man an und kam da bald auf
Punktc, dic man bis jetzt leider ggnz außcr Acht
gclaffen und wclche doch höchst wichtig waren.

Zuerst schicu vor Allcm wichtig, Zu crfahren,
biS zu «elchem Zcitpunkt dcnn jener Thurtn cr-
stcigbar gewofm. Die steinerne Wendcltreppe, das
ergab fich klar und bald, war im Frühjähre 1846
während eineS starken Umvetters krachend und
weithin Staub wirbclnd zusammengebrochen. Da
aber dic AuSsicht vben auf dem Thurme e!ne
überauS schöne und reizende, wett in daS Rbeitt-
und daS Lahnthal hincin war, so hattcn im fol-
gcnden Jahre cinigc Naturfreundc an ihrer Stellc
e.ne hölzerne crrlchtm laffen, die Aahrc hindurch
ihrm Zweck erfüllt und manchen AuSschaulustigm
zum Ztel ftiner Wünsche gctrage». Jm Sommer
18ö0 war htcr und da geäüßrrt worden, daß ste
mürbe und «ackelig geworden, aber noch tm Mai
 
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