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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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M 2SL


Donnerftag, 2g. October


L8G3.

* Polttische Umschau.

In Chemnitz Iieß der Garnisonscommandant,
Oberst v. Hake, die schwarz-roth-goldene Fahne,
welche der Rath hatte auf die Hauptwache
stccken laffen, herunter nehmen. Das Gebäuve
ist Ei'genthum der stadt, und der Chemnitzer
Bürgermeister soll über das Verfahren des
Obersten bereits Beschwerde erhobcn haben.

Der »Rhein. ,Ztg.» wird über das Ein-
gehen der „Berl. Allg. Ztg." geschrieben, daß
nach den für das Organ der Altliberalen auf-
gebrachten Mi'tteln, daSselbe nur bis April
k. I. zu bcstehen vermag, und es ist selbst die
Rebe davvn, es schvn mit Ende dieses Iahres
eiygehen zu laffen, weil sein Fortbestehen über-
flüsstg wird.

Wi« die „France" mittheilt, lauten die Nach-
richten aus Griechenland fortwährend sehr be-
denklich. Auf Antrag der Direction der Bank
von Athen hat der französtsche Contre-Admiral
Dabvviae im Piräus bekannt gemacht, daß,
wenn die Bank bedroht würde, er seine Wann«
schaft zum Schutz derselben ans Land setzen
werde.

'Auf der Unionsflotte bci Neuorleans ist das
gelbe Fieber ausgebrochen. Die Iournale von
Mobile zeigcn den Verkauf dcr Ladung von
15 Schiffen an, welchc die Blokade gebrochen
haben.. ' ' ^

D e u t s ch i a n d

Heidelberg, 25. Oct. Die Denkschrift
des Hrn. Geh. Rachs Welcker zu der bekann-
ten Heidelberger Petition in Bczug auf den
Verfaffungsbruch in Preußen ist schon seit
einiger Zeit in Form einer bcsondern Bro-
schüre erjchiencn, unter dem Titel: «Der preu-
ßische Vcrfaffungskampf." Es enthält dieses
Schriftchcn vor Allem cin Vorwort und den
kurzen, gedrängten Wortlaut jener Petition
(an die badische II. Kammer) selbst und so-
dann den wörtlichen Znhalt der Dcnkschrift,
nebst eincm summarischen Verzeichniffe des Jn-
halts. Die Denkschrift beginiit mit einer ge-
schichtlichen Grundlage des deutschen und preu-
ßischen constitutionellen Verfaffungsrechts, und
ber Anfeiiidung dieses Rechts tn Preußen. Sv-
dann werven die vort geschehenen cinzelnen
Verletziingen des constitutionelleii Rechts, wie
des budgetlosen Regime's u. s, w. aufgezählt
und erörtert. Schlteßlich wird auf die Ge-
fahrcn des beabsichtigten Verfaffungsbruchs,
sowvhl für Preußen, wie für Deutschland,
htngewicscn, und der Weg zur Rettmig, bj-

stehend in mannhaftem, vereinigten Vorgehen
aller Vatcrlandsfreunde, gezeigt. Das Heft-
chen enthält eine Nachschrift, welche dic Ver-
handlung der II. badischen Kammer über diese
Angclegenhcit zu ihrem Gegenstande hat. Bei
der aübekannten patriotischen Gesinnung des
Hrn. Verfaffers und den ausgezeichneten Kcnnt-
ntffeu desselben im Gebiete des öffentlichen
Rechts, wird es überflüsflg sein, noch etwaS
WeitereS über den Werth^jener Denkschrift zu
sagen.

Das „Mannh, Jonrnal" veröffentlicht sol-
gende Zuschrift:

Angestchts dcr gegen Dänemark beschlvffenen
Buiideserecution in Holstein tst es jetzl die
dringende und üurrläßliche Pfiicht der deutschen
Preffe, die Ausdehnung dieser Bundeserecution
aus Schleswig zu verlangen. Richt in der
Aufhebung des Patentö vom 30. März d. I.,
sondern in der Wiederherstellung der verfas-
sungsmäßigen, durch die Verträge von 1851
garantirtcii und Lurch das Januarpatent von
1852 zugesicherteu Rechte Schleswig-Holsteins
liegt der Kern des deutsch-dänischen Streits.

Seit zehn Jahren hat die dänische Regie-
rung maßlose Anstrengungen gemacht, Schles-
wig in Sprache nnd Schule, Kirche und Ver-
waltung zu dauisiren,. und Dänemark einzu-
verleibcn. Jn Schleswig ist in fünf Städlen
und 48 Kirchspielen an Stelle des dcutschen
Schulunterrichts der dänische Schulunterricht
eingeführt. Von dänischen Predigern wird in
dänischer Sprache gepredigt. Die Geschäfts-
führung der dänischen Geistlichen findet in
dänischer Sprache statt, aste ktrchlichen Hand«
lungen, bei dcnen dic Gemeinden vvrzugsweise
interessirt sind, werden in dänischer Sprache
vorgenommen. Die dänische Sprache ist die
allein berechtigtc Geschäfts- und Verwaltungs-
sprache. Vor dem Kriegc war im gaiize»
Herzogthum Schleswig die Sprache der Legis-
latur deutsch; die Geschäftssprache der allge-
uieinen Landesbehörden deutsch; dic Sprache
der Administration, der gerichtlichen und geist-
lichen Bchörden war deutsch. Sämmtliche
verfaffungsmäßigen u»d durch die Verkräge
von 1851 garantirlen Bande zwischen den
Herzogthümern Schleswig und Holstein stnd
zerriffen worden. „Gleichberechtigung der deut-
schen und dänischen Nationalität" lautet die
Zusage der dänischen Regierung im Zanuar-
patent des Jahres 1852. Unterdrüüung der
deutschen Nationalität und Sprache nach allen
Richtiingen hin, mit Anwendung aller Mittel
und Kniffe — so redet heute in Schleswig die
Wirklichkeit. Znstitute und Anstalten, gelehrtc

Schulen in den Stadten- und Bauernschulen,
Communalverwaltungen und Schützengtlden,
Kirchenbücher und GeschäftSregister, Landkarten
uud'Ortsnamen, Lehrbücher und wiffenschaft-
liche Werke, Zrrenhäuser und Medicinalbehör-
den, Wegweiser und Briefkasten, uralte LandeS-
gcwvhnheiten, Apothekeu unv Buchhandlungen
sind in Schleswig danisirt worden.

Um diese bisher in der Geschichte unerhörte
Knechtschaft der Geister ins Werk zu setzen,
hält die dänische Regierung Schleswig untcr
einer schrankenlosen Tprannei'. Die Wirklich-
keit der schleswig'schen Ständeversammipng ist
auf Nuü reducirt, die Preffe ist überall in
den Händen der wänischen Polizei'; das Pe-
titionsrccht ift bis zur Lächerlichkeit er'ner Un-
terschrist herabgesunken, die Communalverwal-
tung ist überall den Dänen in die Hände ge-
rathen; das Vereins- und VersammlungSrecht
ist aufgehoben, Strafen an Leib unb Vermögen
werden gegen die Deutschen in Schleswig voü-
streckt, wo sie beim Könige oder bei der Stände-
versammlung petitioniren; voükommene Un-
sicherheit der Person und des Eigenthums vor
den unaufhörlichcn Angriffen der bänischen Be-
amten; ein über das ganze Land ausgebrei-
tetes Netz von Spionage und Dennnciation;
ber Ausschuß der dänischen Beamten, Geist-
lichen und Lchrer überall in den Aemtern und
Stellen ber deutschen Beamten und Pastore.

Die deutsche Preffe hat mich in meiner jetzi-
gen zweijährigen Agitativn für Schleswig-
Holstein nicht in dem Maße unterstützt, wte
es ihre Pflicht gewesen wäre, und wie Schles?
wig-Holstein ein Recht hat, von der dcutschen
Preffe zu beanspruchen. Nochmals fordcre ich
jetzt die gesammte deutsche Preffe im Ramen
SchleSwig.Holsteins auf. Für das Baterland
müffen wir alle l'n eincr Reihe fechtcn, Con-
stitutionelle, Demokraten, Ropaliften und Re-
publikaner! Schleswig ist cin Stück unsereS
Vaterlandes. Soll Schleswig dänijch wcrden?
Soll vie deutsche Bevölkerung in Schleswig,
welchc jetzt zebn Jahrc lang in so heroischer
Weise bc» Dänen Widerstand leistet, denn
wirklich den Namen des „verlaffenen Bruder-
stammes" sührcn? Wenn bie deutschen Re-
gicrungen nicht ihre Pflicht thun, so erfüüte
wenigstens die deutsche Presse ihre Pflicht.
Diese Pflicht heißt: Schilderung der von mir
in knrzcn Zügen angegebenen Zustände in
Schleswig, wozu sich in mcincm Werke: „Bom
verlaffenen Bruderstamme oder das dänische
Regiment in Schlcswig-Holstein" hinreicheiwes
Matcrial finbet und die Aufforderung zur Aus«
dehnung der Bundeserecution auf Schleswig

' Mufikalisches. ,

Der Anstrumental-Vcrein eröffnet Don- ^
i nerstag, den 29. d., die Reihe seincr dicsjährigcn !
Wintcr-Concerte mit einem Eoncertc für die Mit-
gliedcr der Museumsgesellschaft. An dcr Spitze
des («je immcr) mit Geschmack zusammcngestellten
Programm's steht Beethooen's vicrte Sympho-
nie in ll-llur (op. 60). Dicse Symphonie ift seit
4 Aahreu nicht mehr ausgesührt worden und eincm
Thcilc dcs Publiknms wahrschciniich noch völlig
neu. Eine kurze Charaktrristik dcrselben dürste
daher Manchrm nicht unwillkommcn scin. F. von
Dürenbcrg sagt j« cincm so eden erschienenen
Büchlein: „Die Symphonien Beethovens", u. A.
KolgendeS über die Vicrtc:

Die Kompofition dieser Symphonie fällt zwet
Jahre später als dic der vorhcrgchcnden, ins Aahr
1806. Ganz verschieden von dcm Charaktcr der
dritten vcrsctzt unS diese Mufik in eine ganz au-
derc Stimmung, deun ein andereS Bild hat dem
Komponisten vorgeschwcbt, dahcr auch die Wahl
der Tonart L-äur.

Die Antroduktion gleicht einem Bilde einer sin-
, stern, doch uicht schaucrlichen Nacht. Der Himmel
! ist bcdeckt mit Wolken, cin starker Nebel gestattet
! nicht der früh aufstehcnden Sonne, ihre Strahlen
aus die Erde zu werfen, nur hicr und da sucht sich
ein Strahl Bahn zu brcchen, bis fie endlich immer
höher steigend, Wolken und Nebcl wie durch einen
Zaubcrschlag vcrschwindend, in voller Glorie da
stcht. DaS crste Hauptthema des tpllegro wird vvn
Strctchinstrumcntcn auSgeführt in abgestoßcnen Ach-
telnoten, denen fich unmitteibar ein Rebenthema
der Blasinstrumente, welches gewiffcrmaßen zum
Hauptthema gchört, anschlicßt, worauf die zwei
AnfangStakte deS Lllegro wicdcrkehren und nun
das ganze Orchcster das Hauptthema glanzooll zur
Geitung bringt. Ein Gcdankcnreichthum entfattct
sich nun, der von der reichcn Phantasie dcS MeisterS
' zeugt. Dcr ganze Satz glcicht einer bergigen ro-
mantischen Gegend, die, um ihrc Schönhcitcn voll-
kommen zu gcnießen, der für Romantik empfäng-
liche Bcsckauer fchon bei Sonncnaufgang besucht,
um sich keine der retzcnden Fernsichtcn cntgehen zu
laffcn.

Das Läaxio in Ls-äur ^/,Taki, mit seinen höchst

sangbaren Rhythmen, wtrkt durch seinen melodischen
Ausdruck mit unwiderstehlicher Gcwalt auf unser
Gcmüth. Wclchen Zauber bcsitzt nicht glcich das
erstc Hauptmotiv, daS durch das Saitcnquartett
unser Ohr bistrickt. Dic seeicnvolle Melodie dcs
zwctten Hauptgedankens konnte nicht bcffer als dcr
melancholischen Llarinctte zugctheilt werden. Das
Ganzc glcicht einer Hymne, die die Liebe bcstngt,
worin Licbessriedcn, LiebcSgluth und Licbessellg-
keit athmen.

DaS Trio mit seinem gemäßtgten Tempo macht
mit seiner zarten Mclödie der BkaSinstrumente
(ohne Trompeten und Pauken) dem tollen Treiben
cin Ende und cin neueS Tonspiel beginnt.

Dte Melodie des Trio ist abcr anch voller Ge-
sang in seincr gcschmackvollen Einhcit, welcher
„durch den Gegensatz kleiner Tonphrascn" kunstvoll
gehoben wird.

Das Finale, LIIsKro ma non Iroppo -/, Takt ist
voller Geist und Lcben, worin ntcht sclten auch
AuSbrüch- wunderlicher Launeu zum Vorschein kom-
men, und dcr poetische Humor Beethvveu's spielt
eiuc nicht'unbcdeutende Rolle.

Mersterhaft «i« der erste Thetl ist auch der zweite
 
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