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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Dezember
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m 3«2


Donnerstag» 2L December

ZnlrrtioaSgebäbren für die Sspaltige Petit-
,eile werden mit 3 kr. bxrechnet.

L8S3.

* Polittsche llmschau.

Als eines der wichtigsten Resultaie des
Frankfurter Abgeordnetentages bkjeichnet der
„Schw. M." die Verbindung der deutschen
Parteie» zu einer geschloffenen Machl in ge-
setzmästigem WlrkungSkreise. Groß- u. Klein-
deutsche, Radicale, Liberale und Conservative
ohne Unterschied der Provinz, des Stündes
uno Berufes habcn für dcn ihnen gcmein-
samen Boden der Thätiqkeit eine gleichmäßige
Ausgabe, seder für ven Ort, wohin er gehört,
nbernommkn. Eine große Anzahl vvn Wil-
gliedern deutscher Ständeversammlungen haben
fich das Versprcchen gegebea, das zu leisten,
was die Nation wie Ein Mana von ihnen
verlangt. Und eine deuiliche Sprache haben
ste darüber geredet, für wen, mit wem und
gegen wen fie wirken wollen. Für die Ab-
trennung der Herzogthümer von Dänemark
und für die Erofolgc Herzvg Friedrichs von
Schleswig-Holstein; mit dem deutschen Volk
und denjenigk» deutschen Regierungen, welche
für das volle Recht der Herzogthümer ehrlich
und thatkrästig eintreten; gegen diejenige»
Regierungen, welche das Necht und die Ehre
Deutschlands in dieser Sache preisgeben. Die
Freunbe der Regicrungen aus den Landtagen
sinv mit der Opposition vereinigt gckommen,
um zu zeigen, daß stc heute ei» unb dasselbe
Verlangen an die Regierungen stellen. Die
Regicrungen haben demnach allcn Grund, die
Stimme dieser Versammluüg zu beachten; die
säumigen und halbenjschloffeucn haben neue
Aufforderung, offen unb ehriich auf die Seite
der Äolksmeinung hinübcrzutreten. Der größte
der Mittelstaaten, Bapern, hat das Bcispiel
gegeben. Der König von Bapcrn hat un-
zweideutig diesen Schritt gethan. Er hat nun
rie Ausgabc, die am Bunde in dcr Schwebe
belaffenc Erdfolgcfrage so schnell als möglich
eincr Mehrheitsentjchcioung zu Gunstcn des
Rechts entgegenzuführen. Aus diesem Be-
schluß muß nvthwendig, wenn nicht innerhalb
Deutschlands sclbst ein Znstand der Gewalt,
statt des Rechts, der Vergewaltigung der
Kleinen durch die Großen, Platz greifen soll,
die Action für daS volle Rccht der Herzog.
thümer hervorgehen. Daß diese Action die
verkehrte und gefährliche Maßregel ber Ere-
cution ablöse, dazu ist es höchste Zeit. Denn
wenn dicse Maßregel, die als Mittel zur
Sicherung des Rechts eincm Meffer ohne
Klinge gleicht, an welchem das Heft fchlt, !
als Mittel zur Durchführung des Unrechtes
eine hinrcichend starke Waffe ist, nicht bald

durch das richtige Handeln, die Besißergreifung
von den Herzogthümern, abgelöst wird, dann
wird bald ein Zuspät! in die Ohren der Ra-
tion klingcn , das einem Verloren! in seiner
vernichtende» Kraft gleichkommt.

König Mar hat, wie die „Jsar-Ztg." aus
guter Quelle mittheilt, dcm schlcswig-holstei-
nischen Geheimcn Rath v. Stockhausen gegen-
über, als dieser davoir sprach, daß man nichts
weiter wünsche, als die Anerkennung, erklärt:
„Zch bin kein Freund von halbcn Maßregeln.
Mit meiner ganzen Macht werde ich sür das
Recht Jhres Herrn einstchen."

Lie baperischen Reichsräthc haben nach einer
Besprechung bei Hrn. v. Rielhammer in Mün-
chen einstimmig beschloffen, auf dem Abgeord-
netentag in Frankfurt nicht zu erscheinen.

Ucber die Wiener Ministerkrise wird der
„Köln. Ztg." auS Berlin geschrieben, daß ber
Kaiser im strengstcn Jncognit» eine Stunde
lang am Krankenbetle Schmerling's verweilt
habe.

Zn Berlin sollen 65 praklische Aerzte Be-
sehl crhalten habeii, sich zu ihren rcip. Trup-
pentheilen zu begeben.

Das Eentral-Comite für Schleswig-Hol«
stein hat einen engercn Ausschnß gebildet, ver
in Frankfurt seiiien Sitz hat, bestchend aus
den Hcrrcn Dr. Sigm. Müller und Varren-
trapp aus Frankfurt, Kolb und Brater aus
Bapern, Lang aus Wiesbaben, Metz aus
Darmstadl und Häuffer aus Badcn. Dr.
Müller ist Vorsitzender, Brater Geschäfts-
führer.

Nach ber France hat ber Kaiser die Adreß-
depulation veS SenatS empfangen. Seine
Rede lautete recht friedlich: ein Krieg in
Europa, sagte er, wäre cin Bürgerkrieg.

Jn Kopenhageii fand gestern die Leichcn-
feier des KönigS statt; es folgte bem Znge
die Volksmeiige, der Wagen bcS Königs von
Schwede» und eine schwedische Deputation.

Eine Livcrpooler Privatbepesche melbet von
in Newpork circulireiiden Gerüchten über Frie-
denS - Uiitcrhandlungen, wclche auf dortigen
Markt influirten.

Zur Schleswig-Holstein'schen
Sache.

Nach den neuesten Nachrichten hat der Kö-
nig Christian IX. sich gänzlich der ultra-
dänischcn Partei ganz und gar in die Arme
geworfen, so daß es ihm unmöglich sein wird,
sich wieder vou derselben unabhängig zu
machcn.

Aus Mecklenburg 15. Dec. Jn Be.
zug auf einen Anttag in Sachen SchlcSwig-
Holsteins hat der mecklenburgische Landtag am
15. d. Mts. einstimmig beschloffen: Stände
(was für Stände das sind, weiß man) fän-
den sich nicht berufen, mit Aeußerungen in
Fragen auswärtiger Politik hervorzugehen,
vielmehr überließen sie solchc vertrauenSvoll
ihrcm durchlauchtigsten Landesherrn. Mik die-
sem Bescheide sei der Antrag dem Antrag«
steller durch den Landes - Secrekär zurückzo«
gebcn.

Frankfurt, 2V. Dec. Die „Südd. Z."
sagk: Nach der Jnstruction sollen die Bundes-
commiffäre Holstein den Gesetzen gemäß ver-
walten, unbeschadet der landcshcrrlfchen Rechte,
und die Einwohner wo möglich wenig be-
lästigen.

München, 28- Dec. Zn Folge der Sin-
ladunq deS Ausschuffes des Vereins für
Schleswig-Holstein erschien heute Mittags eine -
ungeheure Menschenmenge auf dem Mar-Zo«
sephsplatz nnd den einmündcnden Straßen.
Als Se. Maj. am offenen Fenster erschicn,
erscholl ein nimmer cnden wollender Znbel,
der sich in die nächsten Straßen fortpffanzte.
Sc. Maj. dankte, dic Hand aufs Herz legend,
auf das huldvollste nach allen Seiten. Per-
sonen aus den höchsten Kreiscn waren unter
dem Publikuni anwesend, und stimmten in den
Jnbel des Volkes freudigst ein, bei welchcr
Gelegcnheit Dr. Ringseis einc kurze Ansprache
hielt. (A. Z.)

Hamburg, 22. Dec. Gestern Abend ver«
bot bie Polizei die militärischen Erercitien in
der Turnhalle; sie schloß und besetzte das Lo-
cal und verhaficte die, die Compagnielisten
führendkn Feldwebel. Morgen findct eine Ver«»
sammlung holsteiiiischcr Ständemitglieder statt.
Zn ber am Mittwoch in Elmshorn beabfich-
tigten großcn holsteinischcn Volksversammlung
werden Depntationen aus allen Landestheilen
erwartct; es heißt, die Versammluiig wolle
ben Prinzen Friedrich zum Herzvg proclamircn.

DeutschlanV

Karlsruhe, 20. Decbr. l) OrdenSver-
leihungen. Dem Ministcrresidenten am kön.
würtembergischen Hofe, Legationsrath Kammcr«
hcrrn v. Dusch, das Commandeurkreuz zwei»
ter Claffe des Ordens vom Zähringer Löwen.
Dem Grafcn Camillv de Barral.de Monteau-
vrard, Ministerresident des KönigS Victor
Emanuel bci dem deutscheu Bunde, und dem
türkischen Generalzollbirector Kiani Pascha in

Zchwurgerichte.

Mannheim, 18. Dec. Die Eröffnung der lctz-
tcn Schwurgcrichtssttzungen für dikseS Iahr fand
erst hcute statf, da biksetbc am gkstrlgen Tagk we-
gen ptötzlich cingetretener Erkrankung des großh.
Schwurgerichtspräsidenten, Herrn HofgerichtSrath
Ruth, nicht, wie ursprünglich festgcstcllt, vvrgcnom-
men werden konnte. Von den 36 Hauptgeschwore-
nen waren 32 erschienen. Von den 4 Lbrigen wur-
den 3>wegen Krankheit sür dic ganzc Dauer der
Schwurgerichtsverhandlungcn, ktn viertcr für den
heutigen Tag entschuldigt. Der heute Vormittag
zur Verhandiung koinnzendc Gegenstand betrrf dte
Anklage gegcn Simon Psäizer von HemSbach
wegen Meincids. Dtkser hattc in Gemcinschaft mit
einem anbcrn Makler im Aufirag und sür Rech-
nung des Kabrikanten I. Haü von Karlsruhk ein
Gut um 15,5Uü fl. angekaust, um solckeS in ein-
zelnen Parzellen wleder zu »crkaufen. Beidm Nn-
terhändlern war zusammen cine Provision von
1 Proc. des KaufpreiscS versprochen. Nachdem der
Ankauf bcwirkt war, ersuchte Psälzer öfters den
I. Hall um ein Darlehcn von 175-200 fl., und
dieftr HLndigte dcmftlben auch am 18. Aug. 1882
den Betrag vvn 175 fl. mit dem Anfügen ein, daß
er scine Maklcrgebuhr davon adziehen könnc und
ben Rest ihm wieder zurück geben solle. Auf einc
im Monat Januar d. I. von Hall cehobene Klage
stellte Pfälzcr in Abrede, 175 fl. crhaiftn zu haben

und fchwur den ihm hierüber auferlegten Haupteid
aus. Anch in der heuttgkii Vcrhandlung bcharrte
der Angeklagte daranf, jenes Gcle nicht als Dar-
lchen, sondern als Belohnung empfaiigen zu haben,
nachdem er auch einzelne Gutsparzellen um hohen
Prcis weiter verkauft habe. Dcr Anklagc, d!e den
gcschworenen Eid als eincn falschen darstcllte, stan-
den zwei Zeugen zur Verfügung, Fabrikani Hall
und dcr andere Unterhändler, NamenS Reiffuig.
Dcr Letztere hcstätigte, daß der Aiigeklagtk öfters
cin Därlehen von dem Erstercn vcrlangt, und daß
deffc» Anspruch aus dem Gcschäftc überhaupt nur
77 st. 30 kr. betragen habc; so wie fcrncr, baß
bei Hingabe des GcldeS das Wort Darlehen iiicht
gebraucht «orben fti. Ganz die gleichen Angabcn
machte Z. Hall, deffen Glaubwürdigkcit jedoch nach
den vorliegenden Zcugniffen starken Zweifeln so-
wohl ScitenS dcr Anklage, alS dcr Verthcidigung
untcrworfen wurde. Letztere, von Hrn. RcchtSan-
walt Fürst geführt, suchtc darzuthun, daß der von
dem Angeklagten geletstete Eid nicht salsch und
namentlich Iiicht wiffentlich falsch Liisgeschworcn
wurde, und drang auch mtt ftincr Ausführung bci
den Geschworencn durch, die zu Gunsten des An-
geklagien ihren Wahrspruch abgaben, worauf Letz-
terer in Freiheii gefttzt wurdc. — Jn der heutigen
NachmitiagSsitzung wnrde die Anklagc gegen dcn
Müllcrburschen Heinrich Gramltch von Sin-
dringcn verhandelt. Der Angeklagtc, im Dienste
bei Müller Mutschlcr in Neckarelz, hattc gegen fti-

nen Nebcnburschcn Wiihelm Maylandt Verdacht
geschöpft, daß dieftr die von den Kunden gezahlten
Trinkgelder nicht regelmäßig in die dafür bcstimmtc
gemeinschaftlichc Kaffe legte, und daß derftlbe ihm
eiiimal durch PhoSphor Leibweh vcrursächt habe.
Um ftincr Seits dem Maplandt Schmerzcn zu br-
rciten, strcute er dte PhoSphormaffe von 6—8
Zündbölzchen am 8. Scpt. d. I. hcimlich auf «in
für Maylandt bestimmteS, mit weißem Käft be-
strichenes Slück Brod. Als dtcftr jedoch in daffelbe
hineingebiffcn hattc, nahm er soglclch den PhoS-
Phor wahr und wurde dadurch von dem Genuffe
dcs BrodS zurückgehaltcn. UcbrigenS war die
Quantität dcS PhoSphors nicht im Standc, daS
Lcben eines Menschen zu gcfährden, sondern hvch-
stens deffcn Gesundheit zu stören. Der Angekiagte
war durchans geständig. Derftlbe ist 44 Zahre alt,.
harthörlg, der Sprache nicht ganz mächtig und steht
geistig auf eincr fthr niederen Stufe, wcßhalb dle
Gerichtsärzte der Ansicht waren, daß er in elnrm
Zustande beschränktcr Zurechnungsfätzigkett gehan-
delt hat. Uetzcr diese Frage drehtc fich auch die
Verhandlung zwischen der großh. SiaatSbehörde
und dem Verihcidiger Rechtsanwalt Herrn Fried-
mann, der eine vollkommene Unzurechnungsfätzig-
keit bei dem Angcklagteii uiitcrstellcn wolltc. Mr
Geschworenen neigtcn stch dieftr Auffaffung auch
zu und bejahten die deßfallsige Frage, worauf der
Prasident die Freisprechung deS Angeklagten aus-
sprach- ' (B. S.)
 
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