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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Juli
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R 171


Frettag, 24. Zuli

ZnsertionSgebühreu für die Zspaltige Petit-
;eile werden mit 3 kr. berechnet.

»8«r.

* Politische Umfchau.

Die „Koblenzer Ztg.", eln ganz farbloses
Blatk, ist verwarnt worden, weil ste unter
„Vcrmischte Nachrichtcn" die Notiz gebracht,
daß verschiedene Casinos die „Kreuzzeitung"
abgeschafft haben! — Die KönigSberger „Mon-
tagSzeitung" ist zum zweitenmale verwarnt.

Der Moniteur vcröffentlicht die Antwort
des Fürsten Gortschakoff aus die französische
Rote wegen Polxns. Dieselbe entspricht den
bcreits bekannten Analysen, mil der Ausnahme,
daß sic blos eine Conserenz zwischen ven drci
Theiluligsmächten, Preußen, Oesterreich und
Rußland, vorschlägt. Zugleich drückt sie die
Hoffnung aus, die französ. Regierung werde
nicht gestatten, daß der Hauptheerd des pol-
nlschen Ausstands, der sich in Paris aufge-
than habc, ihren Namen zu Gunsten der Rc-
volutio» in Polen und Curopa mißbrauche.

Fürst Cusa hat sich nun als das geoffen-
bart, was dieser Schützling Napoleon's III.
stets gewesen ist, als ein in dcn Donaufürstcn-
thümern etablirtcr russischer Salrap. Die
Truppen der Fürstenthümer haben den Ueber-
tritt von 4l>0 Polen bei Kagul an'der Pruth-
niündung verhindern woüen, und wurden von
den Polen geschlagen. Die walachischen Trup-
-pen verloren dabei 52 , die Polen 40 Mann.
Dieser Zwischenfall dürste dem Herrn Cusa
theuer zu stehen kommen.

Vicksburg hat sich cndlich am-4. Juli, am
Geburtstag der Union, der Belägerungsarmee
unter Grant ergeben. Damit ist das bedeu-
lendste Bollwerk des Südens am Mississippi,
ver Schlüffel dieses StromeS u»d der Baum-
wollstaaten, i» die Hände der Rördlichen ge-
fallen, und man wird erwarten dürfen, daß
dem Fall Vicksburgs nun auch Ler von Port
Hudson, dem letzten Platz der Rebellcn an
diesem Strom, nachfolge» wird, Dann befin-
det stch der ganze Strvm, der das Jnnerste
der Rebellenstaaten erschließt und ihr Gebiet
in zwei Theile schneidet, in der Hand der
Union, und den Kriegführendeli sind damit alle
Beziehungen mit ihren Verbündeten von Teras,
Arkansas und Miffouri abgeschnitlen. Unter
diesen Umständen ist cs begreisiich genug, daß
die Regierung von Richmond eben in diesem
Augenblicke Verhandlungen anzuknüpfcn sucht,
um durch Zugeständniffe noch in letzter Stunde
einen biUlgeii Compromiß zu erlangenz denn
das bedeutete offcnbar die Mission, welche der
Vicepräsident des Südcnö, Stephrns, nach
Washington ausführen svllie, um „wichiige
münbliche Miltheilungen zu machen." Daß

der Süden dieses Äncrbieten machte, bcweist
ebenso, daß die Zuversicht hier im Schwinden
ist, als die Weigerung Lincolns, den Gesand-
ten anzunchmen, für das ungebrochene Ver-
trauen des Norbcns zu sich selbst spricht und
für den Entschluß, dic üeuesten Siege der
Union b,S in alle ihre Consequenzen zu ver-
folgen.

Es ist nicht ohne Jntereffe, den europäi-
schen Leser aufmerksam zu machen, daß die
zahlreichen Generale des univnistischen Heeres,
von denen wir täglich hören, nur Milizgene-
rale stnd, dere» Rang und Stellung mil ihrem
Kriegsdienst endet, so daß sie nachher vielleicht
nur Lieutenants oder Hauptleute in der Ar-
mce bleiben. Als wirkliche Generale im Heere
der Bereinigten Staaten sind bisher von ihnen
allen nur fünf ernannt wordcn: Mac Clellan,
Fremont, Banks, Dir, Butlcr. Wie man
sieht, ist nicht einmal der setzige Obergeneral
unter ihnen.

D eu t sch la nd

Karlsruhe, 22. Juli. Referendär Adolph Boeckh
von KarlSruhe wurde zum Auditor ernannt und thm daS
zwette GarntsonSauditorat zu Karlsruhe übertragen.

Karlöruhe, 21. Juli. (42. öffentlichc
Sitznng der 1. Kammer.) Vorsitz: Fürst v.
Löwcnstcin. Am Regierungstische: Ministe-
rialpräsident Freiherr v. Roggenbach. Graf
v. Berlichingen berichtet über die Petition
Ler Stadt Eberbach, die Zugsrichtung einer
Eijenbahn betreffend. Antrag: die Pelition
als sehr berücksichtigungswcrth dem großh.
Staatsministcrium empfehlend zu überweisen.
Ministerialpräsident Freiherr v. Roggen-
bach bemerkt, daß alle um Eisenstraßen pe-
titioilirende» Städte sich für den Mittelpunkt
einer Weltbahn halten und den Haupiverkehr
der ganzen Gcgend sich zuschrciben. DaS thue
auch Ebcrbach. Diese Stadt sei von ber Rc-
gierung stets berücksichtigt worden und werde
auch künftig Berücksichtigung finben, die sie
in der That verdiene; allein ihre Wünsche
müffe man auf das rechte Maaß zurückführen.
Die Stadt sei 6 bis 7 Stundcn von andern
größeren Orten entfernt und könne also nur
durch cinc längere Bahn erreicht werden,
deren Bezirk im Ganzcn kaum 12,000 Ein-
wvhner zähle. Zn gleichem Verhältniffc seien
auch die Gegenden vom Kaiserstuhl, des Rench-
thales, 'des Hanauerlanbes, von Philipps-
burg rc. Uebrigens stehe zu hvffen, daß Eber-
bach eine Eisenbahn noch erhalte, wenn auch
nicht in der gewünschten Nichtung, welche für

Ebcrbach nachtheilig sein würde, sondern längs
des Neckars gegen Heidelberg zu, nie nach
Neckarelz. Jn diesem Sinne verstehe er den
Commissionsantrag. Geh. Rath v. Mohl:
Die Eiscnbahnconcurrenz sei um s» bedenklicher,
wenn eine eigene sehr kostspielige Staatsbahn
durch eine fremde Bahn gefährdet werde. Re-
gierung und Kammern hätten andern Stand-
punkt als die Stadt Eberbach. Jn Frank-
furt hätteii große Umtriebe für dieses Eisen-
bahnproject stattgefunden, welche die Schäd-
lichkeit jenes Planes für unsere Staatsbahn
hinlänglich beweisen. Wolle män die Petition
überhaupt überweisen, so svllte dicS nur zur
Kknntnißnahme geschehen. Darauf stelle er
den Antrag. Graf v. Berlichingen: Für
die grvße Staatsbahn dürfc kein Monopol
geschaffen werden; man baue ja auch eine
Kinzigthalbahn an Bodensee, die auch Concnr«
renz biete, die hessische Odenwaldbahn über
Eberbach und Neckargemünd sei wünscheus-
werth. Geh. Rath Bluntschlk untcrstützt
den Antrag v. Mohls. Es sei Sache der Re-
gierilng und nicht der Kammer, bie Jnitiative
zu ergreifen. Es sprechen für den Commis-
sionsantrag: Graf v. Hennin, Generallieute-
nant Hoffmann, Graf v. Kagcneck, Freiherr
v. Stotzingen und Graf Berlichingen. Für
den v. Mohl'schen Antrag spricht noch Hof-
rath Schmidt. Bei der Abstimmung zeigen
sich 6 gegen 6 Stimmen. Dcr Präsivcnt ent-
scheidet für den v. Mohl'schcn Antrag.

Gras v.Bcrlichingen bcrichtet hierauf
über die Bitte der Stadt Pfullendorf um Her-
stellung. einer Eisenbahn von Aulendorf nach
Meßkirch. Der Antrag auf Ueberweisung der
Petltiou an großh. Staatsministerium zur gc-
eigncten Berücksichtigüng wird nach kurzen
empfehlenden Bemerkungen des Frhr». von
Göler und des Geh. Raths Fromherz an-
genommen. Graf v. Berlichiugen bcrichtet
iveiter über den Gcsetzescntwurf, die Vervoll-
ständigung der Schienenwege tTaubcrbahn u.
Kinzigthalbahn) betreffend. Der Antrag, dem
ganzen Geseße die Zustimmung zu ertheilen,
wird nach kurzer Discussion bei Namensauf-
ruf einstimmig angenommen. Freiherr von
Stotzingen berührt den Bau der Linie Do-
naueschingen-Engen, bezüglich derer er kürz-
lich einc Anfrage gestellt hat. Er habe sich
iiizwischen persönlich an Ort iind Stelle über-
zeugt, daß seine damalige Behauptung richtig
gewesen, Frhr. v. Roggenbach aber damals
nicht gut unterrichtet gewesen sei. Er stellc
deshalb den Antrag, den Wunsch zu Prokocoll
zu erklären, die großh. Rcglkrung möge dcn

Friedrich Hecker über die Schlacht bei
Chancelorsdille.

(Schluß.)

Nun zu meiner Rettung. Als ich schwer blutend
am Boden lag und sah, daß das Regiment wankte,
rief ich den Leutcn zu, sich nichts um mich zu küm-
mern, und als später Lieutenant Bechstcin und
6 Mann mich forttragen wollten und ich sah, daß
dies nur den RLckzug becinträchtige, bcfahl ich
ihnen, mich mcincm Schicksal zu übcrlaffen. Da
lag ich nun zwischen dcm anstürm-nden Fcinde und
der retirircnden Division.

Der Gedanke, gefangen zu werden, war mir
peinlich, und'so schleppte ich mich auf Händen und
Füßen zu den riüe,llits dcr Buschbcck'schen Brigade.
Schon hatte man auf mich angcschlagen, als die
Boys mich crkannten, ich wurde über bie Brustwehr
gezogen und lag drobcn, bis auch dieft wichen; so
kroch ich zwischen zwxt Feuern weiter bis zum Wald-
rande, wo das letzte Regtment der Buschbeck'schen
Brigade,und zwar Dberillirutenänt Cantrdor

mich gewahrte uud mitleidig ausrief: „Oh Oberst
Heckcr!" Seine Boys schleppicn mich eine Streckc,
bis ich sah, daß dadurch das Regiment tn Unvrd-
nung käme und hieß sie, mich meinem Geschtckc zu
überlaffen. Das geschah und ich schlepptc mich
10—12 Schritte weiter. Da stand ein Pferd ge-
sattelt mit zerfchoffcnem Zaum, blutend aus drei
Wunden, am Wegc, 1 Schuß oas Auge aus, ein
Stretfschuß am Knie, eine Flcischwundc im Back.
Darauf hoben mich eintge Nachzügler, nnd das
arme Thier, anf dcm ich nicht saß, sonder» hing,
trollte, so gut es konnte, vorwärts. Ein Aid vom
General Slocum, dcr mich in der Aammcrsituation
fand, nahm. mich mit fich und brachte mich in der
Nachi ins Feldlazareth, wo ich verbunden wurde.
Kaum lag ich da, so lam unftr Brigadewägen
mit Ambulancen der 3. Division an, in welche
ich gclegt wurde und in der Ambulance dic ganze
SonntagSschlacht mitmachte. Zucrsi nach Falmouth,
dann Aquia-Lreek, dann Washington vcrbracht,
bcfindc ich mich nun unter dcr treuen Pflege mei-
nes SchwagerS und meiner Schwester.

Die Schlacht «ar furchtbar. Du kannst Dir von
dem Geschoßhagel nnd Getösc der Feucrwaffen kci-

nen Bcgriff machen. Auf 10 Schritte verstand
eincr den andcrn nicht. Bci LhancelorSville mäh-
ten Hookcrs Batterien die Rebellen bei Hunderten.
Jch schätze den beidcrseitigen Verlust an Vcrwun-
detcn, Tvdten und Vermißten auf mehr als 40,000
Mann. Jch srcuc mich, daß ich nicht vcrkrüppelt
werde und wieder mit kann, und für die Schmer-
zen von den Eanaillcn so vtel wie möglich zur
Hölle ftnden kann.

Nnn bist Du ztemlich su tait. Da Du noch nicht
sortgehst, so können «ir, wcnn ich Dich nicht per-
sönlich fthen solltc, uns noch schreiben.

Lebe «ohl, mein lieber alter Freund. Ts grüßt
Dich herzlich

Dein

Hecker.

(Komischer Druckfehler.) Der in Lvndon
erschcincnde „Hermann" berichtet in ftiner Rummer
vom 4. d. M. über die Rcift ciner hohen Person
unb sagt dabei: „Am Thvre cmpfinge» ihn dic
Spritzcn der Civilbehörden mit etner kühlen Nn-
rede."
 
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