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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2801#0281

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N 221


Sonntag, 2«. September

ZnsertionSgebührea für die Zspaltige Petit-
zeile werden mit 3 kr. berechnec.

L8«3.

Der Gemeinderath und engcre BürgerauS-
schuß sind in heutlg-r Sitzung der unter dcn
Bertretern vielcr Städte bes Landes verein-
barten Dankadreffe an Seine Königl. Hoheit
unsern Großherzog sür Höchstdeffen Lheil-
nahmes, Mitwirkung unv ächt constitutionelle
Haltung beim Franksurter Fürsten - Congreß
einstimmig beigelreten und haben solche bereits
unterzeichnet.

Wir bringen dies zur öffentlichen Kenntniß
mit dem Slnfiigen, daß sür diejenigen der hie-
sigen Cinwohner, welche ihrer Gestnnung sür
unsern hochherzigen Fürsten gleichen Slusdruck
geben wolle», aus dem Rathhausc die Adreffe

nur noch bis Montag den 21. Sept.
l. I., Nachmittagö Ä Uhr, zum Untir-
zerchnen austiegt.

Heidelberg, ben 17. Vept, 18ö3.

Der Bürgcrweifter:

Krauömann.

Sievert.

* Polittsche Umschau.

Unter dem Namen „Preußisch-deutsche Zei,
tung" wird in Berlin vom 1. Oct. eine neue
Zeiiung unter Redactiou von Mar Moltke er-
scheinen; sie soll die coustitutionelle Richtung
vertieten.

Die Freunde des Erzhcrzogs Marimilia»
mögen mit der Versicherung, die Annahme dcr
merik. Krone ^ei eine sest beschloffene Vache,
zu weit gehen; daß ste aber wahrscheinlicher
geworden als die Ablehnung, ist, trotz eimgrr
noch zu regeladen Schwierigkeilen, nach Allcm,
waö verlautet, richlig. (Bergl. Meriko.)

Aus Turin wird gemeldet, der Justizmini-
ster hereite einen Gejetzvorschlag zur Ein-
ziehung der geistlichen Güker vor, für welche
den Geistlichen Dtaalsrenten gcgeben werden
sollen. Der gegenwärtige Zustand ist ganz
unhaltbar; aus Slcilie» ist ein Drittel dcö
Bodens in Hüilden der Geistlichkeil und die
srüher so blühenbe Jnsel daburch in Versall
gerathen.

Als General Pallavicini, der commandirende
Officier ber Aspromonte, dieser Tage im Thea-
icr von Lugo erschien, verließen alle Zuschauer
und das Lrchester daS Haus; aber er blieb
ruhig Zitzen und sah das Stück allein aus-
spielen.

Nach der »Allg. Ztg." ist die Nachricht der
„Europe" »on einem schwedisch.bänische» Ueber-
einkommen, wornach ein schwedisches Corps
schon dann für Dänemark einlräte, wenn ein
deutsches ErecutionScorpS in Holstein einrücke,

wird positiv als unrichti'g bezeichnet. Richtig
ist, daß schweden erst ein Vorgehen gegen
Schleswig als ossu» koeäeris auffaffen will.

Die „Opinivn nationalk" spricht ihre An-
sichten übcr die in AuSstcht gestellt'e Bundes-
erecution in Holstein dahin aus, daß sie an
der baldigen Aussührung derselben vor der
Hand zweiselt. Wir haben es hündert Mal
gesagt, unsere guten Nachbarn, die Dcutschen,
verstehen es, immer die Biertelstunde dcr Weis-
heit zwischeii Project und Ausführung zu setzen
und aus Fnrchk, vom schnellen Laufe der Mi-
nute übesrascht zu werden, laffen ste eS sich
angelegen sein, den Zeiger auf ihrem politi«
schen Zifferblatt festzuhalten, so daß die Vier-
tklstunde der Weisheit stch zu Wochen, Mona-
ten und Jahren verlängern kann, ebensvwohl
für die Regelung der dänischen Frage, als
für die der Bunvesreform.

Fürst Czartorpski hal seine Mission als
diplomatischer Agent für Polen in Frankreich
in die Hände der polnischen Nationalregierung
zuruckgcgeben. Ler Kürst tritt also vom po-
litischen «schauplatze zurück.

Präsident Lincoln senbct, nach dcr „N. F.
Z.", scinen Sohn in Begleitung seiner Frau
an die Universilät Heidelberg.

Dse Japaüesen häben bei Kanagawa auf,
ein amerlkanisches unb englischeS Kriegsschiff
gefeuert unb mehrere Menschen getödtet; ein
auierikaliischcc- u. englisches Dampsboot schoffen
varauf die Fesiungswcrke der Htadt zusammen
imb vernagelreii die Kanonen. 2000 Japa-
nesen desertirten nach den englischen Schiffen,
kamcn abcr nicht in den Bereich ihrer Kanouen.

D e u tsch l a » -

München. Die Abgeordnetenkammer hat
die Gelegenheit eines außerordentlichen Mili-
tärcredlts ergrlffen, um ihre alte bringliche
Forderung abgekürzter Fiiianzpcrioden noch-
mals nachbrücklich und thatsächlich geltend zu
machen. Zugleich hat ste sich für eine Re-
sorm bes Heerwesens im volksthümlichen Sinne
ausgesprochen.

München, 17. Sept. Jn der heutigen
Abenbsitzung der Kammer der Abgeordneten
zog Dr. Völk nach einer allseits befriedigen«
den Erklärung seinen Antrag zurück. Dr. Bölk
hatte nämlich den Antrag gestellt: Die Dis-
positionssumme des Ministeriums bes Znnern
sür unständige Fundationszulage» (40,000 fl.)
zu streichen. Der Staatsminister des Jnnern
hatle die Ablehnung dieses ^lntrags als Ver-
trauensvotum bezeichnet. — Die übrige Debatte

verlies ruhig. Die AuSschußanträge wurden
einstimmig angenommen.

Koburg» 15. Sept. Der Ausschuß des
deutschen Natiönalvereins hat beschloffen, dic-
ses Jahr, nachdem er von dem ständigen Ans-
schuffe des Vereinstages der deutschen Arbeiter-
vereine zu einer Untcrstützung der deutscheu
Bestrebungen dieser Vereine aufgefordert wor-
den, für die Zwecke dieses Vereinstagcs dem
ständigen Ausschuffe 875 fl. znr Verfüguag zu
stellen. (F. I.)

Dresden, 16. Septbr, Dey Schluß der
gestrigen Verhandlung des volkswirkhschaft-
lichen Congreffes bildete das Theinä der Frei-
zügigkeit und wurde folgendkr darauf bezüg-
liche Äntrag angenommen: „Anknüpfend än
den in seiner dritten Versammlung (1860 in
Köln) gesaßten Beschlüß über El'iiführüng der
Freizügigkcit in Deutschland und in weiterer
Vertretung dcr richtigen volkswirthschaftlichen
Grundsätze, erklärt der sechste Congreß deut-
scher Volkswirthe: 1) Es soll Jedermann,
welcher Gemeinde, welchem Lande oder wel-
cher Nation cr auch angehörcn mag, gcstattet
sein: an jedem Orte, wo er will, seinen
Aufenthalt und Wohnsttz zn nehmen, auch jeden
an sich erlaubten Nahrungszweig zn betrciben,
sich zu verheirathen und eine Famiiie zu grün.
den, besgleichen Grundeigenthum zu erwcrben.
2) Dieses Recht soll nicht auf Jnländer be-
schränkt, auch weder von dem Erförderniß der
Gegenseitigkeit, noch von Einzugsgeldern, oder
von sonstigen lästigen ünd beschränkendeii Be-
dingungen abhängig gemächt ryerden. g) Dse
Befugniß zum Aufenthalt und Wöhnsttz yer-
leiht an und für stch weder Heimaths- noch
Gemeindebürgerrecht. Jedoch M das Hei-
mathsrcchl dadurch erworben wcrden köuiicu,
daß Jemand ohne Unterbrechung während 3
Zahren in einerGemeinde Aufenthalt u. Wohn-
sitz genommen hat, ohne der öffentlichen Armen-
pflege zn verfallen. 4) Diese Einiichtung
(Erwerbung dcs Heimathsrechts durch Zeit«
ablauf) ist unter säinmtlichen deutschen Bün-
desstaaten auf dem Wege cntweder des Ver-
trages oder der übereinstimMenden Gesetzge-
büng eiuzuführen; die einzelnen Regierungen
haben jedoch die Pflicht, eine derartige Re-
form dadurch vorzubereiten, daß fle, ohye eine
solche gemeinsame Maßregel abzuwarten, be-
reits jetzt ohne Verzug, einc jede für stch,
vollständige Freizügigkcit cinführen. 5) Jn
dem Rechte zum Aufenthalt uNd WöhNsitz ist
zugleich das Recht zum Geschäfts- und Ge-
werbebetriebe (s. Nr. 1) mit einbegriffen, sv
daß letzteres nicht abhängig gemacht werden

Tie Elsasscr.

(Fortsetzung und Schluß.)

Ich muß gestehen, daß ich durch biese Acnßerung
eincS Dcutschen beinahe uingeworfcn, ich kann sagen,
gleichsam in die Luft g-sprengt wurdc.

Als ich fie einige Stnnden nachher einem übcr
das Elsaß wohlunterrichteten Badenser mittheiltc,
«ar dieser keincswegs übcrrascht. „Allcrdings",
sagte er, „so find die Elsaffer! Sie hadcn stch im
Geiste ganz von Dcutschland abgekehrt und denken
nur daran, es den Franzosen in franzöfischcm Pa-
triotismus zuvorzuthun. 'Zch wciß nicht recht, «ie
das gekommen ist, aber ich denke, die großc Revo-
lution von 1789, dic das mittekaltcrliche Kasten-
wcsen zertrümmertr und dem bisher ticf gedrückten
Bolke ein so ungeheurcs Maß von Glcichheit und
Freiheit brachte, hat die Elsaffer zu so lcidenschast-
lichen Anhängern Frankreichs gemacht! . . . Auch
wurde ja die rcvolukionäre Idec im Elsaß mit ganz
bcsondererEnergie undWildheii durchgrfvchten, und
die Terreur herrschte nirgends surchibarcr als dort.

Seitdem findet jeder Einzelne durch die Einvcrlci-
bung der Provinz in ein großes Reich scinen Vor-
iheii, jeder kommi nur dadurch vorwäris, daß er
Französisch spricht, Französisch denkt, sich als Fran-
zose gibt. Wir Deuische haben «inen großen Fehler
degangen! Zm Iahr 1815 wäre es ein Kleines
gewesen, das Elsaß wiederzugcwinnen, aber sojche
Mögüchkeiien, einer ganzen Eristenz eine andere
Richtnng zn gebe», smd tm Leben d-r Staaten «ie
dcr Einzclnen nur einmai da und kommen, verab-
säumi, nichi «ieder. Jctzt kann man all jcnen
vvn uns, dic darüber noch eine Zllusion haben
mögen, nur wehmüthig zurufen: Laßt allc Hoffnung
sahrcn!"

So in Bezug auf die Eisaffer vorbereitei, kam
ich nach Paris; jetzt, nachdcm ich ihrer dort viclc
kennen gcsernt, kann ich vom Obengesagtm nichts
ftrcichcn, nichts ändern, nichtS mildern. Wer bei
längercm Aufenthalt in Frankretch den Blick auf
die inncrcn Zustande nur etwqs schärfer richici,
dem drängt sich die Ueberzengung tausendfättig auf,
daß der Elsaffer von heuie im sranzöfischcn Ele-
mcnt aiS bereiiS aufgcgangcn anzusehcn ist.

Dic Regierung ihrcrseiis hai Lie Biirgcr der

beiden Rheindepartemenis völlig als Franzosen
acceptiri. Eisaffer nehmen Siaaisstellen von der
uitterstm Stufe bis zur höchsten ein, sowohl im
Milttär äls in der Verwaltung; nirgends ist von
Sette ber Regierung ein Mißtrauen sichtbar, wie
wir demseibm z. B. in Holstcin, Posen u. s. w.
begegnen. Jmmer wieder trifft man sogenanntc
Franzosen, dic rein deuische Namen führm, abcr
kein Wort Dcutsch mchr verstehen. EL sind Sohnc
I von Elsaffern, dic nach Parts oder in rein fran-
i zösische Departements übergcsiedelt find und sich
nicht mehr dic Mühe gegeben haben, die Sprache
' ihxcr Vorfahren zu erlcrnen. Jch zweiffe, daß
Herr Haußmann, der Präfekt von Päris, oder der
ehemalige Minister, Herr Weiß, nvch ein Wort
' Deuisch verstehen.

Wenn cs noch eines Zcugniffes bedürste, nicht
der Amalgamirung zweier dcm Ursprung nach nicht
' verwandten Nationen, nein, des völligcn Aufge-
gangenfeins ecr Deimch-Elsaffcr im franzöfifchen
Elcmcnic, so brauchie män nur auf dic Pariser
i Preffe hinzuweisen, welche in ihrer Mittc so viele,

! zum Theil ausgezcichncie Repräsentanten an dm
Elsaffern befitzt. Der gktstreichc Hetzel (Stahl),
 
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