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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2801#0343

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ÄD'k' rrscheint. MontagS auSgenommen, taalich. ZnsertionSgebühreu für die 3spaltige Petit-

F ^ PreiS vierteljährlich 54 kr. ^-kkvvkH- zeilewerdenmit 3 kr. berechnet. M^^RREDO

Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblatter" für das mit 1.
Oetober 1863 begonnene L. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expeditio«.

Die preußifche Erklärung

auf bas raschc und verbindliche Schreiben dcr
in Frankfurt versammelt gewesenen Fürsten
ist erst nach einem langeren Zeitraume in
Form einer etwas kalten und trockenen Ant-
wort nachgesolgt. Man hat lange überlegt,
biS man endlich zu biesem Schriflstücke kaM.
Dasselbe stimmt mtt den bckannten preußischen
Anschauungen und Ansprüchen voUkoinmeii über-
ein, und ist in Bezug auf scine beiden ersten
Punkte ein Ausfluß der Großmachtsiveen, mit
denen man sich i» Preußen — sei es mit
Recht, sci es mit Unrecht — trägt.. Zuerst
wird für diesen Staat ein Vtto verlangt gegen
seden Bundeskricg, welcher nicht zur Abwehr
eines Angriffes auf das Bundesgebiet unter-
nommen wird. Preußen Yenkt hierbei offen.
bar: Jch bin vor einem Angriffe auf mein
außerbeutscheS Gcbiet stchcr; bie Franzosen,
vor denen ich allein eventuell etwas zu be-
fürchten habe, greifen mich nur in den Rhein-
provinzen an, Oesterreich dagegen ist stets in
Ztalien bedroht. Jeue gehören aber bekann-
termaßen zum deutschen Bundesgebietc, und
dieseS nicht. Dennoch kann diese Berechnung
burch die Wirklichkeit gar leicht wiberlegt
werden. Denn wer garantirt bafür, daß,
wenn die polnische Frage mit ber Zeit größere
Dimenflonen annimmt, nrcht ausständische Polen
einen Einfall in Posen und Wcstpreußen ma-
chen, ober daß französtsche oder andere Hülfs-
truppen an ben Küsten landen; und dann ist
Preußen, wen» auch für seßt, so doch nicht
auf ewig vor Rnßland sicher. — Außerdem
benk« man sich aber die Lage der dcutschen
Mittel-'und Kleinstaaten. Diese haben kein
Veto, ste müssen also, wenn die beiben Groß-
mächte wollen, stumm und widerstandsloS jeden
europäischen Kricg mitmachen, würde er auch
gänzlich ihren Sympathien und Jntereffen
widcrsprechen; umgekehrt aber könnte jede ber
beiden Großmächte die Betheiligung des gan-
zen Deutschlands an einew europäischcn Krieg
verhindern, obschvn derselbe sür einen Thcil
des Valerlandes von der größten Wichtigkeit
sei'n möchte. Jencr Vorschlag könntc uns da-
cher möglicherweise in weik mißlichere politische
Verhältniffe bringen, als selbst die bisherigen

waren, und weiterhin lediglich dazu dienen,
nicht die ersehnte Einheit und Stärkc Deutsch-
lands zu gewähren, sondern nur eine ewige
Queüe von Mißkpauen, Zwietracht und Hader
zu weroen.

Preußen begehrt zweitens die volle Gleich-
berechtigilng mit Oesterreich zum Versolge und
zur Leitung der Bundesangelegenheiten. Als
Motiv der Verwerfung der Rkformacte gibt
die Antwort Preußens namenilich an', daß
man in jener nicht den Ausdruck der wirklichcn
Verhältniffe und Bedürfniffe und nicht die
volle und gircchte Rücksichtsnahme auf das
Gewicht Preußens im deutschen Bunde finden
könne. Gemäß den wirklichen Verhältniffen be-
sitzt nun zwar Oesterreich das Präsidium des
Bundes und die Glieder seines Hauses stan-
den seit Jahrhunderten an der Spitze Deutsch»
lands. Richtsdestoweniger muß man jedoch,
den Nücksichten der Billigkeit unb Unparteilich-
keit gemäß, hier zugeben, dgß dieses zweite
Begehren Preußenö deshalb nicht unbegründet
ist, weil durch die Reformacte der Bund alte-
rirt wird, unb die Bundesbehörde Aenderung,
und zwar eine Erw'eiierung unv Stärkung er-
fahren soll, weshalb der Besißstand Oester-
reichs in Bezug auf die alleillige Znnehabung
des Präsidiums nicht unbedingt maßgebend
sein kann.

Am wenigsten ist der dritte Vorschlag Preu-
ßens, dic Volksvertretung aus directen
Wahlen hervorgehen zu laffen, und deren Be-
sugniffe ausgedehnter zu bemeffcn, zu ver-
werfen. Dieser Vorschlag ist nämlich augen-
scheinlich weniger im speciellen'Jntereffe Preu-
ßens, als in dem des deutschen Volkes. Nur
Schade, daß dieser Vorschlag von einem Mi-
nisterium Bismarck kommen muß: Sehr eigen-
thümlich lautet er fürwahr im Munde Der-
jenigen, welche zu Hause ihrer eigenen Ver-
tretuna nicht einmal die wesentlichsten Rechte
zugesteyen wollen.

Von preußischer Seitc sind nun schließlich
noch Ministerconferenzen vorgeschlagen, zur
weiteren Bcrathung der deutschen Reformfrage.
Ob weitere Verhandlnngen dort zum Ziele
führen, ob diese Conferenzen überhaupt be-
schickt werdcn, ist sehr ungewiß. Daß antzer-
seits dagegen die ganze Gesammtlage Deutsch-
lands iir »tsto bleibcn, und Oesterreich mit
den übrigen deutschen Staaten die Frankfurter
Resormacte fallen laffen werde, ist, so sehr
dicse Eventualität momentan den Anschein
haben mag, ebenfallS kaum anzunehmen. Viel-
mehr scheinen — aus verschiedenen Anzeichen°
zu schließen — diese Letzteren gesonnen zu

sein, die deutsche Reformfragc, auch ohne Preu-
ßen, wenigstens zu einem prdvisorischen Aus-
trage zu bringen, wahrscheinlich zugleich mit
der Zollvereinsfrage, welche ihnen hierbei als
Haudhabe und Vehikel dienen wird, — Die
Schlußbemcrkung dürfte kaum nvthig sein, daß
wir selbstvcrständlich uns hier nur auf
Thatsächliches beschränken, und nicht etwa
einem Sonderbunde innerhalb DcutschlandS das
Wort reden wollcn.

* Politische Uinschau.

Vom Schwurgerichte «'n Ansbach wurde in
leßter Sitzung am leßtcn Samstag Dr. jur.
Carl Janßen aus Crefeld wegcn zweier Vcr-
brechen des Betrugs im Betrage von Mehr
als 7000 fl. zu 5 Zahrcn Zuchthausstrafe
verurlhcilt.

Die Kreuzzeitung meldet aus Kopenhagen,
daß die französische Regierung der dänischen
den Rath ertheilt hätke, die Landcserecution
nicht als einen KriegSfall zu betrachten.

Rach der „Patrie" hal Fürst Czartorpski
im Ramcn der polnischen Nationalregierung
einen förmlichen Schrilt bei den Cabinetten
von Paris und London gethan, um die An-
erkennung Polens als kriegsührend'e Macht zu
erlangen.

Die VerdammungSurtheile, welche die rv-
mische Jnder-Congrcgation gegcn die Werke
ber katholischen Philosophen Deutschlands in
den letzten Zahren geschleubert (wir erinnern
an Günther und Frohschammer), haben ihrer
Rücksichtslosigkeit wegen überall in Deutsch-
land Entrüstung erregt, und jetzt kommt offen-
bar aus der römisch - kakholischen Welt sclbst
ein Schriftchen: „Die römische Zndercongrc-
gation und ihr Wirken" (München, Leutner'schc
Buchhandlung), welches mit vernichtenden
Schlägen gegen diese oberste kirchliche Censur-
behörde zu Felbe zieht.

Zwischen vem Königreich Ztalien und Ruß-
land ist, wie „Nord" melbet, am 30. v. M.
in Petersburg ein Handelsvertrag unterzeichnet
worden.

D eu tsch land

Karlsruhe» 7. Oct. Dienstnachrichken.
Se. Königl. Hoheit der Großherzog haben
Sich unter dem 26. Sept. gnädigst bewogen
gefunden: Len Cameralpraktikanten Karl Klein-
pell von Buchen, z. Z. Dienstverweser der
Domänenverwaltung Bonndorf, zum Domä-
nenverwalter dgselbst zu ernennen; den Be-

Der Hos des Königs von Dahomeh.

Vor Kurzem gab der Afrikarcisende Craft in
eincr Sitzung deS briüschen wiffenschaftlichcn Ver-
einS in Rewcastlc einen intereffanten Bericht über
den Hof des berüchiigten Königs von Dahomey. I
Eraft stammi grvßelteriicherseits von Negern ab,
wurde auf ciner südamcrikanischen Pflanzung ge-
boren und war in selner Jiigend sclbst Sklave.
Seit ctwa vierzehn Zahren in England angesicdelt,
gelüstcte es ihn plötzlich, wic er erzählt, den König
von Dahomey persönlich kennen zu lernen, um zu
fthen, ob dieser Potcntat wirklich das Scheusal sei,
als das er geschildert wird, und ob er nicht befferen
Eindrücken zugänglich gemacht werden könnc. Es
fanden sich einige gutc Leute, welchc ihm das nö-
thige Geid zur Reise und zu den für afrikanische '
Kürstcnhöfc unentbehrlichen Geschenkcn zusammen-
bettelten, und so machte er sich oenn »or neun
Monaten auf den Weg. Seinc einzige Empfeh-
lung war von Mr. Layard an den britischen Gou-
verneur in Lagos,' und Layard sowohl wie Andere

sprachcn bcim Abschiednehmen unverhohlen die Be-
sorgniß auS, von ihm nur als einem Geköpften
odcr Gekreuzigten wieder zu hören. Craft ist aber
lebend davongckommen und erzähtt jetzt ftine Da-
homey'schen Abenieuer.

Der König haite ihn fthr freundiich aufgenom-
men. Auf dem Wege nach dem Paiaste mußte er
dcn Marktplatz passiren. Dori sah er, was auch
Andere vor ihm geschen hatien, ein Dutzend Bret-
tererhöhungen, nnd auf jcder derftlben zwei Men-
schen in aufrechicr Siellung, allesammi todt, die
verwickcne Racht übcr hingerichiet, in der Landcs-
iracht gekieidet, vor Jedem derselben Gefäße, mii
dcn Produkien dcS Landes gcfülli, und zu eineS
Zeden Sciie an Sieinen festgebunden cinige Schafe.
So «urde der Aahrestag irgcnd eines Sieges über
eineu benachbarten Stamm gefetert. Auf dcr ent-
gcgcngesetzten Seite des Palastes fand er Tausendc
von Eingcborenen versammelt und im Hoftaume
wieder Tausende au.s dcn höhercn Ständcn. Dem
König zur Rechtcn standcn die Edlen des Rciches,
zu ftiner Linken 2000 bis 3000 Amazonen im bun-
iesten Staate. Er erhvb stch beim Einiriii deS
engiischen Gastes, drückte ihm die Hand, erkundigie

sich nach dem Befinden der Konigin Vicioria und
ihreS Grsammtministeriums, irank Mr. Crafi's
Gesundhcit zu wiederhoiien Malcn, ließ ihm zu
Ehren 31 Kanoncnschüffc abfeuern, zeigie ihm hier-
auf alle ftine Schätze nnd ließ ihm zuletzi vvn
200 bis 300 jungen Madchen ein graziös aus-
geführies Ballet aufführen, kurz, cr benahm fich
wie ein gedildeter Fürst.

Die 24 Hingerichteten, die draußen auf dem
Markiplatze aufgestellt waren, legien für des Kö-
nigs milde DenkungSart allcrdings kein guies Zeug-
niß ah. Doch, meini Craft, es fti in Bezug anf
dieft Menschcnopfer VieleS übertrieben worden. Sic
findcn blos (!) »us dreieriei Veranlaffungcn statt,
aus reiigiöstn Gründen, um deS KönigS Gewaii
zu demonstriren, und bci Festlichkeiten. Gefangcnc
Weiber und Kinder wcrden niemalS geopfert, son-
dern blos den Soldaten gcschcnkt oder tn die Scla-
verei verkauft. Desto schiimmer crgeht eS alten
gebrechiichcn Männern und Weibern, die unver-
käuflich sind, dieft freiiich werden abgeschlachiei.
Bekannilich ist cs nicht fthr lange her, Laß der
König auch einen christllchen Mifsionar, der durch-
ans nicht gebrechlich, wcnn auch möglicherweisc
 
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