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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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August
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M; 182.


Donnerstag, «. August

InfertionSgSühreu fär die 3,'paltige Petit-
zeile werden mkt 3 kr. berechnet.

18«3.

» Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man fich
noch für die Monate
August und Zeptemlier mit 36 Kreuzern abon-
niren bei allen Postanstalten, de» Boten und
Trägern, sowie der Erpedition (Schiffgaffe
Rr. 4).

* Politische Umscha«.

Der Kaiser von Oesterreich und der König
»on Preußen find gestern in Gastein zusam-
mengetroffen. Eine politische Bedeutuug ist
biesem Zusammentreffen nicht bcizulegen. Der
Zwicspalt, welcher zwischen den Regierungen
ber beiden Fürsten besteht, ist ein zu tiefer,
als daß sür seine AuSgleichnng etwas We-
senilichefi von den beiden Kronenträgern unter
dcn setzigen Umständen persvnlich geschehen
könnte, selbst wenn bci ihnen der Wille zu
einer Einigung vorhande» wäre. Es find
nicht sowohl die Personen, als die Spsteme,
welchc sich feindlich gegenüberstehen. Das
Rechberg-<schmerling'sche Oesterreich und das
Bismärck'sche Preußen können sich nicht be-
sreunden unb ein Frieden kann zwischen ihnen
nur daburch hergestellt werden, daß eines daS
andere, wenn auch nicht in einem Krieg, so
doch wenigsteaS in einer diplomatischen Schlacht
vollständig besiegt. Läge den Fürsten an einer
Einigung, s» hätten fie vor ihrer Conferenz
bie Minister und die Regierungsspfteme wech-
seln müffen,

Bezetchnend ift übrigens, baß der Kaiser
Franz Zoseph, obgleich sich v. Bismarck bei
,eiuem König in Gastein vcfinbet, keinen Mi-
nister unb nur zwei Abjulanlen dorihin mit-
genommen hat. Herr v. Bismarck hutet den
König sorgsältig und bewahrt ihn vor jeder
Bernyrung mit solchen Leuten, bie ihm über
die Lage des LandeS einc andere Ausklärung
geben köunten, als ben Feudalen beliebt.

Emil von Girardin bekämpst fvrtwährend
in dcr Preffe mit beharriichem Nachdruck alle
Kriegsgedanken. Er sagt: Fragen, bie das
Schwert enlscheidet, werden durchschnilten, nicht
gelvft« Wenn Frankrcich den Polen bie Frei-
heii geben will, sollte es damit ansangen, ffe
fich selbft zu gcden; es sollte fich zuerst de-
mühen, den Engländern, Belgiern, Schwei-
zern hierin nichl länger nachziistehen. Wenn
bie Kreiheit in Frankreich ihr Werk vollendet
hat, wird sic nichl an der Grenze stehen blei-
ben, sie wirb sich über alle Bildungsstaalen
Verdresten wie bie Dampfmaschine.

France verräth heute, was nach ihrer Mei«

nung geschehen würdc, wenn sich Rußland
nicht nachgiebig zeige. Nicht cin allgemeiner
Krieg würdc entstehen, kein Feldzug in Ruß-
land erfolgen. Es würdc nur „eine Lage ohnc
Gefahr" sein, weil von Seiten der Gcgner
Rußlands keine Eigensucht vorhanden sci.
Man könnte höchstenS eine Art von Blokade
voraussehcn, zu dem Zwecke Rußlands Ver-
einzelung vollständig und wirksamer zu machcn,
es von Europa abzusperren. Frankreich wage
nichts dabei, da cs von Rußland nichts als
Getreibe beziehe, und auch dies nur in Miß-
jahren.

Patrie sagt, es scheine stch zu bestätigen,
daß der Grundsatz einer gleichlautenden Note
der drei Mächte angenommen worden. Die
definitive Rebaction derselben svll dem Tui-
leriencabinet anvertraut werden.

Morning Post sagt, eö sei noch immer die
Erhaltung bes Friedenö zu hoffen. Rußlands
Antwort sei aus einem Mißverstänbniß ent-
sprungen (v. h. wohl aus der Meinung, die
drci Mächte würden ihre Forderungen nicht
mit Kriegsmacht durchsetzen wollen.) Da man
dies Mißverständniß jetzt ausklären werbe, so
sei anzunehmen, Rußlanb werbe diesmal in
ganz auderer Weise antworten.

Die Fortschritte der Arbeiten am Tunnel
deS Mont Cenis machen die Schweiz bedenk-
lich. Sie fürchtet, es möchte in weniger als
einem Jahrzehent bie Zeit da sein, wo die
Schweizer Alpenstraßen verlaffen und verödet
werden und der ganze italienische Verkehr
seinen Weg über Frankreich und Savopen
nehmen wird. Die Pläne, auch die schwei-
zerischen Alpenübergänge dem Dampfwagen zu
öffnen, werden daher in neuerer Zeit mit grö-
ßerem Eifer in die Hand genommen.

Das „Memor. diplom." äußerl in seinem
Wochenbericht die zuversichtltche Hoffnung,
daß der Fricde in Europa nicht gestört werbe,
und meint, daß man bei dem festcn Zusam-
menhalten der drei Mächte nicht annehmen
dürse, baß Rußland dasselbe so ganz leichten
Sinnes auf die Probe stellen iverbe. Dü nun
einmal Oesterreich entschieden eine Untcrhand-
lung der Mächte, wie Fürst Gortschakoff sie
vorgeschlagen, zurückgewicsen habe, so bleibe
dem ruifiichen Cabinet mchts Anderes übrig,
als auf eine Verstänbigung mit den Groß-
mächten eiüzugehen. Diese Nolhwendigkeit
werde wo möglich noch dringenber und ent-
scheidend werden, wenn die russtsche Regierung
crst Kenntniß genommen habe vom °Enlwurf
ber Collectivnote, welche schon am 21. Juli
festgestellt worben fei, und in der „die drei

verbündeten Mächte ein letztes Mal ihre idkn-
tischen Ansichten über die Wiederherstellung
der Geseßlichkeit m Polen darjegen." Wenn
dieser Sußerste Schritt m'cht dic beleidigende
Form eines Ultimatums habe, fo habe er doch
wenigstens — daran sei nicht zu zweifeln —
dieselbe Wichtigkcit und dieselbe Wirkung. Auf
jeden Faü hade Europa alsdann sein Wohl-
wollen biS auf die äußerste Grenze getrieben
und alle so zahlreiche und verschiedenartige
Mittel in Anwendung gebracht, welche der
Diplomatie zur Verfügung flrhen.

Nachrichten aus England meldcn, dic Un«
terhandlungen mit Japan hätten sich zerschla-
gen. Jst dem so, dann drvht auch im fernsten
Asien ein Krieg.

Die Stadt Manila (Philippinische Jnsel»)
ift fast gänzlich von einem Erdbeben zerstört
worden. Handel und Verkehr steht still. Die
Einwohner haben sich gesiüchtet.

D eutschlanV

Karlsruhe» 3. Aug. Die heutige Europc
bringt die Rachricht, baß Gortschakoff auf die
vom Grafen Rechberg gleichzeitig nach Paris
und London an die dortigen k. k. Geschäfts-
träger abgesandte und zugleich auch dem Hrn.
v. Balabin in Wien mitgetheilte Depesche ge-
antwortet hat. Diese Antwort befindet sich
jetzt in den Händen des Grafen Thun, und
ihr Jnhalt muß dem Grasen Rechbcrg schon
bekannt sein. Dieselbe ist kategorisch und
präcis, in bemselben Tone wie die österr. De-
pesche; die FriebenSaussichten sind durch sie
nicht bestärkt wordcn; cs ist vielmehr fast daS
Gegentheil zu glauben. Um dem Wiener Ca-
binet zuvorzukommen, wirb Gortschakoff seine
Antwort alsbalb im Pelersburger Journal
veröffentlichen.

Baden, 3. August. Vorgestern ist der
Mar,chall O'Donnell, Herzog v. Tetuan, mit
Gemahlin hier eingetroffen und 1m Englischen
Hofe abgestiegen. Zm Ge,olge des Herzogs
besindet fich deffcn Adjntant, General d'Ustäviz.

München, 27. Jun. Die aügeineine
baperische' Siaatsschulv (alte, neue Schulb
unb Militäranlehen) betrug am Schluffe des
Etatsjahres 1861/62 134,636,210 fl. 14 kr.
und die Eisenbahnschuld 106,466,758 fl. 30 kr.

Berlin, 4. August. Ein Brief aus War-
schau vom 2. d. meldct: Ein Gerücht hatte
den Auöbruch eines Aufstandes auf den 9.
August bestimmt. Der Stadthauptman« warnr
dagegen die Bevölkerung vor den zu Künd-
gebungen ausreizenben russischcn Agenten; die

Die Newyorker Emeute.

Einer jener VolksaufstLndc, in wclchen dic ganzc
Brutalität und Vcrthierlheit deS rrisch-amcrika-
nischcn PöbelS zum Vorschcin kommt, rastc wäh-
rend diescr Woche in der oberen Stadt. Es war
eine von den Agenten der Lopverycad-Demokratie
angezetlelte Empörung gegen das EonscriptionS-
gefttz, zu beffen Aussührung die Regierung nach
langcm Zogern geschrüten war. Die Organc jener
Partei hatten seit dcm Erscheinen des Erlaffes
durch ihre Verdammungsurtheilc über die allerdings
ungerechte ooer unweisc „8 300-Elausel" »ls einc
gehässige Bevorzugung der Reichen llnzufriedenheit
und Erbitterung in der arbeitenden Llaffe genährt.
Das souveränc Volk sühltc sich zurückgesctzt, ge-
kränkt, und es wär dafür gesorgt, daß die
Abolitionisten als die llrheber Ler ncuen Unbill
galten. „Sie haben dcn Krieg hervorgcrusen,
und wir kümmern uns ketncn verstuchten Eent
darum, ob fie jetzt nicht Soldaten genug haben,
um ihn auszufechteii." AlS nun der Termin der

Zichung herankam, wurden mit jencr Frivolität,
die das Vcrbrechen ermuthigt, die gährende Unzn
friedenheit der Maffen, die Raisonnements ton-
angkbender Rowdtcs und die vcrschicdenen An-
zeichen cines nahen Ausbruchs des Volksunwillens
in Straßenbcrichten in Leit- odcr beffer Verfüh-
rungs-Artikeln, ungefähr wie das Programm ctncs
'dcmnächst aufzusührenden Schaudcrdramas, kund-
gethan und so „der Teufel an die Wand gemalt".
Die Veröffcntlichung der erstcn Ziehungslistcn gab
diesem Programm gcmäß das Signal zu Zusam-
menrottungcn, in welchen in der Zcit »om Sonn-
abend auf dcn Montag ein, wenn auch noch un-
bcstimmter Angriffsplan verabredet wurde. Am
Montag früh brach die Emeute in dem westlich vom
Centralpark gelegenen, größtentheils von Arbeitern
und irischem Gefindel bewohntcn 9. Distrikt auS,
in welchcm anr Sonnabend mit dcr Ziehung der
Anfang gemacht war, die Stadtbehörden und den
die Aushebüng leitcnden Provostmarschall gekade so
unvorbereitct treffcnd, wie Lee'S lctztcr Einfall dic
Stäatcn Maryland und Pcnnshlvanien, obgleich
beide Ereigniffe ihre Schatten weit gcnug »or sich
her geworscn hatten.

Angefeuert von ihren in großcr Anzahl mit-
> ziehenden Weibern — Mcgären der pfuhlärtigen
Ufcrrcvicrc, auS dencn Newyork von zwei Seiten
zur Höhe dcs Anselrückens emporsteigt — wälzte
fich der Kern der Aufrührer, einr Rottc «on we-
nigen Hunderten, recrutirend dürch die Fabrik-
distrikte der oberen wcstlichen Stadt. Die Töne eines
improvifirtcn Gong rtefcn die Genosscn aus den
Werkstätten herbei, dic Fabrikherren mußten ihre
Arbeiter frcigebcn; «er nicht freiwlllig folgte, wurde
geprcßt; VergütuNg des Taglohns ward zugesagt;
einzelne Rädelsführer warfen mü Banknoten «m
fich. So wie eine Lawinc anschwellend ünd fich
mit Knütteln, Tischbeinen, Stangen, Bowiemeffern
und andern Waffen ausrüstcnd, bewegte sich die
Maffe dem nächsten greifbaren Objecte der Volks-
justiz zu. Das Provostmarschallamt an der Ecke
der 46. Straße und 3. Avenues (dcr Centralpark
beginnt bei dcr 59. Querstraße; die AvenueS er-
strccken sich dcr Länge nach durch dic obere Stadt
noch wett Lbcr dcn Park hinauS) stellten hier ge-
wiffermaßen die Bastille vvr, d!e Zirhungszettcl
die l.ettr°s äo eacdet der „Tyrannen". Vernich-
tung war allen Gegenständen nnd Pcrsonen ge-
 
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