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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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August
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* Politische Umschau.

Der Herzog von Coburg, welchem dw österr.
Refvrmpläne bekannt sein müffen, hat eine
sehr umfangreiche Deukschrift ausgearbeitct,
welche er dem Fürsten-Cvngreß vorzulegen ge-
denkt. Zn dersetben soü er, die österreichischen
Pläne desprechend, seinc eigenen Jdeen über
eine mögliche Einigung Dcutschlands ausführ-
lich entwlckeln, ohne jedoch mit einem bestimm-
ten Plane hervorzutreten.

Das Projkcl des Kaisers für die Bündes-
reform gcht nach der „Südd. Ztg." auf ein
Directorinm von fünf gewählten Mitgliebern,
ein Öberhans der Fürsten oder ber von diefen
erniinnten Stellvertretcr, dreijährigc Dauer
beS lBundcsrath), und Competenz deffelben
in den Grenzen ber bisherigcn Bunkesver-
saminlung.

Ze offener Oesterreich mit seiner Absicht, die
Hegemonie Deütschlands zu übernehmen, her»
vortritt, desto kläglicher erscheint die preußifche
Politik, welche stch dcr Theilnahme an dem
Fürstenlag enthält. Es wird Niemand chr-
licherweise von Preußen verlangen,-es solle
sreiwüUg tiie österreichischen Vorschläge an-
nchmen; aber wohl ist es Preußen unter allen
Umständen zuzumuthen, daß es bem österreichi-
schen Lersuch, aus Deutschland sich ein neues
Kronlänb zu machen, dort mit aüer Energie ent-
gegentrete, wo dieser Versuch auslaucht. —
Einige Heißsporne haben wiffen wollen, die
deutschen Fürsten würden in Franksurt Franz
Zoseph zum Kaiser von Deutschlanb procla-
miren. Es ist uns leider nicht bekannt, auf
wclche Thatsachen sich der Verdacht solchen
Öpsermuths gründet; wohl aber wiffen wir,
daß die Behauptung ihrer vollen Souveräni-
tät die Lebensaufgabe der ineistcn veulschen
Fürsten ist. Diese werden sich so wenig be-
eilen Concessionen an Oesterreich zu machen,
alS sie sich beeilt haben, ihren Landständen die
sürßliche Machtsülle zu opsern. Durch die öster-
reichischen Borschläge ist Preußen provocirt,
auch seinerseits ein Project sür die Bunbes-
reform aufzustellen. D'aß ein solches, ausge-
arbeitet von dem Hrn. v. Bismark, sür das
beutschc Völk unannehmbar sein werve,
varüber ift ein Zweifel nicht möglich. Jm-
merhin ist es von Wichtigkeit, daß die Dis-
cussion und Ausführung der Bundesreform in
Fluß gebracht ist'.

Jn ber Versanimlung ber Kaiscrmacher zu
Meriko haben sich wirklich zwei Notablen be-
funben; zwei Männer, dic obschon von den
Franzosen berufen, dennoch dcn Noblen Muth

hatten, sich nicht für ein französisches Vasallen-
kaiserthum, sondcrn für Erhalkung der Repu-
blik auS^üsprechen.

D e u t s «H l a n d

Karlsruhe, 15. Aug. Seine Königliche
Hoheit der Großherzog habcn sich heute mit
dem Nachtzug 1 Uhr 55 Minuten nach Frank-
flirt bcgeben. Zn Höchstseinem Gcfölge be-
fanden sich die Herrcn Flügcladjutantcn Oberst
v. Neubronn und Oberfl v. Holzing, sowic
der Chef dcs Geheimcn Cabinets, Herr Le-
gationsrath von Ungern-Sternbcrg. Gleich-
zeitig ist auch der Prästdent des MinisteriumS
der auswärtigen Angelegenheitcn, Freiherr v.
Roggenbach, begleitet von dem Herrn Lega-
tionsrath Dr. Minet, dahin abgereist. (K.Z.)

— Aus Baden, 14. Aug. Das Pro-
ject, eine deutsche Bundesreform burch eincn
Fürstencongreß zu Stande zu bringen, ist so
unerwarlet aufgetaucht und hat fich cin so
nahes Ziel zu seiner wirklichen oder schein-
baren Reallsirung gesteckt, daß die Zournali-
stik darüber perpler wurde und heute noch, am
Vorabend bes Fürstenlagcs, das bunteste Ge-
misch von Meinungen, Befürchtungen und
Hoffnungen in das Publikum trägt. Die er-
tremstc Partei der politisch Berzweifelnden,
bic allcn Glauben an cine deutsche Cinheit,
wenigstens an eine durch die Fürsten zu ge-
wi'nnende, verloren hat, erblickt in drdscm
Cvngreffe nur einen politischen Hnmbug, eine
Schwindelei, darauf berechnet, den immer ver-
dächtiger werbenden brausenven und stürmi-
schen Volksgeist, der nach Einheit und Frei-
heit verlangt, zu beschwichiigen und allmälig
einzulüllcn. Was die Sache anch für einen
Ausgang nehinen mag — sagen sie —, so
haben wir uns nichtS davon zu versprechen.
Es sind nur zwei Fällc möglich: entwever
werden die Fiirsten cinig, oder ste werden
nicht einig. Zm lctztgenannten Fall bleibt
AUes bcim Alten, und wir sind nur um eine
getäuschte Hoffnung reichcr, um eine Aussicht
auf Erlvsung aus ansern erbärmlichcn Zn-
ständen äruier geworden. Sollten ste aber
wider Erwarten wirklich cinig werden, so
stehr uns noch Schlinimeres bevor; denn bas-
jenige, worüber Fürsten vön so verschieden-
artigen und zum Theil so absolut verderb-
lichen politischen Grundsätzen zum Einver-
stänbniß gelangen können, vcrmag nur, tllenn
nicht eine gerabezu auf die Unterdrückung der
Volksfreiheit berechncte Maßregcl, doch nur
cinc solche zu sein, wodurch dasjenige, was

wir begehren uijd was das Bedürfniß dcr
Zeit crheischt, verpfuscht und wkeder auf län-
gere Zeit vereitelt wird. Durch Fürsten —
so lautec die, leider auf Erfahrungen stch
stützende Scntenz dieser Partei — durch Für-
stcn wird für Deutschland kein Heil koinmc».
— Diesen schwarzsehknden Ungfücksprvpheten
schröff gegenüber stehen jcne gutmütbigen Phan-
tasten, welche die pvlitischen Probleme mehr
in dem Herzen als in dcm Verstande verar«
beilen, bie Zukunst stets i'm rosenfarbigen Lichte
erblicken und, und im vertrauenseligsten Dusel
befangen, stch von diesein Fürstencoggrcffe die
ErMung ihrcr überschwänglichsten Wünsche
und Hoffnungen versprechen. Solche Menschen
haben gewiß einen liebenswürdigen,Charakler,
aber der politische Scharfblick fehlt ihnen, und
ihren Jdealen wird niemals die Wirklichkeii
cntsprechen. — Zwischen diesen ertremen An-
sichten gibt es mehrerc vermittelnde, die, bald
mehr näch Links, bald nach Rcchts stch nei-
gend, hauptsächlich in unsern bavischen Zei-
tungen ihre Vertreler habcn. Wir wollen
einige dcrselben neben einanber strllen, nyd
zwar, um nicht zu wcit zu greifen, aus den
drci ncuesten Nummern von drei Zeitungen.

Ein Correspondent ver Bad. L.-Ztg. „vom
Mittelrheinkreis" sagt unter Anderem: „Eine
Umwandlung des deutschen Bundes in einen
Staat (Bundesstaat!), d. h. mit eigener ge-
sonderter Geltung nach Außen, ist niemalS
möglich, sö lange in gleicher Weise einzclne
Staaten deffelben ein selbstständigeS Ganzc
bilden. ES läßt sich eben so wenig mit ein-
ander vereinigen, daß ein Staat nach Außen
für sich allein ein GanzcS bilde, und zu glei-
chcr Zeit ein Glied eines andern Ganzen, als
etwas zu gleicher Zeit kalt und warm, als
zu gleicher Ztit Tag und Nacht sein kann.
Alle Resormbestrebungen müffen an dieserKlippe
schcitern, und man könnte es im allergünstig-
sten Faüe, um das Glcichniß beizubehaltcn,
zu bem Znstande beS „Lauwarmen" odcr der
„Dämmerung," d. h. zu Uebergangsstufen,
bringen, mit venen wicder nichts Daucrndcs
geschaffcn, und die aus allmäliger Abzehrung
unb Schwäche herrührendc Krankheit des deut-
schen Reiches nicht gehoben wäre!" — „AuS
allen diesen NötheN soll uns nun der deutsche
Fürstencongreß, der mit einem schon fertigen,
abcr nvch geheimen Plane vom küaftigen
Deutschland zur Welt kommt, auf cin Mal
erlösen, unb die Entbindung von den Schwierig-
keiten, mit denen Deutschland nun schon fünfzig
Jahre schwanger gehk, in zwei Tagen ohnr
schmerzliche Operationen von Statten gehcn."

Der Spion Napoleons.

(Fortsctzung.)

AlS Frl. D—s das Haus deS Böhmcn verließ,
schicn es ihr, als sei die Stunde, die sie in dem-
s-lben zugcbracht, einc gottgewcihte, die crstc eines
neuen Lebens gewescn.

Von dicser Zeit an war Schustler der tägltche
Gast im Hause sciner französischen Nachbarin. So
wie fic kaum die Stunde crwarten konnte, ihn
wiedcr bei sich zu erblicken, so wurde ihm die Zeit
zur Ewigkeit, welche ihn von der Dame seineS
Herzens trenntc. Täglich entfaltete er die ganze
Größe seines Charakters mehr und mehr vor ihr,
täglich stieg aber auch seinc Bewnnderung vor ihrem
G-ist und ihren Taienten. Diefer eigenthüinliche
Zustand, dieseS Hangcn und Bangen zwischen Träu-
men und Hoffcn, Zweifel und llngewißhcit, wie
es zwet wahrhaft Liebendc immer empfindcn, ehe
fie fickl crklären, währtc zwci Monate. Schustlcr
wollte demselben jetzt mlt einem Schlagc cln Ende
piachen. ^

EineS Nachmittags, alS er sich mit ihr im großen
Saäle ftines Ländhausis befand, und nachdeni er
ihr alle Beweisc einer aufrichtigen, leidenschaftlichen
Zuneigung gcgeben, fatzte er ste plötzlich bei dcr
Hand und thr fest tn däS dunkle Auge blickend,
sagtc er: „Wenn meine liebcnswürdigc Frcundin
fo frei ist wie ich, wenn ihr meine Pcrson nicht
mißfällt, wcnn ihr mcin Verinögen zu einem an-
genchmen Lehcn auSrcichend dünkt und ihr Herz
nicht anderwcitig gefeffelt ist, so erkläre sic fich;
sie kann, ehc die Sonnc zwei Mal untcrgeht, so-
wohl dic Mutter meines Kindes, als mcine an-
gebetete Gatttn scin."

Fräulcin D—s war während setner Rede ab-
wechselnd bleich und wieder roth geworden; sie hatte
ihm, wie von eineM schönen Traum bcsangen, zu-
gehört und wie Engelsharmonien warcn ihr seine
Worte, di'e cr ctnfach, abcr tm Tone tiefer Em-
pfindung gcsprochen, durch die mächtig klopfendr
Brust gezogen. Sie schloß für cineN Moment die
Augen, um den ftligen Zustand, tn «clchem flc
sich befand, noch einige Secunden längcr zu ge-
nicßen, dann abcr, an ihr vrrgangeneS Lcben zu-
rückdcnkend, raffte fie sich auS ihrer Lethargie auf

und dcn vor ihr htngcsunkenen Böhmen mit rinem
^ milden Lächeln anblickend, sprach sic:

„Mein theurer Freund, Sie habcn sich übereilt,
Sie können Jhrc Hand nicht einem Weibe bieten,
von dem Ste weiter nichts wiffen, als daß eS cben
^ cin Weib ist, das Zhnen gefLUt. Kkrchten Sic
^ nichtf däß Sie einst Ahrc Wahl hereüen werden?
Wiffen Sie überhaupt, wcr Diejcnige ist, vor der
Ste jetzt knien?!"

„Jch verlange nichtS zu wiffen. Nur sagen Sie
Eins! Sind Sic viclletcht nicht fret? Jst Ahnen
. meine Pcrson zuwidcr? O, sprcchen Sic, angebe-
tetes Wcib!" drängte, der Böhme, indem er un-
sähig, ftinen überwallcnden Gefühlen Zwang an«
zulegen, die Französin, dtc ihm in threr Verwirrung
doppelt rcizend crschien, umschlang.

„Wie können Sic nur so fragen?!" cntgegnete
dieft, sich jetzt ganz dcm gclikbten Manne hingebend,
„mcin trunkener Blick, mcin stürmisch klopfmdes
Hcrz muß cs Ahnen verkünden, daß ich Sie ltebc,
daß mcin ganzes Sein Zhnen gehörte von der
ersten Stunde an, da tch Sic gcsehcn."

! Ein langer, tnniger Kuß besiegelte den Bund.
Eln Gngcl mußte in dieftm Augcnbtick das stillr
 
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