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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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September
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N» 20tt Donnerstag, 3. Leptember

die „Heidelberger
>g" kann ma» fich
für den Monat
Zeptrmlitr mit 18 Kreuzern abonniren bei allcn
Postaiistalten, den Boten und Trägern, sowie
der Erpedition (Schiffgaffe Nr. 4).

* Politische Umschau.

Die „Spen. Z." läßt sich aus Wien schrei«
ben: Wir haben fichere Anzeichen, daß das
Wiener Cabinct mit der demnächstigen Haltung
RußlandS so sehr beschäftigt sein werdc, daß
es fast ausschließlich dieser, mindeftens sür
längere Zeit, sein Hauptaugenmerk zuzuwen«
dey genöthigt scin dürfte. Jn St. Peters«
burg scheinen fich Dinge vorzubereiten, welche
nichts Gutes von dcn dortigen Zntcntioncn
bezüglich OesterreichS ahncn laffen. Wir machen
Sie bei Zciten darauf ausmerksam, vaß in
der nächsten Zeit aus St. PeterSburg allerlei
Gehässigkeiten gegen Oestcrreich zu hören sein
werden; doch dabei dürftc cs schwcrlich sein
Bewenden haben. Wir hören, daß Rußland
imposante Truppenmaffen gegen die östcrr.
Grenzen dirigirt, nicht als ob es sich vor
.einer österreichischen Agzrcssion stchersteüen,
söndern alS ob es .selbst an einc Offensive gegen
Oestcrreich denken würde. Dies zur einstwei»
ligen Orientirung.

Der Gemeinderath von Bernburg hat es
abgelehnt, der Herzogin Witlwe eine Bcileids-
adreffe zu übersenden.

Der „Correspondencia" zufolge bestätigt es
sich i'n osficieller Weise, baß einc Convention
zwischen Frankreich und Spanien abgeschlvffen
wird, der zufolgc bie Entschädignng sür den
Krieg in Cochinchina zu gleichen Theilen unter
dsese bciben Machte veriheilt werden soil. ES
wird vorgcschlagkn, diese Summe sögleich für
ManiUa zu verwenden.

Die „Naiions- berichtet von einem wichiigen
Beschluß der französischen Regierung, Söachdem
die prvvisorische Regierung von Merico um
die Meinung der franzvsischen Regierung ge-
sragt hat, ob sie bie consöberirten Staaten
anerkennen solle oder nicht, hat baö Tuilerien-
Cabinet entschicben, daß dieser Anerkennung
nichlS im Wege stche. Selbstvcrständlich, wenn
Merico die Südftaaten anerkcnnt, werben diesc
ihrerseits die in Merico errichtete Regierung
anerkcnnen.

Die „Dailp NewS" versichern auf das Be-
stimmteste, baß Dayton, der amcrikanische Gc-
sandte in Paris, mit der lexien Post von sei-
ner Regierung die ausdrückliche Weisung er-

halten habe, gegen die Begründung einer Mo<
narchie in Merico Einsprache zu erheben.

Die Baumwollenkultur scheint in Süd-Jta-
lien vollständig zu glücken; dic diessährige
Ernte ist bereits viermal so groß als dic
früherer Jahre.

Einige Umkriebe der revolutivnäreii Partei
in Jtalien haben eine Erklärung des National-
comite's von Vcnedig hervorgerufen, um gegen
jeden isolirten Bcrsuch, welcher zur Befseiung
BenctienS gemacht werden könnte, zu prote-
stiren. Jn dieser Erklärung constatirt das
Nationalcomite von Venedig die Nvthwendig.
keit der Eintracht; es überläßt den gesctzlichen
Vertretern der Nation die Sorge, die Zcitge-
mäßheit einer Bcwegung zu bezeichnen, die
VenetieN an Jtalien zurückgeben solle.

Der Mvniteur veröffentlicht cin kaiserliches
Decret, welches einc Medaille für die meri-
canische Erpebition zu schlagen befiehlt.

D eu t sch l a » d

Karlsruhe, 25. August. Der von dec
großh. Regierung vorgeschlagene Niedcrlas-
sungsvertrag mir^der Schweiz enthält in sei-
nen Hauptartikeln solgende Bestimmungen:

Art. 1. Dte Angehörigen etneS jeden der betden ver-
tragschlteßcndrn Thctle solleu bet ihrcr Ntederlassung obcr
während ihreS kürzeren oder längeren AusenthalteS aus dem
StaatSgedtete des anderen ThetleS in Lezug aus AlleS,
waS dte AufenthaltSerlaubntß, dte Ausübung der erlaubten
Beiufe, den Erwerb und dte Beräußerung von Ltegen-
schasten und von Fahrntffen, dte Steuern und Abgaben.
mtt einem Wort alle den Äufenthalt und dte Ntederlaffung
beschlagenden Äedtngungen anbelangt, den Znländern sowctt
gletch gehalten werden, ale dlrS zur Zett htnsichlltch»der
Angehörig^n dcS meiiibegünsttgten drttten Staales tn Ge-
mäßhett bcstehender Gcsetze oder Verträge geschteht.

Art. 2. Zeder Vorthetl, den der etne der vertrag«
schlteßenden Thetle tn Zukunft etnem drltten Staat tn
Bctreff der Ntederlaffung setner Angehörtgen und threS
GewcrbebetrtrbeS auf trgcnd etnem Wege gewähren möchte,
soll, ohne daß htefür noch etue besondere Veretnbarung tm
etnzrlnen Fall erforderltch wäre, tn gletchee Wetse und zu
gletcher Zett dem anderen Thetle zugestanden werden.

Frankfurt, 31. Aug. Gestern lanv hicr
im Saawau eine Arbeiterverjainiiiliiiig des
MaingaueS stakt, in welcher Schulze-Delitzsch
einen länaeren Vorirag hielt.

Frankfurt, 1- Sept. Am Schlussc der
hemigeii letzien Sitzung des Fürstencongreffcs
verabschiedete sich der Kaiser von sämmilichen
Souveränen und Vertreiern der sreien Städte
unp dankte ihnen für ihr bereitwilligeS Ent«
gegenkommen. Heute Abend noch verlaffen der
Großherzog von Baden und die Herzoge von
Braunschweig und Coburg unsere Stadt. Mor-
gen srüh reisen die Könige von Hannvver unv
vo» Sachsen, dcr Kronprinz von Würlem-

ZnserrionSgebabreu für die Sspaltige Prtit-

tsile wrrdrn mit 3 kr. berechnrt. S

berg, der Kurfürst von Heffen, der Großherzog
von Weimar, der Fürst von Walbeck, sowle
ber Prinz Heinrich ber Riedcrlande ab. Die
Vertreker der freien Städte werden nvch einige
Tage hier verweilen, ferner der Minister v,
Schrenck und Graf Platen. (F. I.)

Frankfurt, 1. Sept. Die heutjge letzte
Sitznng ves Congreffes dauerte vön 10 bis
2i/, Uhr. Ueber das Ergebniß verlautet auS
vollkommen zuverläsfiger Quelle, däß die der
Specialdebatte unterzogen qewestiien, theilweiS
ameiidirleii Artikei der Reformacte proivcvl-
'larisch genehmigt, alle übrigen eo dloi; ange-
nommen wurden, so daß iiunmehr dse Noth-
wendigkeit nachfolgender Ministerconscrenzen
wcgfällt. Nicht zugestimmt haben: Baden,
Schwerin, Weimar, Waldeck. Der
Kaiser schloß die Sitzung mit einer Ansprache
folgenden Jiihalts:

Er sprlcht seine Freude darüber aus, daß
die Fürsten in zehn Sitzungen sich über die
schwierigsten und verwickettsteii Fragen geeinigt
habe». Die Opferwilligkeit aller häbe sich
bewährt, es sei dies kiiie grvße Thatsache.
Weiiii Alle auf das Geleistete als aus so viele
Beweise drr Eintracht u»b Selbstverläugnimg
zurückblicken, so dürfe bcr Kaiser sich vielleicht
einc Reguiig des Skolzes ver zeihen, da seine
Hoffnung auf daS Zusammcnwirken der deut-
schen Fürstcn sich vollkommen gerechssertigt
habe. Hiesür seinen Dank den Fürsten aus-
sprechend, äußert der Kaiser noch ben Wunsch,
daß dem ersten Fürstentag baldmöglichst ein
zweiter folgen möge, der alle GUever des
großen Gaiizen vereinige. Das Schlußresültat
wirv dem König von Preußen. mittelst eineS
Colleciivschreibeiis der Fürsten mttgetheilt.
Das Schlußprotvcoll ist bereitS geferligt. Die
Fürsteu trkiiiilen sich in gehobener Stimmung.

Mainz, 29. Aug. Das jetzk richiig ge.
stellie Raittensvcrzeichniß der Theilnehiner an
dem Zuristeniag wclst uach: a»S Oesterreich
104, auS Preußen 151, Bapern 39, König-
reich Sachseii 86, Hannover 23,^ Wuriicmberg
29, Badeu 42, Großh. Heffen 188, Kurheffeu
21, Mecktenburg-Schwcrln 11, Meckleaburg-
Strelitz 2, Sachsen-Weimar 6„ Olpenburg 7,
Naffau 39, Holstein 3, Anhalt 1, Cobiirg-
Goiha t, Sachsen-Alienburg 1, Sachsea-Mei-
niiigen 1, Lippe-Deimvld 1, Waldeck 1, Reuß-
Greiz 2, freie Stadt Frankfurt 23, Hambürg
3, Bremen 3, Lübeck 1, Amerika 1, zusammen
790 Mitqlieder,

München, 29. Aug. Nach den sehr lim.
faffenden Volkehrungen zu schließen, wird bei
der Rückkehr des Königs unsere Stadt in ein

Drr Tod m»f Bnrg Lahneck.

(Schluß.)

„Umsvnst! Umsonst! Jn TodeSangst habe ich
angesaügrn, lose Steine mit dcn Rägcln auS dem
Mortel zu lösen, um fie zu Stufen auszuthürmen.
Melnc Finger dlutcten furchtbar rabei, und als
ich einmai im S»merz nach d-m Munbe suhr und
dte warme Msfigkeit spürte, hätte !ch mich s-lbst
tn Stückc rcißen könncn, um mein Blut zu trinkcn.
Mein Blat that mir so wohl! Ach Gott! ES «ar
seit achtundvicrzig Stunden mrine einzige Nahrung.
Schon habe ich am Stroh meineS HuteS gekaut.
Aber s» furchtbar mich auch nach Sprise verlangi,
die Sntsetzlichkcit mcincr Lage läßt mich allc Be-
dürfniffe »-rg-Ncn. Dcn ganzeu Tag' thürmtc ich
di- loSgeiöstcn Steine auf. Endltch gegen Sonnen-
untergang schien mir thre Höhe beträchtlich genug,
um den Rand erreichen zu könncn, z» dcm sonst
einige Brettetstusen gefühkt haben, die aber jetzt
verfault und zertrümmert umhcrliegen. Zch crstirg
fi«. Wett iag daS Land vor mir. Wie ruhig, wie
glücklich AlleS! Jch sah tn den umliegendcn Dör-
fnn die Schornsteine rauchen und auf dem Rhein

ein Dampfschiff sahren. Heftig wchte ich mit dem
Tuche und' glaubte zu bemerken, daß man mir
wieder wehtc! Die Glückltchrn da untcn meintcn,
eS sei etn Gruß der Frcude. Ach, fie ahnten nicht,
wie sehr eS daS Zeichen der Noth und Verzweistung
war! Zhnen töntc die Musik dcr Bandc auf dcm
Hinterdeck, ihncn winkte das Ufer, das Hotel, die
Arme der Licben! WaS winkt mir? Der Tod aus
allen Ecken dieser schauerlichcn Ruine! Und was
für ein Tod? — Vatcr, Mutter, George, Marie,
«ollt Ihr mtch drnn so entsetzlich sterben laffen,
so entsetzlich!"

„Lcbe ich «och? — Mir scheint, daß ich schon
eine Lwtgkeit hier oben bin. Dte Zunge klebt mir
am Gaumen fest, ich kann nicht mehr ruftn. Mcine
Kleider HSngen in Ketzen herum; mein Haar ist
zerrauft; mir dünkt, tch bin taub geworden; ich
höre nichtS mchr; die Welt ist wic auSgestorben.
Grstern kamen zwei Maucrschwalben heraufgeffogen
und setztcn sich, vom Fluge ermattet, aus den Rand.
Es war das irtzte Glück, daS mir zn Theil ward,
ein Gruß auS der Wclt, auS dcm Leben! — Als
fie davon Aogen, sah ich thnen lange nach, ich
meinte, fie müßten geradeweg zu den Mcinigen

fliegen und ihnen Nachricht von meinem Elend«
bringen."

„DaS ist, glaube lch, der vicrte Tag! die vierte
Höllenewigkeit! Gestern war mir plötzlich wieder,
als hörtc ich. Furchtbar todt und sttll lag Alles,
ich war wie im Grabe, ohne Empfindung, ohne
Gedanken und Sinn. Plötzlich vernahm ich meinen
Namen wic ant- weitcr Fcrnc, wie von unserm
Hausc in Edinburgh hcr rufen. Zch raffte mich
auf und klctterte noch cinmal vuf dic geschlchteten
Sleinc empor; schon konnte tch nicht mehr sehen.
Es lag wie ein Schleier vor meinen Aügen. Jm
Schwanken löste fich die llnterlage und ich stel mtt
dcn Stcincn zur Erde."

„Wie lange ich, betäubt von dein Falle, gelegen,
weiß ich nicht. Zch «eiß nnr: AllrS ist auS> metn
Tod ist gewiß. Noch einmal will tch beten für daS
Heil meiner Seele, für Euch, Vatcr, Mutter,
George nnd Marie. Dann «ill tch sehe», ob ich
noch Krast habe, mich an die dunkle OeffnUng deS
ThurmeS zu schleppen und hinabzustürzen. O,
warum habe ich eS nicht gleich g-than!"

„Vater im Himmel, sei meincr Seekc gnLdtg!"

Wir brauchen diesen Anszeichnungcn wohi nichtS
 
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