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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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August
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Dienstag, L8. Asugust

* P-litische »»«nscha«.

Die Jdee des Fürstentages stammt, wie der
„N. F. Z." von Wien mitgetheilt wird, von
dem koburgtschen Geh. Staatsrath Francke,
welcher sie (mit Vorwissen des Herzogs von
Koburg) zunächst dem Grafen Rechberg vor-
gctragen hat. Be, der Ausarbeitung der Pro-
positionen, die dcm Fnrstentag vorgelegt wer-
den sollen, hat auch Hr. v. Schmerling sehr
wesentlich mitgewirkt. Die vorgestern von
österreichischer Seite mitgetheilten 6 Punkte
der kaiserlichen Vorlage sind nicht erschvpfend
und gehören auch nicht der letzten Redaction
derselben an; wenigstens hören wir, daß man
in Wien am Mittwoch noch nicht eitiig war,
vb das Directorium auS sieben oder fünf Mik-
gliebern bestehen soüe und baß man am Don-
nerstag wieberum berieth. Der Kaiser sost
die Anforberung gesteüt haben, baß bie Vor-
schläge, die er den Fürsten überbringe, mög-
lichst ficisinnig seien.

Das Directorium, welches der Kaiser von
Oesterreich zur Erecutivbehörde des deutstchen
Bundes bem Fürstentage vorschlagen wird,
soü aus 5 Mitgliebern bestehen, an dem je
eins von Oesterreich, Preußen und Bapern
ernannt und die beiven leßten durch die übri-
gen Staaten gewählt würden.

Die „Berl. Astg. Ztg." erklärt das Gerücht
von bcr Absicht eines prenßischen Manifestes
an die deutsche Naiion, wozu jetzt die Stunde
schwerlich angethan sein möchte, für ein lecres
Gerede.

Evening Star sagt: „Wir können nicht ein-
sehen, daß bei dem Fürstentag die eigentlich
dentschen Jntereffen ernstlich in Fragc stehen.
Der Fürstentag ist ein sehr kluger Schachzug
Oesterreichs, um Preußen aus die Seite zu
schieben, und wenn er zu ernstii'chen Zwistig-
keiten zwischen beiden führt, so kann er auch
in diesem Sinne wichtige Folgen haben."

Die Generalrathswahlen im Rhonedeparte-
ment sind im demokratischen Sinne ausge-
sallen.

Der „France" zufolge ist das Vvtum der
Notabelnversammluiig von Merico in Washing-
ton und Newpork äußerst schlecht aufgenom«
men worden; ein Mitglied des Eabinets Lin-
coln's hätte sogar den Vorschlag gemacht,
gegen bie Wahl des neuen Kaisers zu prote-
stiren und Mrrico das Recht zu bestreilcn,
sich eine monarchische Regierung zu geben.
Zn Richmond dagegen soll jencs Vvtum sehr
günstig aufgenommen worden scin unb vek
Präsidcnt Jefferson Davis habc beschlössen,

die monarchische Regierung Meri'co's anzuer-
kennen. Auch in Havanna soll die Ernennung
deS ErzherzogS MariiNilran mit Freude auf-
genommen wvrden sein und man hat dort eine
Adreffe an die Königin von SpaNieii unter-
zeichnet, um diese zu bitten, das neue Kaiser-
reich anzuerkennen.

Das Riesenschi'ff Great Eastern, das jetzt
regelmäßig zwischen England ünd Amerika
fährt, hat diese Woche nicht weniger als 1100
Reisende Nach Newyork an Börd genommen.

Deutschlan-

Aus Baden, 12. Aüg. Gestern feierte
der badische Landesvettin der Gustav-Adolph-
Stiftung sein Zahresfest in Weinhkim, wobei
von den Gästen Prälat Zimmermann von
Darmstadt sprach. Zittel hielt dic kraftvoüe
Festpredigt, Proseffor Holßinann ben lebeNbig
zündenden Festbericht. Pf. Schcllenberg von
Mannheim schilderte die Art, wie Dänemark
unseren - evangelischen deutschen Brüdern in
Gchleswig den Gebrauch der deütschen Sprache
l'n Schulc imd Gottesdienst vcrbieket, und
darum unscr« Brüder keinen Gottesdiensten
beiwohtten könncn, weil Gebet, Gesang und
Prcdigt dänisch sein müffen, also in einer
Sprache, welche ste nicht verstehen; gegenübex
dieseM jamMervollen Zustande, zu dessen Ab-
wenbung tausend und tauscnd Bitten an
Dänemark vergeblich waren, stellte er den An-
trag: 1) zu erklären, daß das Verfahren
Dänemarks eincn wirklrchen kirchlichen Noth-
stand herbeiführte, und ein der evangclischen
Kirche zugefügtes schweres Unrecht sn; 2) den
Abgeökbneten nach Lübeck zu beaustragen, da-
hin zu wirken, daß eine Erklärung in gleichem
Siiine von dcr Hauptversammlung erlaffen
werde. Der Antrag sand bei Aüen die gleiche
Siimmung der Entrüstung über Dänemarks
Verfahren; Manche warnten jedvch davor,
weil e« bedcuklich und vielleicht für den Ver-
ein gcfährlich sei, so Dänemark zu verletzen;
nameNtlich sprach Prälat Zimmermann da-
gegen. Schließlich aber wurde der Aütrag
angenommen, wider dänifchen Uebermuth ein
Wort öffentlicher Beürtheilung zu haben.

(Psi K.)

Frankfurt, 13. Aug. Die Namen der
31 nach Frankfurt eingeladenen deutschen
Bundesfürsten sind, dem Alter nach ge-
ordnet: Wilheim, König von Württembcrg
(geb. 27. September 1781); miticlst Stcll-
vertretung durch Kronprinz l^trl (geb. 6. März
1823). Kerdinand, Landgraf von Heffen-Hvm-

öudg (geb. 26. Aprr'l 1783). Heinrich HXXII.,
FSrst Reuß zu Schleiz (geb. 20. Okt. 1789).
GüntKer, Fürst zu Schwarzburg-Rudolstadt
(geb. 6. Rov. 1793). Leopold, Herzog von
Anhalt-Deffau-Köthen (gcb. 1. Ökt. 1794).
Wilhclm I-, König von Preußen (geb. 22.
März 1797); wird ni'Lt erscheinen. Bernhard
Herzog von Sachsen-MeiningeN (geb. 17.Dez.
1800). Günther, Fürst zü Schwarzburg-Son-
drrshausen (geb. 24. Sept. 1801). Johann,
König von Sachsen (geb. 12. Dez. 1801).
^ Friedrich Wilhem 1., Kurfürst von Heffen (gcb.
20. August 1802). Alerander, Herzog von
Anhalt-Bernburg (geb. 2. März 180S); wird
wohl wegen Krankheit fich vertreten lassen.
(Mitregcntin Herzogiu Friederike, Prinzeffin
von Holstein-Soiiderburg Glücksburg (geb.
1811). Wilhelm, Herzog von Braunschweig
(geb. 25. April 1806). Ludivkg lll., Groß-
herzog von Heffen (geb. 9. Juni 1806). Fricd-
rich VII., König von Dänemark, Herzo'g von
Holstein (gcb. 6. Okt. 1808); wrrb nicht er-
scheineN. Marimilian II., König v. Baper»
(geb. 28. Nov. 1811). Wilhelm III., König
der Niederlande, Großherzog von Luremburg
(geb. 19. Febr. 1817); wird stch-durch seinen
Bruder, Prinz Heinrich, Statthalier von Lu-
remburg (geb. 13. Jüli 1820) vertreten laffcn,
später aber selbst in Frazikfurt eintreffen.
Abolph, Herzog vön Naffau (geb. 24. Juli

1817) . Advlph, Fürst zu Schaumburg-Lippe
(geb. 1. August 1817). Ernst II., Herzog
von Sachsen-Koburg-Gotha (geb. 21. Juni

1818) . Karl Alerander, Großherzog von
Sachsen-Weimar (geb. 24. Juni 1818).
Georg V., König vvn Hannover (geb. 27. Mai

1819) . Friedrich Wilhelm, Großherzog von
Mecklenburg iStrelitz (geb. »17. Okt. 1819).
Leopöld, Fürst zu Lippe-Detmold (geb. 1.
Sept. 1821). Friedrich Franz, Großherzog
von Mecklenburg-Schwcrin (geb, 28. Febr.
1823). Friedrich, Großherzog von Baden
(geb. 9. Sept. 1826). Ernst, Herzog von
Sachsen-Altenburg (geb. 16. Septbr. 1826);
reist gegenwärtig in Norwegen, daher sein
persönliches Erscheinen zweifelhaft. Pcter,
Großherzog von Oldeuburg (geb. 8. Juli
1827). Franz Joseph I., Kaiser von Oestcr-
reich (geb. 18. Aug. 1830). Georg Victor,
Fürst zu Walbeck-Pprmont (geb. 14. Januar
1831. Zohann, Fürst von Likchtenftein (geb.
5. Okt, 1840). Heinrich XXll., Fürst Reuß
zu Greiz (geb. 28. März 1846); wird als
minoreNn sich vertrcten laffen. (Regentin
Fürstin-Wittwe Karoline, Prinzessin von Hes-
sen-Homburg, geb. 1819). — Die freien Stäbte

Ler Spio» Napoleons.

(Schluß.)

Eine anderc, ganz gleiche Geschichte endigte bci
Wcitcm tragischer. Der Unglückliche, welcher in die
Schlingen ciner dieser furchtbarcn Dainen der cy-
therischen Cohortc gefallen war, hatte sich erboten,
scine Mördertn zu heirathen. Diese indeffen lteferte
ihn ohne Gewtffcnsbtffc seincn Henkern in dte Händc.
Dieser Beklagenswerthe war von guter Familie und
wurde »ls Spion dcs Berliner Kabtnets auf der
Ebene »on Grenelle süstlirt.

Dte meisien der gehetmen Einkerkerungen und
Hinrichtungen «aren das Werk dieser Sirenen und
Adonts. Untcr Andcrn gerieth auch der gefcierte
sranzöfische Lvmponist Mehul in thrc Schlingen,
er wußtc fich aber noch zu rechtcr Zcit bcr drohcn-
dcn Gefahr zu cntwinden. Dic nämlichen Agcnten
gaben Aufschluß über den Anfnhrcr ctner roya-
listtschen Partei, den General Lemercter, welcher
später in dem Flecken Lamothc bet Loudäc crmor-
det wurde. Ebenso wurdrn d-r Ritter. Laa und

die Hcrren Dubuc und Roffelin auf Angaben zweier
dieser Geschöpfe verhaftet.

Betnahe unglaublich sind dte Summen, «elche
die geheime Polizet, ganz besonders aber Lte cy-
therischc Cohorte verschlang. Dte hztztere kostek
vom 10. Mai 1812 bis zum 22. Aanuar 1813
5/332,500 Frcs. an Retsckostcn, Besoldung und
Vergütung. Der Ritter von Rivoire Saint Hy-
polite, ein Martneofficier, wclcher mit in di« Sache
des genanntcn Lemcrcicr verwickelt war, kostete
allein 400,200 Frcs., und sind in dicse Summe
noch nicht einmal dte Nnterhaltungskosten in dcn
verschtedenen Gefängniffen, in welche man ihn etn-
spcrrte, mit etnbegriffen.

Auf diese Weife verwendete der Despot in der
Hauptstadt dcr Civilisation die Gelder der Staats-
kaffc, um den durch Ränkc errungenen Thron zu
behaupten. Wic konnte dteS auch anders bei eincm
Manne sein, der, als er geschlagen aus Rußland
zurückkehrte, fetnem Volke zuricf: „Der lctzte
Menfch uttd der letzte Hcller gehören mir!"
und einst zu einem setner Minister sagte: zur Be-
festigung rines neüen Thrönes mnß man nothwen-
d!g den Kei'eg wählcli, cS ifi cäs Anzige Mittcl,

die Völker am Nachdenken zu vechindern!-

Gott schütze die Welt vor „großen Männern"
dieser Art!

An der „guten alten Zeit" «urde auch gut
getrunken, übermäßig aber unter anderm bcsonders
! auf der llniversität Tübingen, und wenn man den
i Stüdentcn dartn steuern wollte, so gingen sie nach
Rottenburg untcr dem Vorwand, dort Papier und
' Schwefelhölzer zu holen. Aber auch das zarte Ge-
schlecht trauk mit dem starken um die Wette, und
! ein Visitationsreceß von 1591 riigt sogar, daß die
Frauen dcr Profefforcn selbst oft cin Gläschen über
! dcn Durst trinkcn, däß z. B. „Fraü Professor Eru-
sius und Frau Professor Homberger fich gar un-
j gebührlich halten, daß sie gar übel ffuchen und
schwören, Vem Trunk sich ergeben, sondcrlich des
Crusi Weib, gehen sclten zur Kirche, zieheu oft-
mals nach Lustnau und Derendingen und erzeigen
sich dort ziemlich verdächtig." Ferner heißt es in
etncm RathSdccret von Hcilbronn: „Dem Trunk
ergebene Weiber sollcn vom Stadtknechr hcrum-
gedrängelr und ihnen an den Kopf >!n Zettcl ge-
 
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