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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Juli
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Donrrerstag, 16. Zuli

Insertioirsgebährea für die Ispaltige Petit-
zeile werdea mit 3 tr. berechaet.


^ Zur Schulreform.

Worauf Lehrer uiid Gemeinbei! mit Sehn«
sucht gewartet baben und was seit langer Zeit
der Gegensiand öffentlicher Besprechung war,
stehk nun sm Begriff verwirklicht zu wcrdcn,
aämlich die Umgestalknng des Volksschulwe-
sens. Der Direcior dcs Oberschulraths hat
im Lause des Monats Mai dem Prästbenten
deS Ministeriums des Znuera einen diesen
wichtigen geseßgeberischen Act bctreffenden Be«
richt übergeben, wrlcher die Frucht sechsmo«
natlicher Berathungen des Oberschulrarhö ist
und unter Berückstchtigung bcr bisherigen
Schulverordnungcn diejenigen Reformen bean-
tragt, oie den Bedürfniffen der Zeit angc«
meffen stnd und den lautgewördenen Wünschen,
soweil lhunlich, Rcchnung tragen; und Herr
StaatSrath Lamep har, um ber öffentlichen
Meinung Gelegenheit zur Aeußerung zu geben,
den Druck der Vorlage gestattet. Es ist hier
nicht möglich, auf daS Einzelne des umfaffen-
den Bertchtes, deffcn vollständige Mittheilung
sich überhaupr für ein politischeS Blatt kaum
rignet, einzugehen; aber so viel können wir
jetzt schon versichern, daß cine Reform, die
Altes unb Neues, BestehenbeS und neu zu
Schaffendes in eine organische Verbindung zu
.bringcn strebt und, ohne begründete Rechre u.
Wunsche der verjchikdcnen Factoren zu ver-
letzen, doch dem ungehinverten Forkschritt eine
Bahn öffnet, kaum in ciner anerkennungswür-
digeren Weise in das Leben eingesührt werden
kann, als cs hier von dem Oberschulralhe be-
absichligt wird; obgleich sich andererscits mit
zicmlicher Sicherheit vorauSsehen läßt, daß
dic ertremen Parteien, die cntwcber daS bis-
her Gewesene um jeben Preis festhalten, oder
das Neuc, mit Unterwühlung dcs geschichlli-
chen Bobens, nach blos abstracten Zdeen auf
einer tsbulkl rsss erbanen möchten, sich va-
burch ntcht befriedigt fnhlen wcrven. Doch
hal es uns gesreut, aus bem Munde intelli-
genter Lehrer, die voraussichllich eine Stcllc
unter den zu wählendcn Beirälhcn einnehuie»
werdcn, ungeachtet sie an dem Princip der
Comuiuiialschulen festhalten, eine ausrichtige
Zustimmung zu bem Ganzen der Vorlagc ver-
nommen zu haben. Jndem wir uns vorbe-
hallen, dicses wichtige Actenstück zu seiner
-jeit ciner cingehenberen Belrachtung zu unter-
werfen, beschränken wir uns darauf, uns vor-
erst an die bem Berichte angeschloffene und
auch iu dicsen Blättern bereits abgedruckte
Beilage zu halten, welche 44, dem Gutachten
dcr Beiräthe zu nnterbreitende Thesen enthält,

-s Schiffmamisklänge aus dem preußischen
Staatsfchiff.

.Parodie nach dem Liede; //Das Schiff streicht durch die Wellen."

DaS Schiff strcicht durch die Wellen,
Von Ost die Scgcl schwellcn,
Verschwunden ist der Strand; —

An die Fcrnc
Niemals gernc
Hatte Er fcin Hcimathland.

O sagt ihr dunklen Wogcn!

Wo kommt ihr hergezoge» ? —

Kommt ihr von Ncwa's Strand? -
Wie sie rollen!

Ach, fie wollen

Hcrrschen jetzt im Preußenland.

auS denen wir aber nur diejenigen hervor-
heben wollen, welche den Gcist der beabsich-
tigten Reform charakterisiren und die wesent-
lichen Unterschiede zwischen dem neuen. und
alten Schulgesetze in daS Licht sctzen.

Es ist vor Allem ein Fortschritt darin zu
erkennen, daß nicht mehr wie früher, ein Un-
terschied zwischen Stadt- und Lanbschulen hin-
sichtlich der Lehrgegcnstände und der an die
Fähigkeiten der Lehrer zn machenden Ansprnche
stattstndet. ES ist eine der ersten Forberun-
gen, die ein gebildetes Zeitalter au die VolkS-.
schule zu stellen hat, daß der gesammten Ju-
gend der Weg zu einer gleichmäßigen Schul-
bilbung geöffnct wird; denk abgesehen davon,
daß jever Mensch schon an und für sich sclbst
betrachtet Anspruch auf eine möglichst große
Ausbilbung seiner Geisteskräfte hat, so ist auch
jetzt die Wahl der Berufsart und die künftige
svciale Stellung deS Staatsbürgers nicht mehr
davon abhänM, ob er in der Stadt oder auf
dem Lanbe geboren ist, sondcrn an ganz an-
bere Bedingungen geknüpft. Dagcgen wird,
und zwar mit Recht, ver Untcrschied zwischen
einfachen und erweitcrten Volksschulen fcstge-
halten, um, mit Rncksicht auf die angeborenen
Fähigkeiten der Kinber, auf ihrc künftige Be-
rufsstellung und auf die äußerlichen Verhält-
niffe der Eltern, dem Willen »nd der freien
Wahl einen Spielraum zu laffen. Die Unter-
rlchtsgegenstände sür die crweiterte Volksschule
sinb jeboch dieselben wie für die einfache
Volksschule, nur mit dem Unterschiedc, daß
bort die Ziele für dcn Lehrstoff weiter gcsteckk
sind.

Der Religionsunterricht bleibt, nach wie
vor, obligatorischer Lehrgegenstand der Volks-
schule, und es ist Sache der Kirchen, ihn, un-
beschadet der einheitlichen Leitung Per Schule
durch ven Staat, zu überwachen und zu be-
sorgen; der Volksschullehrer ist verpflichtct,
nöthigenfalls bis zu 4 Stunden wöchcntlich
Religionsunterricht zu geben. Diese Bestim-
mung ist bcreits von Sciten mancher Lehrer
in mehrfacher Beziehung angefochten worden,
und es ist vorauszusehcn, daß eine Verschie-
denhkit der Ansichten stattsinden Mrd. Unsere
unmaßgeblichc Meinung ist folgende: Da der
Oberschulrath, und gerviß aus guten Grün-
dcn, die unbedingte und zwangsweise Einfüh-
rung der Communalschule oder, wie man sie
sonst auch zu nennen beliebt, der religions-
losen Schule für unstatthaft erklärt hat, so
folgt daraus von selbst, daß der Religions-
unterricht als obligatorischer Lehrgcgenstand
auf dem Schulplane erscheinen muß; uud

Sie stürmen «ild heran!

Und wir horchen,

Schwer in Sorgen,

Daß gar schwankcnd «trd dcr Kahn.

Doch ob auch Stürme sausen,

Ob hoch die Wcllen brausen,

Er doch in Karlsbad bleibt; —

Daß ihm blicbe
Wilhelms Liebe,

Daß Dcr Fvrtschritt nicht betreibt. —

Daß ihm nur BiSmarcks Ohren
Zum Dollmetsch find erkoren,

Zu hören nur durch sie. —

Daß der Wiener
Dem Berliner

Einslöst nicht Demagogie. —

Heidelberg, im Juli 1863.

Ilnd wenn dic Wogcn rauschen,
Da gicbt es viel zu lauschen,

(Dq,s Schwarz-Roth-Gold dcr Schwa-
b cn.) Jn Baden fragte bei Gelegcnheit dcS letz- !
ten Vergnirgungszuges dcr Stuttgartcr nach Wien i

hieraus folgt sodann wieder selbstverständlich,
daß dem Lehrer die Uebernahme eines Theiles
dieses Unterrichtes zugemuthet werden kann.
Hiergegen kann um so weniger etwas mit
Grund eingewendet werden, als wie auS der
Motivirung zu crschen ist, nur ein allgemeiner,
nicht confessioneller, also nur biblisch-geschichk-
licher ReligionSunterricht von dem Lehrer ver-
langt, der spstematische oder dogmatische abcr
an den Geistlichen übcrwiesen wird. Ueber
die Zahl der dem Lehrer zuzuweiscnben Reli-
gionsstundcn können die Ansichten auseinander
gehen; jcbenfalls muß dafür gesorgt werben,
daß die übrigen wescntlichen Unlerrichtsgegen-
stände dadurch nicht beeinträchligt werden,
weßhalb auch der evangelische Obcrkirchcnrath,
welcher hierin dem Oberschulrathe in entsprc-
chcnder Weise entgegen kam, einc Verminde-
rung des in der Schule zu behandelnden Re-
ligionsstoffes bereitS angeordnet hat. Wenn
dagegen der Oberschulrath die Ansicht aus-
spricht, daß „diesen Religionsuntcrricht des
Lehrers zu leiten, gleichfalls Sache der Kirche
und nicht der vom Staate aufgestellten Auf-
sichtsbehörden sei", so können wir uns hierin
nicht mit ihm einverstanden erklärcn, theils,
weil wir eine Znconsequenz darin erblicken,
einen „uichtconfesstonellcn" Religionsunterricht
dennoch unter die Aufsicht und Leitung der
Kirche oder eines Confessionsgeistlichen zu
stcllen, theils und hauptsächlich abcr, weil eine
berartige Einmischung der Kirche sich mit der
angestredten einhcitlichen Schulleitung nicht
verirägt und weil wir endlich den Volksschul-
lehrer einmal der satalen Lage entriffen schen
möchten, zweien Herren dienen zu müffen. Es
ist genug, daß, wie die Ortsschule überhaupt,
so auch ber von dem Lehrer zu ertheilenbe
Religiousunterricht unter der Aufsicht des
Ortsschulrathes steht, zu welchem ja auch der
Pfarrer gehört; außerdem kann Ler Kirche,
die ja seldcr den confessionellcn Unterricht be-
sorgt, kein bcsonderes und sclbstständiges Auf-
sichtsrecht über die Schulc zustehen. (Schluß f.)

* Politische Umschau.

Dcr Herzog ston Coburg hat den Ministern
v. Schmerling und v. Laffer das Großkreuz
des Sachsen-Ernestinischen Haus-Ordens ver-
liehen. — Der Hof- und Ministcrialrath im
Ministcrium des kais. Hauses und des Aeußern,
Marimilian Freiyerr v. Gagcrn, erhielt das
Commandeurkreuz des Sachscn-Ernestinischen
Haus-Ordens mit dem Sterne.

Wie man dem „Reut. Bureau" am 11. d.

einer der Gemeinderäthe mitten in der Lustbarkcit
eincn der «ürttembergischen Gäste, tndem er auf
deffen Band im Knopfloche deutete: „Aber, licber
Bruder Schwabe, du trägst ja nur Schwarz und
Roth (die württembergischen Farbcn), wo bleibt
denn zur deutschxn Farbe unser geliebtcs Gold?"
— „Lieber Bruder Ocsterreicher," erwiederte ihm
hierauf der Württemberger lächclnd, „dasch Gold,
dasch habe mir in bcr Tasche", und dabei schlug er
aus einen «ohlgefülltcn klingenden Ledergürtel.

Hn Mctz krochcn bei dem letzten schweren Ge-
witter, durch die Blitze und Dsnnerschläge geäng-
stigt, fünf Kinder einer Familie, im Alter von
2—9 Aahren, in einen großen Vorrathskasten. Da
fie aber ben Dcckel, der über ihnen ins Schloß
gefallcn war, nicht mehr zu heben vcrmochten,
mußtcn fic alle fünf in ihrem Gefängniß elendig-
lich crsltcken. Die vom Felde nach einigen Stundc»
heimkehrendcn Eltern fanden fie sämmtlich todt.
 
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