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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2801#0258

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durch die Fundauientakgrundsätze ihrer einmal
in der nationalen Reformfrage eingenvmmenen
Steüung geboten, daß es fast überflüssig schien,
nachdem bekannt gcworden war, Sc. Königl.
Hoheit der Großherzog habe sich dem Schluß-
resultate der Frankfurter Conferenz nicht
anschlirßen können, näher auf dle bestimmen-
den Gründe dieser Entschließung zurückzu-
kowmen.

Wiederholte, fast spstematische Angriffe der
großdeutschen und klcrikalen Blätter, deren
starke Neignng, das verhältnißmäßig geringe
Resultat der Berathungen seldst drr gggeb-
lichen badischen Opposiiion zuzuschreiben; end-
lich das insbesonvere in der „AUgemeinen Z."
versuchte Jrrcführen des Publikums über die
von Baden eingknoiiimeiie SteUung überhaupt,
muß uns veranlaff-n, gcgen unsere Absichl,
auch unsererseits eiue Darstellung der von
der großh. Regierung devbachteten Haltung zu
geben.

Die Einladung Sr. Maj. des Kaisers vom
31. Juli war auf Eröffnung eincr gemein-
samen Beraihung übcr die Frage gerichiet,
wie die deulsche Bundesverfaffung unter Auf-
rechthaltung ihrer wesenilichen Grundlagen,
aber zugleich unter wohtcrwogener Lerücksich-
tigung der politischen Bebürfnisse der Nalion
neu befestigt weroen köunle.

Es kvniiie angkiiominen werden, daß es sich
bei dieser perfönlichen Beraihung der dcukfchen
Buiidesfürsten unv ber Vcriretcr ber jreien
Stäbte Deutschlands wesentlich darum han
deln würde, dic Eininüihigkeit ihres Llnerkennt-
niffeS des vorhandeiikn Bedürfniffes nach einer
Vkrbefferung des jkhigen geuieinfaineii öffenl-
lichen RkchlszustaiideS unb der bereilwilligen
Eiitschloffknheik zur Adhilfe des Bkdürfniffes
dadurch unier sich unb vor bem Val>rlande
zu bocumenliren, baß sic sich über bie Richl-
punkle deö Weges einigieii, ber nunmehr ohne
sernereS Säumen zu belreren und zu vcrfvlgen
sei, um uülcr ben allseitig dazu erforderlichen
Leistungen iinb Hingaden biese 'Lbhilfc in einer
mit drm deutschen Volke zu vereinbarenden
nnd abjuschließenben Rejvrmactc wirksam her-
beizufuhren.

Zn dieser Voraussetzung begleitete Sc. Kön.
Hoh. der Großherzog das allerhöchstc Erwie-
derungsschreiben an Se. Maj. de» Kaiser vom
9. v. Mts. mit kem Ausbruck der Hoffuuug,
daß es bein opfferberkiten unermüdlichkn Slrc-
bc» der deuilchen Fürsten unb Regierungen
möglich werden mögc, bic Schwierigkeiten zu
überwinden, welche bisher einem Erfolge im
Wege stanben, uno daß Se. Königl. Hoheit
deShalb bem Versuche, welcher bestimmt sei,
rinc so wirksame Anregung zu geben, gerne
Seine Milwirkung liihen wollc.

Nachbein ven am l7. v. Mts. erstmals in
Conicrenz zusommengelreteneil hohen Sou-
veränen ber Eniwuri eiuer in allen Einzcl-
heiien ausgearbcitktcn Reforuiaete vorgelegt
und die Adsicht kunb gegeben worben war,
daß die hohc Versammlung selbst und sofort
eiibgiltige unb binbendc Beschlüsse über den
Jnhalt berselben faffrn möge, warf sich die
Frage auf,' ob dcr Ernst der zu erlkbigenden

Ausgabe ein so rascheS und nur geringe Vor-
bereitung uud Prüfung ermöglichendes Ver«
fahren zulaffe, und ob überhaupt die hohen
Souveräne wvhl thun würden, selbst die defi-
nitivc Lösung so jchwirriger, bcstrittcner Punkte
in die Hand zu nehmen. DieS durfte bezwei-
felt werden. Von Seiten ker großh. Regie-
rung wurde diesem Zweifel in eincr Rote
Ausdruck verliehen, welche inzwischen gleich-
falls den Weg in die Oeffentlichkeit gefunden
hat (siehe unsere gestrige Niiuimer) unb worin
auf Befehl Sr. Königl. Hoh. die Verwahrun-
gen niedergelegt waren, durch welche eine solche
Beschlußfaffuiig in Einklang mit den constitu-
tioncllen Ordnungen des Großherzogthums ge-
bracht wurde. Gleichzeiiig erfolgte dic Er-
klärung zu Protocoll, vaß die dicSseitigen
Aeußerungen und Abstiuimungen nur schriftlich
zu ProiocoU erfolqen würden. (Fvrts. f.)

Ösfenburg» 8. Sept. Nach einem von
Friebr. Hecker empfangenen Briefe ist dcrselbe,
kaum von seiner in der Schlacht von Chan-
cellorsville erhaltenen Wunbe geheilt, wieder
bei dem Poiomacheer alö Oberst seincs alten
82. Jllinoisregiments und machte noch den
Schluß der Schlacht von Geiipsburg mit.
Hecker hält auch ben neuen Obergeneral Meadc
für nicht tüchlig genug. Nach der Schlacht
vvn Getipsburg, welche nur durch die Auf-
vpferung ber Solbaten, namkiitlich der deut-
schen, gkwonnen wurde, hätte Meade daS be-
moralisirte Heer llees am Uebertritt über den
Pviomac verhiudern und aufreiben ober ge-
fangen nehinen können. Lec haüe nämlich auf
seinem Rückzuge bei Hagerstown Scheinver-
schanzunqen, wozu ihm Meade Zeit gelaffcn,
auiwerien laffe» und in denselben auf einer
langen Linie die Nachhut vertheill. Diese
Nachhut nu» hiell Meade für das ganze Heer
Lees, währenb die deutschen Ofsiciere dcn
wahren' Sachverhalt erkannten und sich er-
boten, mit ihren deutschen Brigaden die Schan-
zen zu nehmen. Die Bilte wurbe ihnen nicht
gewährt, unb Lee enikam. Trotzdem hält Hecker
dic Entschcibiing und ben Sieg der Nnion nahe,
unb er vergißt gerne seine Leibcn in bem Be-
wußtsein, zur Abschaffung der Sclaverei, einem
Ereigniß von unberechenbarer Tragweite, bei-
gelragen zu haben. Auf Dank und Anerken-
nung von Seiten der Iankces bürftc» übri-
gcns bie Deutschen für ihr vergoffenes Blut
nach Heckers Meinung nicht zähle» und sie
werden nach wic vor bic ckuwneil ckutLdwen
heißcn unb mißachtet weiben, s» langc das
alte dculsche Vaterland nicht cinig unb mäch-
lig dastcht.und sich für Unbilden, welche dcn
Söhneii >m Anslande zugefügt werben, rächen
kann. Mü derbem Unmulh über die schwan-
kende Thatenlvsigkeit deulscher Zustände schließt
Hecker skincii Brief. (Bd. Lzlg.)

Aus PreuHen» 10. Sepl. Wir erfahcen,
daß dic Volkspartei fast in ganz Preußen sich
schon jetzt zu be» bevvrstchenden Wahlen rüstet.
Man hat »amentlich erkannt, daß es, neben
der Wieberwahl der tüchtigen, besonbers ber
unabhängigen unter den bisherigen Mügliedern
Les AbgeorbnetenhauseS, auf dic Wahl neuer,
enlschiedener Elementc ankommt. — Der Fürst >

von Hohenzollern hat nach der N. F. Z. bei
seiner letzten Zusammenkunft mit bkm Könige
von Prcußen Letzterem vorgcstellt, daß unter
tausend Preußen durchschnittlich nicht Einer
mit Bismarck gehen wolle. Darauf wurde
ihm zur Antwort: „Anton, das verstehst
Du nicht!"

Berlin, 10. Sept. Der König hat nach
der „R. Fr. Z." dem Ländrath Freiherry v.
Schroetter, welcher das Gemetzel von Bre-
dinkcn anordncte, einen Ordcn verliehen. Wo-
mit sich der Kronprinz jetzt beschäftigt, erfährt
man aus dem Referat der Berlincr Blätter,
daß er der Polizei in Potsram hat Anzeige
mgchen laffen, es brächten die Spazicrgänger
im königlkcheN Sanssoucigarten sich Butter.
brode mit, verzehrten dieselben nicht bloS auf
dem königl. Grund und Boden, soubern sie
würfen sogar in der Regel das Papier, in
welches sie die Bemmen eüigewickclt hätten,
ga»z respectlos in den Garten. Die Potsdamer
Polizei wird hoffeutlich strcnge Maßregeln
trcffen unb die Miffethäter, wejche sich uiitcr-
stehen, im königl. Garten Hunger zu bekommcn,
vor die Assisen steüen.

Berlin, 10. Sept. Jn dcr Heutl'gen Ver-
sanimlung dcr amtlichen Dklegirten deutscher
Staaten znm statistischen Congreffe hat man
sich dahin geeinigt, daß wo möglich noch in
diesem Jahre bie deutschen statistischen Bu-
reaus zusammentreten, um für Deutschland
eine Einhcit der Statistik herbeizuführen.

Krankretch.

Paris, 10. Septbr. Hiesige Blätter be-
richleii, bas Eintreffen dkr russtschen Antwort
dahier werde morgen erwartet. England wird
seinc Nole mvrgen veröffentlichen; ob Frank-
reich und Oesterreich bie ihrige publiciren
werden, weiß man noch nicht.

Paris, 10. Sept. Der Kaiscr ist heute
Morgen nach Biarritz abgereist. — „Paps"
versichert, daß rie französische Regierung die
5 Neisendcn des „Aunis" an die Turiner Re-
gierung auslicfern wird, da cs, wie die Un-
tcrsuchung ergeben habe, nicht möglich sei, diese
Verbrecher der Strenge der Gesetze zu ent-
ziehen.

Nachrichten über Polen

Töarfchau, 8. Skpt. Der geheime Chef
der revolunonaren Polizei in Warschau zeigk
den Bürgern solgende Bekanntmachung an:
„Es coursirt unter den Ruffeu ein Gerücht,
das allc Zeichen der Glaubwürdigkeit trägt,
folgenden Juhalts: Nach der Abreijc des Za-
rewüfch wirb Warschau vermittelst eines star-
ken Müitärcordons im ganzen Umfange ge<
schloffen und Niemanb weder herein noch hinaus-
gelaffen werbcn; in der Stadt selbst werbcn
Haussuchungen im strengsten Sinne deS WortS
in allen Hänsern ohne Ausnahme bei jcdem
Miether und bei allen Vorübergehenven auf
ben Straßcn stattfinben. Dieser Zustand soll
10 Tagc dauern. Obgleich dieser Plan un-
glaublich schcint, so können wir doch barauf
rechnen, daß bei der Stimmung der hiestgen

einem Zündhölzchen ciner von Baron Lützow im
Zclte aufbewahrtcn Ercrzir-Munition zu nahe und
bicse erplodirtc.' Mit cinem Schlage warcn allc
gcnannten fünf Pcrsoncn zu Boden gcstreckt, gleich-
zeitig gericth daS Zelt in Brand. Als die Mann-
schaft aus der Nähe hcrbeieilte, fand man dic fünf
Personen bewußtloS am Bodcn licgend, und durch
die brennenden Klcider bereits mit fürchterlichen
Brandwunden bcdeckt. Man bemühtc si», den
Brand zu ersttcken und dann den Verunglückten
«eitere Hilfe zu schaffcn. Leidcr verschted Baron
Lktzow noch an demfelben Tage, während die Uebri-
gen unter sorgfältiger Lrztlichcr Aufsicht und Pflcge
mittelst Raaberbahn sofort in das hiesige Garni-
sonsspital Nr. 1 gebracht wurdcn. Gestern Nach-
mittag aber erlag auch schon der OffizierSdicner
Siegmund Cirulik scinen Brandwunden, und wurde
zur Obduktion in die Todtenkammer geschafft. Dem
Rittmeister Herrn v. Rutdorfcr, welchrr auf einer
Matratze in einer Badwannc setthcr ununterbrochcn
tn kaltem Waffcr ltegt, ist die ganze äußere Haut
buchstäblich abgelöst, und auch cr dürfte schwer zu
retten scin; ebensowenig der Corporal Wcidowsky.
Dte melstc Hoffnung ist nvch sür den Herrn Ober-

lieutcnant Graf Stollbcrg vorhanden, obwohl er
im Gesichtc und an dcn Händen furchtbare Brand-
wundcn crhielt. Wctdowsky gab .hcute nur mchr
geringe Lcbenszeichen von sich. Se. Majestät der
Kaiser hat fich mit der'größten Thcilnahme über
diescn ünglücksfall erkundigt und sich umständlichen
Bericht erstatten laffcn. Zur Becrdigung deS Ritt-
mcisterö Baron Lützow, die gestern erfolgte, waren
sämmtlichc Lagertruppen nach Bruck an dcr Leitha
ausgerückt. '

(Guano.) Die pelikanartigen Vögel, dte ge
fräßigen Verfolger der Fische, find es neben Tau
chcrn, Möven und Pinguincn, welche durch ihri
maffenhaftigcn Düngcranhäufungen dcn Küsten,
ländcrn Südamcrika's einc Quellc dcs Wohlstan.
deS cröffnet haben. Man kennt das unter deni
Ramen Huano (Guano) seit noch nicht so langei
Zeit in den Handel gekommene Produkt und seini
eigcnthümlich befruchtende Kraft. Jn Europa kaum
seit einigen Jahrzehnten benützt, holten es die Ara-
ber bereitS im 12. Jahrhundcrt »on den Klippen-
inseln deS perfischen Golfs, und ebenso beuteten

schon vor Entdeckung Amerika's die Ankaö die
guanorcichcn Eilande an der Küste von Peru aus.
Todeöstrafe traf einen Jeden, der während der
Brütezeit cine jener Ntederlaffungen zu betreten
wagte. NirgendS findcn sich auch hcute noch so gc-
walttge Lager diescs zum Theil unenträthselten
Stoffcs, als auf den zu Peru gehörigen Gruppen
der Lobos- und Chincha-Anscln. Sie erreichen
dort cinc ungeheure Mächtigkeit und ist diefclbc
nach den neuesten Vermeffungen so bedeutend be-
sunden worden, daß man den Wcrth der perua-
nischen Guanolager auf 230,000,0gg DollarS ge-
schätzt hat. Bedenkt man die ungcheure Anzahl der
Vögel, dcren Züge sich glcich Wolken längs der
Küftc bewegen; erwägt man ferner dte große Ge-
fräßigkelt diescr Thicre und die Lcichttgkeit, mit
der fic sich ihre Nahrung verschaffen, so wtrd man
die Mächtigkcit solcher Schichten, die dack Ergeb-
niß eincr jahrtausendlangen ununterbrochcnen An-
HLufung sind, ntcht mchr ubertrieben ober uner-
klärlich finden.
 
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