Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Dezember
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2801#0566

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Dle Zurücknahme deS dänischen Patents
vom 30. März d. I., vie Berfassungsverhält-
niffe HolstcinS ketreffend, hat allerdings die
Bedeutung, daß ber Grund z» einer Erecution
deS BundeStags dänischer SeitS hinwegge-
nommen sein svll; allein dieses Patent war
nur Ein Grund zu der Ereculion. Die Ver«
pflichiungen, welche Dänemark gegenübcr den
Herzogthümern durch das königi. Maniscst
vom 28. Zanuar 1862 übernahm, lauten so:
„Wir wollen auf verfaffungsmäßigem Wege
den Provinzialständen sowohl des Herzog-
thumS SchleSwig, als unseres Herzogthums
Holstein eine solche Entwickelung angedeihen
laffen, daß jedes ber gedachten beiden Herzog-
thümer hinsichtlich seiner bisher zum WirkungS-
kreise der drrathenvcn Provinzialstänbe gehö-
rigen Angelegenheiten eine ständige Vertretung
mit bcschließenver Befugniß erhalten wird."
Diescs Versprechen wurde so erfüllt, daß, was
hunbert- und tausenbmal in deutfchen Blät-
tern ausgeführt worden ist, zuerst den Herzog-
thümern die Erbfvlge der Glücksburger auf-
genöihigt und dann turch eine Schleswig und
Hvlstcin aufoctropirte Gesammistaatsversas-
sung die Vertreiung diescr Herzogihümer mit
dcm dänischen Reichsraihe verfchmolzcn ward.
Unsere Leser werbcn sich der Austriite erin-
uern, dic es darüber im dänischen Reichsrath
gab, der durch den Austritl der schleswig-
holsteinischen Mltglicder geradezu beschlußun-
fähig gemacht wurdc. Dann legtc sich der
deutjche Bund eine Reihe von Jahren wie-
der in dic Sache und bewirkte endlich die
Aussonderung Holsteins durch das Paten! vom
30. März 1863, das aber auch nicht genügt.
Dagegen einverleibte sich Dänemark nun Schles-
wig burch das Verfaffungsgesetz vom 18. Rov.,
obwvhl eö 18ä2 ebensalls die verpflichlende
Erklärung abgegeben hat, SchleSwig Däne-
mark nie einverleiben zu woUen.

Nach der Wiener «Const. Oesterr. Ztg." ist
bereits die Nachricht osficiell von den beircf-
fenden Regierungen eiiigelausen, baß die Bun-
dkScontingcnle auf dem Marsch sinb.

Brünn, 7. Dec. Der Gkmeinberalh hat
in heuiiger Abenbsitzung seinc Spinpalhien für
den Bruderstamm in Schleswig-Hvlstein aus-
gesprochen und beschloffen, eine Adreffe an den
Kaijer wegen Wahrung von Deulschlands Zn-
tereffe und Ehrc zu richten.

Zn Kopenhagen soll, wie wiederholte
Gerüchle uielben, cin Militäraufstaiid ausge-
brochen und König Christian nach London enl-
flohen sein. Der Tclegraph meldet indeß noch
nichts; der General Jrmingcr, der eben in
Wien abgewiesen ist, ist auch in Berlin abge-
wiesen worden.

D e u t s «h l a » d

Karlsrnhe, 10. Dec. Dik crstc Kammer
hat I» ihrer hcutigeu Sitzung folgende Abreffe
auf die Throurede beschlossen:

Durchlauchtigster Grvßhcrzog!

Gnädigster Fürst unb Herr!

Zn einem crnsten, für bic Zukunst Deulsch-
landS vielleicht enlscheibendcn Zeilpunkte haben
Eure Königliche Hohcit Höchstihre getreuen
Stände um den Throu versammelt und zur
Eröffnung der Sitzuugsperiode zu denjelbeii
fürstliche Worle gesprochcn, wclche in den Hcr-
zen des Volks einen lautcn und' dankbaren
Widerhall gesunden haben.

Beseelt von dem lebhaften Verlangen nach
einer Bundesreform, welche die Einheit des
gemeinsamen Entschluffes erleichtere, die Kraft
deS Vollzugcs verbürge und dem deutschen
Volk daS Recht der Mitwirkung und der Con-
trole in den Bundesangelegknheiten sichere u.
im Vorgesühl der kommenden Prüfungen, hatte
die deuljche Nation ansänglich mit hoffender
Erwartung den Fürstentag in Frankfurt be-
grüßt. Sie hatte in dem Bewußtsein ber
großen Schwierigkciten einer jeden Bundes-
reform ihre Ansprüche möglichst ermäßigt.
Wenn auch diese bescheidene Erwartung nicht
befriedigt worden ist, so liegt der Grund da-

»1 S» erlliiren BnndeSbischlüsse »om II. Febrnnr und
12. August 1S5S, v°m 8. Miiz 18«I>, v°a 7. S>be»°r
18KI unb s. Juli 1803, welche w tteser S-che -Ig°ng-N
fivd, eine nichiswürdkg I°nge Pi°c,tui für einr s° i-hl-
retchr Ratiou wte dte deutsche.

von nicht in dem Auftrcten Surer Königlichcn
Hohcik. Vielmchr hat das badischc Volk mit
! dankbarer Freude wahrgenommen, daß Eure
! Königliche Hoheit auch rn der Fürstenvcrsamm-
lung zu Franksurt dic hingebciide VaterlandS-
liebe, rie unbrugsame Achtung der constitutio«
nellen Rechtc und die staatsmännische Voraus-
sicht wikderuin glänzend bewährt haben, welche,
in der Landesregieriing geübt, Enercr König-
lichen Hoheit die Liebe, das Vcrtrauen und
die Verehrung Aller in fortwährend stcigendem
Grade erworben haben.

Jn der Angelkgenheit der deutschen Herzog-
thümer, welche wie keinc andere die ganze
deutsche Nation aufregt, habcn Eurc königl.
Hoheit sofort die Mahnung dcr göttlichen
Fngung erkannt, welche die unnatürkiche und
unerträglich gewordene Vcrbindung der deut-
schen Völkerschaften mit dem dänischen Staate
gelöst hat, und durch Höchstihre unverziigliche
Anerkennung der Rechtsanspruche des Herzogs
Fricdrich von Schleswig-Holstein den cinzigen
Weg bezeichnet, auf welchem dem schwerge-
prüften Bruderstamm vollcs Recht und wirk-
jame Hilfe gewährt wird.

Wcnn von den Regierungcn einzelner deut-
scher Bundesstaaken noch Bedenken gegen dic
Richti'gkeit dieses Eiltscheides gehegt werden,
so ist boch unbestreitbar, daß Niemand in der
Welt ein beffercs, svwohl natürliches, als
auch geschichtli'ch begründetes Recht habe, um
die Zweifcl der Thronfolge durch Ancrkennuiig
zu rrledigen, als das Volk der Herzoglhliiner
selbst, deren Reglerung in Fräge gesctzt wird.
Wenn nur erst die Freiheit der Aeußeruug dcs
schlcswig-holsteinischcn VoikswiÜens gesichert
scin wird, so wird cs aüch klar we.rden, däß
ferncre Zweife! an dem Rechte des Herzogs
Friedrich in Wahrheit Vorwände sind zur Ber-
gewaltigung an elncin edlen dcutschen Volks-
siamuic.

Wo daher, wie hier, Fnrstenrecht und Volks-
recht zusainuiengehcn, wo bi'e Ansprüche der
Legltlinltät durch das Necht ver Nationalität
gclragen werden, da darf der endliche bieg
nicht zweiselhast sei'n.

Dieses Ziel muß erreichl wcrden, aller
widcrstrebenden Hinderniffe ungcachtet, weiin
nicht die deutsche Nation mit ihrem Rkcht
auch ihre Selbsiachlung verliercn nnd aus
sotcher Entwlirdlgung di'e unheilvoUsteii Folgen
für die imicrc Nechtsordniing und dem äußern
Fricden erwachscn sollen.

Wir sind deshalb mit Freudcii bereit, durch
Bewilligung der ersorderlichen Lcistungen an
Mannschaft und der nöthigeii Opfer an Geld
Eurc Königliche Hoheit in der nachdrücklich-
sten Vcrfolgung des betreteneii Wcges zu
nnterstützen.

Der Ernst dcr Lage wi'rd uns übrigens
nichl hindern, den Gesetzvorlagen, bctreffend
die iicuc Organisation der RechtSpflege unv
dcr Verwaltimg, wclche Eure Königl. Hoheit
den Ständeu zu übcrwcisen geruhen werdcn,
unsere pflichtgcmäße Ausinerksamkkit zuzn-
wenden.

Mit Spanuuug erwarteii wir den Abschluß
dcr Vcrhandluiigcn übcr die Eriieueruiig des
dautschcn Zvllvereins und freuen uns der Hoff-
nung Eurer Königlichen Hoheik, daß es ge-
lingen wcrde, diejen für Deutschlands wirth-
schaftliches Lebcn unentbehrlichcn Verband zu
erhalten und zeitgeinäß zu verbeffcrn.

Vvn besondcrer Wichtigkeit erscheint auch
uns di'c Vorlage eincs Gesctzes über daS
Volksschulweseii. Ucberzeugt, daß eine reli-
giöse Erziehung eine wesentliche Grundlage
des gesunden und sittlichen Volkslebens sei,
und wohl erkennend, daß die wirthschaftlichen,
die socialen und die politischen Aufgaben un-
sercr Zcit gesteigertc Anforderungen an die
geistige Volköbildung erhcben, wcrdcn wir die
in Aussicht gestellte Vorlage in ernste und
gewiffenhafte Erwägung ziehen.

Gokt stärke Eure Königliche Hohcit und
Höchstihre Regierung init seincr Kraft uud
laffe die Eutschlüffe Enrer Königlichen Hoheit
gesegnet sein. —

Der Bericht über die Debatte wird folgen.

Heidelberg, 7. Dec. Man schreibt von
hier dcr ,,Heff. LandeSzeitnng": Der kathol.
Priester Zoh. Hospe, scither Caplan zu Ham- f
bach in dcr bapr. Nheinpfalz bei dim bckaun- '

ten Kalenderschreiber Pfarrer Alops Weißen-
burger, ist, dem Beispiele des Pfarrers Biron
folgend, mi't Aufgebnng deS geisilichen Stan-
des, drm relkgiösen Rcsormverein beigetreten.
Sicherem Vernehmen nach waren die Wuth-
ausbrüche des „Mainzcr JournalS" gegen
Biron's Broschüre die nächste Veranlaffirng
dieses neuen Ucbertrilts.

Hannover. Hier hat sich ein am Sams-
tag stchigehadter Soldatenkrawall am nächfte»
Abend (Sonntag) wiederholt. Die ,,Z. f. N."
bemerkt dazu: ,,Die beunruhigende Aufregung,
welche sich der Soldaten bemächtigt hat, soü
wesentlich mit aus der Besorgniß sich her-
schreiben, daß in Schleswig.Holstein wiederum
kein Ernst gegen Dänemark gemacht, sondern
nach fruchtlosem Blutvergießen schließlich wl'e-
der retirirt werde.

Berlin» 6. Dec. Die „N. A. Z." ver-
öffentlicht wiederum eine Drohung, die gegen
Hrn. v. Bismark gerichtet scin soll. Dieser
Brief lautet nach dem ministertellen Blatte:
„Hiermit erlaube ich mir, Jhncn die crgebene
Anzei'ze zu machcn, daß, wenn Preußen zum
Londoner Contract hält u. nicht mit gegen Däne-
mark Krieg führt, Jhnen dieser scheußliche Act
zugeschriebcn wird und Jhr Leben am längsten
gevauerk. Zeder Vernünftige weiß, daß Däne.
mark seinen Verpflichtungen gegen die Herzog.
thümer nicht nachgekommen ist und es daher
Preußen auch nicht nöthig hat. Jst Jhnen
Zhr Leben lieb, so suchen Sie Jhre hohe Ne-
gierulig dahin zn bringen, daß sic deutsche
Ehre mit retten hilft und Schleswig, Holstcin
und Lauenburg von dänischer Knechtschaft be-
freit. Bewirken Sie, daß die preuß. Armee
binnen spätestens sechs Wochen dic Dänen mit
bekriegt. Erfüllen Sie diejes von ganz Deutsch-
land außer preußischer und österreichischer Re-
gicrnng gkwünschte Vorhaben nicht bis zu an-
gegebener Zeit, so soll es mir nicht darauf
ankommen, Sie um einen Kopf kürzer zu
machen. Ein vertriebcner Schleswiger, der
Hab und Gut und beinahe auch sein Leben
1849 eingebüßt hätte."

Berlin» 6. Dccbr. An den Präsidenten
Grabow ist heute ein Schreiben des Staats-
ininistcriüms gelangt, das die Ermächtigung
nachfucht, den Abg.-Zacobp wegcn seiner neu-
lich an scine Wähler gehaltenen Rede zu ver-
haften. Diese Redc soll Aufrcizung zum Hoch-
verraih oder cin ähnliches Vcrbrechen ettk-
haltcn. Die Ansicht befestigt fich, daß ein
Vorwand die Kainmern aufzulösen, vielleicht
willkoinmeii wäre. (S. M.)

Berlin» 9. Dec. Die Krclljzeitling ver-
iiinimt, daß der beabsichtigte Anträg wegen
Schlesivig-Hotstein in's Herrenhaus nicht ein-
gebracht wirv, weil die Verhandlungen dar-
über mit der Berathung des Abgcordneten-
hausks über di'e von der Regicrung verlangte
Anleihe zusainineiifallcn würdeii.

T8ien, 5. D,c. Es war eine wahrhaft
vernichleiidc Kritik, welche das Abgeordnetkn-
haus in seiner gkstrigen Sitzung nicht blos
über die Politik des Cabincts i» der schles-
wig-holsteinischen Frage, sondern der Piüttik
desfelbcn überhaupt ausübte, und dic sich in
dcm Satze gipfeite, daß daS Bertraucn in dic
Geschäflsführung des Ministers tief erschüt-
tert jei. Es war Profeffor Brinz, ein Freund
des Grafen Nechbcrg, welcher diese Bchaup-
tung ausstellte, dic von der Versammlung mit
großem Beifall aufgenommen wnrde. Wohl
noch nie hat ci'n Minister bittercrc Dinge zn
hören bekvmmen, als Graf Rechberg, und es
waren wahre Keulenfchläge, die ihn trafen.
AUc Redncr verfochten das gute Recht Deulsch-
lands, und selbst die Polen traten für die
Elbherzogthümer ein. Graf Rcchberg jüchte
nach allen Seitcn hin abznwehren, aber in
jedem Redner, der aufstand, erivuchs ihin ein
neuer Gegner, und nachdcm er es Anfangs
mit der Jronie versucht hatte, gericth er in eine
immcr erreglere Stimmung, als die Angriffe
sich häuften, und war znm Schluffe sichilich
alterirt und bewegt, als selbst die Frcunde
von gestern ihin das Vertrauen kündigten. Er
widersprach sich, nannte das Haus „hohe

Bundesversammlung", und beklagtc sich sort
und fort, daß er „mißverstauden" worden sei,
worauf ihui Giskra erwiedcrte, das sci cben
die Folgc der Spstemlosigkei't seiner Polilik,
 
Annotationen